
Was ist Glaubenswahrheit?
Ich gestehe es: In den dürren Sätzen der Glaubenslehre überfordert mich die Aussage, dass Maria vom Heiligen Geist empfangen hat und so ihr Baby Jesus ausgetragen und geboren hat.
Mein Verstand rebelliert gegen diese „Wider-Natur“. Immer wieder kommt es mir in den Sinn, dass Gott doch eigentlich nicht gegen seine eigene Schöpfungsordnung, zu der die Naturgesetze der Entstehung menschlichen Lebens dazu gehören, verstoßen hat - und lande bei der Erklärung, dass Lukas das Geheimnis der Menschwerdung Gottes mit seiner Schilderung in ein wunderschönes Bild gegossen hat. Aber eben ein Bild ...
Aber im Unterschied zu anderen Bildern, Metaphern, Mythen ist die Schilderung der Verkündigung Mariens ein Glaubens-Bild.
Die Liturgie des Hochfestes der Verkündigung Mariens am 25. März setzt dieses Glaubensbild um in die feierliche Gestaltung des Gottesdienstes: Der Priester trägt ein weiß-goldenes Messgewand, Weihrauch steigt über dem Altar empor, mitten in der Fastenzeit ertönt die Antiphon „Rorate coeli“ in einer jubelnden Variante, in den Gebeten wird die Freude über die Ankündigung der Geburt Jesu Christi zum Ausdruck gebracht und beim Glaubensbekenntnis beugen alle bei den Worten „et incarnatus est de spirito sancto et homo factus est“ die Knie. In den Worten der modernen Informationstechnologie: Eine multimediale Gestaltung mit interaktiven Elementen.
Immer wieder denke ich, es ist halt nur eine schöne Geschichte von Lukas ... aber ich habe mich heute - gerade deshalb - auf diese Feier eingelassen, und meine Wahrnehmung hat sich im Lauf des Gottesdienstes verändert: Als ich beim Glaubensbekenntnis niederkniete, spürte ich auf einmal, dass die Worte „incarnatus est de spirito sancto“ ihre ganz tiefe Wahrheit haben, dass es eben neben den uns rational sichtbaren und verstehbaren Geschehen auch noch eine weitere Ebene gibt, die sich zwar erfahren lässt, an der wir Anteil haben, die wir aber immer wieder nur ganz unzulänglich in Sprache bringen können, weil die in der Sprache möglichen Begriffe um einiges hinter dem zurückbleiben, was uns von unserem Glauben her als Wahrnehmung möglich ist.
Gewiss, Glaube ist auch ganz wesentlich Verkündigung und damit ein sprachliches Phänomen, aber das Letzte des Glaubens entzieht sich unserem Verstand und damit der Versprachlichung, und wir können nur mit Thomas von Aquin sagen: „Der Verstand verstummt beklommen, nur das Herz begreift‘s allein“.