Auf eben diesen Artikel bezog ich mich. Niels hatte ihn weiter oben schon zitiert.
Ich habe nicht alle Nestle-Aland-Ausgaben. Und kann also nicht nachprüfen, ob und wie lange ab der 13. Auflage die Akzente so gesetzt worden sind, daß deutlich wurde, man vermutete hier einen Mann.
Da die Akzentzeichen – wie gesagt – später hinzugefügt worden sind, kann man eben nicht mit 100%iger Sicherheit sagen, ob ein die betreffende Person ein Mann oder eine Frau gewesen ist. Und wer es trotzdem steif und fest behauptet, der irrt oder er verfolgt bestimmte Interessen. Der Akkusativ „Junian“ läßt jedenfalls beides zu. Wie gesagt: der Akzent sagt nichts über das was Paulus schrieb, sondern etwas über das, was der Akzentsetzer denkt, was Paulus gemeint hätte.
Mit Vehemenz darauf zu pochen, daß hier
unbedingt und auf jeden Fall eine Frau (oder ein Mann) gemeint ist und die andere Möglichkeit vollkommen auszuschließen, ist m. E. nur möglich, wenn man ein ausgesprochenes Interesse daran hat, daß hier unter allen Umständen von einer Frau (oder einem Manne) die Rede ist.
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In dem Artikel wird auch Luther kritisiert: Als Luther in seiner Übersetzung schrieb „Grüsset den Andronikus und
den Junias, meine Gefreundeten und meine Mitgefangenen, welche sind berühmte Apostel und vor mir gewesen in Christo“, bestand der Schnitzer m. E. nicht darin, daß er „
den Junias“ schrieb und also die betreffende Person als Mann deklarierte. Der Fehler liegt vielmehr in der m. E. falschen Übersetzung von „hoítinés eisin epísemoi en tois apostólois“ (wörlich übersetzt: „welche sind angesehen in den Aposteln“).
Luthers Übersetzung („welche sind berühmte Apostel“) wäre meiner unmaßgeblichen Meinung nach nur möglich, wenn im Urtext etwa stände „hoítinés eisin epísemoi apostóloi“ (oder so ähnlichfalls). Aber eben das hat Paulus nicht geschrieben.
Der Apostel schrieb nicht von „angesehenen Aposteln“, sondern eher von zwei Leuten, die
in (d.h.: unter oder bei) den Aposteln angesehen waren.
Allerdings hängt mir diese ganze Diskussion um Röm 16,7 inzwischen zum Hals heraus. Mit Argumenten ist da nicht viel auszurichten. Einige wollen eben unter allen Umständen, daß da von einer Frau die Rede ist und damit basta. Es
muß halt unbedingt eine Frau sein und die Dame
muß auch auf jeden Fall eine Apostel
In sein und nicht nur etwa "angesehen im Kreis der Apostel".
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Ich hätte da noch eine Idee, wie man die ganze Sache von Röm 16,7 noch mit Hilfe von 1 Kor 9,5 ausbauen könnte. Man sollte nämlich auf gar keinen Fall dabei stehenbleiben, mit Hilfe von Röm 16,7 das Frauenpriestertum zu fordern.
Da kann man doch noch viel mehr draus machen!
Paulus schreibt zum Beispiel in 1 Kor 9,5:
„Haben wir etwa kein Recht, eine Schwester als Frau mitzunehmen wie die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas?“.
Was läßt sich aus der Zusammenstellung von 1 Kor 9,5 und Röm 16,7 nicht alles machen!!
Wolln mal sehen

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1. Da Paulus schreibt, daß außer ihm alle übrigen Apostel eine Schwester (!) als (Ehe-)Frau mitgenommen haben und
2. der Akkusativ „Junian“ aus Röm 16,7 ja auf jeden Fall unter allen Umständen eine Frau meint, die eine berühmte Apostel
In war wie Paulus selbst oder Kephas, dann heißt das wiederum
3. logischerweise, daß auch Junia eine Schwester als (Ehe-)Frau bei sich hatte.
In diesem Falle müßte man aber
4. darüber nachdenken, ob die in Röm 16,7 genannte Person „Andronikus“ nicht in Wahrheit eine „Schwester“ war und eben die von der Apostel
In Junia mitgenommene (Ehe-)Frau.
Man müßte auch darüber diskutieren, ob Schwester Andonikus nicht gar eine militante Feministin gewesen war? Denn Andronikus heißt ja wörtlich übersetzt „Männerbesieger“!
Die männliche Namensform käme vielleicht daher, daß Schwester Andronikus in der Beziehung zu Junia eher die männlichere Rolle übernommen hatte oder etwa, weil sie sich auf das Thomasevangelium berufen hatte, wo Jesus im Logion 114 sagt: „Jede Frau, wenn sie sich männlich machen wird, wird in das Königreich der Himmel eingehen.“
Auf jeden Fall müßte man aber
5. viel über die solcherart nachgewiesene apostolische Praxis gleichgeschlechtlicher Liebe nachdenken und dann
6. mutig und entschlossen für unsere Zeit die entsprechende Schlußfolgerungen ziehen.
Viel Spaß dabei wünscht Mellon (der jetzt nicht weiß, ob er
a) wegen dieser wegweisenden Anregung jetzt auf den Nobelpreis für Theologie warten soll oder
b) fürchten muß, auf einem Haufen zu scheitern und sich darum viel lieber irgendwo für längere Zeit verstecken sollte …)
