Nachdem dieses Thema vorhin an der Pforte angeschnitten wurde - und hier im Kreuzgang ja schon mehrfach in verschiedenen Themen zur Sprache kam - ist es m. E. ganz interessant, einmal ohne dogmatische Keulen subjektive Ansichten zu Johannes Paul II. zusammenzutragen.Petra hat geschrieben:Das werte ich gaaaanz anders. Besonders das (von mir) Fettgedruckte im Zitat.cantus planus hat geschrieben:Nein, das auf keinen Fall. Auch, wenn das polnische Pontifikat da eine harte Belastungsprobe war. Aber man muss sich daran gewöhnen, dass die Demokratisierung der Kirche soweit fortgeschritten ist, dass man nur noch solche Kandidaten zum Bischof macht, der allen genehm ist. Sprich: unteres Mittelmaß, der Kleinste Gemeinsame Nenner. Ich halte diese Entwicklung für verheerend, und dass ich die Bischöfe in Deutschland für die systematische Zerstörung der Kirche verantwortlich mache, ist ja kein Geheimnis.ad-fontes hat geschrieben:Landet man dann nicht früher oder später beim Sedisvakantismus?cantus planus hat geschrieben:Paul VI. erkannte auch, das der Rauch Satans in die Kirche eindrang und tat nichts dagegen.
Es bleibt uns nur zu beten und auf bessere Zeiten zu hoffen. Vieles verändert sich ja schon positiv. Es sind Dinge in Bewegung gekommen, auf die ich nicht mehr zu hoffen gewagt hätte. Ich sehe freilich auch, dass vor Ort die klügsten Entscheidungen vollkommen konterkariert werden.
Zu meiner Meinung:
Es ist hier im Forum ja kein Geheimnis, das ich kein Freund Johannes Pauls II. bin. Natürlich kann man nicht übersehen, dass sein persönliches Charisma und vor allem sein beeindruckendes Sterben viele Menschen tief bewegt hat, und zahlreiche Jugendliche auf der ganzen Welt begeistert hat. Dennoch halte ich dieses Pontifikat für eines der Schlimmsten der jüngeren Kirchengeschichte:
- Kein Papst hat je zuvor so doppeldeutige und schlimme Dinge getan, wie sich von heidnischen Priestern segnen zu lassen, einen Koran zu küssen oder den unkritischen Synkretismus der Gebetstreffen von Assisi zu fördern.
- Wohl kaum ein Papst (abgesehen vielleicht von Paul VI.) hat ganz ohne Not im ökumenischen Dialog so viele Zugeständnisse an andere Kirchen und Gemeinschaften gemacht, ohne auch nur die kleinste Gegenleistung zu erwarten. Der Ausverkauf der Glaubens ging munter weiter.
- Die Personalpolitik dieses ganzen Pontifikats war einfach eine Katastrophe. Holland, Belgien, die Schweiz, Österreich und andere Länder werden noch Jahre brauchen, um sich von schlimmen Fehlbesetzungen zu erholen.
- Unter Johannes Paul II. ging die Seuche los, dass regelmäßig Gemeinschaften auf Basis von Privatoffenbarungen anerkannt wurden, mit allen daraus resultierenden Problemen.
- Johannes Paul II. hat keinen einzigen Schritt unternommen, um die - von ihm selbst klar erkannten - Interpretationsprobleme des II. Vatikanums zu beheben. Über zwei Jahrzehnte konnten Mißbrauch und Verwirrung ohne jegliche Reaktion um sich greifen und führten zu den hier schon hinlänglich diskutierten Problemen.
- Johannes Paul II. hat für eine derartige Inflation von Heiligen gesorgt, dass kein Mensch mehr den Überblick hat und eine geordnete gesamtkirchliche - denn das ist der Sinn der Heiligsprechung! - Verehrung gar nicht mehr möglich ist. Es wäre besser gewesen, beim Großteil der neuen Heiligen eine Seligsprechung vorzunehmen. Diese ist nämlich zu einer Heiligsprechung zweiter Klasse und gewissermaßen einer Vorstufe verkommen, was der Reihenfolge eigentlich diametral widerspricht. Benedikt XVI. hat eine der ersten Korrekturen genau an diesem Punkt vorgenommen.
- Johannes Paul II. hat klar erkannt, dass ein großer Teil der europäischen Katholiken latent dem Agnostizismus verfallen sind. Dennoch hat er keine inhaltliche Anstrengung unternommen, durch konkrete Maßnahmen dem totalen Zerfall der Kirche gegenüberzutreten.
- Das gesamte Pontifikat dieses Papstes war von liturgischer Zersetzung und vom Wildwuchs geprägt. Weder war der Papst willens, die Freigabe der Alten Messe tatsächlich in die Praxis umzusetzen, noch ließ er den Schreiben seiner eigenen Gottesdienstkongregation irgendwelche Taten folgen. Unter Piero Marini kamen Abscheulichkeiten in die Messe, die man sich früher nie hätte vorstellen können (siehe auch Punkt 1)
- Unter Johannes Paul II. ist kein einziger Punkt der Konzilsdokumente zum Thema Liturgie und Kirchenmusik umgesetzt worden. Weder hat dieser Papst jemals größeren Gebrauch von der lateinischen Sprache gemacht, noch hat er irgendeine Förderung der Kirchenmusik erkennen lassen. Liturgie und Musik in den Papstmessen waren unerträglich.
- Die theologisch vollkommen verheerenden Entschuldigung-Orgien haben die "political correctness" erfüllt, aber eben die Trennung zwischen der niemals zu beschädigenden Heiligkeit der Kirche und der Fehlbarkeit ihrer Glieder verwässert.
- Der letzte Rest der funktionierden theologischen Disziplinen ist auch über den Jordan gegangen. Die Katechetik als Fach existiert nicht mehr, die Liturgik kann offensichtlich keine praktischen Fähigkeiten mehr vermitteln, die Mission ist de facto ausgesetzt, Sinn für kirchliche Kunst nicht mehr im Ansatz vorhanden.
Natürlich sehe auch ich, dass es hier und da erfreuliche Ansätze gab - aber insgesamt bewerte ich den Schaden dieses Pontifikats um so viel höher als den Nutzen, dass ich es einfach nur für verheerend halte und ich entschieden gegen eine Seligsprechung dieses Mannes bin.