Augustana hat geschrieben:
Anglikaner und Altkatholiken S 66 ff
Die beiderseitigen ökumenischen Bemühungen fanden 1931 im Bonner Inter-
kommunionsabkommen (und dessen darauffolgender Ratifizierung
durch die jeweiligen kirchenleitenden Gremien) einen ersten offiziellen
Abschluß.
Da die Präsenz der beiden Kirchen sich auf jeweils unterschiedl iche
geographische Räume konzentrierte (eine Ausnahme bildet vor allem
Nordamerika), hat sich die Kommuniongemeinschaft unterschiedlich
prägend im täglichen Leben der Gemeinden bemerkbar gemacht. In
den 7er Jahren kam sie jedoch erneut auf die ökumenische Tagesord-
nung. Auslöser war, daß 1976 die General Convention der Episcopal
Church in den USA die bereits 1974 durch drei emeritierte Bischöfe
vollzogene Ordination von elf Diakoninnen zu Priesterinnen als gültig
anerkannte. Diesem Einstellungswandel folgten nach und nach weitere
Kirchen der anglikanischen Gemeinschaft.
Eine altkatholische Reaktion
ließ nicht auf sich warten. Noch 1976 schloß die Internationale Bischofs-
konferenz (IBK) eine Zulassung von Frauen zu allen drei altkirchlichen Ämtern aus.2
Das Bonner Interkommunionsabkommen sollte jedoch aus-
drücklich nicht aufgekündigt werden. Die zur Utrechter Union gehörige
Polish National Catholic Church (PNCC) in den USA sah sich aber den-
noch zum Alleingang genötigt, fortan das Abkommen von Fall zu Fall zu
überprüfen und steht seither mit denjenigen anglikanischen Kirchen,
die die Frauenordination eingeführt haben, nicht mehr in Gemein-
schaft.3
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Da die Lambeth-Conference von 1958 daher eine uneingeschränkte communio
in sacris zwischen den beiden Konfessionsfamilien als gegeben sah, die
der innerhalb einer Konfessionsfamilie entspreche, sprach sie sich für
die Präzisierung der Interkommunion als full communion aus.8 Dieses Ver-
ständnis wurde 1961 von der Internationalen Bischofskonferenz über-
nommen.9
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Der eben zitierte Punkt 3 nennt eine Übereinstimmung
im Wesentlichen des christlichen Glaubens als die Grundlage der commu-
nio. Diese Übereinstimmung wird allerdings vorausgesetzt und nicht wei-
ter dargelegt.4
Die unterschiedlichen Reaktionen innerhalb der Utrech-
ter Union gegenüber der Einführung der Frauenordination in einigen
anglikanischen Kirchen legen nahe, daß im Nachhinein jedoch darüber
Unsicherheit herrscht, was eigentlich zum Wesentlichen gehöre.Ist mit
der Einführung der Frauenordination die Glaubensübereinstimmung
angetastet? Die Befürworter einer solchen Argumentation können auf
den Wiener Ratifizierungsbeschluß der Internationalen Bischofskon-
ferenz über das Bonner Abkommen verweisen.
Dort wird deutlich, daß
für die Altkatholiken die Anerkennung der anglikanischen Weihen eine
wichtige Voraussetzung zur Unterzeichnung war: Punkt 1 des Ratifizie-
rungsbeschlusses ersetzt die Anerkennung der Katholizität des anderen
durch die Anerkennung der Gültigkeit der anglikanischen Weihen als
Grundlage des Abkommens.5
Da nun die Utrechter Union in den 7er
Jahren mit der Einführung der Frauenordination in einigen
anglikanischen Kirchen zumindest einen Teil der anglikanischen Wei-
hen nicht mehr anerkennen konnte, hätte in der Tat eine neue Sach-
lage bezüglich der Glaubensübereinstimmung vorgelegen, die eine Auf-
kündigung hätte rechtfertigen können. So eindeutig ist das Bild jedoch
nicht. H. Rein hat darauf hingewiesen, daß die Wiener Sonderformulie-
rung
nach 1931 wieder stillschweigend zurückgenommen wurde und
von altkatholischer Seite später nur noch der Bonner Originaltext zitiert
wurde.6 Dieser läßt zumindest offen, ob die Zulassung von Frauen zum
Amt zwangsläufig das Wesentliche des Glaubens betrifft.
3 Einen genaueren Einblick in die Beziehungen zwischen Anglikanern und der PNCC
bieten PLATT, Intercommunion 1992, S. 142-165 und ORZELL, Observations 1992, S.
166-181. Es ist zudem darauf hinzuweisen, daß die PNCC das Bonner Abkommen erst
1947 und dann auch nur in eingeschränkter Form übernommen hatte, da in ihren Au-
gen eine konsequente Umsetzung zu einem Zusammenschluß mit der Episcopal
Church in den USA hätte führen müssen, was ihr jedoch v. a. aus kulturellen Gründen
als nicht erstrebenswert erschien.
9 Dieser Umbennenung folgte die PNCC konsequenterweise nicht (vgl. oben Anm. 3)
Quelle:
http://www.augustana.de/dokumente/promo ... uegraf.pdf