Ich lese gerade das Buch "Was wir gemeinsam glauben - Täuferisch-mennonitische Überzeugungen". Das Buch ist sehr interessant und legt die Überzeugungen dieser Gemeinschaft theologisch sehr tiefgründig dar.
Es erläutert die gemeinsamen Grundsätze der Mennoniten, wie sie von der Mennonitischen Weltkonferenz angenommen wurden:
Höchst interessant im Buch finde ich die Überzeugung zur Rechtfertigung. Es wird vehement betont, dass man allein gerettet sei durch die Gnade Gottes und allein gerechtfertigt durch den Glauben, aber es wird auch gesagt, dass Gott die Menschen durch seine Gnade gute Werke wirken lasse, weshalb man als Christ aufgerufen sei, den Menschen zu dienen und selbst die Feinde zu lieben (passt ja zum täuferischen Pazifismus). Diese extreme Betonung von sola gratia (Luther wird im Buch übrigens als grosser Zeuge des christl. Glaubens erwähnt, ebenso wie die Jungfrau Maria und die Eltern des Täufers) ist umso erstaunlicher, da die Täufer ja gerade wegen ihrer Ansicht zur Gläubigentaufe verfolgt wurden - dabei sei diese nicht heilsnotwendig, sondern der Glauben allein.Mennonitische Weltkonferenz hat geschrieben: Gemeinsame Überzeugungen
Durch die Gnade Gottes wollen wir die gute Nachricht von der Versöhnung in Jesus Christus leben und verkündigen. Weil wir zu allen Zeiten und an allen Orten Teil des einen Leibes Christi sind, halten wir das Folgende für die Mitte unseres Glaubens und unseres Lebens:
1. Gott teilt sich uns mit als Vater, Sohn und Heiliger Geist, als Schöpfer, der die gefallene Menschheit wiederherstellen will, indem er ein Volk beruft, das treu sein soll in der Gemeinschaft, im Gottesdienst, in Dienst und Zeugnis.
2. Jesus ist der Sohn Gottes. Er hat uns durch sein Leben und seine Lehre, seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung gezeigt, wie wir ihm im Glauben treu nachfolgen können. Er hat die Welt erlöst und ewiges Leben verheißen.
3. Als Gemeinde sind wir die Gemeinschaft derer, die Gottes Geist dazu beruft, sich von der Sünde abzuwenden, Jesus Christus als ihren Herrn anzuerkennen, die Taufe auf das Bekenntnis ihres Glaubens hin zu empfangen und Jesus Christus in ihrem Leben nachzufolgen.
4. Als Gemeinschaft der Gläubigen erkennen wir die Bibel als Autorität für unseren Glauben und unser Leben an. Wir legen sie gemeinsam unter der Leitung des Heiligen Geistes und im Licht Jesu Christi aus, um Gottes Willen für ein gehorsames Leben zu erkennen.
5. Der Geist Jesu gibt uns die Kraft, Gott in allen Lebensbereichen zu vertrauen. So werden wir Friedensstifter, die der Gewalt absagen, ihre Feinde lieben, nach Gerechtigkeit trachten und ihren Besitz mit Notleidenden teilen.
6. Wir versammeln uns regelmäßig zum Gottesdienst, um das Abendmahl zu feiern und um Gottes Wort zu hören. Wir tun das im Bewusstsein gegenseitiger Verantwortlichkeit.
7. Als weltweite Gemeinschaft von Menschen, die Glauben und Leben teilen, wollen wir jegliche Trennung durch Nationalität, ethnischen Hintergrund, Klasse, Geschlecht und Sprache aufheben. Wir wollen in dieser Welt leben, ohne uns von den Mächten des Bösen bestimmen zu lassen. Wir bezeugen Gottes Gnade, indem wir anderen dienen, Sorge für die Schöpfung tragen und alle Menschen dazu einladen, Jesus Christus als Heiland und Herrn kennen zu lernen.
Unsere Überzeugungen sind geprägt durch unsere täuferischen Vorfahren des 16. Jahrhunderts, die uns eine radikale Nachfolge Jesu Christi beispielhaft vorlebten. In der Kraft des Heiligen Geistes wollen wir im Namen Jesu Christi unser Leben gestalten und vertrauensvoll auf die Wiederkunft Christi und die Vollendung des Reiches Gottes warten.
Angenommen durch die Mitgliederversammlung
der Mennonitischen Weltkonferenz,
Pasadena, Kalifornien, Vereinigte Staaten
15. März 2006
Auch die Kirche wird nicht als Gemeinschaft der Getauften gesehen, sondern als Gemeinschaft der Glaubenden:
Alles in allem scheint mir hier nur ein Unterschied in der Lehre über die Taufe (Gläubigentaufe) zu bestehen, ansonsten wären sie eine radikal-reformierte und teilweise konservative Kirche - oder irre ich mich?Was wir gemeinsam glauben hat geschrieben:- Seit Christi Himmelfahrt hat Gott die Gemeinde auserwählt, um Christus in der Welt sichtbar zu machen.
- Zur Kirche Christi gehören alle, die ihm nachfolgen und ihn als Retter und Herrn anerkennen.
- Die Ortsgemeinden sind "Töchter", Filialen und Abglanz des einen Leibes Christi; dieser ist "Muttergemeinde", die universale, globale oder weltweite Kirche.
- Die Unterschiede zwischen Ortsgemeinden und Denominationen sind nicht notwendigerweise ein Unglück; sie können sich auch als Reichtum erweisen.
P.S. wenn diese Lehre von sola gratia die evangelische ist - ich meine den Ursprung der guten Werke allein aus der Gnade Gottes, der uns zu Gemeinschaft und Versöhnung aufruft - dann habe ich diese Doktrinen vielleicht zum ersten Mal erfasst

Gruss
