Stephen Dedalus hat geschrieben:Mit anderen Worten: der "katholische" Schüler soll sich unterordnen, Ordnungen und Hierarchien nicht in frage stellen, auch dann nicht, wenn er sie als falsch erkennt?
Richtigerweise müßte es im zitierten Satz nicht "mit anderen Worten" heißen, sondern "mit anderem Sinn", denn in meinen Postings findet sich für diese Vermutung keinerlei Anhaltspunkt.
Zwei Fragen scheinen mir wichtig: 1. Was ist der Maßstab für "falsch" oder "richtig"? 2. Wie verhält es sich mit der Umsetzung der gewonnenen Erkenntnis in der Praxis?
ad 1) "Der katholische Schüler" (und jeder andere vernünftige Mensch auch) richtet sich in seinem Urteilen und Handeln nach einer (letztlich von Gott) vorgegebenen Sittennorm. Er bezieht sich also auf einen objektiven Maßstab, an dem er sich selbst und seine Umwelt mißt.
Beim "Club der toten Dichter" findet sich diese objektive Norm als Entscheidungsgrundlage nicht. Rein nach subjektivem Dafürhalten werden die vorgefundenen Verhältnisse als schlecht befunden und ein "Aufstand" vom Zaun gebrochen.
ad 2) "Der katholische Schüler" weiß auch um die 4 Kardinaltugenden. Wenn er Mißstände feststellt, wird er mit Besonnenheit auf ihre Abstellung hinwirken. Er wird nicht in blindem Eifer jede Ordnung in Frage stellen, sondern nur auf Beiseitgung des Mißstands bedacht sein. (1 Thess 5,21: "Omnia autem probate, quod bonum est tenete.")
Beim "Club der toten Dichter" gewinne ich den Eindruck, daß hier grundsätzlich gegen überlieferte Werte, Traditionen,... vorgegangen werden soll. ( Wie es ja auch in der Gegenwart üblich ist: Alles was neu und modern ist, ist schon alleine deswegen toll; alles was mit Vergangenheit und Tradition zu tun hat, ist uninteressant, uncool, sowieso nicht maßgeblich, und fallweise reflexartig zu bekämpfen.)
Fazit: "Der katholische Schüler" stellt Ordnung und Hierarchie per se nicht in Frage, wohl aber prüft er anhand objektiver Maßstäbe die jeweils konkret vorliegenden Umstände auf ihre Rechtmäßigkeit, Sittlichkeit,... Feiges Duckmäusertum ist ebensowenig Kennzeichen des Katholischen, wie revolutionäre Gesinnung und subjektivistischer Selbstverwirklichungstrieb. Schwarmgeistern und "Berufsumstürzlern", wie dem im Film zitierten Henry David Thoreau, kann ein Katholik nur wenig abgewinnen.
(Ein Lehrbeispiel für den differenzierten Umgang mit (falschen) Ordnungen bzw. Hierarchien bieten z.B. die Ausführungen des hl. Thomas von Aquin zur Frage des Tyrannenmordes.)