Hallo zusammen,
ich möchte mich kurz vorstellen. Ich bin 37 Jahre alt, ledig, katholisch und lebe seit fast zwei Jahren im Erzbistum Paderborn. Schon vor weit über einem Jahr bin ich auf dieses Forum aufmerksam geworden und lese hier seit jener Zeit mal sporadisch, mal sehr regelmäßig und intensiv mit. An dieser Stelle möchte ich ein Kompliment an den (die ?) Betreiber und vor allem auch an die vielen aktiven Benutzer richten, die dem Forum ein Gesicht geben.
Eigentlich - es ist vielleicht bereits angeklungen - halte ich mich nicht für einen "Forumsmenschen", jedoch hoffe ich, den ein oder anderen sinnvollen und thematisch päßlichen Beitrag leisten zu können.
Ende der 90-er Jahre begann ich mich aus einem eher kulturellen und nicht religiösen Interesse für Religion oder besser Religion
en zu interessieren. Im Studium hatte ich Kommilitonen kennengelernt, die verschiedenen Religionen angehörten und in privaten Unterhaltungen jenseits der üblichen Uni-Gespräche wurde meine Neugier am "Gegenstand Religion" (<-- ein gräßlicher Begriff, aber so dachte ich damals und hätte es auch wohl so formuliert) geweckt. Rückblickend war es meinerseits - wie gesagt - ein eher "akademisch" kulturelles Interesse, denn mir persönlich stand nicht unbedingt der Sinn nach Ausübung einer Religion. Wieder ein paar Jahre später 2002/03/04 bemerkte ich, daß ich nicht einmal ansatzweise die Grundzüge oder den Kern "meiner" Religion kannte. Ich hätte wirklich nichts darüber erzählen können! Ein paar Grundgebete waren mir erinnerlich geblieben, mehr allerdings auch nicht. Nach meiner Firmung 1987 oder 1988 (?) hatte ich Kirchen bestenfalls an Weihnachten und Ostern aus Liebe zu und Rücksichtnahme auf meine Verwandten besucht. Ansonsten suchte ich hier und da Kirchen aus architektonischen Gründen auf Urlaubsreisen auf.
Jedenfalls begann ich ab 2002/03/04 so etwas wie ein autodidaktisches Studium des Christentum mithilfe von theologischer Literatur; gläubige oder gar praktizierende Christen (Katholiken) meines Alters hatte ich keine im Freundes- oder Bekanntenkreis, die ich hätte ansprechen können. Und in die Kirchen zog es mich zu dieser Zeit auch noch nicht. Nicht im geringsten! Auf diese Weise entwickelte ich ein brennendes philosophisch-kulturelles Interesse am Christentum, das ich über mein Literaturstudium zu befriedigen versuchte. Irgendwann schwenkte ich von theologischer Literatur um auf religiöse Literatur im eigentlichen Sinne. Unter anderem war es das Werk von Thomas von Kempen "Die Nachfolge Christi", das so etwas bei mir hinterließ wie Ratlosigkeit, Kopfschütteln, Verwirrung, aber auch Begeisterung; dieses Werk hat mich, um ehrlich zu sein, deutlich überfordert. Fasziniert hatte es mich jedoch sehr.
Um es kurz zu machen, mir war klar geworden, daß ich in irgendeiner Weise wieder eine Anknüpfung an Kirche benötigen würde, damit meine Beschäftigung mit dem Christentum nicht zu einer Art isolierten, seelenlosen und verkopften Zweitstudium verkommen würde. Also zog ich los und besuchte sporadisch an den Samstagen Vorabendmessen in verschiedenen Kirchen in verschiedenen Städten NRWs (Ich pendelte damals sehr viel aufgrund beruflicher wie privater Gründe, heute hat das ein wenig abgenommen). Hier fand ich in der Tat ganz verschiedenes vor; zum Teil fand ich sehr gut das vor, was ich über das Christentum durch mein Selbststudium gelernt hatte, zum Teil verwirrte mich das, was ich in den Gottesdiensten erlebte sehr. Diese Verwirrungen empfand ich mal positiv, mal negativ. Sie fielen halt sehr verschieden aus. Ich war in einer Art "Findungsphase". Mal kam ich begeistert und motiviert aus den Kirchen, freute mich schon auf das "nächste Mal", mal verließ ich die Kirche ratlos und verdattert.
An dieser Stelle muß ich einfach meinen Bericht drastisch abkürzen, sonst wird das hier zum Roman. Hand auf´s Herz: Kurz nach der Fußball-WM in Deutschland 2006 fand ich mich in Köln bei der Petrusbruderschaft wieder, fuhr dort auch werktags immer wieder hin, wenn es die Zeit zuließ, und bekam zum ersten Mal eine Vorstellung davon, was im Rahmen einer Hl. Messe überhaupt gefeiert wird; zu dem Zeitpunkt wußte ich das noch nicht richtig und hielt es tendenziell für eine historisch bedingte Folklore. Der Vollständigkeit halber möchte ich nicht verschweigen, in welche "Fettnäpfchen" ich bei meinem ersten Beiwohnen einer sog. tridentischen Messe trat; darüber kann ich heute nur heiter und vergnügt lachen. Also, bei meiner ersten tridentischen Messe war ich bemüht, mich wenigstens nicht gänzlich dämlich "anzustellen". Ich wähnte mich unter den Ultra-Superfrommen, die ansonsten jenseits der Religion nichts kennen und grundsätzlich "keinen Spaß haben".

Die Teile, die mir bekannt waren, wollte ich - inzwischen gläubigen Herzens - mit Inbrunst schmettern. Beim Kyrie Eleison begann schon meine "Blamage"

, als ich mich ernsthaft wunderte, weshalb der Priester zum dritten Mal zum Kyrie Eleison ansetzt: Ich dachte mir natürlich nichts und schmetterte mit Leidenschaft und lautstark ein viertes Kyrie Eleison in den Kirchenraum, was wohl die hörbare Erheiterung zweier Damen vor mir in der Reihe heraufbeschwor.

Ferner hielt ich den Priester ganz zu Beginn der Hl. Messe für unfähig und undiszipliniert, weil ich mir dachte, er könne doch in der Sakristei mit seinen Ministranten meckern, wieso tut er das vor der versammelten Gemeinde vor dem Gottesdienst? Einige Tage später lernte ich, daß es sich bei dem Gemeckere um das Stufengebet handelt.

Kurz gesagt: Heute bin ich sehr froh und dankbar, daß ich zu dem damiligen Zeitpunkt nichts von der Zerissenheit der Kirche, nichts von den Grabenkämpfen, nichts von den verschiedenen "Strömungen" wußte; vielleicht ahnte ich sie, kannte sie aber nicht explizit. Auch diverse Internetseiten waren mir zu diesem Zeitpunkt - Gott sei Dank - unbekannt, man könnte also sagen, daß ich ideologisch unverdorben bei der Petrusbruderschaft gelandet bin. Darüber wundere ich mich heute noch und bin dankbar!
Jetzt mache ich es wirklich kurz: Ich bin heute dank vieler guter Umstände gläubiger und praktizierender Katholik. Es war ein wirklich sehr langer Weg voller Skepsis und herber Rückschläge. Vieles wurde mir geschenkt, um einiges mußte ich ernsthaft kämpfen. Ich habe etwa ein Jahr lang meine Hinwendung zum Christentum als private, weitgehend geheime Angelegenheit betrachtet, bis ich mir sicher war, das Richtige gefunden zu haben. Dann hatte ich mein "Coming-Out" vor meiner Familie, Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen. Ein Doppelleben (auch in einem weitgehend atheistischen Umfeld) wollte ich auf keinen Fall! Vor allem die Bekanntschaft und Freundschaft mit vielen einzelnen Gläubigen und Gruppen von Gläubigen, aber auch kurze Gespräche mit Priestern, die ich im Laufe der vergangenen Jahre habe kennenlernen dürfen, haben mich bestärkt. Meine religiöse, liturgische Heimat ist zweifellos die sog. Alte Messe, die ich persönlich lieber als die überlieferte Hl. Messe bezeichne. Ich selbst betrachte mich nicht als "Traditionalist", schon allein deswegen, weil ich auch die sog. Neue Messe mitfeiere, was meiner eigentlichen Beheimatung keinen Abbruch tut. Besonders verbunden weiß ich mich mit der Petrusbruderschaft. Unter den derzeitgen Angriffen primitivster Art auf die Kirche leide ich sehr.
Ja, das war es für´s Erste. Es ist (leider) deutlich länger geworden als ursprünglich beabsichtigt.
Herzliche Grüße
Cornelius