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iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

Gamaliel hat geschrieben:Es ist nämlich ein grundlegender moralischer Unterschied, ob jemand sein Leben zur Rettung eines anderen riskiert (etwa bei einem Hilfs-/Katastropheneinsatz) oder ob er in die eigene Tötung einwilligt.
Maximilian Kolbe hat Letzteres getan.

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taddeo
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von taddeo »

Aus dem von mir oben verlinkten Bericht über die Tagung in Rom 2005 darf ich dazu folgendes zitieren, was auch in den Schlußfolgerungen am Ende steht:
... die entscheidende Frage ist: "Ist es moralisch erlaubt, das Leben des Einen zu beenden, um ein anderes Leben zu retten?" Papst Johannes Paul II hat wiederholt gesagt, wie auch am 4. Februar 2003 in seiner Botschaft zum Welttag der Kranken: "Es ist niemals erlaubt, einen Menschen zu töten, um einen anderen zu retten." Der Katechismus der Katholischen Kirche sagt unmissverständlich (2296): "Es ist moralisch nicht erlaubt, einen Menschen zu verstümmeln oder zu töten, auch nicht, wenn man dadurch den Tod von anderen Menschen hinausschieben kann."
Überaus problematisch wird die ganze Sache noch dadurch, daß in vielen Fällen offenbar Menschen, die man womöglich bei entsprechender Therapie "wieder hinbekommen" könnte, als "hirntod" deklariert, um Spenderorgane zu gewinnen. Das Recht etwa eines Unfallopfers auf bestmögliche medizinische Versorgung tritt dabei hinter das Interesse der Transplantationsindustrie zurück. Und eine Industrie ist das, denn an Transplantationen wird unglaublich gut verdient, auch wenn die Organe selber nichts kosten (dürfen). Ein Organempfänger ist eine Lizenz zum Gelddrucken für seine behandelnden Ärzte und die Pharmaindustrie (auf beide ist er sein ganzes restliches Leben lang, Tag für Tag, unabdingbar angewiesen).

iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

Es lohnt, diesen Thread von Anfang an zu lesen.

iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

taddeo hat geschrieben:Aus dem von mir oben verlinkten Bericht über die Tagung in Rom 2005 darf ich dazu folgendes zitieren, was auch in den Schlußfolgerungen am Ende steht:
... die entscheidende Frage ist: "Ist es moralisch erlaubt, das Leben des Einen zu beenden, um ein anderes Leben zu retten?" Papst Johannes Paul II hat wiederholt gesagt, wie auch am 4. Februar 2003 in seiner Botschaft zum Welttag der Kranken: "Es ist niemals erlaubt, einen Menschen zu töten, um einen anderen zu retten." Der Katechismus der Katholischen Kirche sagt unmissverständlich (2296): "Es ist moralisch nicht erlaubt, einen Menschen zu verstümmeln oder zu töten, auch nicht, wenn man dadurch den Tod von anderen Menschen hinausschieben kann."
Das gilt aber doch nicht, wenn der Betreffende selbst in seinen Tod einwilligt, um den anderen zu retten.

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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

iustus hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Aus dem von mir oben verlinkten Bericht über die Tagung in Rom 2005 darf ich dazu folgendes zitieren, was auch in den Schlußfolgerungen am Ende steht:
... die entscheidende Frage ist: "Ist es moralisch erlaubt, das Leben des Einen zu beenden, um ein anderes Leben zu retten?" Papst Johannes Paul II hat wiederholt gesagt, wie auch am 4. Februar 2003 in seiner Botschaft zum Welttag der Kranken: "Es ist niemals erlaubt, einen Menschen zu töten, um einen anderen zu retten." Der Katechismus der Katholischen Kirche sagt unmissverständlich (2296): "Es ist moralisch nicht erlaubt, einen Menschen zu verstümmeln oder zu töten, auch nicht, wenn man dadurch den Tod von anderen Menschen hinausschieben kann."
Das gilt aber doch nicht, wenn der Betreffende selbst in seinen Tod einwilligt, um den anderen zu retten.
Doch, diese Regeln gelten immer, ohne Ausnahme. Niemand hat das Recht in seine Tötung einzuwilligen. Das galt auch für P. Maximilian Kobe. Den Nachweis würde ich gerne einmal sehen, daß er in seine Ermordung eingewilligt hat. :pfeif:

iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

Gamaliel hat geschrieben:Den Nachweis würde ich gerne einmal sehen, daß er in seine Ermordung eingewilligt hat. :pfeif:
:hae?:

Selbstverständlich hat er eingewilligt. Er wusste genau, was passieren würde.

Wenn Du meinst, dass der Tod ihm nicht willkommen war, stimme ich Dir zu. Das gilt aber auch für die Organspender.

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anneke6
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von anneke6 »

Kolbe sagte: "Ich bin ein katholischer Priester, ich bin alt. Ich will für ihn sterben, er hat eine Frau und Kinder."
Das finde ich schon ziemlich eindeutig formuliert.
???

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incarnata
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von incarnata »

In anderen Ländern,insbesondere in Entwicklungsländern mag es kriminelle Strukturen geben,die dazu führen,dass Unfallopfer nicht optimal behandelt werden,um Organe zu gewinnen,deren Verpflanzung finanziellen Nutzen bringt.
Hierzulande ist das keineswegs der Fall; meist wird sogar "zu spät" daran gedacht,die Frage,ob eine Organspende möglich ist zu klären,da eben die Sorge um das Unfallopfer ganz im Zentrum steht.Das Beatmen des Patienten nach Eintritt des "Hirntods" ist m.E. trotz aller o.a. Überlegungen nichts weiter als eine Unterbrechung des ansonsten schicksalhaft ablaufenden Sterbeprozesses des Gesamtorganismus zum Zwecke der Erhaltung der Organe.Das eben sieht man ja am Apnoetest.Es handelt sich beim Hirntoten nicht um einen beatmungspflichtigen Wachkomapatienten !
Deshalb ist es meines Erachtens ethisch erlaubt einem Patienten,der vorher zugestimmt hat durch Unterschreiben eines Ausweises nach dem Hirntod Organe zu entnehmen-und auch erlaubt und ehrenhaft für einen solchen Fall der
Organentnahme bei sich selbst zuzustimmen,zumal man ohne Organentnahme ja auch sterben würde nach Abstellen der Maschine,das zwangsläufig spätestens dann erfolgt,wenn ein mit höherer Wahrscheinlichkeit rettbarer neuer Patient eingeliefert wird.Das ist das Kolbe-Argument:Er als "alter" Häftling hatte eh schlechtere Überlebenschancen; da war es besser dem Sterben durch die Rettung eines anderen(und dessen Familie) noch einen besonderen Sinn
zu geben.Keine Todessuche um des Todes willen,wie beim Suicidanten !
Facit:Ich schmeisse meinen Organspendeausweis nicht in die Tonne und lege auch weiter welche in meiner Praxis aus !!Den Zeitpunkt des Lösens der Seele vom Körper exakt definieren zu wollen ist m.E. Spekulation und Ausfluss"westlichen Denkens".Die Diskussion ist dennoch nicht sinnlos,da man schon wissen sollte,was man tut,wenn man so einen Ausweis unterschreibt.Und reine staatliche "Widerspruchslösungen" sind abzulehnen !
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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taddeo
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von taddeo »

Man mag darüber streiten, inwieweit man sich auf die (weltweit sehr unterschiedlichen, insgesamt über 30 verschiedenen) existierenden "Hirntod"-Definitionen der Medizin einläßt.

Die jüngsten päpstlichen Äußerungen zum Thema Organspende stammen aus dem Jahr 2009 und besagen klipp und klar, daß eine Spende von unpaarigen Organen nur "ex cadavere" sittlich erlaubt ist - also von einem Menschen, dessen komplette Lebensfunktionen (Hirn, Herz- und Kreislaufsystem, Atmung) vollständig erloschen sind, der also auch im landläufigen Sinne "tot" ist. Allerdings ist der derzeitige Stand der Medizin so, daß dann die Organe weitgehend nicht mehr brauchbar sind.

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

iustus hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Den Nachweis würde ich gerne einmal sehen, daß er in seine Ermordung eingewilligt hat. :pfeif:
:hae?:

Selbstverständlich hat er eingewilligt. Er wusste genau, was passieren würde.

Wenn Du meinst, dass der Tod ihm nicht willkommen war, stimme ich Dir zu. Das gilt aber auch für die Organspender.
Das ist ein sehr großer Unterschied bei P. Maximilian Kolbe.
Ob man den Tod auf sich nimmt oder ob man jemanden zum Morden beauftragt.

Kolbe hat niemanden beauftragt ihn zu töten, sowie auch Jesus niemanden beauftragt hat ihn zu kreuzigen, oder wie auch bei einem Flugzeugabsturz wenn zu wenig Fallschirme zur Verfügung stehen liebe Menschen zugunsten anderer darauf verzichten. Alle drei sterben, wissend daß sie (für einen guten Zweck) sterben werden. Das sind alles Heldentaten.
Alle sie fordern aber niemanden auf einen Mord zu begehen! Der Mörder wird nicht erst von uns beauftragt. Er ist schon da.
Beim Organtransplantieren ist das nicht der Fall. Den Arzt können wir sehr wohl und ganz einfach vom Mord abhalten, indem wir ihm nicht den Auftrag zum morden erteilen. Es gibt diesen Mord nicht wenn wir keinen beauftragen.

Es ist nicht dasselbe, wenn wir uns vor jemanden werfen auf den eine Kugel geschossen wird um den anderen zu retten wie wenn wir selbst die Kugel erst noch abschießen müssen um jemand zu retten.

Es geht ja auch nicht, daß ich jemanden drum bitte, daß er mich zu einem Märthyrer macht, indem ich ihm sage er solle mich zwingen den Teufel anzubeten und wenn ich das nicht mache soll er mich bitte (gegen Entgeld) erschießen. Das ist kein Märthyrium und auch nicht im Enferntesten irgendeine gute Tat!
Zuletzt geändert von Marion am Donnerstag 13. Mai 2010, 14:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Galilei
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Galilei »

Marion hat geschrieben:Das ist ein sehr großer Unterschied bei P. Maximilian Kobe.
[...]
Kobe hat niemanden beauftragt [...]
Der Heilige hieß Maximilian Kolbe.

Kobe sieht so aus:

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

Ich habe es verbessert!
Danke und Entschuldigung :)
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iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

Marion hat geschrieben: Beim Organtransplantieren ist das nicht der Fall. Den Arzt können wir sehr wohl und ganz einfach vom Mord abhalten, indem wir ihm nicht den Auftrag zum morden erteilen. Es gibt diesen Mord nicht wenn wir keinen beauftragen.
Es gibt aber den Tod eines anderen Menschen, der eintritt, wenn ich ihm nicht mein Organ spende.

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cantus planus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von cantus planus »

iustus hat geschrieben:Es gibt aber den Tod eines anderen Menschen, der eintritt, wenn ich ihm nicht mein Organ spende.
Verzeihung, aber diese Argumentation ist für mich abwegig. Um jetzt nicht Schlimmeres zu sagen...
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iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

Marion hat geschrieben: Es geht ja auch nicht, daß ich jemanden drum bitte, daß er mich zu einem Märthyrer macht, indem ich ihm sage er solle mich zwingen den Teufel anzubeten und wenn ich das nicht mache soll er mich bitte (gegen Entgeld) erschießen. Das ist kein Märthyrium und auch nicht im Enferntesten irgendeine gute Tat!
:hae?:
Der Organspender wird doch gar nicht gezwungen und schon gar nicht bittet er andere, ihn zu irgendetwas zu zwingen.

iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

cantus planus hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:Es gibt aber den Tod eines anderen Menschen, der eintritt, wenn ich ihm nicht mein Organ spende.
Verzeihung, aber diese Argumentation ist für mich abwegig. Um jetzt nicht Schlimmeres zu sagen...
Das ist alles andere als abwegig. Ich spreche aus Erfahrung.

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

iustus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben: Es geht ja auch nicht, daß ich jemanden drum bitte, daß er mich zu einem Märthyrer macht, indem ich ihm sage er solle mich zwingen den Teufel anzubeten und wenn ich das nicht mache soll er mich bitte (gegen Entgeld) erschießen. Das ist kein Märthyrium und auch nicht im Enferntesten irgendeine gute Tat!
:hae?:
Der Organspender wird doch gar nicht gezwungen und schon gar nicht bittet er andere, ihn zu irgendetwas zu zwingen.
Stimmt!
Ich hatte diesen Vergleich nur gebracht um deutlich zu machen, daß man etwas an sich Gutes (beim einen für seinen Glauben das Leben hingeben, beim andern für das Leben eines anderen sein Leben hingeben) nicht mit einer Sünde herbeiorganisieren kann indem man einen dritten zum Sündigen beauftragt.
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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

iustus hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:Es gibt aber den Tod eines anderen Menschen, der eintritt, wenn ich ihm nicht mein Organ spende.
Verzeihung, aber diese Argumentation ist für mich abwegig. Um jetzt nicht Schlimmeres zu sagen...
Das ist alles andere als abwegig. Ich spreche aus Erfahrung.
Es gibt hier wohl ein Prinzipproblem. Die Frage ist wohl: Wie feste darf (oder auch soll) ein Christ sündigen um einem anderen zu nützen?
Beim Augustinus hör ich raus daß es absurd ist zu meinen man könne eine Sünde nicht mehr Sünde nennen nur weil sie jemand anderem nützt:
... Denn wir können ja auch durch Diebstahl nützen, wenn z.B. der Arme, dem [das gestohlene Gut] offen gegeben wird, Vorteil davon hat, während der Reiche, dem es heimlich weggenommen wird, den Nachteil gar nicht empfindet: und doch wird niemand einen solchen Diebstahl darum keine Sünde nennen. Auch durch Ehebruch könnten wir nützen, weil vielleicht das Weib, dem man hierin nicht zu Willen wäre, offenbar vor lauter Verliebtheit sterben würde, während es sich anderseits, falls es am Leben bleibt, durch Buße wieder reinigen könnte: und doch wird niemand sagen, ein solcher Ehebruch sei keine Sünde. ...
http://www.unifr.ch/bkv/kapitel2258-6.htm
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cantus planus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von cantus planus »

Das Problem für mich ist, dass die Kirche nach wie vor keine eindeutige Aussage zu dieser Problematik gefunden hat. Der Heilige Vater scheint die Organspende zu befürworten. Aber wie ist es mit der traditionellen Sichtweise?

Ich gestehe, dass die Organspende eines der wenigen Felder ist, wo ich vollkommen im Dunkeln tappe.
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overkott
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von overkott »

iustus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Es gibt aber den Tod eines anderen Menschen, der eintritt, wenn ich ihm nicht mein Organ spende.
Es könnte auch dein eigener sein. Man sollte sich gut informieren. Sicher ist Organspende eine Form der Nächstenliebe.

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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

overkott hat geschrieben:Es könnte auch dein eigener sein. Man sollte sich gut informieren. Sicher ist Organspende eine Form der Nächstenliebe.
Sicher ist sie das in der Undifferenziertheit dieser Aussage nicht! (Zur katholischen Lehre findest Du weiter oben Belege.)

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

Wie du doch in deinem neuen Strang http://kreuzgang.org/viewtopic.php?p=388636#p388636
Modernisierung der Ethik gelernt hast ist dein Ansatz "der Zweck heiligt die Mittel" falsch. Kein böses Mittel wird gut, egal wie gut der Zweck ist!

Das immernoch als gut zu verkaufen indem du den Leuten Angst vor ihrem eigenen Tod machst, macht die Sache nicht besser.

Es ist falsch sich dagegen zu wehren sein Gewissen richtig zu schulen.
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overkott
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von overkott »

So spricht Er, der die sieben Geister Gottes und die sieben Sterne hat: Ich kenne deine Werke. Dem Namen nach lebst du, aber du bist tot. (Offb 3,1)

Während wir Gott zurecht danken für die Schöpfung, für Leib und Leben, wollen wir auch daran denken, dass wir im Geist Jesu das Leben insbesondere geistig und sittlich verstehen und uns daher mehr Sorgen um den zweiten Tod (Vgl. Offb 21,8) machen.

Herztod oder Hirntod ist von daher als medizinische Frage Thema eines relativ eigenständigen Kultursachbereichs (um in der Sprache des Konzils zu bleiben). Da das Gebot der Nächstenliebe jedoch keineswegs nur eine Individualethik ist, bedarf es einer intersubjektiven Verständigung über die Definition von Leben und Tod, wobei die Kirche den reichen Erfahrungsschatz der Offenbarung und Tradition sowie der aktuellen Seelsorge mit in die Debatte einbringen kann, an der außer den Medizinern auch die unmittelbar Betroffenen zu beteiligen sind, die über die Hingabe und Spende ihrer Organe zur Rettung anderer für den Konfliktfall selbst entscheiden sollen.

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Berolinensis
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Berolinensis »

cantus planus hat geschrieben:Das Problem für mich ist, dass die Kirche nach wie vor keine eindeutige Aussage zu dieser Problematik gefunden hat. Der Heilige Vater scheint die Organspende zu befürworten. Aber wie ist es mit der traditionellen Sichtweise?

Ich gestehe, dass die Organspende eines der wenigen Felder ist, wo ich vollkommen im Dunkeln tappe.
Wie kommst du darauf? Die Lehre der Kirche ist völlig klar: Organspende kommt nur ex cadavere in Frage. Die Frage, wann der Tod eintritt - und also ein cadaver in diesem Sinne da ist - ist nicht von der Kirche, sondern von der Wissenschaft zu beantworten (auch wenn sie der Kirche natürlich nicht egal sein kann, da davon ja wichtigste Folgen abhängen). Wie von Robert und anderen schon hingewiesenund eigentlich hier auch von fast niemandem bestritten wurde, sprechen gute - m.E, unabweisbare - Gründe dafür, das Hirntodkriterium abzulehnen. Damit scheidet im Ergebnis eine Spende lebenswichtiger Organe aus.

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cantus planus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von cantus planus »

Das würde im Klartext heißen, dass eine Organspende im Prinzip nicht möglich ist. Ausgenommen bspw. die Entnahme einer Spenderniere, Rückenmark, Haut, Blut etc.

Alles andere kann ja, wenn nicht nach dem Hirntod, erst nach dem Stillstand des Herzens etc. entnommen werden, womit es de facto wertlos wird.

So klar habe ich das aber kirchenamtlicherseits eben noch nie gehört. Dort wird nach wie vor munter Werbung für Organspende gemacht. Das Hirntod-Problem kommt da fast nicht vor. Jedenfalls in den Gemeinden, die in meinem Blickfeld liegen.
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Berolinensis
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Berolinensis »

cantus planus hat geschrieben:Das würde im Klartext heißen, dass eine Organspende im Prinzip nicht möglich ist. Ausgenommen bspw. die Entnahme einer Spenderniere, Rückenmark, Haut, Blut etc.

Alles andere kann ja, wenn nicht nach dem Hirntod, erst nach dem Stillstand des Herzens etc. entnommen werden, womit es de facto wertlos wird.

So klar habe ich das aber kirchenamtlicherseits eben noch nie gehört. Dort wird nach wie vor munter Werbung für Organspende gemacht. Das Hirntod-Problem kommt da fast nicht vor. Jedenfalls in den Gemeinden, die in meinem Blickfeld liegen.
Ja, aber das ist ein Problem der Verkündigung und der - horribile dictu - Kirchenpolitik, nicht der Lehre.

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taddeo
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von taddeo »

cantus planus hat geschrieben:Das würde im Klartext heißen, dass eine Organspende im Prinzip nicht möglich ist. Ausgenommen bspw. die Entnahme einer Spenderniere, Rückenmark, Haut, Blut etc.

Alles andere kann ja, wenn nicht nach dem Hirntod, erst nach dem Stillstand des Herzens etc. entnommen werden, womit es de facto wertlos wird.
Völlig richtig. Es gibt nach heutigem medizinischen Technikstand nur wenige Organe bzw. Gewebe, die auch noch unmittelbar nach dem völligen Organversagen entnommen werden könnten.
cantus planus hat geschrieben:So klar habe ich das aber kirchenamtlicherseits eben noch nie gehört. Dort wird nach wie vor munter Werbung für Organspende gemacht. Das Hirntod-Problem kommt da fast nicht vor. Jedenfalls in den Gemeinden, die in meinem Blickfeld liegen.
Die gemeinsame Erklärung von EKD und DBK zur Organspende (ich glaube von 1990 rum) hat da sehr schädlich gewirkt, indem sie die Organspende einerseits als "Akt der Nächstenliebe" (und damit quasi als Christenpflicht) bezeichnet hat, andererseits die alles entscheidende Todesdiagnose allein auf die Medizin abgewälzt hat (die sich dabei noch nicht mal einig ist). Dabei ist längst klar, daß die Transplantationsmedizin unter "Tod" etwas ganz anderes verstehen MUSS als die Theologie. Die medizinische Grundlagenforschung versteht ja unter "Kind" auch was anderes als die Theologie. Für sie ist ein Embryo ein Zellhaufen, für die Theologie ein beseelter Mensch.
Die letzten Äußerungen der Päpste (JPII und BXVI) zum Thema sind zwar keineswegs lehramtlich verbindliche Dokumente, aber beide gehen klipp und klar davon aus, daß die Organspende nur "ex cadavere" im traditionellen Sinn erlaubt sein kann, also wenn der Mensch tatsächlich in all seinen Organfunktionen tot ist und nicht nur in den Reaktionen der äußeren zwei Zentimeter des Großhirns (mehr kann man nämlich klinisch gar nicht messen, und selbst dort nur einen Bruchteil der Abläufe!).

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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von lifestylekatholik »

taddeo hat geschrieben:Die letzten Äußerungen der Päpste (JPII und BXVI) zum Thema sind zwar keineswegs lehramtlich verbindliche Dokumente, aber beide gehen klipp und klar davon aus, daß die Organspende nur "ex cadavere" im traditionellen Sinn erlaubt sein kann, also wenn der Mensch tatsächlich in all seinen Organfunktionen tot ist und nicht nur in den Reaktionen der äußeren zwei Zentimeter des Großhirns (mehr kann man nämlich klinisch gar nicht messen, und selbst dort nur einen Bruchteil der Abläufe!).
Ich will hier ausdrücklich den von Incarnata eingebrachten Artikel von Frau Kalitzkus, erschienen im Magazin Dr. med. Mabuse, Nr. 185, Mai/Juni 2010, zur Lektüre empfehlen, der aktuelles Unbehagen am Hirntodkriterium aus medizinischer Sicht thematisiert und übrigens auch die Bestrebungen zum Übergang von der derzeit in der Bundesrepublik gültigen erweiterten Zustimmungslösung zur Widerspruchslösung anspricht. Lesenswert!
Raimund Josef H. hat geschrieben:Im Auftrag (wg. der technischen Probleme im Forum) von incarnata, soll ich auf ein Dokument zum Thema "Hirntod" hinweisen, was ich
hiermit gerne mache. Ich habe das pdf-File auf folgender Adresse zum runterladen bereitgestellt:

http://www.datafilehost.com/download-930b0907.html
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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taddeo
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von taddeo »

viewtopic.php?p=388956#p388956
Ich bitte darum, bei einer sachbezogenen Diskussion zum Thema zu bleiben!
Es geht hier um die kirchliche Lehre bezüglich der Organspende und nicht um deren allzu private Auslegungen.

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

Berolinensis hat geschrieben: Die Frage, wann der Tod eintritt - und also ein cadaver in diesem Sinne da ist - ist nicht von der Kirche, sondern von der Wissenschaft zu beantworten (auch wenn sie der Kirche natürlich nicht egal sein kann, da davon ja wichtigste Folgen abhängen).
Steht hier in der Wiki Quatsch oder hat die Kirche doch schon etwas dazu gesagt (und zwar anderes als die Wissenschaft)?
Aus Sicht der Römisch-katholischen Kirche gilt die Hirntod-Definition, nachdem das Ausbleiben messbarer Hirnströme über einen Zeitraum von mindestens sechs Stunden den Tod des Menschen anzeigt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hirntod#Katholische_Kirche
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von taddeo »

In gewisser Weise ist das Quatsch, denn es gibt bis heute keine lehramtliche Äußerung, die sich definitiv der "Hirntod"-These anschließen würde (wie auch, nachdem sich die Medizin selber nicht einig ist). Die jüngste päpstliche Äußerung zu diesem Thema stammt vom 7.11.2008 aus einer Ansprache von Papst Benedikt vor der Päpstlichen Akademie für das Leben. Darin sagte er u. a. (Hervorhebungen von mir):
Es ist jedenfalls notwendig daran zu erinnern, dass die einzelnen lebenswichtigen Organe ausschließlich "ex cadavere" entnommen werden können, der im übrigen seine eigene Würde besitzt, die zu respektieren ist. Die Wissenschaft hat in diesen Jahren weitere Fortschritte zur Feststellung des Patiententodes gemacht. Es wäre also gut, wenn die erreichten Ergebnisse den Konsens der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft erhielten, um die Suche nach Lösungen zu begünstigen, die allen Gewissheit vermitteln. In einem Bereich wie diesem darf es nicht den geringsten Verdacht auf Willkür geben, und wo die Gewissheit noch nicht erreicht sein sollte, muss das Prinzip der Vorsicht den Vorrang haben. Es ist daher notwendig, dass die Forschung und das interdisziplinäre Denken so gefördert werden, dass die öffentliche Meinung mit der durchsichtigsten Wahrheit hinsichtlich der anthropologischen, sozialen, ethischen und rechtlichen Implikationen der Transplantationstechnik konfrontiert wird. In diesen Fällen muss jedenfalls immer die Achtung vor dem Leben des Spenders als Hauptkriterium gelten, so dass die Organentnahme nur im Falle seines wirklichen Todes erlaubt ist (vgl. Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 476).

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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

taddeo hat geschrieben:In gewisser Weise ist das Quatsch, denn es gibt bis heute keine lehramtliche Äußerung, die sich definitiv der "Hirntod"-These anschließen würde (wie auch, nachdem sich die Medizin selber nicht einig ist). Die jüngste päpstliche Äußerung zu diesem Thema stammt vom 7.11.28 aus einer Ansprache von Papst Benedikt vor der Päpstlichen Akademie für das Leben. Darin sagte er u. a. (Hervorhebungen von mir):
Es ist jedenfalls notwendig daran zu erinnern, dass die einzelnen lebenswichtigen Organe ausschließlich "ex cadavere" entnommen werden können, der im übrigen seine eigene Würde besitzt, die zu respektieren ist. Die Wissenschaft hat in diesen Jahren weitere Fortschritte zur Feststellung des Patiententodes gemacht. Es wäre also gut, wenn die erreichten Ergebnisse den Konsens der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft erhielten, um die Suche nach Lösungen zu begünstigen, die allen Gewissheit vermitteln. In einem Bereich wie diesem darf es nicht den geringsten Verdacht auf Willkür geben, und wo die Gewissheit noch nicht erreicht sein sollte, muss das Prinzip der Vorsicht den Vorrang haben. Es ist daher notwendig, dass die Forschung und das interdisziplinäre Denken so gefördert werden, dass die öffentliche Meinung mit der durchsichtigsten Wahrheit hinsichtlich der anthropologischen, sozialen, ethischen und rechtlichen Implikationen der Transplantationstechnik konfrontiert wird. In diesen Fällen muss jedenfalls immer die Achtung vor dem Leben des Spenders als Hauptkriterium gelten, so dass die Organentnahme nur im Falle seines wirklichen Todes erlaubt ist (vgl. Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 476).

Es muss irgendwo was offizielles dazu geben:
... Die Debatte darüber, wann man einen Menschen für tot erklären kann, hatte ein Artikel in der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ losgetreten, der darlegte, warum die seit vierzig Jahren geltenden Kriterien nicht mehr zeitgemäß seien. ...
von mir hervorgehoben http://storico.radiovaticana.org/ted/st ... rntot.html
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