@Marion:
Es ist unmöglich eine verbindliche Lehre, also eine bereits gefundene und bestätigte Wahrheit zu ändern! Falls dies sich irgendwann ein Papst anmaßen sollte, weiß jeder, daß er kein Papst ist. Das ist aber nicht geschehen.
Ein typischer Anwendungsfall von Palmström's Axiom:
"Weil, so schloß er messerscharf / Nicht sein kann, was nicht sein darf!"
Ich ersuche, die beiden Texte unvoreingenommen zu lesen:
Syllabus errorum hat geschrieben:
<Da der Syllabus nicht positiv lehrt, sondern nur angebliche Irrlehren verwirft, ist zu ergänzen: "Es ist ein den Lehren der RKK widersprechender Irrtum, zu lehren ...">77. In unserer Zeit ist es nicht mehr denkbar, daß die katholische Religion als einzige Staatsreligion anerkannt und alle anderen Arten der Gottesverehrung ausgeschlossen werden" — "78. Es ist daher lobenswert, in gewissen katholischen Ländern, den Einwanderern gesetzlich die öffentliche Ausübung ihres Kultes zu garantieren"
Oder positiv umformuliert: "Es ist Lehre der RKK, daß auch heutzutage die RKK als einzige Staatsreligion anerkannt wird und alle anderen Arten der Gottesverehrung ausgeschlossen werden. Es ist zu verurteilen, in gewissen katholischen Ländern den Einwanderern gesetzlich die öffentliche Ausübung ihres Kultes zu garantieren"
Dignitatis Humanæ hat geschrieben:Das Vatikanische Konzil erklärt, daß die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat. Diese Freiheit besteht darin, daß alle Menschen frei sein müssen von jedem Zwang sowohl von seiten Einzelner wie gesellschaftlicher Gruppen, wie jeglicher menschlichen Gewalt, so daß in religiösen Dingen niemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln, noch daran gehindert wird, privat und öffentlich, als einzelner oder in Verbindung mit anderen - innerhalb der gebührenden Grenzen - nach seinem Gewissen zu handeln.
Das ist exakt das Gegenteil von vorhin, mithin also eine neue Lehre
(was denn sonst!)
Ihr (oder von einem hier postenden 150%-Katholiken) fast todsicher kommender Einwand: "Aber es ist keine vom unfehlbaren Lehramt als Dogma
de fide definierte Lehre und in dem Zusammenhang daher wurscht!" ist entbehrlich, da sowohl Syllabus, als auch eine Konzilsdekret jedenfalls als lehramtliche Äußerungen des
ordentlichen Lehramtes von jedem Katholiken angenommen werden müssen. Und zwar nicht nur mit Vorbehalt (vgl. "silentium obsequosum" im Jansenistenstreit), sondern mit voller Überzeugung (können Sie in jedem Dogmatiklehrbuch nachlesen). Beide Texte sind nicht auf der Verbindlichkeitsebene eines "Wort zum Sonntag"-Geplauderes des Fernsehpfarrers angesiedelt, sondern "erste Sahne" aus dem Mund des Papstes bzw. eines Konzils.