Ich greife mal diesen älteren Strang wieder auf.
Gamaliel am 28. Oktober 21 hat geschrieben:Leider fehlt mir gerade die Zeit, um ausführlicher auf das Threadthema einzugehen. So manches wäre zu sagen, um den wahren Glauben und das rechte Glaubensleben von sentimentaler Gefühlsduselei aber auch gefährlichem Modernismus zu unterscheiden.
Ein Tip:
Wichtige Bemerkungen zu diesem Thema finden sich bei einem großen Meister des geistlichen Lebens, nämlich dem hl. Ignatius von Loyola. In seinen Exerzitien, die sich höchster kirchlicher Anerkennung und Empfehlung erfreuen dürfen, gibt er wichtige Grundlagen an, die die "Gefühle" des (gläubigen) Menschen betreffen. Er unterscheidet klar zwichen Trost und Trostlosigkeit, zeigt wie wir sie erkennen und recht beurteilen und gibt schließlich Winke, wie wir uns in der jeweiligen Lage angemessen verhalten. (Diese kurzen Regeln bedürfen natürlich der Erklärung, sie dienen ja eigentlich dem Exerzitienprediger als Hilfe. Doch wenn man ein bißchen nachdenkt, dann erlangt man ein gewisses Verständnis auch ohne Erklärung.)
Wer interessiert ist möge die an Umfang kurzen, aber inhaltlich sehr tiefen Ausführungen selber nachlesen. Zum Glück gibt es das Exerzitienbüchlein online als
pdf-Datei.
Nachzulesen ist im Abschnitt (Adobe Seite 56ff): REGELN, UM EINIGERMASSEN DIE VERSCHIEDENEN BEWEGUNGEN ZU ERKLÄREN UND ZU ERSPÜREN, DIE IN DER SEELE SICH VERURSACHEN; DIE GUTEN, UM SIE AUFZUNEHMEN, DIE SCHLECHTEN, UM SIE ZU VERWERFEN.
Der Link scheint nicht mehr zu funktionieren, aber ich habe das Büchlein unter folgendem Link gefunden:
http://ia63.us.archive.org/1/items/ ... ucmf_5.pdf (S. 159 ist der erwähnte Absatz)
Das mit dem "Spüren" empfinde ich auch immer so als Zwang, als würde ich nicht "richtig" glauben, wenn ich nichts spüre.
Ich kann mich erinnern, dass meine damalige Pfarrei kurz nach meiner Konversion damit begann, regelmäßig stille Anbetung zu halten, 45 Minuten lang einfach "nur" Stille. Ein sehr frommer alter Diakon meinte damals einmal, wir müssten die Anwesenheit Gottes im Herzen spüren können, und ich hatte mich damals einige Zeit damit gequält, dass ich aber nichts spürte.
Später hielt ich es mehr mit dem Bauern, von dem der Hl. Pfarrer von Ars erzählt hat, der einfach nur Gott anschaute. Der Pfarrer fragt ihn: „Was tust Du denn hier die ganze Zeit über?“ Die Antwort: „Ich schaue Ihn an, und Er schaut mich an. Das ist genug.“
Auch ist es nun ungefähr ein Jahr her, dass ich mich mal mit jemandem darüber unterhielt, dass ich es halt schade fände, dass Gott uns nicht wirklich und wahrhaftig spürbar "umarmen" könne. Ein Priester hatte vor ein paar Jahren auf Exerzitien dann mal Eucharistischen Einzelsegen gespendet und dazu wortwörtlich gesagt, das wäre quasi wie eine Umarmung Gottes.
In dem persönlichen Gespräch, auf das ich mich jetzt beziehe, hatte mir mein Gesprächspartner dann sinngemäß gesagt, er/sie würde das bei jeder einzelnen heiligen Kommunion so empfinden.
Da fühle ich mich dann irgendwie nicht vollwertig. Ich mache dann halt was falsch. Ich mache halt nicht genug. Ich beschäftige mich nicht genug mit Gott, dass ich nichts "empfinde".
Aber gut, ich weiß zum Glück, dass es auch schon mal anders war. Oder zumindest hab ich mir das damals "eingebildet". Ich denke, dieses "Gott spüren" ist m. E. eh eine Frage der Interpretation, denn wir können ja nicht wissen, ob wir nun wirklich Gott gespürt haben.
Ich bin eigentlich ganz froh, dass man mich auch eher vor "sentimentaler Gefühlsduselei" warnte, wie es oben Gamaliel formuliert hat, und mir eher sagte, dass Glaube eine Willensentscheidung sei, ein bewusster Akt meines Verstandes.
Bei dieser Willensentscheidung kann ich treu und fest bleiben, auch wenn ich mich in einer Zeit befinde, wo Gott mir keine "Tröstungen" schenken mag...
