Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Von Orgelpfeifen, Zimbelspielern und Kantoren.
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Vielleicht ist Kindergottesdienst ein unglücklich gewähltes Wort. Er wird ja weder von Kindern abgehalten (hoffentlich!) und auch nicht nur für Kinder. Ich denke, um einen Gottesdienst — nicht als Norm natürlich — für Kinder verständlicher zu machen, liegt nicht so sehr an der verwendeten Musik, sondern an der Predigt. Es gibt Themen, die sind für Kinder einfach nicht besonders geeignet, z.B. "Das Konzept des Heiligen bei Karl Rahner und Rudolf Otto".
Was die Musik angeht, da braucht man Kindern nicht das zuzumuten, was Erwachsene auch nicht hören wollen. Als ein Beispiel:
<embed src="http://www.youtube.com/v/nq_BhuES4xU&hl=en&fs=1" type="application/x-shockwave-flash" allowfullscreen="true" width="425" height="344"></embed>
Noch allerdings wird man so etwas in PL nicht im Rahmen der Messe finden.
???

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

anneke6 hat geschrieben:Vielleicht ist Kindergottesdienst ein unglücklich gewähltes Wort. Er wird ja weder von Kindern abgehalten (hoffentlich!) und auch nicht nur für Kinder.
Genau das Letztere ist aber meiner Erfahrung nach die unerfreuliche Regel. Ich besuche privat niemals Messen, die als "Kinder- und Familiengottesdienst" o. ä. deklariert sind, und dienstlich versuche ich dabei zu retten, was zu retten ist.

Kindern kann man eigentlich eine normale Messe (mit Erklärungen und z. B. einem guten Kindermeßbüchlein) gut zumuten. Ich habe nie begriffen, warum bei diesen Gelegenheiten immer eine gewisse Fraktion Erwachsener infantil wird und mit der sich daraus ergebenden Unzurechnungsfähigkeit die komplette Gottesdienstgemeinde drangsaliert.
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Benedikt

Beitrag von Benedikt »

Diese Familien- und Kinderwortgottesdienste (aka Famigo und Kiwogo :roll: ) habe ich schon als Kind nicht gemocht. Ich meide sie auch, so wie es geht - was nicht immer einfach ist. Allerdings gibt es Pfarrer, die aus jeder Messe einen Kindergottesdienst machen.

Jugendgottesdienste können ganz gut sein, kommt aber immer auf die Art und Weise an, mit der sie "gestaltet" (völlig unpassendes Wort) werden.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

cantus planus hat geschrieben:Ich habe nie begriffen, warum bei diesen Gelegenheiten immer eine gewisse Fraktion Erwachsener infantil wird ...
Verstehen kann ich aus auch nicht, aber es scheint manchen Leuten sehr viel zu geben. Hier wo ich wohne gibt es einen Priester mit einem Kindertick. Mich hat er damit auch schon genervt. Er wurde sehr krank und es gab Vertretung, z.B. durch einen mürrischen und einen alten Priester. Beide waren mir aber — vom Gottesdienst her — lieber.
Mittlerweile taucht der kranke Priester schon mal während der Messe auf und sagt ein paar Worte. Er wirkt noch sehr krank, und er ist es auch. Ich habe ihm einmal die Hand gegeben und festgestellt, daß sie kalt und feucht sind.
Auf jeden Fall, während der ganzen Messe wirkt der Priester als wäre er gerade aus dem Koma erwacht, aber wenn er sich an die Kinder wendet und irgendeine Geschichte erzählt, scheint er aufzuleben.
Schon bevor er operiert wurde, hatte ich den Eindruck, daß dieser Priester Angst vor Erwachsenen hat, vor allem vor erwachsenen Frauen.
Was dies wohl zu bedeuten hat?
???

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taddeo
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Beitrag von taddeo »

cantus planus hat geschrieben:Ein bemerkenswert schöner Beitrag auf Kreuz.net. Es kommt mir zwar vor, als ob die "Redaktion" hier einen Artikel aufkockt, den ich schon vor Monaten andernorts gelesen habe, aber Gutes und Richtiges kann man gar nicht oft genug erwähnen.
HIER findet man das ganze Interview mit Prof. Richenhagen, das er der Deutschen Tagespost gegeben hat.

Wieder mal sagt ein Musiker das, was eigentlich die Bischöfe sagen und tun müßten. Es ist ein Jammer mit dieser Sippschaft. (Und gerade unser Bischof, der als Weihbischof mal für Kirchenmusik zuständig war und die Domspatzen und die Regensburger Tradition und alles andere kennt, was man über Kirchenmusik als "Laie" so kennen kann, begnügt sich in seinem Bistum mit einer Liturgie, die mit ganz wenigen Ausnahmen jeder Beschreibung spottet. :cry: )

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

taddeo hat geschrieben:Wieder mal sagt ein Musiker das, was eigentlich die Bischöfe sagen und tun müßten. Es ist ein Jammer mit dieser Sippschaft.
Das ist in Musik(er)kreisen eine häufige Feststellung. Bei den theologischen Glanzleistungen manches Bischofs bin ich allerdings froh, dass er nicht auch noch Musik macht...

Bischof Franz-Josef Bode von Osnabrück ist übrigens ein seltenes Exemplar Bischof, der sowohl guter Musiker als auch guter Theologe ist. Und Papst Benedikt XVI., nicht zu vergessen.
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taddeo
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Beitrag von taddeo »

cantus planus hat geschrieben:Bischof Franz-Josef Bode von Osnabrück ist übrigens ein seltenes Exemplar Bischof, der sowohl guter Musiker als auch guter Theologe ist. Und Papst Benedikt XVI., nicht zu vergessen.
Und Bischof Gregor von Eichstätt. Der war jahrelang Cantor im Klosterkonvent, und seit er nicht mehr da ist, leidet nicht nur der Gesang dort.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Ich bin relativ offen was Kirchenmusik angeht; auch gegen (gute) volkssprachliche Lieder habe ich nichts. Aber woran mir etwas liegt, ist daß die festen Teile der Messe (vor allem Gloria, Sanctus und Agnus Dei) gesungen werden, und zwar als solche und nicht als Paraphrasen ("Heilig ist Gott in Herrlichkeit…") — und mit Credo-Liedern kann man mich jagen ("…und ewges Leben in den Höhn!") Das große Glaubensbekenntnis ist doch so ausdrucksstark!
Was musikalische Bischöfe oder auch Priester angeht: Warum gibt es Gesang nicht als festen Bestandteil der Priesterausbildung? Das würde vieles erleichtern.
???

Benedikt

Beitrag von Benedikt »

anneke6 hat geschrieben:Warum gibt es Gesang nicht als festen Bestandteil der Priesterausbildung? Das würde vieles erleichtern.
Gibt es ja. Bei vielen ist halt nur nichts mehr zu retten.

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taddeo
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Beitrag von taddeo »

Benedikt hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Warum gibt es Gesang nicht als festen Bestandteil der Priesterausbildung? Das würde vieles erleichtern.
Gibt es ja. Bei vielen ist halt nur nichts mehr zu retten.
Leider ist bei uns "Römern" die Musikalität kein Aufnahmekriterium für Priesterkandidaten. Bei den Byzantinern scheint das anders zu sein; mir hat mal ein Priester erklärt: wenn einer sehr gut singen kann, bleibt er sein Leben lang Diakon. Wenn er gut singt, wird er nach einigen Jahren zum Priester geweiht. Wenn er nicht gut singt, wird er auch noch mal Bischof (vorausgesetzt, er ist Mönch) - und wenn er überhaupt nicht singen kann, wird er Metropolit.
Wenn man anschaut, wer wieviel zu singen hat in der byzantinischen Liturgie, dann versteht man diesen Satz.

Bei uns gilt stattdessen: Ob einer singen kann oder nicht, ist völlig wurscht - er kann trotzdem alles werden, egal ob Sänger (siehe DSDS) oder Bischof.

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

Nur solche,die schwerpunktmässig der grösseren Ehre des Herrn dient,nicht der Selbstdarstellung von Künstlern,Musikern oder Liturgiegestaltern und die es versteht,den Gottesdienstbesucher zu tieferer Andacht und/oder größerer Begeisterung für den Herrn und seine Kirche zu bringen.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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Cordoba
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Beitrag von Cordoba »

incarnata hat geschrieben: Nur solche,die schwerpunktmässig der grösseren Ehre des Herrn dient,nicht der Selbstdarstellung von Künstlern,Musikern oder Liturgiegestaltern und die es versteht,den Gottesdienstbesucher zu tieferer Andacht und/oder größerer Begeisterung für den Herrn und seine Kirche zu bringen.
Genau so sehe ich das auch. :ikb_thumbup1:

Natürlich ist den Künstlern der Dank sicher. Aber ich bin einer dieser Kopfmenschen (was mir oft zu schaffen macht :(). Aber ich werde von schöner, dem Anlass angemessener Musik mitgerissen. Wenn ich mir jedoch im GD so manches Lied anschaue ... ohje ;)
"Poetry is sane because it floats easily in an infinite sea; reason seeks to cross the infinite sea, so make it finite. The result is mental exhaustion." (C.K. Chesterton, "Orthodoxy")

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cantus planus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von cantus planus »

Pilotprojekt „erdwärtsmesse“
Anmerkungen zu einem aussergewöhnlichen liturgisch-musikalischen Experiment

Dass der Dirigent Peter Jan Marthé nach seinen Erfolgen als Bruckner-Interpret und seiner vieldiskutierten Vollendung von Bruckners unvollendeter IX. Symphonie sich als Komponist einer Messe nun ausgerechnet der Kirchenmusik zuwendet, erstaunt nicht weiter angesichts seiner kirchlichen Vergangenheit als ehemaliger Theologiestudent im Grazer Priesterseminar und späterer Titularorganist von St. Anna-Baumgarten, Wien.

Am 12. Oktober 28 wurde seine „erdwärtsmesse“ durch den Innsbrucker Domchor in Kooperation mit dem Grazer Domchor im Rahmen eines Festgottesdienstes im Innsbrucker Dom zu St. Jakob uraufgeführt, eine weitere Aufführung in Zusammenarbeit beider Domchöre erfolgte anschließend am 9. November im Grazer Dom unter der Leitung von Josef Döller. Den bisherigen Höhepunkt bildete sodann die Aufführung der „erdwärtsmesse“ im Rahmen des Festgottesdienstes der Österreichischen Bischofskonferenz am 1. März im Innsbrucker Dom.

Dass alle diese Aufführungen eine dermaßen enorme, alle Erwartungen übertreffende, positive Resonanz hervorgerufen haben, legt die Vermutung nahe, dass gerade in Marthés „erdwärtsmesse“ nicht zu unterschätzende Impulse zu stecken scheinen, über neue Wege und mögliche Alternativen zu unserer gegenwärtigen kirchenmusikalischen Praxis nachzudenken.

Deshalb sei es mir, als dem für die Uraufführung verantwortlichen musikalischen Leiter gestattet, dieses in vieler Hinsicht außergewöhnliche Werk nun auch einem größeren Kreis vorzustellen.

Was ist denn nun so anders an der „erdwärtsmesse“? Es beginnt schon damit, dass Marthés grundsätzlicher Ansatz ein radikaler und provokanter ist.

„Wenn heute in unseren sonntäglichen Gottesdiensten oftmals ein mehr als spärlicher Besuch zu verzeichnen ist, im Gegensatz dazu jedoch im burgundischen Taizé selbst an Wochentagen (!) sich bis zu fünftausend Besucher zu den Gottesdiensten einfinden, dann stimmt bei uns ganz einfach etwas nicht. Und das hat für mich klarerweise damit zu tun, wie in den katholischen Kirchen die Gottesdienste ablaufen. Frère Roger, der Gründer der Taizé-Gemeinschaft, bringt diesen Tatbestand unmissverständlich klar auf den Punkt, wenn er feststellt: es komme darauf an, dass die Gottesdienste in den Kirchen die Gegenwart des Auferstandenen erahnen lassen, statt Gesänge und Ausdrucksformen von gähnender Langeweile aneinander zu reihen. Das spirituelle Leben einer Kirchengemeinde ließe sich stets erneuern, wenn alle am Geheimnis teilhaben, insbesondere durch die Schönheit und Lebendigkeit von Liedern und Hymnen.

Das Gebot der Stunde heißt also: back to the roots! Wir brauchen heute mehr denn je eine sakrale Musik, die – wie die Ikonen in der Orthodoxie – den Menschen eine Brücke in jene Welt zu bauen vermag, die Jesus mit dem Wort ‚Himmelreich’ umschreibt.“ (Marthé)


Synthese aus Taizé, Pendereckis Lukaspassion und Bruckner-Tedeum

Die „erdwärtsmesse“ ist in acht Teile gegliedert und umfasst die Sätze Einzug – Kyrie eleison – Gloria – Ruf vor dem Evangelium – Gabenbereitung – Sanctus – Communio – Auszug. Neben dem Chor, dem Bariton-Solisten, der Orgel und einem Percussion-Ensemble (Congas & Djemben) ist die Messe auch noch mit einem üppigen Blechbläser-Chor besetzt: 2 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen sowie Basstuba.

Mit dem ungewöhnlichen Titel „erdwärtsmesse“ will der Komponist seine Überzeugung ausdrücken, dass das spirituelle Erlebnis in einem Gottesdienst untrennbar verknüpft sein müsse mit einem Eintauchen in das irdische „Hier und Jetzt“.

Nicht genug damit. Der Anspruch des Komponisten schreckt nicht davor zurück, „einen Bogen über beinahe zweitausend Jahre sakraler Musik spannen zu wollen.“ Was einem schon beim ersten Überfliegen der Partitur förmlich ins Auge springt, ist die geradezu tollkühne Mischung unterschiedlichster Stile. Mag Marthés Beschreibung seiner „erdwärtsmesse“ als eine „Synthese aus orthodoxen Gesängen, Taizé-Liedern, Pendereckis Lukaspassion und Bruckner-Tedeum“ auf den ersten Blick überspitzt erscheinen, so ist ihm ohne jeden Zweifel eine faszinierende Verschmelzung von musikalischen Elementen und Traditionen gelungen, deren Schlüssigkeit schlichtweg besticht. Auf diesem Weg entsteht eine neue Dimension von musikalischer Ausdruckskraft, die sich zwar nur schwer einer der gängigen „Schubladen“ zuordnen lässt, aber nichts desto trotz unmittelbar und tief zu berühren vermag. Und darauf sollte es doch letztlich auch ankommen.

Eine weitere Besonderheit liegt in der Vielfalt der Formen, die der Komponist den einzelnen Sätzen als Gestaltungsprinzip zugrunde legt – Rondo (Gloria, Offertorium, Ruf vor dem Evangelium), Chaconne (Sanctus), Ricercare (Einzug und Auszug, Gabenbereitung), große Motette (Communio).

Das „Kyrie“ verkörpert innerhalb des gesamten Mess-Zyklus eine kompositorische Sonderform - ich bin geneigt, diesen Satz als ein musikalisches „Dramolett“ anzusehen. Es wird von einem archaischen, bis in die Anfänge des Christentums zurückreichenden, vom Berg Athos stammenden Ruf eröffnet, den der Komponist von seinem Athos-Aufenthalt im Jahre 1971 mitgebracht hatte.
Dieser archaische, zunächst von den Männerstimmen intonierte Anruf wird unmittelbar vom Bariton-Solo in einem leidenschaftlich rezitativischen Gesangsstil, wie er in der Synagoge beheimatet ist, weitergeführt, um schließlich von der Gemeinde als dem „Chor des Gottesvolkes“ mit einem der für die „erdwärtsmesse“ charakteristischen Refrains beantwortet zu werden. Eine beinahe beklemmende, dramatische Zuspitzung erfährt das „Kyrie“ schließlich beim dritten Kyrie-Ruf, wenn der Chor über dem Orgelpunkt eines auf dem 32-Fuß-Register basierenden Pedalclusters – beginnend im pp bis zum ekstatischen fff-Aufschrei – die Worte skandiert „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir!“ – eine expressive, bedrohliche Zusammenballung von gewaltigen Klangmassen, die durch den schlichten „Herr, erbarme Dich unser“-Refrain der Gemeinde in die Gewissheit der Vergebung all unserer Sündenlast aufgelöst werden. Dieses in der Tat ungewöhnliche „Kyrie“ klingt überraschend im ppp auf eine Weise aus, die an die mystische Klangwelt orthodoxer Sakralmusik erinnert.

Gemeinsam singend und musizierend Kathedralen der Klänge bauen

Einen weiteren wichtigen, innovativen Aspekt in der „erdwärtsmesse“ bilden die so genannten „Acht Refrains für den Chor des Gottesvolkes“. Das sind ebenso einfache wie einprägsame, von allen zu singende „Refrains“, welche die eigentliche Basis der „erdwärtsmesse“ bilden und durch ihre mehrmaligen Wiederholungen eine – für katholische Verhältnisse eher ungewohnte – Weise des meditativen Singens lancieren, wie sie in der Ostkirche sowie in Taizé praktiziert wird. Auf diese Weise entstehen so genannte „Inseln der Zeitlosigkeit, wo die Seele atmen und so den Anruf Gottes leichter zu spüren vermag als in unserem textüberladenen Singen, wo eben die Seele nicht atmen kann – vielleicht auch gar nicht zu sich selbst kommen soll?“ (Marthé)

An dieser Stelle möchte ich meine eigenen, ganz persönlichen Erfahrungen im Umgang mit der „erdwärtsmesse“ nicht verhehlen.

Grundsätzlich bin ich sehr skeptisch gegenüber diversen Versuchen, mit einer eingängigen, „einfachen“ Melodik die Sangesfreude der Messbesucher steigern zu wollen, da derartige Produkte erfahrungsgemäß meist im Bereich des Banalen landen. Keine Rede davon bei den Acht Refrains für den Chor des Gottesvolkes in der „erdwärtsmesse“. Marthé ist es tatsächlich gelungen, Melodien zu schaffen, die existentiell berühren und somit auch beim „Profi“ eine nachhaltige und tiefe Resonanz erzeugen, der man sich nicht so leicht zu entziehen vermag.

Das „Sanctus“ gibt ein gutes Beispiel, wie stringent der Komponist seine Intention, „gemeinsam singend und musizierend eine Kathedrale der Klänge zu bauen“, umzusetzen vermag und damit auch erreicht, dass spätestens hier alles, aber auch wirklich alles mitzusingen beginnt.

Dieses „Sanctus“ ist – wie schon gesagt – als eine Art Chaconne konzipiert, die sich aus dem Heilig-Refrain (der sich an ein altes burgenländisches Sanctus-Lied anlehnt, das auch schon Haydn für seine „Heiligmesse“ verwendet hat) gleichsam aus dem Nichts entwickelt und durch ständige Variationen in den Oberstimmen, in Überchören und Trompeten-Fanfaren zu einem gewaltigen Klangmassiv des Lobpreises eingedenk der Herrlichkeit Gottes anwächst. Den kaum noch zu überbietenden Höhepunkt dieses Satzes bildet am Schluss des „Sanctus“ der Kontrapunkt des Organo Pleno mit seinen scharf punktierten Majestäts-Akkorden.

„Räume“ zum Verweilen, Vertiefen, Erleben

Ein weiteres Novum der „erdwärtsmesse“ ist für mich in Marthés Verständnis der „Messe“ als eine „Flucht von Räumen“ zu sehen, die es zu durchschreiten gilt, um zu verweilen, sich in den jeweiligen „Raum“ zu vertiefen, ja, um etwas zu erleben, das nicht übertragbar ist.

„Die Form der Messe hat mich seit meinen Kindertagen fasziniert und bis auf den heutigen Tag nicht mehr losgelassen. Als mich schließlich eine Entdeckung wie ein Blitz traf, war es Zeit, die „erdwärtsmesse“ zu schreiben. Ich wollte das, was mich zutiefst berührt, auch mit anderen Menschen teilen. Es war in der Tat eine verblüffende Entdeckung, dass die Feier der Messe mit der Abfolge ihrer einzelnen Teile wie ein Schreiten durch mehrere „Räume“ eines wundersamen Hauses anmutet, wobei dich in jedem „Raum“ eine ganz spezifische „Erfahrung“ erwartet, bis du am Ende der „Reise“ verwandelt, gestärkt, getröstet, inspiriert wieder in die Welt zurückgesandt wirst“, führt der Komponist im CD-Booklet zur „erdwärtsmesse“ aus.

Gerade dieser Aspekt der „erdwärtsmesse“ ist es, der gravierende Defizite unserer eigenen kirchenmusikalischen Tradition deutlicher als sonst zutage treten lässt. Konkret meine ich damit, dass es in der gegenwärtigen liturgischen Praxis kaum „Freiräume der Kontemplation“ gibt, „Inseln der Zeitlosigkeit“, wo Geist, Seele, Gedanken und Emotionen zur Ruhe kommen, um „am Seelengrunde – bar jedes Bildes und jedes Gedankens – Gott zu finden“, wie es der mittelalterliche Mystiker, Meister Eckhart ausdrückt.


II. Vatikanisches Konzil ideal umgesetzt

„Meine vorrangige Zielsetzung bei der Komposition der „erdwärtsmesse“ war es, etwas Integratives zu schaffen. Etwas, das einen gemeinsamen Nenner hat, und alle verschiedenen Gruppierungen einer Gemeinde zusammenbringt; wo Kinder und Jugendliche begeistert mitmachen und auch diejenigen mit höheren Ansprüchen auf ihre Rechnung kommen. Wo der Kirchenchor entsprechend gefordert und schließlich auch der Gemeinde nicht nur ein entscheidender Platz eingeräumt wird, sondern diese auch gern und begeistert mit voller Stimme mitsingt.“ (Marthé)

Mag diese Zielsetzung zunächst als sehr hoch gesteckt anmuten. Die Rechnung ist jedoch voll aufgegangen und der Funke auf alle Mitfeiernden unmittelbar übergesprungen. So ist es dem Komponisten zweifellos gelungen, die Vorstellungen des II. Vatikanischen Konzils im Sinne einer „participatio actuosa“, also der tätigen Teilnahme der Gemeinde, auf optimale Weise umzusetzen. Mehr noch, die bisherigen Aufführungen der „erdwärtsmesse“ haben auf eindrucksvolle Weise belegt, dass auch die mitfeiernde Gemeinde selbst von der ihr zugedachten, tragenden Rolle als „Chor des Gottesvolkes“ mit großer Begeisterung Gebrauch zu machen versteht.


Große Bandbreite der Gefühle

Ohne jeden Zweifel stellt die „erdwärtsmesse“ einen Anachronismus da und ist mit einem Schiff zu vergleichen, das eigenwillig und entschlossen gegen den Strom steuert. Gegen den Strom des Zeitgeistes, aber auch gegen den Strom der gegenwärtigen kirchenmusikalischen Praxis.

Feierliche Klangpracht oder generell der Gestus der Größe (wesentliche musikalische Elemente der „erdwärtsmesse“) werden vorschnell als bombastisch abqualifiziert, eine „kontemplative“ Musik wird reflexartig mit dem Bann der „esoterischen“ Herkunft belegt.

Marthé schreckt auch nicht davor zurück, zu drastischen Klangmitteln zu greifen, wenn es darum geht, die ekstatische Freude des „Halleluja“ als eine von Congas und Djemben angefeuerte „Gospel-Musik“ in Klang zu setzen oder in der „Gabenbereitung“ gar ländliche Töne in Form eines fröhlich unschuldigen Kontrapunktes zum schlicht dahinfließenden Gabenbereitungs-Refrain anzuschlagen. „Warum sollte ich auch? Der Herrgott hat einem jeden Menschen eine unendlich große Bandbreite von Gefühlen in die Wiege gelegt, die in einer karriereorientierten Umwelt großteils weggesteckt oder unterdrückt werden müssen. Zumindest hier in der ‚erdwärtsmesse’ darf und soll sie ein jeder voll einbringen können, denn ‚wie die Gaben am Altar, bring ich GANZ mich Dir dar!’“ (Marthé)

Warum überlassen wir eigentlich so entscheidende, weil überlebenswichtige Fermente der Spiritualität immer den anderen? Warum holen wir diese nicht zurück in unsere liturgische und kirchenmusikalische Praxis – und damit zugleich auch wieder jene vielen Menschen, die genau aus diesem Grunde der Kirche und dem Gottesdienstbesuch den Rücken kehren?

Eben aus diesem Grunde ist ein Werk wie die „erdwärtsmesse“ geradezu prädestiniert, über eine zukünftige Musik für den Gottesdienst nachzudenken, die sich nicht übereilt dem Diktat eines gerade vorherrschenden, ästhetischen Reglements in die Arme wirft, sondern die den Menschen mit seinen spirituellen Bedürfnissen und Sehnsüchten ernst nimmt.


Den Saum des Ewigen berühren

Noch einige Bemerkungen zu generellen Anforderungen, die es im Falle einer Aufführung zu berücksichtigen gilt. Die „erdwärtsmesse“ eignet sich besonders gut für alle großen festlichen Anlässe einer Gemeinde. Denn ihr eigentliches Kapital liegt in ihrer außerordentlichen Integrationskraft, unterschiedliche, gelegentlich widerstreitende Gruppierungen innerhalb einer Gemeinde zusammenzuführen.

Für eine Aufführung der „erdwärtsmesse“ empfiehlt sich nach Möglichkeit die Wahl eines eher größeren Kirchenraumes mit entsprechender Akustik, ausgestattet mit einer großen, gut disponierten Orgel.

Besondere Aufmerksamkeit sollte auch einer entsprechenden Verstärkung der Gemeinde als dem „Chor des Gottesvolkes“ durch Einbeziehung anderer, gut präparierter Partner-Chöre (eingeschlossen auch Jugend- und Kinderchöre Vorort!) als zusätzlicher Motivationsfaktor geschenkt werden.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, steht der Entstehung einer „Kathedrale der Klänge“ bzw. einem Gottesdienst nichts mehr im Wege, den alle Gläubigen „mit Haut und Haar, mit Leib und Seele, mit Verstand und Emotion mitfeiern“ (Marthé), ja, der darüber hinaus auch noch die Mitfeiernden „den Saum des Ewigen berühren lässt“. (Dompfarrer Propst Dr. Florian Huber).

Die „erdwärtsmesse“ ist als CD-Live-Mitschnitt aus dem Grazer Dom erhältlich unter http://www.erdwaertsmesse.at.
Christoph Klemm, Domkapellmeister
:hmm: Dieser Text stammt von der Seite http://www.kirchenmusik-wien.at
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Maurus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Maurus »

Pilotprojekt „erdwärtsmesse“
(...)
„Wenn heute in unseren sonntäglichen Gottesdiensten oftmals ein mehr als spärlicher Besuch zu verzeichnen ist, im Gegensatz dazu jedoch im burgundischen Taizé selbst an Wochentagen (!) sich bis zu fünftausend Besucher zu den Gottesdiensten einfinden, dann stimmt bei uns ganz einfach etwas nicht.
Das ist doch ein völlig verfehlter Vergleich. Taizé ist am ehesten mit einem Wallfahrtsort zu vergleichen, in den ständig aus ganz Europa neue Gruppen anreisen(!). Das Konzept lässt sich keineswegs kopieren. Zwar haben viele Gemeinden auch sog. "Taizé-Gottesdienste", diese haben aber bei weitem nicht die Resonanz wie das Original.

Auch ein Projekt wie diese "erdwärtsmesse" lässt sich nicht dauerhaft in Gemeinden realisieren und selbst wenn - das würde sich abnutzen. So hängt dem ganzen das Besondere an, was viele Menschen anlockt, aus viel größeren Kreisen als bei der normalen Sonntagsmesse, wo sich idR eben nur die Gemeindemitglieder der jeweiligen Pfarrei einfinden.

Bevor man sich endlos Gedanken darüber macht, wie Messen publikumswirksam (so kann man das ja fast nennen) gestaltet werden könnten, sollte man sich lieber damit beschäftigen den Gläubigen klar zu machen, was in der Messe geschieht und was den Wert der Messe darstellt. Ansonsten läuft man mit solchen besonderen Gestaltungen Gefahr, lediglich eine Ersatzbefriedigung zu schaffen, weil das eigentliche und wesentliche der Messe keinem der Besucher mehr klar ist.

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taddeo
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von taddeo »

cantus planus hat geschrieben: :hmm: Dieser Text stammt von der Seite http://www.kirchenmusik-wien.at
Ich trau mich mal zu behaupten: Wenn DIE das Stück so loben (bzw. so eine Lobeshymne veröffentlichen lassen), dann kann es ja gar nichts taugen. Meine Erfahrungen mit diesen Herrschaften sind leider so ernüchternd gewesen, daß sich ein solcher Schluß nahelegt, auch wenn man das Stück nicht kennt. Aber die Beschreibung läßt mich schon genügend erschaudern.

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cantus planus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von cantus planus »

taddeo hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben: :hmm: Dieser Text stammt von der Seite http://www.kirchenmusik-wien.at
Ich trau mich mal zu behaupten: Wenn DIE das Stück so loben (bzw. so eine Lobeshymne veröffentlichen lassen), dann kann es ja gar nichts taugen. Meine Erfahrungen mit diesen Herrschaften sind leider so ernüchternd gewesen, daß sich ein solcher Schluß nahelegt, auch wenn man das Stück nicht kennt. Aber die Beschreibung läßt mich schon genügend erschaudern.
Ich weiß, warum ich nicht mehr in Wien bin... Ich hätte das gesagt, was du gesagt hast. Hatte es mir mühsam verkniffen.
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taddeo
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von taddeo »

Ich persönlich kenne bis heute nur eine einzige "moderne" Messe (die auch bald hundert Jahre alt wird!), die ich Palestrinas "Missa Papae Marcelli" als halbwegs zeitgenössisches Pendant von ebenbürtiger Qualität gegenüberstellen würde. Cantus wird es ahnen: das kann nur die "Messe für zwei gemischte Chöre" von Frank Martin sein ... die ist so ein Meilenstein in der geistlichen Musik, wie er alle hundert Jahre mal vorkommt. Leider für die allermeisten Chöre viel zu schwer.

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cantus planus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von cantus planus »

Martin ist ein Komponist, der viel mehr entdeckt werden müsste. Er hätte es verdient.
Die Messen von Jean Langlais finde ich übrigens auch sehr gut.

Bei meinen Chören bin ich aber froh, wenn wir noch dreistimmig singen und es sich halbwegs erträglich anhört. Ich leite sieben Chöre; aus rein künstlerischen Gesichtspunkten könnte keiner davon überleben. Ich mache mittlerweile bescheidenere Musik als vor meinem C(!)-Examen.
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Juergen
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Juergen »

Ich komme gebürtig aus einer Pfarrei, in der jahrzehntelang ein Organist tätig war, der sich um die Kirchenmusik bemüht hat. Er hat auch so einiges an Kirchenmusik komponiert, z.B. hat er die Orgelsätze des 195 erschienen "Orgelbuch zum Sursum Corda" verfasst.

Hier eine Aufnahme von "deutschen Propriumsgesängen" zu Pfingsten:
Halleluja: http://www.fontes-ecclesiae.de/forum/Pf ... leluja.mp3

Er selbst spielt in die Aufnahme die Orgel und es singt der Kirchenchor der Pfarrei.

Die schlechte Qualität bitte ich zu entschuldigen. Die Aufnahme stammt wohl aus den 6er Jahren und als ich sie vor rund 1 Jahren digitalisiert habe, war ich froh, daß das Tonband nicht komplett dabei zerbröselte. Tonbänder werden nach 4 Jahren auch nicht besser.

Zumindest war es damals noch möglich, Kirchenmusik zu komponieren, die sich an die liturgischen Texte hält und nicht irgendwelche weichwasch-Liedchen.
Eine Art Leitspruch vom Organisten/Komponisten war: "Künstlerische Freiheit in liturgischer Gebundenheit."

Zum Organisten/Komponisten: http://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Pr%C3%B6pper

Hier noch ein kleiner Sound-Schitzel aus einer Komposition (Tu es Petrus) von ihm --- Uraufführung rund 2 Jahre nach seinem Tod 1997
http://www.fontes-ecclesiae.de/forum/proepper_tep.mp3
und hier das bekanntes (Marien)lied "Hochpreiset meine Seele" (heute: Den Herren will ich loben), eingespielt von Th. Berning -- inzwischen Domkapellmeister in Paderborn:
http://www.fontes-ecclesiae.de/forum/pr ... ificat.mp3
:)
Gruß Jürgen

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Raimund J.
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Raimund J. »

Juergen hat geschrieben:I

Hier eine Aufnahme von "deutschen Propriumsgesängen" zu Pfingsten:
Halleluja: http://www.fontes-ecclesiae.de/forum/Pf ... leluja.mp3

Er selbst spielt in die Aufnahme die Orgel und es singt der Kirchenchor der Pfarrei.
Beeindruckend! Das muss im Original absolut hervorragend geklungen haben. Selbst bei dieser Tonqualität finde ich das Zusammenspiel zwischen Orgel und Chor absolut beeindruckend, ein einziger Klangkörper. Das hört man (leider) nicht oft.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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Juergen
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Juergen »

Besonders schön finde ich indes den Eröffnungsgesang zur Votivmesse zum "Hohenpriestertum Jesu Christi"
--> http://www.fontes-ecclesiae.de/forum/hp ... ffnung.mp3

:daumen-rauf:
Gruß Jürgen

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Peregrin
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Peregrin »

Raimund Josef H. hat geschrieben: Beeindruckend! Das muss im Original absolut hervorragend geklungen haben.
Gut, ja, aber es klingt auch ein bißchen nach Spaghettiwestern. :cowboy:
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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cantus planus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von cantus planus »

Ein interessanter Artikel von katholisch.de: http://www.katholische-kirche.de/3423.html

Durchaus kritisch formuliert, zeigt der Artikel bemerkenswerterweise auch auf, dass Neues Geistliches Lied kein Allheilmittel ist. Aber natürlich wird aus dieser Erkenntnis der falsche Schluss gezogen: Kirchenmusiker müssen Keyboard lernen und "Grundlagen der Popmusik". Dass das schon seit etlichen Jahren an vielen Fakultäten zum Standard gehört, weiss der Autor offenbar nicht.

Dass es Kirchenmusiker gibt, die am unsäglichen Niveau fast zugrunde gehen, und sich schlicht weigern, mit billigen Keyboardrhythmen sülzige Melodien zu unterlegen - und das überhaupt nicht mit der Vorstellung von Kirchenmusik in den einschlägigen offiziellen Dokumenten zu vereinen ist, kommt der durch und durch modernistischen Kirche in Deutschland gar nicht in den Sinn.
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Pit
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Pit »

...grundsätzlich passende.
Ich liebe z.B. die Lieder von Paul Gerhardt, habe aber auch schon sehr schöne Gospelmessen mitgefeiert.
carpe diem - Nutze den Tag !

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cantus planus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von cantus planus »

Ennio Morricone zur Kirchenmusik: http://www.kath.net/detail.php?id=23922
Morricone bezeichnete die Gregorianik als eine "unerlässliche und wichtige" Tradition der Kirche. Die Western- Musik bezeichnete Morricone im Vergleich zur Musik, bei der Jugendliche religiöse mit profanen Wörter vermischen, als "ungeheuer feierlich". Morricone meinte dann, dass Papst Benedikt, das ganze noch mit "mehr Festigkeit" korrigieren sollte.
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Hubertus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Hubertus »

Diskussion über den Sinn von Popmusik in der Kirche
http://nachrichten.rp-online.de/kultur/ ... e-1.443707
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Lupus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Lupus »

Die Diskussionen auch von Verantwortlichen für Kirchenmusik, selbst unserer Bischöfe, scheint mir immer als etwas von außen Aufzuklebendes zu sein.
Kaum einmal lese ich von einem inneren Verständnis des hl. Messopfers, das sich vor Augen stellt, dass wir Kreuz, Tod und Auferstehung Christi in Vergegenwärtigung feiern.

Da hängt Einer am Kreuz in den letzten Zügen. Seine Mutter steht mitleidend und sein Lieblingsjünger verstört und ohnmächtig dabei und muss zusehen ohne helfen zu können.

Und dann meinen wir, das heilige Geschehen müsse mit Schrumschrum und Pop, am Ende noch metal gegleitet werden??? Ist das nicht eher eine Verhöhnung?

Jugend gewinnen zu wollen darf doch nicht dermaßen entarten, dass wir um jeden Preis den Gefühlen halbwüchsiger Jugend nachgeben!

Ich meine eher, würdig, fromm und gläubig gefeierte und begleitete Messen ziehen auch heute aufgeschlossene Jugendliche an!

+L.
Christus mein Leben, Maria meine Hoffnung, Don Bosco mein Ideal!

Vulpius Herbipolensis
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Vulpius Herbipolensis »

Lupus hat geschrieben:Die Diskussionen auch von Verantwortlichen für Kirchenmusik, selbst unserer Bischöfe, scheint mir immer als etwas von außen Aufzuklebendes zu sein.
Kaum einmal lese ich von einem inneren Verständnis des hl. Messopfers, das sich vor Augen stellt, dass wir Kreuz, Tod und Auferstehung Christi in Vergegenwärtigung feiern.

Da hängt Einer am Kreuz in den letzten Zügen. Seine Mutter steht mitleidend und sein Lieblingsjünger verstört und ohnmächtig dabei und muss zusehen ohne helfen zu können.

Und dann meinen wir, das heilige Geschehen müsse mit Schrumschrum und Pop, am Ende noch metal gegleitet werden??? Ist das nicht eher eine Verhöhnung?

Jugend gewinnen zu wollen darf doch nicht dermaßen entarten, dass wir um jeden Preis den Gefühlen halbwüchsiger Jugend nachgeben!

Ich meine eher, würdig, fromm und gläubig gefeierte und begleitete Messen ziehen auch heute aufgeschlossene Jugendliche an!

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:klatsch: :klatsch: :klatsch:
Domum superborum demolietur Dominus.

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cantus planus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von cantus planus »

Hubertus hat geschrieben:
Diskussion über den Sinn von Popmusik in der Kirche
http://nachrichten.rp-online.de/kultur/ ... e-1.443707
Eigentlich eine überflüssige Diskussion, da ja bereits Pius X. und in fast wörtlichem Zitat das II. Vaticanum dazu Stellung genommen haben. Da aber die Bischofskonferenz mit ihrem Pamphlet ihrer Arbeitshilfe Nr. 194 die Lehre der Kirche offiziell verworfen hat, gibt es natürlich Raum für solche Dinge... Für das Machwerk waren übrigens die angeblich konservativen Bischöfe Meisner und Mixa verantwortlich. Just to say.
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Hubertus
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Hubertus »

"Mehr Pop im Neuen Geistlichen Lied -
Komponisten sprechen sich auf Fachtagung für Weiterentwicklung des Genres aus"
(http://www.erzbistum-muenchen.de/Page6352_21425.aspx)

Daraus:
„Junge Menschen sind umgeben von Popmusik, und diese Musik wollen sie auch in der Kirche wiederfinden“, so Falk. In einer „Meisterklasse“ zeigte Falk an vier Beispielliedern den jeweiligen Komponisten, wie sich ihre Lieder in Richtung gängiger Popmusik entwickeln ließen. Die Akkorde müssten vereinfacht und mehr eingängige Wiederholungen eingebaut werden; außerdem sei es hilfreich, die Tonlage tiefer anzusetzen. [...] Es ginge dabei nicht darum, die klassischen Wurzeln des NGL zu vergessen, sondern darum, die Lieder origineller zu machen.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Juergen
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von Juergen »

Hubertus hat geschrieben:"Mehr Pop im Neuen Geistlichen Lied -
Komponisten sprechen sich auf Fachtagung für Weiterentwicklung des Genres aus"
(http://www.erzbistum-muenchen.de/Page6352_21425.aspx)

Daraus:
„Junge Menschen sind umgeben von Popmusik, und diese Musik wollen sie auch in der Kirche wiederfinden“, so Falk. In einer „Meisterklasse“ zeigte Falk an vier Beispielliedern den jeweiligen Komponisten, wie sich ihre Lieder in Richtung gängiger Popmusik entwickeln ließen. Die Akkorde müssten vereinfacht und mehr eingängige Wiederholungen eingebaut werden; außerdem sei es hilfreich, die Tonlage tiefer anzusetzen. [...] Es ginge dabei nicht darum, die klassischen Wurzeln des NGL zu vergessen, sondern darum, die Lieder origineller zu machen.
Ich bin grundsätzlich nicht gegen neue Musik im Gottesdienst, aber es sollte immer eine Anknüpfung im Widerspruch sein und nicht eine Anknüpfung in Parallele.
Um beim Beispiel der Akkorde zu bleiben: Wenn es in der Popmusik "in" ist, daß Lieder nur mit 4 Akkorden begleitet werden, dann müssen es in der Kirchenmusik mindestens 4 Akkorde sein; und wenn es in der Popmusik "in" ist, 4 Akkorde zu benutzen, dann dürfen es in der Kirchenmusik maximal 4 Akkorde sein.
Man sollte nicht das Sakrale durch Gleichmachen an das Profanen anknüpfen, sondern das durch das Gegenteil.


Apropos 4 Akkorde
http://www.youtube.com/watch?v=5pidokakU4I
:kugel:
Gruß Jürgen

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taddeo
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Re: Welche Art von Kirchenmusik soll(te) es geben?

Beitrag von taddeo »

Juergen hat geschrieben:Apropos 4 Akkorde
http://www.youtube.com/watch?v=5pidokakU4I
:kugel:
:D
Das kann man auch noch weiter treiben (man beachte vor allem den Schluß!):

http://www.youtube.com/v/RKuPHRZw8sU?fs=1

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