Begriff der Rechtfertigung

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Elmar
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Elmar »

overkott hat geschrieben:Alles Gute kommt von oben. Weil Gott der Inbegriff des Guten ist, geht natürlich gutes Wirken vom Guten aus, auch wenn es durch den Menschen geschieht. Der Mensch verwirklicht im guten Handeln Gottes Willen. Gott und Mensch sind dann im Geist eins.
Dem kann und möchte ich mich uneingeschränkt anschließen.
overkott hat geschrieben:Gnade setzt nicht nur das Angebot voraus, sondern auch die freie Annahme, etwa durch konkludentes Verhalten.
Da alles Gute von Gott kommt, kann auch die Annahme des göttlichen Heils nicht frei sein. Das Potential der menschlichen Freiheit, liegt in der Anerkenntnis seiner Unfreiheit oder wie Luther in seiner Schrift "de servo arbitrio" konstatiert: "Frei ist der Mensch nur zum Bösen."
overkott hat geschrieben:Von daher gibt es keine Rechtfertigung ohne vom Menschen seinem Schuldner gegenüber geleistete Vergebung.
Dem stimme ich vorbehaltlos zu wobei auch die Fähigkeit meinem Schuldner zur vergeben ein Gnadengeschenk Gottes ist.

LG
Elmar
Zuletzt geändert von Elmar am Dienstag 5. Juli 2011, 17:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Raphael

Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Genauso mißverständlich/falsch, als wenn man sich geistlos auf Trient beruft.
Dann ist es ja nur gut, daß sich Gamaliel begeistert auf das Tridentinum bezogen hat und nicht geistlos! 8)

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overkott
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von overkott »

Elmar hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Alles Gute kommt von oben. Weil Gott der Inbegriff des Guten ist, geht natürlich gutes Wirken vom Guten aus, auch wenn es durch den Menschen geschieht. Der Mensch verwirklicht im guten Handeln Gottes Willen. Gott und Mensch sind dann im Geist eins.
Dem kann und möchte ich mich uneingeschränkt anschließen.
overkott hat geschrieben:Gnade setzt nicht nur das Angebot voraus, sondern auch die freie Annahme, etwa durch konkludentes Verhalten.
Da alles Gute von Gott kommt, kann auch die Annahme des göttlichen Heils nicht frei sein. Das Potential der menschlichen Freiheit, liegt in der Anerkenntnis seiner Unfreiheit oder wie Luther in seiner Schrift "de servo arbitrio" kostatiert: "Frei ist der Mensch nur zum Bösen."
overkott hat geschrieben:Von daher gibt es keine Rechtfertigung ohne vom Menschen seinem Schuldner gegenüber geleistete Vergebung.
Dem stimme ich vorbehaltlos zu wobei auch die Fähigkeit meinem Schuldner zur vergeben ein Gnadengeschenk Gottes ist.

LG
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So sehr die Übereinstimmung in Punkt 1 und 3 zu begrüßen ist, teile ich jedoch den negativen Freiheitsbegriff nicht. Das katholische Verständnis schließt wie beim Rechtfertigungsbegriff wieder an das Vaterunser an: sed libera nos a malo. Die Bitte um Befreiung vom Bösen macht deutlich, dass das Übel geradezu das Gegenteil von Freiheit ist - Sucht zum Beispiel, etwa in Form von Selbstsucht. Auch das Verständnis der Sohnschaft gegenüber der Knechtschaft geht von einem positiven Freiheitsbegriff aus: Frei ist, wer den Willen des Vaters aus Liebe erfüllt statt aus Gottesfurcht.

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Elmar
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Elmar »

Elmar hat geschrieben: Da alles Gute von Gott kommt, kann auch die Annahme des göttlichen Heils nicht frei sein. Das Potential der menschlichen Freiheit, liegt in der Anerkenntnis seiner Unfreiheit oder wie Luther in seiner Schrift "de servo arbitrio" kostatiert: "Frei ist der Mensch nur zum Bösen."
overkott hat geschrieben: ... teile ich jedoch den negativen Freiheitsbegriff nicht. Das katholische Verständnis schließt wie beim Rechtfertigungsbegriff wieder an das Vaterunser an: sed libera nos a malo. Die Bitte um Befreiung vom Bösen macht deutlich, dass das Übel geradezu das Gegenteil von Freiheit ist ...
Ich denke hier liegt ein Verständnisproblem vor. Wenn Luther konstatiert: „ Frei ist der Mensch nur zum Bösen“ , so hat dieses Freisein nichts mit jener Freiheit zu tun, die uns durch Jesus Christus zuteil wird. Vielmehr geht es um die vermeintliche freie Willensentscheidung des Menschen für das Gute. Die freie Entscheidung für das Gute liegt allein in Gott begründet, da alles Gute (und damit auch die Freiheit) allein aus Gott fliesst. Insofern ist es nicht möglich sich unabhängig (frei) von Gott für das Gute zu entscheiden. Jegliche Regung die sich unabhängig (also frei) von Gott dünkt, ist das Gegenteil von gut.

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overkott
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von overkott »

Elmar hat geschrieben:
Elmar hat geschrieben: Da alles Gute von Gott kommt, kann auch die Annahme des göttlichen Heils nicht frei sein. Das Potential der menschlichen Freiheit, liegt in der Anerkenntnis seiner Unfreiheit oder wie Luther in seiner Schrift "de servo arbitrio" kostatiert: "Frei ist der Mensch nur zum Bösen."
overkott hat geschrieben: ... teile ich jedoch den negativen Freiheitsbegriff nicht. Das katholische Verständnis schließt wie beim Rechtfertigungsbegriff wieder an das Vaterunser an: sed libera nos a malo. Die Bitte um Befreiung vom Bösen macht deutlich, dass das Übel geradezu das Gegenteil von Freiheit ist ...
Ich denke hier liegt ein Verständnisproblem vor. Wenn Luther konstatiert: „ Frei ist der Mensch nur zum Bösen“ , so hat dieses Freisein nichts mit jener Freiheit zu tun, die uns durch Jesus Christus zuteil wird. Vielmehr geht es um die vermeintliche freie Willensentscheidung des Menschen für das Gute. Die freie Entscheidung für das Gute liegt allein in Gott begründet, da alles Gute (und damit auch die Freiheit) allein aus Gott fliesst. Insofern ist es nicht möglich sich unabhängig (frei) von Gott für das Gute zu entscheiden. Jegliche Regung die sich unabhängig (also frei) von Gott dünkt, ist das Gegenteil von gut.

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Nun hat Gott, allmächtig und frei, den Menschen nach seinen Bild und Gleichnis geschaffen. Warum er dabei, von der Freiheit zum Guten Abstand genommen haben sollte, bleibt allerdings schleierhaft.

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Elmar
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Elmar »

overkott hat geschrieben: Nun hat Gott, allmächtig und frei, den Menschen nach seinen Bild und Gleichnis geschaffen. Warum er dabei, von der Freiheit zum Guten Abstand genommen haben sollte, bleibt allerdings schleierhaft.
Nun, das war vor dem Sündenfall, wie im 1. Mose 27 nachzulesen: "Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau." Der Sündenfall brachte die Gottesferne und damit die Unfreiheit. Keinesfalls hat Gott von der Freiheit zum Guten Abstand genommen, denn durch seinen Sohn wird er erneut zum Schöpfer:
"Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden." 2.Kor 5,17
Und wir selbst werden zu neuen Geschöpfen denn in diesem Schöpfungsakt werden wir gleich dem Bild seines Sohnes:
"Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, daß sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern." Röm 8,29
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overkott
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von overkott »

Elmar hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Nun hat Gott, allmächtig und frei, den Menschen nach seinen Bild und Gleichnis geschaffen. Warum er dabei, von der Freiheit zum Guten Abstand genommen haben sollte, bleibt allerdings schleierhaft.
Nun, das war vor dem Sündenfall, wie im 1. Mose 27 nachzulesen: "Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau." Der Sündenfall brachte die Gottesferne und damit die Unfreiheit. Keinesfalls hat Gott von der Freiheit zum Guten Abstand genommen, denn durch seinen Sohn wird er erneut zum Schöpfer:
"Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden." 2.Kor 5,17
Und wir selbst werden zu neuen Geschöpfen denn in diesem Schöpfungsakt werden wir gleich dem Bild seines Sohnes:
"Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, daß sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern." Röm 8,29
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Augustinus und Bonaventura haben mit ihrem Verständnis der Schöpfungsgeschichte als Bild für das Leben des Menschen und als Bild für die Geschichte der Welt wichtige Vorarbeit geleistet für das Verständnis von der ständigen Erneuerung und Wiederherstellung der Schöpfung und des Menschen in Christus. Wer das Ineinander von Ewigkeit und Zeit nicht richtig bedenkt, versteht auch den Gedanken Paulus vom ersten und zweiten Menschen nicht richtig. Beim ersten und zweiten Menschen handelt es sich nicht einfach um Adam und Eva oder um Mann und Frau, sondern um das Bild vom alten und neuen Menschen: Der alte Mensch hat seine Freiheit zum Guten verloren, indem er der Macht des Bösen verfiel und Sklave der Sünde wurde, der neue Mensch hat die Freiheit wieder erlangt. Christus ist das Urbild und Vorbild des neuen Menschen, der an der Gotteskindschaft und damit an der Freiheit und Würde der Söhne Gottes teilhat.

Pilgerer
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Pilgerer »

Meiner Meinung nach nicht automatisch. Thomas von Aquin meinte zu den Sakramenten wie eben auch zur Taufe, die die Rechtfertigung bewirkt (Taufunschuld), dass sie sich mit einem Feuer vergleichen lassen, das im Menschen entzündet wurde, aber dass es am Menschen liegt, ob er sich daran wärmt oder nicht.
Es gibt nach meinem Wissen in der katholischen Kirche noch das Taufbekenntnis oder die Tauferinnerung, die zum Beispiel in der Osternacht stattfindet. Sie kann evtl. eine Möglichkeit sein, sich der Rechtfertigung aus der Taufe bewusst zu werden. Gilt die Rechtfertigung aus der Taufe nur für die Sünden vor der Taufe (z.B. Erbsünde) oder gilt sie auch für Sünden nach der Taufe?
Alles Gute kommt von oben. Weil Gott der Inbegriff des Guten ist, geht natürlich gutes Wirken vom Guten aus, auch wenn es durch den Menschen geschieht. Der Mensch verwirklicht im guten Handeln Gottes Willen.
Johannes sagt im Evangelium, dass gute Werke Auswirkungen auf die Bereitschaft zum Glauben haben können: "20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. 21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind." (Joh 3,20-21) Also kann ein Mensch bereits vor der Annahme des christlichen Glaubens "die Wahrheit tun" und sich auf die Begegnung mit Gott zum Beispiel in der Liturgie oder in der Bibel vorbereiten.
Welcher Christ ist aber wirklich "zu dem Licht" gekommen, von dem Johannes spricht? Welcher Christ ist auferstanden und lebt wahrhaftig? Ist das die Rechtfertigung oder ist sie etwas anderes?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Gamaliel
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Gamaliel »

Pilgerer hat geschrieben:Gilt die Rechtfertigung aus der Taufe nur für die Sünden vor der Taufe (z.B. Erbsünde) oder gilt sie auch für Sünden nach der Taufe?
Sie beschränkt sich auf die bis zum Zeitpunkt der Taufe vorliegenden Sünden. Für alle auf die Taufe folgenden Sünden bietet die hl. Beichte den Ort der Rechtfertigung.

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Elmar
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Elmar »

Gamaliel hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Gilt die Rechtfertigung aus der Taufe nur für die Sünden vor der Taufe (z.B. Erbsünde) oder gilt sie auch für Sünden nach der Taufe?
Sie beschränkt sich auf die bis zum Zeitpunkt der Taufe vorliegenden Sünden. Für alle auf die Taufe folgenden Sünden bietet die hl. Beichte den Ort der Rechtfertigung.
Weder in den Evangelien noch in den Episteln findet sich dergleichen. Woher wird solches Wissen bezogen, wenn man fragen darf ?

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Gamaliel
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Gamaliel »

Elmar hat geschrieben:Woher wird solches Wissen bezogen, wenn man fragen darf ?
Aus der göttlichen Offenbarung, die die hl. Kirche unfehlbar aus- und vorlegt.


Um wenigstens eine Belegstelle kurz anzuführen:
Konzil von Trient, DH 1701 hat geschrieben:Wer sagt, in der katholischen Kirche sei die Buße nicht wahrhaft und eigentlich ein von Christus, unserem Herrn, eingesetztes Sakrament, um die Gläubigen, sooft sie nach der Taufe in Sünden fallen, mit Gott wiederzuversöhnen: der sei mit dem Anathema belegt.
(Genauere Erklärungen dann im entsprechenden Konzilstext selbst und natürlich in den einschlägigen Katechismen und Lehrbüchern.)

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Elmar
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Elmar »

Gamaliel hat geschrieben:
Elmar hat geschrieben:Woher wird solches Wissen bezogen, wenn man fragen darf ?
Aus der göttlichen Offenbarung, die die hl. Kirche unfehlbar aus- und vorlegt.
Um wenigstens eine Belegstelle kurz anzuführen:
Konzil von Trient, DH 1701 hat geschrieben:Wer sagt, in der katholischen Kirche sei die Buße nicht wahrhaft und eigentlich ein von Christus, unserem Herrn, eingesetztes Sakrament, um die Gläubigen, sooft sie nach der Taufe in Sünden fallen, mit Gott wiederzuversöhnen: der sei mit dem Anathema belegt.
Mit Verlaub, das ist eine Drohung, aber kein Beleg für die Wirksamkeit der Taufe. Wo lehrt Jesus, dass die Taufe von Sünden befreit??? Wenn göttliche Offenbarungen unabhängig von dem erfolgen, was unser Herr und Heiland gelehrt hat, so fallen sie unter die Kategorie der Beliebigkeit. Jesus Christus lehrt diesbezüglich ganz unmissverständlich:

"Wenn ihr an meinem Wort festhaltet, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger ..." Joh 8,32

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Gamaliel
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Gamaliel »

Elmar hat geschrieben:Mit Verlaub, das ist eine Drohung, aber kein Beleg für die Wirksamkeit der Taufe.
Ich antwortete zunächst auf einen Beitrag von "Pilgerer", in dem die Wirksamkeit der Taufe gar nicht zur Debatte steht, sondern in dem es nur um die Frage des Umfangs dieser Wirkung geht (vor/nach der Taufe).
Für diese meine Ausführungen hast Du dann nach einer "Quelle des Wissens" gefragt, die ich selbstverständlich auch genannt habe.

Wenn Du Deinerseits über die Wirksamkeit der Taufe reden möchtest, ist das auch gut, es hat allerdings mit meiner Antwort an "Pilgerer" und Deiner Nachfrag nichts zu tun. Wenn Du weiters das Lehramt der Kirche ablehnst, dann ist das nicht gut, Du solltest das allerdings trotzdem zwischendurch mal erwähnen, damit klar wird auf welche argumentativen Grundlagen sich Deine Gesprächspartner stützen können.

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ChrisCross
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von ChrisCross »

Elmar hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
Elmar hat geschrieben:Woher wird solches Wissen bezogen, wenn man fragen darf ?
Aus der göttlichen Offenbarung, die die hl. Kirche unfehlbar aus- und vorlegt.
Um wenigstens eine Belegstelle kurz anzuführen:
Konzil von Trient, DH 171 hat geschrieben:Wer sagt, in der katholischen Kirche sei die Buße nicht wahrhaft und eigentlich ein von Christus, unserem Herrn, eingesetztes Sakrament, um die Gläubigen, sooft sie nach der Taufe in Sünden fallen, mit Gott wiederzuversöhnen: der sei mit dem Anathema belegt.
Mit Verlaub, das ist eine Drohung, aber kein Beleg für die Wirksamkeit der Taufe. Wo lehrt Jesus, dass die Taufe von Sünden befreit??? Wenn göttliche Offenbarungen unabhängig von dem erfolgen, was unser Herr und Heiland gelehrt hat, so fallen sie unter die Kategorie der Beliebigkeit. Jesus Christus lehrt diesbezüglich ganz unmissverständlich:

"Wenn ihr an meinem Wort festhaltet, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger ..." Joh 8,32

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Gib doch einfach mal hier: http://overkott.dyndns.org/ bei der Bibeltextsuche Taufe ein. Da findest du sicher einige Stellen. Zur Not kannst du natürlich auch alles nochmal grundlich in den Evangelien lesen und bei bei Paulus studieren.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

Pilgerer
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Pilgerer »

Gamaliel hat geschrieben:Sie beschränkt sich auf die bis zum Zeitpunkt der Taufe vorliegenden Sünden. Für alle auf die Taufe folgenden Sünden bietet die hl. Beichte den Ort der Rechtfertigung.
Ist die Beichte nach der Taufe die einzige Möglichkeit der Rechtfertigung? Bezieht sich die Rechtfertigung hier auf das Gewissen des Gläubigen oder auf die Einstellung Gottes?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Gamaliel
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Gamaliel »

Pilgerer hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Sie beschränkt sich auf die bis zum Zeitpunkt der Taufe vorliegenden Sünden. Für alle auf die Taufe folgenden Sünden bietet die hl. Beichte den Ort der Rechtfertigung.
Ist die Beichte nach der Taufe die einzige Möglichkeit der Rechtfertigung?
Sie ist der gewöhnliche und normale Weg der Rechtfertigung nach der Taufe, aber nicht der einzige.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch das Sakrament der Letzten Ölung die Rechtfertigungsgnade verleihen; desgleichen gilt dies für einen Akt der vollkommenen Reue.

Pilgerer hat geschrieben:Bezieht sich die Rechtfertigung hier auf das Gewissen des Gläubigen oder auf die Einstellung Gottes?
Die Frage verstehe ich leider nicht richtig. Mir scheint, damit stehen wir inhaltlich wieder am Beginn des Threads, bei der Frage nach dem Wesen der Rechtfertigung. Der von taddeo gebotene Link gibt hier erste Aufklärung, insbesondere der Abschnitt "Wesen der Rechtfertigung".

Die "Rechtfertigung" ist eine echte Zustandsänderung des Menschen, die ihn in das rechte Verhältnis zu seiner übernatürlichen Bestimmung, zu Gott, versetzt. Sie bringt die Heiligung des Menschen, das übernatürliche Leben, die Einwohnung der allerheiligsten Dreifaltigkeit in der Seele mit sich.

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FranzSales
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von FranzSales »

Wo lehrt Jesus, dass die Taufe von Sünden befreit???
Ich weiß nicht, ob Du die Apostel akzeptierst. Auf die Frage an die Apostel: "Was sollen wir tun, Brüder?" antwortete Petrus: "Bekehrt euch, und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung eurer Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen" (Apg 2,37-38).
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

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Elmar
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Elmar »

Gamaliel hat geschrieben: Wenn Du Deinerseits über die Wirksamkeit der Taufe reden möchtest, ist das auch gut.
Ja, das möchte ich gerne. Ich persönlich denke, dass es bei der Taufe nicht um einen magischen Heilsakt geht, sondern sehe sie einerseits als ein Sinnbild menschlichen Scheiterns und Unterliegens und gleichzeitig als einen Hinweis der Aufstehung aller wahren und zeitlosen Werte durch die selbstlose Geisteshaltung Jesu. Warum ich das so sehe, möchte ich im folgenden darlegen. Vorausschickend weise ich darauf hin, dass ich die nächsten Tage nicht antworten werde, da ich beruflich unterwegs bin.
In den Urtexten des Neuen Testaments lautet das altgriechische Wort für "taufen" baptízein (βαπτίζειν) und das für „Taufe“ baptein. Die Bedeutung des Begriffs reicht von "ein- oder untertauchen“ bis hin zu „tränken und färben". In der ersten germanischen Bibelübersetzung, der gotischen Bibel von Wulfila aus dem 4. Jahrhundert, wird baptizein mit daupjan übersetzt, das ebenso wie das griechische Wort „tauchen“, „eintauchen“ bedeutet. Wie das gotische Wort daupjan gehen das altnordische deypa, das altenglische dyppan (s. a. dippen) und das althochdeutsche toufen, auf ein Wort zurück, das im Neuhochdeutschen mit „tief“ wiedergegeben wird.
Nun war die Muttersprache Jesu aber nicht das Altgriechische, sondern das Aramäische, denn er lehrte das Volk in der damaligen Landessprache. Im Aramäischen lautet das Wort für Taufe mamodita, das sich vom hebräischen amad ableitet und Aufstehen bedeutet. Die Wurzeln des Verbs amad wiederum gehen zurück auf den hebräischen Begriff amuda = Pfeiler. Vor diesem Hintergrund ist Taufe eher als ein Untergangs- bzw. Auferstehungsritual aufzufassen. Das heißt, neben dem Aspekt des Reinwerdens geht es auch um die innere Bereitschaft zu unterliegen (zu fallen und zu sterben) um danach erneut aufzustehen - um wieder aufgerichtet zu werden.
Schon hier wird deutlich, dass der Begriff der Taufe viel weiter gefasst werden muss, als er im kirchlichen Rahmen vermittelt wird. Man vermutet heute, dass die große jüdische Täuferbewegung zur Zeit Jesu auf die Essener zurückgeht, die damals neben den Gruppierungen der Pharisäer und Sadduzäer eine besondere Form des Judentums vertrat. Stark für diese Vermutung sprechen die großen Wasserbecken mit Treppenanlagen zu beiden Seiten, wie sie bei den archäologischen Ausgrabungen des essenischen Wüstenklosters am Toten Meer zum Vorschein kamen. Hier war erstmals ein Untertauchen des ganzen Körpers möglich. Hinsichtlich des vollständigen Untertauchens unterschied sich dieser Ritus von den religiösen Waschungen des alten Testaments. Es ist anzunehmen, dass auch Johannes der Täufer in der Tradition der Essener stand, später eigene Wege ging. So setzte er gegenüber der Essenertaufe weitere, neue Akzente: das Untertauchen in lebendigem Wasser und die öffentliche Taufe für jedermann – d. h. sein Taufbegriff war frei vom essenischen Elitegedanken. Der Begriff Lebendiges Wasser hat in der Sprache des Neuen Testaments eine doppelte Bedeutung. So bezeichnete man fließende (frische) Gewässer allgemein als lebendiges Wasser. Wohl aus diesem Grund taufte Johannes die Menschen, die zu ihm kamen auch in einem Fluss, dem Jordan. Auch Jesus verwendet den Begriff lebendiges Wasser jedoch bereits in einem übertragenen Sinne, wie aus dem Dialog mit der Samaritanerin hervorgeht, die den Begriff im herkömmlichen Sinne als fließendes bzw. frisches Wasser (im Gegensatz zu stehendem, abgestandenem Wasser) auffasst:

Dort war ein Brunnen, der Jakobsbrunnen, an den sich Jesus setzte, ermüdet von der langen Wanderung. Es war gegen 12 Uhr. Da kam eine samarische Frau zum Wasserschöpfen. Jesus sagte zu ihr: „Hast du auch etwas zu trinken für mich?“ Seine Jünger waren ins Dorf gegangen um etwas zu essen zu kaufen. Die samarische Frau sagte: „ Wie kannst du als Jude mich, die Samaritanerin, um etwas zu trinken bitten?“ (Die Juden halten sich nämlich von Samaritanern fern) Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest was Gott gibt und wer ich bin, dann hättest du mich um lebendiges Wasser gebeten, und ich hätte es dir gereicht. Die Frau entgegnete: „Herr, du hast kein Schöpfgefäß und der Brunnen ist tief. Woher willst du das lebendige Wasser nehmen? Kannst du etwa mehr als Jakob unser Vater? Er hat uns nämlich den Brunnen geschenkt und selbst daraus getrunken, wie auch seine Kinder und seine Herde“ Jesus erwiderte: „ Jeder der von diesem Wasser trinkt, wird danach wieder Durst bekommen. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, der wird nie mehr Durst haben. Vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm selbst zu einer Quelle werden, die bis in das ewige Leben sprudelt.“ Da sagte die Frau: „Herr gib mir von diesem Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierher kommen muss, um Wasser zu schöpfen… Johannes 4,6-15

Obwohl Johannes der Täufer eine neue, populärere Form der Taufe schuf, ahnte er doch, dass die Taufe als reines Wasserritual noch nicht zu ihrer eigentlichen Bedeutung gefunden hatte. So erklärt er freimütig:

Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, dass ich ihm die Riemen seiner Schuhe löse; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen. Lukas 3,16

Tatsächlich interpretiert Jesus den Taufbegriff für sich selbst bereits nicht mehr im Sinne Johannes des Täufers, sondern vielmehr im ursprünglichen Sinne des Wortes mamodita. Und wie von Johannes dem Täufer angekündigt, kommt bei Jesus ein neuer transzendenter Aspekt hinzu: Taufe als bewusste Einwilligung in die leidvolle Konfrontation mit dieser Welt und damit als Akt der geistigen Überwindung von Leid und Tod. So bezieht Jesus den Begriff Taufe ganz konkret auf seine eigene Verurteilung und Hinrichtung am Kreuz, wie in folgenden Aussagen deutlich wird:

Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde? Markus 10,38

Aber ich muss mich zuvor taufen lassen mit einer Taufe, und wie ist mir so bange, bis sie vollbracht ist! Lukas 12,50

Dennoch bleibt die eigentliche und ursprüngliche Symbolik des Untertauchens im hintergründigen Sinne erhalten. Das heißt, Taufe ist in den Augen Jesu Sinnbild für ein temporäres Untergehen, Scheitern, Unterliegen, Leiden und Sterben, damit das zeitlose Element (der Geist) umso kraftvoller wieder auferstehen kann. Hier ist es nun das Bild vom aufgerichteten Kreuzespfeiler (Pfeiler = amuda), das mit dem ursprünglichen Taufbegriff zusammen geht, das Jesus für sich so interpretiert:

Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. Johannes 3,14

Hier bezieht er sich auf ein Geschehen aus dem 4. Buch Mose, das er als Hinweis auf die transzendente Bedeutung seiner eigenen Kreuzigung und insofern als Erfüllung der Schrift versteht:

Da sprach der JHWH zu Mose: Mache dir eine eiserne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. 4.Mose 21, 8

Auch wenn die Evangelien davon berichten, dass Jesus getauft wurde, und dass er taufte, so erfahren wir in einem Nebensatz des Evangelisten Johannes, dass er selbst nicht taufte, dass es vielmehr seine Jünger waren, die den johannäischen Ritus weiter pflegten, worin er sie gewähren ließ:

Als nun Jesus erfuhr, dass den Pharisäern zu Ohren gekommen war, dass er mehr zu Jüngern machte und taufte als Johannes - obwohl Jesus nicht selber taufte, sondern seine Jünger - verließ er Judäa und ging wieder nach Galiläa. Johannes 4,1-3

Derselbe Evangelist Johannes schildert noch eine weitere Begebenheit, die uns das transzendente Taufverständnis Jesu verdeutlicht. Es ist der Bericht von der sog. Fußwaschung, am Vorabend seiner Verhaftung und Hinrichtung:

…da stand er vom Abendessen auf, legte sein Obergewand ab, nahm eine Schürze und band sie sich um. Danach goss er Wasser in ein Becken und fing an, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Schurz, den er sich umgebunden hatte. Da kam die Reihe an Simon Petrus; der jedoch sprach zu ihm: Herr, du willst mir die Füße waschen? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber zu einem späteren Zeitpunkt erfahren. Da sprach Petrus zu ihm: Nimmermehr sollst du mir die Füße waschen! Jesus antwortete ihm: Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil an mir. Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, dann nicht die Füße allein, sondern auch die Hände und das Haupt! Spricht Jesus zu ihm: Wer gewaschen ist, bedarf nichts, als dass ihm die Füße gewaschen werden; denn er ist ganz rein. Und ihr seid rein, aber nicht alle. Johannes 13,4-17

Dass es Jesus hier weniger um körperliche Reinheit ging, wird aus dem Kontext deutlich. Und Jesus präzisiert seinen Begriff der Reinheit schon wenige Sätze später in seinem Gleichnis vom Weinstock: Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Johannes 15,3

Doch selbst der Jünger Petrus missdeutet die Handlung Jesu und betrachtet sie als eine besondere Form der Wassertaufe, daher seine Bitte, Jesus möge ihm auch den Kopf und die Hände waschen.

Somit ist Taufe, entsprechend dem Verständnis Jesu, der Beginn einer vertrauensvollen Haltung, in der wir jedes Scheitern, Unterliegen, selbst das eigene Sterben, tragen und somit dem Leid, verursacht durch eigenes Versagen oder durch höhere Gewalt, eine neue Qualität verleihen. Alles Leid, alle Ächtung oder Strafe, die wir in der Geisteshaltung Jesu tragen, hat aufgehört, Strafe Gottes zu sein. Im Geist Jesu wird alles Unterliegen und Scheitern zum Auftakt einer neuen Schöpfung. Hierin finden wir zu jener geistigen Taufe, in der Jesus sein eigenes Leid begriff. In einer Haltung, die nichts für sich selbst will, weil sie sich ihres unvergänglichen Wertes bewusst geworden ist, gibt es kein wirkliches Unterliegen. Unterliegen wird nur das, was seinen wahren Wert nicht gefunden hat, und deshalb irrtümlicherweise für wertlos erachtet wurde. Was seinen zeitlos-gültigen Wert erkannt hat, kann nicht endgültig zu Grunde gehen. Hier ist die Grundlage des Auferstehungsgedankens: Eben, weil Jesus die Konsequenz dieses Gedankens in seiner ganzen Tiefe erkannt hatte, war er bereit, das Äußerste auf sich zu nehmen und sein Leben hinzugeben. Diese Form der Hingabe ist die eigentliche Taufe im Sinne Jesu. Was heißt das? Die Preisgabe unserer selbst, d. h. das Opfer der äußeren Form ist sinnbildlich gesprochen, ein Untertauchen in das Luftlose - ein Hinabsteigen in die geistlosen Bereiche dieser Welt. Weil das göttliche Element weder behindert noch ausgelöscht werden kann, wird es alles Geist- und Sinnlose mit Geist erfüllen, und wird in einer neuen kraftvollen Form wiederkehren.

LG Elmar
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Pilgerer »

Die Tauffrage wird in Römer 6 von Paulus (abgesehen von den Stellen in der Apostelgeschichte) meiner Ansicht nach klar entschieden: "wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? 4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. 5 Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. 6 Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen. 7 Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. 8 Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, 9 und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod kann hinfort über ihn nicht herrschen."

Ich weiß nicht, wie die Tradition diese Stelle auslegt, aber sie stellt doch einen klaren Zusammenhang zwischen der Taufe des Christen und Jesu Tod/Auferstehung her. Die Taufe kann das Tor in ein neues Leben sein.
Sie ist der gewöhnliche und normale Weg der Rechtfertigung nach der Taufe, aber nicht der einzige.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch das Sakrament der Letzten Ölung die Rechtfertigungsgnade verleihen; desgleichen gilt dies für einen Akt der vollkommenen Reue.
Gut, dann haben wir jetzt nochmal geklärt, wie die Rechtfertigung nach katholischer Lehre zustande kommt. Sie wird dem Christen durch Taufe, Beichte und gegebenenfalls durch die Letzte Ölung zugeteilt, hat aber natürlich ihre Wurzel in Jesu Tod und Auferstehung.
Die Frage verstehe ich leider nicht richtig. Mir scheint, damit stehen wir inhaltlich wieder am Beginn des Threads, bei der Frage nach dem Wesen der Rechtfertigung. Der von taddeo gebotene Link gibt hier erste Aufklärung, insbesondere der Abschnitt "Wesen der Rechtfertigung".
Vielleicht etwas ausführlicher:
Wenn die Rechtfertigung die Einstellung Gottes verändert, bedeutet das:
- Vor der Rechtfertigung rechnet Gott die Erbsünde etc. an
- Nach der Rechtfertigung rechnet Gott die Erbsünde etc. nicht mehr an

Wenn die Rechtfertigung sich auf das Gewissen des Gläubigen bezieht, kann das bedeuten:
- Gott hat dem Menschen schon längst vergeben
- Die Rechtfertigung bringt Gottes Vergebung zum Menschen und berührt sein Gewissen. Sie ist das Ende des Gefühls der Unwürdigkeit vor Gott.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Gamaliel
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Gamaliel »

@Pilgerer

Die Rechtfertigung bezieht sich weder auf die Einstellung Gottes, noch auf das Gewissen (oder einen bloßen Gefühlseindruck) des Gläubigen, sondern sie bezieht sich auf den Zustand (der Seele) des Menschen.

Eine detaillierte Beschreibung ist allerdings nicht möglich, da es sich hier um Geheimnisse handelt, deren Einzelaspekte uns Gott nicht geoffenbart hat. Der Heiland selbst weist im Gespräch mit Nikodemus auf das geheimnisvolle Wesen der Rechtfertigung hin (den Zusammenhang bitte selbst nachschlagen, hier nur die entscheidende Stelle):
Joh 3,8 hat geschrieben:„Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Brausen, aber du weißt nicht, woher er kommt, oder wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.
Die Kirche belehrt uns, daß die Rechtfertigung durch die Eingießung der heiligmachenden Gnade erfolgt, die der „Römische Katechismus“ als eine göttliche Beschaffenheit, die der Seele anhaftet, bestimmt (vgl. 2 Petr 1,4: „der göttlichen Natur teilhaftig“). Die Seele wird dadurch in ihrem innersten Wesen geheiligt und zum Tempel der allerheiligsten Dreifaltigkeit.

Der wahre Begriff von der Rechtfertigung verträgt sich daher überhaupt nicht mit der lutherischen Auffassung, die ganz im Äußeren steckenbleibt und von einer bloß (äußerlichen) Anrechnung der Gerechtigkeit Christi spricht, während der Mensch in seiner Seele weiterhin Sünder bleibt („Iustitia Christi extra nos“).

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Reinhard
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Reinhard »

Mit dem Begriff "Rechtfertigung" habe ich immer etwas Schwierigkeiten.
Und zwar deshalb, weil dieses Wort im heutigem Sprachgebrauch anders klingt, als das was hier eigentlich gemeint ist.

Es geht ja um "gerecht werden vor Gott" (wie es die Einheitsübs. formuliert). Wenn "ich mich rechtfertige", dann erkläre ich ja gerade, warum ich nichts verkehrt gemacht habe. Und das ist in diesem Zusammenhang genau nicht gemeint.

In der Hl. Schrift gibt es sehr wohl eine ausführliche Beschreibung, wie "gerecht werden vor Gott" geschieht. Der halbe Römerbrief behandelt dieses Thema:
Paulus in Röm 3-6 hat geschrieben:. . .
3:21 Jetzt aber ist unabhängig vom Gesetz die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden, bezeugt vom Gesetz und von den Propheten:
3:22 die Gerechtigkeit Gottes aus dem Glauben an Jesus Christus, offenbart für alle, die glauben. Denn es gibt keinen Unterschied:
3:23 Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren.
3:24 Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus.
3:25 Ihn hat Gott dazu bestimmt, Sühne zu leisten mit seinem Blut, Sühne, wirksam durch Glauben. So erweist Gott seine Gerechtigkeit durch die Vergebung der Sünden, die früher, in der Zeit seiner Geduld, begangen wurden;
. . .
4:4 Dem, der Werke tut, werden diese nicht aus Gnade angerechnet, sondern er bekommt den Lohn, der ihm zusteht.
4:5 Dem aber, der keine Werke tut, sondern an den glaubt, der den Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube als Gerechtigkeit angerechnet.
4:6 Auch David preist den Menschen selig, dem Gott Gerechtigkeit unabhängig von Werken anrechnet:
. . . Abraham . .
4:20 Er zweifelte nicht im Unglauben an der Verheißung Gottes, sondern wurde stark im Glauben und er erwies Gott Ehre,
4:21 fest davon überzeugt, dass Gott die Macht besitzt zu tun, was er verheißen hat.
4:22 Darum wurde der Glaube ihm als Gerechtigkeit angerechnet.
4:23 Doch nicht allein um seinetwillen steht in der Schrift, dass der Glaube ihm angerechnet wurde,
4:24 sondern auch um unseretwillen; er soll auch uns angerechnet werden, die wir an den glauben, der Jesus, unseren Herrn, von den Toten auferweckt hat.
4:25 Wegen unserer Verfehlungen wurde er hingegeben, wegen unserer Gerechtmachung wurde er auferweckt.
5:1 Gerecht gemacht aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn.
. . .
5:9 Nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht gemacht sind, werden wir durch ihn erst recht vor dem Gericht Gottes gerettet werden.
5:10 Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, als wir noch (Gottes) Feinde waren, werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben.
5:11 Mehr noch, wir rühmen uns Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn, durch den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben
. . .
In diesem Licht sind Bußen, die wir z.B. bei einer Beichte aufbekommen, mehr ein Zeichen unserer Reue als etwas das wir zu unserer Gerechtigkeit hinzufügen würden.
"Es ist alles bezahlt" - dieses ungeheure, liebevolle Entgegenkommen Gottes begeistert mich immer wieder.
(und ja: das "Aber .." dazu behandelt Paulus in den hier nicht zitierten Versen. ;D )

Raphael

Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Raphael »

Ein wesentlicher Unterschied im Rechtsfertigungsverständnis erscheint mir zu sein, daß nach katholischen Verständnis nach der Rechtfertigung der Mensch als ein Aktivum verbleibt, während im lutherischen Sinne der Mensch "passiviert" wird.
Überspitzt gesagt: Der Protestant erleidet die Rechtfertigung.

Nach Luther bleibt der Mensch gerechtfertigt - egal, was er anstellt -, weil Jesus Christus bereits unabänderbar für die Rechtfertigung gesorgt hat. Diese Sichtweise mag zwar für das Individuum entlastend sein, aber es führt auch - von Ausnahmefällen abgesehen - zu einer gewissen Nachlässigkeit gegenüber den göttlichen Geboten.

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Reinhard
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Reinhard »

"Aus Angst vor der Hölle zu Gott kommen" (und Sünde vermeiden), das hat mich früher auch gejagt. Aber das ist ein schrecklicher Angst-Krampf.
Deshalb bin ich froh, dass die Liebe Gottes inzwischen nicht nur in meinem Kopf angekommen ist, sondern dass Er mir an verschiedenen Stellen so persönlich begegnet ist, dass diese Angst keine Rolle mehr spielt.

Wenn Dich Gott mit Seiner Liebe angerührt hat, dann sündigst Du freiwillig nicht mehr. Denn damit verletzt Du ja Ihn, der so viel für Dich übrig hat, und so viel für Dich getan hat. Außerdem willst Du ja auch nicht dauernd auf dem Weg mit Ihm mit einer "Panne" liegen bleiben.

Soweit sie über die biblischen Original-Texte hinaus geht, ist mir die Rechtfertigungstheologie von Luther und den Theologen die ihm folgen nicht nachvollziehbar.

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Gamaliel
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Gamaliel »

Reinhard hat geschrieben:In der Hl. Schrift gibt es sehr wohl eine ausführliche Beschreibung, wie "gerecht werden vor Gott" geschieht.
Ich sprach von einer "detaillierten Beschreibung" und nicht von einer ausführlichen. Ausführliche Beschreibungen, auch Bücher zum Thema, gibt es eine ganze Menge. Es gibt bekanntlich auch verschiedenste Ansichten und Spekulationen zur Frage der Rechtfertigung, dennoch bleiben viele Detailaspekte - ermangels Offenbarung - verborgen und der theologischen "Sezierung" entzogen.



Reinhard hat geschrieben:Wenn Dich Gott mit Seiner Liebe angerührt hat, dann sündigst Du freiwillig nicht mehr.
Das ist dann im Himmel der Fall.

Bischof
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Bischof »

Ein interessanter Strang...

Also, Pfarrer Dr. Martens von der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) hat im Rahmen der Lehrgespräche zwischen der römischen Kirche und SELK einen Vortrag zum Thema Taufe und Rechtfertigung gehalten. Unterschiede und Gemeinsamkeiten werden dort von ihm schön herausgearbeitet. Ebenso Möglichkeiten für ein weiterführendes Gespräch:

Hier der Link zum Vortrag: http://lutherisch.de/download/Taufe_und ... tigung.pdf

Pilgerer
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von Pilgerer »

Gab es die Rechtfertigung schon bei Abraham, also vor Jesu Passion? Die Stellen in den Apostelbriefen zum Thema "Glauben und Gerechtigkeit" weisen in diese Richtung. So zum Beispiel im Römerbrief:
"3 Denn was sagt die Schrift? »Abraham hat Gott geglaubt und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden.« (1.Mose 15,6) ... So sollte er ein Vater werden aller, die glauben, ohne beschnitten zu sein, damit auch ihnen der Glaube gerechnet werde zur Gerechtigkeit; ... 16 Deshalb muss die Gerechtigkeit durch den Glauben kommen, damit sie aus Gnaden sei und die Verheißung festbleibe für alle Nachkommen, nicht allein für die, die unter dem Gesetz sind, sondern auch für die, die wie Abraham aus dem Glauben leben. Der ist unser aller Vater" (Römer 4, verschiedene Verse)

Der Hebräerbrief gibt ein paar Beispiele für Abrahams Glauben: "8 Durch den Glauben wurde "Abraham" gehorsam, als er berufen wurde, in ein Land zu ziehen, das er erben sollte; und er zog aus und wusste nicht, wo er hinkäme. 9 Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande wie in einem fremden und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung. 10 Denn er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist." (Hebräer 11,8-10)

Im Römerbrief (z.B. 4,16) steht nun nicht das Wort "Rechtfertigung", sondern "Gerechtigkeit". Gerechtigkeit kann sowohl die Rechtfertigung im Gericht als auch die Gerechtmachung bezeichnen. Abraham hatte keine Gesetze, an die er sich halten konnte. Die Gesetze kamen erst rund 400 Jahre später für das jüdische Volk. Wie konnte Abraham also erkennen, wie er gerecht zu leben habe? Ist die Erkenntnis der göttlichen Gerechtigkeit ein Aspekt der Rechtfertigung oder etwas anderes?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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overkott
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Re: Begriff der Rechtfertigung

Beitrag von overkott »

Typisch evangelisch? Ich habe eine Leitidee (Gerechtfertigt durch Gnade). Da sind dann (wenn sie passen) Abraham und Paulus wichtiger als Jesus mit seinem Vaterunser. (Frei nach dem spöttischen Zitat: "Ob Jesus gelebt hat, ist egal; Hauptsache Paulus hat gelebt.") Dann übersetze ich und nehme anschließend meine Übersetzung wörtlich, indem ich sehr feinsinnig die Worte Gerechtigkeit und Rechtfertigung in eine überraschende Relation setze. Wenn aber zum Beispiel die Vulgata in Römer 4,16 weder von Gerechtigkeit, noch von Rechtfertigung spricht, kann ich mich als Schriftgelehrter immer noch auf einen von mir auserkorenen Urtext berufen, der sowohl Jesus als auch andere Einwände korrigiert.

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