Zu der Frage gabs im Forum bei kath.net eine ausführliche Diskussion. Falls jemand das Ganze ausführlicher nachlesen möchte: Board "Hot discussion", Thread Piusbruderschaft, dort etwa ab S. 31. Der fundierteste Beitrag daraus ist von Alexius, den ich hier reinkopiere:
"Was die Erzdiözese Salzburg hier bekanntgibt, ist gar nichts Aufregendes, aber die Geschichte ist einfach und auch nicht. Ich fasse das Erkannte zusammen, in der Hoffnung, daß alle mitkommen:
1. Wie schon richtig gesagt, unterliegt der nicht formal von der Kirchengemeinschaft abgefallene Katholik der Formpflicht, d. h. der Pflicht, nach den gültigen Bestimmungen des kanonischen Rechtes (für lateinische Katholiken: CIC 1983) das Ehesakrament zu spenden, was ja die Ehepartner unter Assistenz eines Amtsträgers tun (abgesehen von Notfällen). Von dieser Formpflicht kann es eine Dispens geben, insbesondere wenn eine Katholik eine Nichtkatholikin heiratet und ernsthafte Gründe gegeben sind. (Bei einer Hochzeit mit einem Nichtkatholiken einer orientalischen Rituskirche, also nicht unierten Rituskirche, ist die Formpflicht nicht zur Gültigkeit nötig, sondern es genügt die Mitwirkung eines geistlichen Amtsträgers gemäß can. 1127 § 1 CIC.)
2. Zugespitzt formuliert: erst, wenn ein Sympathisant der Piusbruderschaft von der kirchlichen Gemeinschaft durch einen formalen Akt abgefallen ist, wäre die Gültigkeit eines von einem jurisdiktionslosen Priester der Piusbruderschaft erfragte Ehekonsens als gültig anzunehmen. Aber hier beginnt nun das Problem für Forschung und Rechtsprechung: sind nicht wenigstens einige Sympathisanten der Piusbruderschaft kraft ihrer öffentlichen Zustimmung zum eine parallele Hierarchie schaffenden schismatischen Bischofsweiheakt vom 30. Juni 1988 von der kirchlichen Gemeinschaft abgefallen und haben sich so im schlimmsten Falle als Schismatiker die Exkommunikation automatisch zugezogen, oder aber wird man im Zweifel einen 'Freispruch' annehmen können und damit auch die Ungültigkeit solcher Ehen? Noch mehr: wird man nicht sogar annehmen müssen, daß gut informierte Katholiken, die nur aufgrund liturgischen 'Beliebigkeits-Notstandes' ihrer örtlichen Pfarreien zur Piusbruderschaft gehen, wissen, daß sie zur heiligen Beichte und zur Spendung des Ehesakramentes keinesfalls die Piusbruderschaft wählen können und dürfen (Gültigkeit!), weil die Bischöfe und Priester der Bruderschaft eben keine Jurisdiktion besitzen. Und könnte man dann nicht weiterfolgern, daß wer sogar das Ehesakrament bei der Piusbruderschaft spenden möchte, im Grunde so tief im schismatischen und parallel-hierarchischen Verständnis steckt, daß er bereits formal als von der kirchlichen Gemeinschaft abgefallen gelten kann? Dann wären nämlich diese Ehen doch gültig ... es geht also hier weniger um die Frage einer Dispens als um die Frage der rechten kirchlichen Bewertung eines konkreten (Ehe)paares.
ERGEBNIS: im Grunde muß eine bei der Piusbruderschaft 'geschlossene' Ehe doch noch im Einzelfall auf ihre Gültigkeit überprüft werden, soll heißen, es müßte ein gewöhnliches Nichtigkeitsverfahren stattfinden, um alle Aspekte betreffend Gültigkeit eines solchen Eheschlusses zu prüfen. Und Josephus liegt daher richtig, daß mit den Möglichkeiten der nachträglichen Vergültigung leicht geholfen werden kann im Sinne der Rechtssicherheit. Dies bedeutet, daß die Stellungnahme der Erzdiözese Salzburg zwar als Im-Vorhinein-Warnung richtig ist, jedoch keine kollektive Aussagekraft hat, daß wirklich alle Ehen bei der Piusbruderschaft ungültig wären, weil es nämlich bei katholisch getauften Abgefallenen keine Formpflicht mehr gibt und ergo dessen nicht nur die standesamtliche Zwangs-Ziviltrauung gültig wäre, sondern auch die (ohne vorherige Zwangsziviltrauung) vorgenommene piusbruderschaftlich assistierte Ehe. Es ist trotzdem durchaus nicht falsch, daß die Pfarreien der Erzdiözese diese Trauungen nicht eintragen, aber es ist andererseits bei einem Nichtigkeitsverfahren der katholischen Kirche bzw. bei der Anmeldung zu einer kirchlichen Ehe nötig, auch diese (Vor-)Eheschließungen anzugeben, da - wie eben aufgezeit - doch ein gültiges Eheband vorliegen könnte! Die Taufen jedoch sollten als gültige immer eingetragen werden!
P. S. Selbstverständlich ist die katholiche Kichengerichtsbarkeit auch zuständig für Nichtigkeitsprozesse über standesamtliche Ehen zweier evangelischer Christen! (Z. B. wenn ein evangelischer Christ eine Katholikin heiraten möchte und vermeint, daß seine gültige Naturehe, ja noch mehr seine sakramentale Ehe [zwei Getaufte!], aus objektiven Gründen heraus ungültig wäre, wie es das katholische Kirchenrecht vorsieht. Da es sich zumeist um naturrechtliche Ungültigkeitsgründe handelt, ist natürlich jede Ehe von objektiv verungültigenden Gründen berührt. Es wäre ein Unding, eine ungültige Ehe zwischen evangelischen Christen als gültig ausgeben zu wollen, nur weil es sich nicht um Katholiken handelt! Wenn etwas ungültig ist, dann objektiv für alle Ehen!)
P. P. S. Da die Priester der Piusbruderschaft wenigstens durch ihr jurisdiktionsloses Absolutionsgeben gemäß can. 1378 § 2 n. 2 (also mindestens) suspendiert sind, dürfen sie strenggenommen auch nicht von einem Ortsordinarius oder Ortspfarrer delegiert werden. Da jedoch diese Suspension bzw. sogar eine Exkommunikation in den meisten Fällen nicht durch Urteil oder Dekret erklärt wurde (wie z. B. im Falle der beteiligten Bischöfe des 30. Juni 1988 ), wäre tatsächlich der Fall denkbar, daß ein Piuspriester von einem ordnungsgemäß eingesetzten Ortspfarrer oder vom Ortsordinarius selbst delegiert würde, sodaß die Form gewahrt wäre. Aber warum sollte dies ein wohlinformierter katholischer Amtsträger tun (als ob es richtig sein könnte, jene zu bestärken, die vermeinen, ohne konkrete und echte Unterstellung unter Papst und Ortsbischof Pastoral betreiben und Sakramente spenden zu dürfen). Die geschilderte sog. 'wienerische' Lösung war / ist daher gar nicht aufregend: man will eben für Rechtssicherheit sorgen. Wenn also - dies für corinquietum - ein solcher Fall auftauchen würde, ist man auf der sicheren Seite, das Ordinariat anzugehen.
P. P. P. S. Noch eine Anmerkung: da die evangelischen Gemeinschaften kein Ehesakrament bekennen, heiraten die Christen dieser Gemeinschaften im eigentlichen Sinne vor den Foren des Staates gültig. Religiöse Feiern im nachhinein gelten dort strenggenommen nur als Segnungen der bereits bestehenden Trauung, wohingegen für die katholischen und orthodoxen bzw. orientalischen Christen klar ist, daß der Staat ein Naturrechtsvergehen begeht, vor der eigentlich gültigen kirchlichen Trauung (also nach kirchlicher Form für integrierte Glieder der Kirche) eine zusätzliche Konsensabfrage zu wagen (und so eine unsinnige Doppelung zu verlangen). Daher kommt vor dem protestantischen Pastor normalerweise gar nichts mehr zustande.
So, jetzt sind hoffentliche alle (Un)klarheiten beseitigt

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