Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

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Caviteño
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Kapitalerträge sollen gleich wie Arbeitseinkommen besteuert werden? Das Geld ist bei seiner Arbeit doch einem viel größerem Risiko ausgesetzt als jeder Mensch. 15% auf Kapitalerträge wären gerecht. Eher weniger.
Die Aussage ist so nicht richtig.
Dividenden, die auch Kapitalerträge sind, sollen überhaupt nicht besteuert werden, weil hier bereits eine Versteuerung bei der ausschüttenden Gesellschaft (mit 25%, bisher 15%) vorgenommen wurde. Eine begrüßenswerte und längst fällige Gleichbehandlung von Gewinnen (und ihrer Verwendung) bei Personen- und Kapitalgesellschaften. :klatsch:
Das gab es beim Anrechnungsverfahren schon einmal, allerdings wesentlich komplizierter.

Bei Zinsen gebe ich Dir natürlich Recht, daß ein Steuersatz von 15% - in meinen Augen höchstens - zutreffend wäre.
Warum?
Zinsen werden auf das Kapital bezahlt. Dieses verliert im Laufe der Zeit durch die Inflation seinen Wert. Bei einem Zinssatz von 2% (effektiv nach Abzug der Abgeltungssteuer = 1,5%) und einer Geldentwertung von 3% verliert jeder Sparer Geld. Während Arbeitnehmer durch Lohnsteigerungen einen Ausgleich erhalten, ist dies bei Zinsen nicht der Fall.

Wenn die Reform tatsächlich aufkommensneutral ist, verstehe ich wirklich nicht, was es daran zu kritisieren gibt. :nein:
Für Geringverdiener werden die Grundfreibeträge erhöht und der Steuersatz gesenkt. Gut, dafür fallen z.B. Sparerfreibetrag und die Abzugsfähigkeit von Sonderausgaben (Versicherungen, Kirchensteuer, Spenden) fort.
Torsten hat geschrieben: Der Spekulant bezahlt auf sein erspekuliertes Einkommen die gleichen Steuern wie der, der am Hochofen steht.
Erstens stehen nicht mehr soviel am Hochofen und zweitens ist es doch vollkommen egal, aus welcher Quelle sich das Einkommen generiert, oder?
Soll jemand, der sein Geld mit der Herstellung von Waffen verdient höher besteuert werden als jemand, der das gleiche mit dem Anbau von Getreide tut?
Eine absurde Idee - und die dort beschäftigen Arbeitnehmer sollen gleich oder ungleich besteuert werden? :patsch:

Leider ist zu befürchten, daß dieser vernünftige Reformvorschlag wieder zerredet wird und am Ende eine weitere Komplizierung des Steuerrechts ansteht.

Raphael

Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Raphael »

Torsten hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Inwiefern sollte das "selbst nach Mammons Verhältnissen" (Zitat) ungerecht sein?
Welchen Nutzen hat die Gesellschaft von der Arbeit eines Stahlarbeiters und welchen von der Arbeit eines Spekulanten?
Dann zeige doch 'mal bitte auf, wie Du den Nutzen für die Gesellschaft ermitteln möchtest! 8)

Wie Du sicherlich bemerkt hast, ist dies ist eine rein rhetorische Forderung, die aufgrund der natürlichen Verhältnisse unerfüllbar ist. Das Steuerrecht geht da völlig pragmatisch (und in legitimer Weise) vor und macht seine Besteuerung an der Summe Geldes fest, die als Einkommen von dem Steuerzahler bezogen worden ist. Wolkige Reden über die gesellschaftliche Verhältnisse sind dem Fiskus ein Graus!

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Torsten
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Erstens stehen nicht mehr soviel am Hochofen und zweitens ist es doch vollkommen egal, aus welcher Quelle sich das Einkommen generiert, oder?
Soll jemand, der sein Geld mit der Herstellung von Waffen verdient höher besteuert werden als jemand, der das gleiche mit dem Anbau von Getreide tut?
Einem blinden, gesellschaftlichen Automatismus ist das sicher egal. Hauptsache Arbeit, Hauptsache Einkommen. Aber die Folgen kommen teuer. Nicht nur bei der Waffenproduktion.

Caviteño
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Einem blinden, gesellschaftlichen Automatismus ist das sicher egal. Hauptsache Arbeit, Hauptsache Einkommen. Aber die Folgen kommen teuer. Nicht nur bei der Waffenproduktion.
Es werden doch schon genügend - in meinen Augen schädliche - Anreize für - angeblich - gute gesellschaftliche Arbeit gesetzt. Ohne die Dauersubventionen wären doch Solar- und Windkraft und auch die Steinkohle überhaupt nicht konkurrenzfähig.
Es kann doch nicht Dein Ernst sein, diese willkürliche Unterscheidung zwischen - angeblich gutem und schlechten - gesellschaftlichen Nutzen in das Steuerrecht einzubinden. Damit würde genau das Gegenteil einer Vereinfachung erreicht.

Und wie sollen die Arbeitnehmer besteuert werden? Oder ist es egal, ob man in einem Atomkraftwerk oder bei Nordex beschäftigt ist?

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taddeo
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von taddeo »

Die beste Steuererklärung für den Staat wär immer noch die:

"Wieviel verdienen Sie?" - "..." - "Überweisen Sie es uns!"

Und selbst dann würde das Geld nicht reichen, fürchte ich.

Raphael

Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Raphael »

Der Mann ist einfach zu gut für die Unionsparteien:
Steuer-Star Kirchhof spaltet die Union

Raphael

Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Raphael »

Torsten hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Erstens stehen nicht mehr soviel am Hochofen und zweitens ist es doch vollkommen egal, aus welcher Quelle sich das Einkommen generiert, oder?
Soll jemand, der sein Geld mit der Herstellung von Waffen verdient höher besteuert werden als jemand, der das gleiche mit dem Anbau von Getreide tut?
Einem blinden, gesellschaftlichen Automatismus ist das sicher egal. Hauptsache Arbeit, Hauptsache Einkommen. Aber die Folgen kommen teuer. Nicht nur bei der Waffenproduktion.
Eine Frage hätte ich dann doch noch an Dich, Torsten:
Der Steuertarif im kirchhof'schen Modell könnte ja theoretisch aus dem Modell herausgelöst werden und durch einen linear-progressiven Tarifverlauf ersetzt werden.

Oder kürzer: Ist es der Einheitssteuersatz von 25% Einkommensteuer, der Dich stört oder willst Du wirklich den "gesellschaftlichen Nutzen" der Tätigkeit (wie auch immer der dann ermittelt werden mag! :achselzuck: ) zum Maßstab der Besteuerung machen?

Caviteño
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Caviteño »

Unter dem Titel "Das Geld steckt im Bauch" weist die FAZ auf die überproportional stark ansteigende Besteuerung der relativ geringen Jahreseinkommen zwischen 8. und 13. € hin. Demgegenüber bringt eine Erhöhung des Steuersatzes bei den Höchsteinkommen wenig.
Die Reichensteuer dient freundlich formuliert dem sozialen Ausgleich, um das böse Wort von der Bedienung der Neidkomplexe zu vermeiden. In keinem Jahr hat der Zuschlag für extrem hohe Einkommen auch nur eine Milliarde Euro eingebracht. Dagegen kosten beim Einzelnen kaum spürbare Korrekturen im unteren Tarifbereich leicht einen zweistelligen Milliardenbetrag.
http://www.faz.net/artikel/S316/steue ... 7669.html

Wenn man sich den Tarifverlauf anschaut, können einem schon Zweifel und das Wort "Abzocke" in den Sinn kommen.

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sternchen
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von sternchen »

Vertrauen ist gut Kontrolle ist besser! Der Prof. aus Heidelberg wiederholt alte Fehler.- Die Reichen profitieren am meisten
Radikales Steuermodell - Kirchhof ist meilenweit von der Realität weg
[/url]

Der Professor aus Heidelberg - Paul Kirchhof meldet sich zurück und präsentiert ein neues Steuermodell. Der Ex-Verfassungsrichter wiederholt alte Fehler: Er verwechselt Äpfel mit Birnen.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 04.09.2005, Nr. 35 / Seite 53 hat geschrieben:
Eigentlich hat sich nichts grundlegendes verändert.
Nur das die Staatsschuld 2005 1.447.500.000.000 €
jetzt noch einmal um über. 500.000.000.000 €
auf rund 2 Billionen Euro angewachsen ist.
Wenn die Welt euch haßt, dann wißt, daß sie mich schon vor euch gehaßt hat. Wenn ihr von der Welt stammen würdet würde die Welt euch als ihr Eigentum lieben.... "Joh 15,18 - 15,19"

Raphael

Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Raphael »

sternchen hat geschrieben:
Radikales Steuermodell - Kirchhof ist meilenweit von der Realität weg
[/url]
Es wäre gut, wenn die Realität mithilfe des Kirchhof'schen Steuermodells neu strukturiert werden könnte. Seit Jahr und Tag klagen sämtliche Fachleute und Nicht-Fachleute über das deutsche Steuer-Wirrwarr.

Kirchhof's Vorschlag wäre ein entscheidender Befreiungsschlag, um den Steuerdschungel wieder urbar zu machen!

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Linus
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Linus »

Ganz einfach: Einnahmen = Steuern. Jeder bekommt stattdessen (gleichverteilt) Essensmarken, Fahrscheine, Textilmarken und aus. Mit Ablaufdatum. So lässt sich auch alles besser kontrollieren.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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lifestylekatholik
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von lifestylekatholik »

Linus hat geschrieben:Ganz einfach: Einnahmen = Steuern. Jeder bekommt stattdessen (gleichverteilt) Essensmarken, Fahrscheine, Textilmarken und aus. Mit Ablaufdatum. So lässt sich auch alles besser kontrollieren.
Wenn ich meine Fahrscheine nicht aufbrauche, weil ich z. B. gern mit dem Fahrrad fahre, kann ich sie dann gegen andere Marken tauschen, oder sind die Marken personalisiert?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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holzi
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von holzi »

lifestylekatholik hat geschrieben:Wenn ich meine Fahrscheine nicht aufbrauche, weil ich z. B. gern mit dem Fahrrad fahre, kann ich sie dann gegen andere Marken tauschen, oder sind die Marken personalisiert?
Wer redet hier von Marken? Heutzutage macht man das mit einem Chip im Unterarm. Da wird nix mehr getauscht. Wär ja noch schöner... :pfeif:

Raphael

Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Raphael »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Ganz einfach: Einnahmen = Steuern. Jeder bekommt stattdessen (gleichverteilt) Essensmarken, Fahrscheine, Textilmarken und aus. Mit Ablaufdatum. So lässt sich auch alles besser kontrollieren.
Wenn ich meine Fahrscheine nicht aufbrauche, weil ich z. B. gern mit dem Fahrrad fahre, kann ich sie dann gegen andere Marken tauschen, oder sind die Marken personalisiert?
Wo hast Du denn das Fahrrad her? :roll:
So etwas wie Eigentum gibt es dann in der anarchosyndikalistischen Gesellschaft auf Gutscheinbasis nicht mehr! :blinker:

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holzi
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von holzi »

Raphael hat geschrieben:Wo hast Du denn das Fahrrad her? :roll:
So etwas wie Eigentum gibt es dann in der anarchosyndikalistischen Gesellschaft auf Gutscheinbasis nicht mehr! :blinker:
Genau! Eigentum ist Diebstahl! - oder so... ;D

Raimund J.
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Raimund J. »

Einfach rechtzeitig zum nächsten Fünf-Jahres-Plan die Tage an dem Du mit dem Fahrrad fahren möchtest angeben, dann kann das auch bei der Markenzuweisung berücksichtig werden. Wo ist das Problem? 8)
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

Caviteño
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Re: Das Einkommensteuergesetz nach Kirchhof

Beitrag von Caviteño »

Raphael hat geschrieben:
Kirchhof's Vorschlag wäre ein entscheidender Befreiungsschlag, um den Steuerdschungel wieder urbar zu machen!
Nicht urbar machen - da könnte es nach einiger Zeit bepflanzt werden und wieder nachwachsen, sondern roden. :)

Die gute Idee bei Kirchhof ist, daß es bei einem geringen Steuersatz nicht lohnt, teure Steuervermeidungskonstruktionen - diesseits oder ein wenig jenseits der Legalität - austüfteln zu lassen.

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