Ökumene
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Natbar
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Re: Ökumene
Ich weiß nicht ob ich meinen Beitrag vorhin abgeschickt habe, oder ob er hierein kam, aber wenn er wo anders ist, sorry.
Aber diese Einteilung finde ich auch schwierig. Ein Satz den ich mal bei jemanden gelesen habe der mir sehr am Herzen liegt:
Ich kann keiner Abneigung gegen Menschen Raum geben, denn ich nehme Jesus Christus zu ernst. ... Ich lerne so viel von Menschen, die mir nicht liegen. Jedes Stückchen der Liebe Jesu, die ich empfangen darf, befähigt mich, mehr zu sehen. (Florence Allshorn)
Ich bin davon meilenweit entfernt, ich denke jedoch das sollte die Aufgabe jeden Christen sein.
Glaube ohne Werke ist tot (aus der Bibel) Natürlich hat Jesus die Leute aus den Tempel getrieben und die Wahrheit verkündet - allerdings wie ist er mit den Sündern umgegangen? An dieser Stelle der Satz: Gott haßt die Sünde, aber liebt den Sünder.
Und wer Christus kennt, wird in jedem Bettler auch Christus sehen, auch in den drogenabhängigen, weil seine Liebe ihn dazu befähigt, die er von Christus geschenkt bekommen hat - (das Doppelgebot der Nächstenliebe)
Christ sein ist etwas besonderes, das uns durch Gnade unseren Herrn Jesus Christus gewährt wurde, und kein elitärer Kreis
Natbar
Aber diese Einteilung finde ich auch schwierig. Ein Satz den ich mal bei jemanden gelesen habe der mir sehr am Herzen liegt:
Ich kann keiner Abneigung gegen Menschen Raum geben, denn ich nehme Jesus Christus zu ernst. ... Ich lerne so viel von Menschen, die mir nicht liegen. Jedes Stückchen der Liebe Jesu, die ich empfangen darf, befähigt mich, mehr zu sehen. (Florence Allshorn)
Ich bin davon meilenweit entfernt, ich denke jedoch das sollte die Aufgabe jeden Christen sein.
Glaube ohne Werke ist tot (aus der Bibel) Natürlich hat Jesus die Leute aus den Tempel getrieben und die Wahrheit verkündet - allerdings wie ist er mit den Sündern umgegangen? An dieser Stelle der Satz: Gott haßt die Sünde, aber liebt den Sünder.
Und wer Christus kennt, wird in jedem Bettler auch Christus sehen, auch in den drogenabhängigen, weil seine Liebe ihn dazu befähigt, die er von Christus geschenkt bekommen hat - (das Doppelgebot der Nächstenliebe)
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Natbar
Fallen ist menschlich, liegen bleiben teuflisch, aufstehen göttlich.
Gottheit tief verborgen, betend nach ich Dir, weil unter diesem Zeichen bist Du wahrhaft hier.....
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Raphael
Re: Ökumene
Discrimen necesse est.Stephen Dedalus hat geschrieben:Schon die Einteilung der Menschheit in Katholiken und Nicht-Katholiken zeigt recht gut, daß hier der Kern der Frage nicht erfaßt worden ist.Gallus hat geschrieben:Genau so ist es. Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich daher weiter davon aus, daß es sich hier einfach um inhaltsleere Wohlfühlrhetorik handelt. Auch der "Verzicht auf Abgrenzung" bleibt unverständlich. Was für eine Abgrenzung denn eigentlich? Soweit ich weiß ist es keine Sünde, nicht einmal eine läßliche, mit Nicht-Katholiken zum Mittagessen oder zum Fußball zu gehen. Aber wenn dieses Reden vom "Verzicht auf Abgrenzung" irgendeine Bedeutung haben soll, dann scheint's doch darum zu gehen, daß Menschen in ihren Irrtümern noch bestärkt werden sollen. Wie das dann aber zu irgendjemandes Seelenheil beitragen soll... weiß der Geier.
Re: Ökumene
Man sollte nicht vergessen, daß Christus stets gegenüber reuigen Sündern Nachsicht geübt und Vergebung gewährt hat. Und genau das tut die Kirche auch, dafür gibt es schließlich das Bußsakrament. Was man heute dagegen sieht ist eher eine Tendenz zum Stolz auf die Sünde und die Forderung, die Kirche solle das doch gefälligst akzeptieren.Natbar hat geschrieben:Glaube ohne Werke ist tot (aus der Bibel) Natürlich hat Jesus die Leute aus den Tempel getrieben und die Wahrheit verkündet - allerdings wie ist er mit den Sündern umgegangen? An dieser Stelle der Satz: Gott haßt die Sünde, aber liebt den Sünder.
Und wenn hier im Strang nun von "Solidarität mit richtig schlimmen Menschen" die Rede war und ich mich immer noch frage, was das denn bedeuten soll – wie sieht's denn zum Beispiel aus, wenn die Funktionärsebene der EKD heutzutage indifferent gegenüber Abtreibung, Embryonenselektion und solchen Themen ist? Wie soll es da meine Aufgabe sein, mit denen solidarisch zu sein? Wie soll das gehen? Die einzige Aufgabe muß darin bestehen, sie zur Umkehr aufzurufen!
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Natbar
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Re: Ökumene
Da mußt du diejenien fragen die das geschrieben haben. Aber für mich würde solidarisch heißen: Bisher kann ich und werde ich Euren Weg mitgehen, was z.B ein gemeinsames Gebet betrifft (denn ich glaube immer noch wenn wir uns als Christen zusammen tun zum beten
Denn ich bin sicher, das wenn jemand ev. freigemeindliches zum Herrn betet, dieses Gebet oben ankommt und ernst genommen wird. Für mich ist das schön zu wissen, daß ich Glaubensgeschwister habe, die mit für mich beten, deren Grundlage Christus ist.
Natürlich gehe ich in einer evangelischen Kirche nicht zum Abendmahl - da hört die Solidarität auch für mich auf.
Natbar
Denn ich bin sicher, das wenn jemand ev. freigemeindliches zum Herrn betet, dieses Gebet oben ankommt und ernst genommen wird. Für mich ist das schön zu wissen, daß ich Glaubensgeschwister habe, die mit für mich beten, deren Grundlage Christus ist.
Natürlich gehe ich in einer evangelischen Kirche nicht zum Abendmahl - da hört die Solidarität auch für mich auf.
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Re: Ökumene
Das steht in "Die Heilslehre der katholischen Kirche", einem Werk von Pfarrer Gröteken aus dem Bistum Freiburg Ende des 19. Jh. Ich kann aber erst heute abend nachschauen, welche Quelle dort angegeben ist. Dort wurde WIMRE unter den Formen der Exkommunikation auch die excommunicatio simplex genannt, die man sich durch wissentlichen Umgang mit Exkommunizierten zuzieht. Es wäre möglich, daß der Pfarrer da etwas ungenau war, da in meinem Hinterkopf gerade der Begriff des excommunicatus vitandus auftaucht; außerdem wurde ja seitdem zweimal das Kirchenrecht neu geschrieben, kann also evtl. alles obsolet sein.Gamaliel hat geschrieben:Protasius hat geschrieben:Ausnahme ist Umgang mit Exkommunizierten, der einem die einfache Exkommunikation einbringt,...![]()
Das entnimmst Du welcher Norm?
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009
Re: Ökumene
Ja, so ist es. Deine frühere Aussage bezieht sich auf (längst) vergangene Zeiten des kirchlichen Rechts und trifft heute, d.h. gemäß dem aktuellen CIC von 1983 nicht mehr zu.Protasius hat geschrieben:Das steht in "Die Heilslehre der katholischen Kirche", einem Werk von Pfarrer Gröteken aus dem Bistum Freiburg Ende des 19. Jh. Ich kann aber erst heute abend nachschauen, welche Quelle dort angegeben ist. Dort wurde WIMRE unter den Formen der Exkommunikation auch die excommunicatio simplex genannt, die man sich durch wissentlichen Umgang mit Exkommunizierten zuzieht. Es wäre möglich, daß der Pfarrer da etwas ungenau war, da in meinem Hinterkopf gerade der Begriff des excommunicatus vitandus auftaucht; außerdem wurde ja seitdem zweimal das Kirchenrecht neu geschrieben, kann also evtl. alles obsolet sein.Gamaliel hat geschrieben:Protasius hat geschrieben:Ausnahme ist Umgang mit Exkommunizierten, der einem die einfache Exkommunikation einbringt,...![]()
Das entnimmst Du welcher Norm?
Der bürgerliche Kontakt mit einem Exkommunizierten zieht heutzutage keinerlei kirchenrechtliche Konsequenzen mehr nach sich.
- cantus planus
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Re: Ökumene
Das wäre ja auch erstaunlich, wo man heutzutage nicht einmal suspendiert - geschweige denn exkommuniziert wird -, wenn man von der Kanzel aus die Heiligste Dreifaltigkeit oder das Altarsakrament leugnet...
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Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky
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- lifestylekatholik
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Re: Ökumene
Von welcher Kanzel aus?cantus planus hat geschrieben:Das wäre ja auch erstaunlich, wo man heutzutage nicht einmal suspendiert - geschweige denn exkommuniziert wird -, wenn man von der Kanzel aus die Heiligste Dreifaltigkeit oder das Altarsakrament leugnet...
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«
- cantus planus
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Re: Ökumene
Verzeihung. Standmikro am Priestersitz. Lesepult...lifestylekatholik hat geschrieben:Von welcher Kanzel aus?cantus planus hat geschrieben:Das wäre ja auch erstaunlich, wo man heutzutage nicht einmal suspendiert - geschweige denn exkommuniziert wird -, wenn man von der Kanzel aus die Heiligste Dreifaltigkeit oder das Altarsakrament leugnet...
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Re: Ökumene
Nagel -> Kopf!Jorge hat geschrieben: Wenn man eher der vorsichtige, skrupulöse Typ ist und – um auf Nummer Sicher zu gehen – sich eine Pseudoreligion zusammenbastelt, die einem genau sagt, was man tun muss, wer alles gerettet ist und warum etc., betrügt man sich selbst und wird gleichzeitig so unbelehrbar und vernagelt, dass man andere Meinungen nicht mehr gelten lässt und den Wirklichkeitsbezug verliert.
Täglich zu besichtigen hier in diesem Theater, äh, Forum.
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Raphael
Re: Ökumene
Reicht dem Irrenden eine Freundeshand, aber macht dem Irrtum keine Zugeständnisse.
(Papst Pius XII. am 17.9.1946 in einer Ansprache an die Jesuiten)
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- cantus planus
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Re: Ökumene
Ausgerechnet...Raphael hat geschrieben:Reicht dem Irrenden eine Freundeshand, aber macht dem Irrtum keine Zugeständnisse.
(Papst Pius XII. am 17.9.1946 in einer Ansprache an die Jesuiten)
Nun, an diesem Orden sieht man exemplarisch, was geschieht, wenn man das eine nicht mehr vom anderen zu unterscheiden weiss.
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Re: Ökumene
Hallo JorgeMoser hat geschrieben:Nagel -> Kopf!Jorge hat geschrieben: Wenn man eher der vorsichtige, skrupulöse Typ ist und – um auf Nummer Sicher zu gehen – sich eine Pseudoreligion zusammenbastelt, die einem genau sagt, was man tun muss, wer alles gerettet ist und warum etc., betrügt man sich selbst und wird gleichzeitig so unbelehrbar und vernagelt, dass man andere Meinungen nicht mehr gelten lässt und den Wirklichkeitsbezug verliert.
Täglich zu besichtigen hier in diesem Theater, äh, Forum.
Derjenige betrügt sich auch selbst bzw. verliert den Bezug zur Realität, noch besser: zur Wahrheit, wenn er trotz erkennbarer Wissens- und Glaubenslücken meint, die richtige Sicht der Dinge zu haben, diese ungerufen verbreitet, darüber hinaus auch noch Ratschläge oder Kritiken verteilt und andererseits es aber nicht als notwendig erachtet, seiner Pflicht zur Weiterbildung in seinem Wissen und seinem Glauben nachzukommen. Dann, wie im AT und NTbeschrieben, überlässt Gott diesen Menschen seinem Willen und blendet ihn, so dass er aus eigener Kraft nicht mehr aus seinem Irrtum herausfindet.
Mit Deiner Auffassung kannst Du vielleicht jemanden beeindrucken, der aus der Katholischen Kirche entlaufen und irrenderweise in eine protestantische/evangelische/freikirchliche (wie auch immer) Gruppierung reingetreten ist, nicht aber jemanden, der sich zumindest gerade in diesem Forum so viel Wissen angeeignet und Anregungen zu entsprechender Literatur erhalten hat, wie dies wohl bei den meisten Usern der Fall ist, sofern es sich nicht um solche handelt, die meine Aussage zu beschreiben sucht.
Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)
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Thomas_de_Austria
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Re: Ökumene
[quote="Aristoteles, "Nikomachische Ethik", Liber X, Cap. VIII"]Jorge_ hat geschrieben:[…]Jorge_ hat geschrieben:Ich persönlich würde ohne zu zögern selbst mein eigenes Heil aufs Spiel setzen, wenn sich dadurch auch nur die vage Möglichkeit abzeichnete, dass andere gerettet werden (das ist durchaus ernst gemeint und gar nicht spaßig, auch wenn es vielleicht absurd klingt).
Es ist allerdings schon als bewusster Kontrapunkt gegenüber der Haltung einiger gedacht, denen es nur darauf anzukommen scheint, selber nicht in die Hölle zu kommen […].
Man darf aber nicht jener Mahnung Gehör geben, die uns anweist, unser Streben als Menschen auf Menschliches und als Sterbliche auf Sterbliches zu beschränken, sondern wir sollen, soweit es möglich ist, uns bemühen, unsterblich zu sein, und alles zu dem Zweck tun, dem Besten, was in uns ist, nachzuleben. Denn wenn es auch klein ist an Umfang, so ist es doch Kraft und Wert das bei weitem über alles Hervorragende. Ja, man darf sagen: dieses Göttliche in uns ist unser wahres Selbst, wenn anders es unser vornehmster und bester Teil ist. Mithin wäre es ungereimt, wenn einer nicht sein eigenes Leben leben wollte, sondern das eines anderen. Und was wir oben gesagt haben, passt auch hierher.
[/quote]Re: Ökumene
Das o. a. aristotelische Zitat, umgesetzt auf den christlichen Glauben, bedeutet demnach nichts anderes, als dass jeder Mensch danach trachtet, seine eigene Heiligkeit anzustreben. Diesem Streben nach Heiligkeit, ist die Liebe zu Gott, sowie das Gebot: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst, immanent.
Man kann für andere Menschen beten, man kann für andere Menschen Opfer bringen. Aber es ist abartig zu denken, jemand könne Gott darum bitten, um einen anderen Menschen für den Himmel zu retten, ihn selbst dafür zur Verdammnis zu verurteilen.
Gruß, ad_hoc
Man kann für andere Menschen beten, man kann für andere Menschen Opfer bringen. Aber es ist abartig zu denken, jemand könne Gott darum bitten, um einen anderen Menschen für den Himmel zu retten, ihn selbst dafür zur Verdammnis zu verurteilen.
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Raphael
Re: Ökumene
Es ist allerdings nichts wirklich Neues, daß es sich bei der aristotelischen Ethik um eine letztlich egoistische Ethik handelt!ad_hoc hat geschrieben:Das o. a. aristotelische Zitat, umgesetzt auf den christlichen Glauben, bedeutet demnach nichts anderes, als dass jeder Mensch danach trachtet, seine eigene Heiligkeit anzustreben. Diesem Streben nach Heiligkeit, ist die Liebe zu Gott, sowie das Gebot: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst, immanent.
Man kann für andere Menschen beten, man kann für andere Menschen Opfer bringen. Aber es ist abartig zu denken, jemand könne Gott darum bitten, um einen anderen Menschen für den Himmel zu retten, ihn selbst dafür zur Verdammnis zu verurteilen.
Gruß, ad_hoc
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Raphael
Re: Ökumene
Was hast Du eigentlich gegen die Prottis?Robert Ketelhohn hat geschrieben:Hallo Protti.
Selbst Häretiker können punktuell die Wahrheit bekennen und aussprechen!
Re: Ökumene
Die heilige Theresia von Avila passt gerade besonders gut in den Ökumenestrang 
Sie schreibt im Zusammenhang mit ihrer Höllenvision:
Nun kam die Frage auf, welchen Tod sie meint. Offenbar setzt sie nicht ihr Seelenheil auf’s Spiel, indem sie selbst, um anderer Rettung, Verdammnis auf sich nimmt. Das macht das zweite Zitat deutlich. Sie würde den irdischen Tod auf sich nehmen, um die geliebten irrenden Glieder der Kirche vor der Hölle zu bewahren.
Das Ertragen des irdischen Todes im Sinne eines Martyriums ist mutig und ein großes Opfer, das zur Heiligkeit führt. Es ist aber genau deshalb das Gegenteil davon, todesmutig sein eigenes Seelenheil zugunsten anderer zu verlieren.
In meinen Augen sollte man nicht sportlich versuchen, die Väter – und Mütter natürlich, liebe Theresia – zu übertreffen. Was Theresia zu sagen hat, kann uns helfen, ein rechtes Maß zu finden. Jorges Ansatz der Selbstlosigkeit wirkt auf mich zu sportlich. Wenn er behauptet, ausreichend darüber reflektiert zu haben, respektiere ich die Aussage jedoch.
Sie schreibt im Zusammenhang mit ihrer Höllenvision:
Wenige Sätze später folgt jedoch eine Ergänzung, die die genauere Einordnung erst zulässt:Von diesem Gesichte rührt auch der außerordentliche Schmerz her, den ich über so viele Seelen empfinde, welche der ewigen Verdammnis entgegengehen, namentlich über jene Lutheraner, welche durch die Taufe schon Glieder der Kirche waren.
Zugleich fühle ich mich mächtig angeregt, den Seelen zu helfen, so zwar, daß es mir in Wahrheit scheint, ich würde mit der größten Freude tausendmal den Tod erleiden, damit auch nur eine einzige Seele so entsetzlichen Peinen entgehe.
Der erste Teil hat mich beim Lesen etwas aufschrecken lassen. Nun ja, immerhin handelt es sich um eine Höllenvision. Das sollte legitim seinDiese Betrachtung erweckt auch den Wunsch in mir, daß wir in der so wichtigen Angelegenheit unseres ewigen Heiles nichts versäumen, sondern alles thun möchten, was in unseren Kräften steht. Der Herr verleihe uns seine Gnade dazu.
Nun kam die Frage auf, welchen Tod sie meint. Offenbar setzt sie nicht ihr Seelenheil auf’s Spiel, indem sie selbst, um anderer Rettung, Verdammnis auf sich nimmt. Das macht das zweite Zitat deutlich. Sie würde den irdischen Tod auf sich nehmen, um die geliebten irrenden Glieder der Kirche vor der Hölle zu bewahren.
Das Ertragen des irdischen Todes im Sinne eines Martyriums ist mutig und ein großes Opfer, das zur Heiligkeit führt. Es ist aber genau deshalb das Gegenteil davon, todesmutig sein eigenes Seelenheil zugunsten anderer zu verlieren.
In meinen Augen sollte man nicht sportlich versuchen, die Väter – und Mütter natürlich, liebe Theresia – zu übertreffen. Was Theresia zu sagen hat, kann uns helfen, ein rechtes Maß zu finden. Jorges Ansatz der Selbstlosigkeit wirkt auf mich zu sportlich. Wenn er behauptet, ausreichend darüber reflektiert zu haben, respektiere ich die Aussage jedoch.
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Thomas_de_Austria
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Re: Ökumene
Ja, genau das soll es sagen.ad_hoc hat geschrieben: Das o. a. aristotelische Zitat, umgesetzt auf den christlichen Glauben, bedeutet demnach nichts anderes, als dass jeder Mensch danach trachtet, seine eigene Heiligkeit anzustreben. Diesem Streben nach Heiligkeit, ist die Liebe zu Gott, sowie das Gebot: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst, immanent.
Man kann für andere Menschen beten, man kann für andere Menschen Opfer bringen. Aber es ist abartig zu denken, jemand könne Gott darum bitten, um einen anderen Menschen für den Himmel zu retten, ihn selbst dafür zur Verdammnis zu verurteilen.
Gruß, ad_hoc
Das Letztgenannte ist nachgerade absurd (und abartig, ja). Jeder einzelne Mensch ist seinem Ziel, seiner Bestimmung nach auf Gott hingeordnet - von diesem selbst. Ich wüsste nicht, wo wir die Missachtung der göttlichen Ordnung der Ziele ansonsten gutheißen und wie so etwas mit "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst [sicut te ipsum/’ôs seautón] …" etc. vereinbar sein soll. Gerede, das in diese Richtung geht, erscheint eher als ein Rückfall sogar hinter das rationale Heidentum …
Re: Ökumene
Ich bin kein großer Kenner aristotelischer Aussagen. Deshalb kann ich, ohne dass Du mir einen Beleg zu Deiner Feststellung lieferst, nichts dazu sagen.Raphael hat geschrieben:Es ist allerdings nichts wirklich Neues, daß es sich bei der aristotelischen Ethik um eine letztlich egoistische Ethik handelt!ad_hoc hat geschrieben:Das o. a. aristotelische Zitat, umgesetzt auf den christlichen Glauben, bedeutet demnach nichts anderes, als dass jeder Mensch danach trachtet, seine eigene Heiligkeit anzustreben. Diesem Streben nach Heiligkeit, ist die Liebe zu Gott, sowie das Gebot: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst, immanent.
Man kann für andere Menschen beten, man kann für andere Menschen Opfer bringen. Aber es ist abartig zu denken, jemand könne Gott darum bitten, um einen anderen Menschen für den Himmel zu retten, ihn selbst dafür zur Verdammnis zu verurteilen.
Gruß, ad_hoc
Immerhin hat der Hl. Thomas von Aquin die Philosphie des Aristoteles als Gerüst des christlichen Glaubens verwendet. Das allein genügt schon.
Gruß, ad_hoc
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Re: Ökumene
Wie kommst Du auf diese sonderbare Idee?Raphael hat geschrieben:Es ist allerdings nichts wirklich Neues, daß es sich bei der aristotelischen Ethik um eine letztlich egoistische Ethik handelt!
Multi venient in nomine meo, id est in nomine corporis mei. (Tichonius Africanus)
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Quomodo facta est meretrix civitas fidelis (Is 1:21)
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Raphael
Re: Ökumene
Seit wann interessieren Dich die Ideen anderer Foren-User?Sempre hat geschrieben:Wie kommst Du auf diese sonderbare Idee?Raphael hat geschrieben:Es ist allerdings nichts wirklich Neues, daß es sich bei der aristotelischen Ethik um eine letztlich egoistische Ethik handelt!
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Raphael
Re: Ökumene
Ein Beleg ist bspw. die bereits weiter oben zitierte Passage aus der "Nikomachische(n) Ethik" ...........ad_hoc hat geschrieben:Ich bin kein großer Kenner aristotelischer Aussagen. Deshalb kann ich, ohne dass Du mir einen Beleg zu Deiner Feststellung lieferst, nichts dazu sagen.Raphael hat geschrieben:Es ist allerdings nichts wirklich Neues, daß es sich bei der aristotelischen Ethik um eine letztlich egoistische Ethik handelt!ad_hoc hat geschrieben:Das o. a. aristotelische Zitat, umgesetzt auf den christlichen Glauben, bedeutet demnach nichts anderes, als dass jeder Mensch danach trachtet, seine eigene Heiligkeit anzustreben. Diesem Streben nach Heiligkeit, ist die Liebe zu Gott, sowie das Gebot: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst, immanent.
Man kann für andere Menschen beten, man kann für andere Menschen Opfer bringen. Aber es ist abartig zu denken, jemand könne Gott darum bitten, um einen anderen Menschen für den Himmel zu retten, ihn selbst dafür zur Verdammnis zu verurteilen.
Gruß, ad_hoc
Der Hl. Thomas von Aquin hat die Philosophie des Aristoteles in der christlichen Welt lediglich hoffähig gemacht, nachdem im ersten Jahrtausend nach Christus im Christentum eindeutig eine eher platonische Art zu philosophieren üblich war.ad_hoc hat geschrieben:Immerhin hat der Hl. Thomas von Aquin die Philosphie des Aristoteles als Gerüst des christlichen Glaubens verwendet. Das allein genügt schon.
Gruß, ad_hoc
Auch die führenden heidnischen Philosophen dieser Zeit müssen korrekterweise als Platoniker kategorisiert werden, wenn man sie richtig rezipieren will. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, wenn auch die christlichen Apologeten sich in platonischen Denkmustern bewegten.
Die Beschäftigung des Hl. Thomas von Aquin mit der Philosophie des Aristoteles kam jedoch eher aufgrund von äußerem Druck zustande (wegen dem massiven Erfolg islamischer Expansionsbestrebungen) als einem innerchristlich gewachsenen Erkenntnisgewinn. Schon das sollte vorsichtig machen ........
Was nun die Ethik angetrifft: Sie ist ja nur ein Teil der Philosophie und daher kann sie sich auf dem Grundgerüst einer bestimmten philosophischen Haltung anders ausprägen als die dezidiert christliche Ethik, wie Jesus sie gelehrt hat, selbst wenn das genutzte philosophische Grundgerüst (nämlich das aristotelische) mit dem Christentum graduell kompatibel ist.
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Thomas_de_Austria
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Re: Ökumene
"Massive Erfolge islam. Expansionsbestrebungen"? Wann? Wo genau? In der zweiten Hälfte des 12. Jh., als die Scholastik sich schön langsam herausbildete und die erste Übersetzungswelle erfolgte, war die Stadt Jerusalem und das eigentliche Königreich noch bis AD 1187 christlich, danach konnte sich auch noch ein Brückenkopf (lange noch das Küstengebiet - zuerst noch südliches, dann nur noch nördliches Israel und Teile Libanons) bis AD 1291 (Fall Akkons) halten. Zypern war überhaupt von AD 1192 bis 1489 westlich, "lateinisch", zuerst als Kreuzfahrerstaat, dann als Protektorat Genuas und dann unter der Verwaltung Venedigs. St. Thomas widmete seine Schrift "De regno ad regem Cypri" ja auch an dem lat. König Zyperns.
Im Süden war Sizilien bereits AD 1091 wieder vollständig unter christlicher Herrschaft und blieb es dauerhaft, wie es auch ein Austauschpunkt der christlichen und islam. Kultur und Umschlagplatz von Ideen blieb. Das sollte auch insofern von Bedeutung sein, als dass Kaiser Friedrich II. sich hier unten gerne aufhielt und sich für die islam. Kultur und Wissenschaft begeisterte und letztere in seiner neu gegründeten (AD 1224 - für die kaiserlichen Parteigänger, zu der eigentlich auch die Familie des Heiligen gehörte, bis auf den zweitältesten der Brüder namens Rinaldo, der sich auf die päpstliche Seite schlug und deswegen später zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde) Universität von Neapel unterrichten ließ, wo St. Thomas wohl erstmalig so richtig mit der eigentlichen aristotelischen Philosophie (und den neuen Entwicklungen in der Naturwissenschaft wie der Astronomie der Mohammedaner u. v. m.) in Kontakt kam.
Im Westen erfolgten die Reconquista (Ende der zweiten und Beginn der dritten Phase, in der besagten Zeit) und dabei fanden wirklich bedeutungsvolle und sich dauerhaft auswirkende Siege statt (z. B. AD 1212 die Schlacht bei Las Navas de Tolosa, in der Truppen aus drei span. Königreichen, Portugiesen und Franzosen gemeinsam die Almohaden unter Kalif Mohammed an-Nasir vernichtend schlugen). Die christliche Expansion in Spanien war ab dem 13. Jh. praktisch irreversibel.
AD 1204 erobern die Kreuzfahrer Konstantinopel, wobei in weiterer Folge lat. Staaten auf dem Gebiet Ostroms eingerichtet werde, zusätzlich gab es noch die eigentlichen byzan. Staaten. Trotz dieses Durcheinanders waren die Seldschuken offenbar nicht in der Lage aus dieser Situation einen größeren Vorteil für sich zu ziehen.
Wie sich die Gesamtsituation in bis zum 15./16. Jh. verändern würde, war damals noch nicht abzusehen und auch in der Neuzeit war es ein ständiges Hin und Her. Aber zur besagten Zeit stand der Westen nicht unbedingt schlecht da.
Der Grund für die Rezeption der aristotelischen Philosophie unter Zuhilfenahme der islam. Kommentatoren scheint eher die christl. Expansion in islam. Gebiet (im Süden und Westen dauerhaft, im Osten zumindest zeitweilig von Erfolg gekrönt) und allgemein der verstärkte Austausch mit der islam. Kultur zu sein.
Und die Väter waren natürlich stark vom Neuplatonismus beeinflusst, ohne Zweifel, nur darf man nicht vergessen, dass dieser auch aristotelisches Gedankengut integrierte und es gerade in der Spätantike eine starke Tendenz zur Harmonisierung der beiden Klassiker Platon und Aristoteles gab (exemplarisch seien hier für die Heiden Porphyrius und für die Christen z. B. Boethius genannt).
Im Süden war Sizilien bereits AD 1091 wieder vollständig unter christlicher Herrschaft und blieb es dauerhaft, wie es auch ein Austauschpunkt der christlichen und islam. Kultur und Umschlagplatz von Ideen blieb. Das sollte auch insofern von Bedeutung sein, als dass Kaiser Friedrich II. sich hier unten gerne aufhielt und sich für die islam. Kultur und Wissenschaft begeisterte und letztere in seiner neu gegründeten (AD 1224 - für die kaiserlichen Parteigänger, zu der eigentlich auch die Familie des Heiligen gehörte, bis auf den zweitältesten der Brüder namens Rinaldo, der sich auf die päpstliche Seite schlug und deswegen später zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde) Universität von Neapel unterrichten ließ, wo St. Thomas wohl erstmalig so richtig mit der eigentlichen aristotelischen Philosophie (und den neuen Entwicklungen in der Naturwissenschaft wie der Astronomie der Mohammedaner u. v. m.) in Kontakt kam.
Im Westen erfolgten die Reconquista (Ende der zweiten und Beginn der dritten Phase, in der besagten Zeit) und dabei fanden wirklich bedeutungsvolle und sich dauerhaft auswirkende Siege statt (z. B. AD 1212 die Schlacht bei Las Navas de Tolosa, in der Truppen aus drei span. Königreichen, Portugiesen und Franzosen gemeinsam die Almohaden unter Kalif Mohammed an-Nasir vernichtend schlugen). Die christliche Expansion in Spanien war ab dem 13. Jh. praktisch irreversibel.
AD 1204 erobern die Kreuzfahrer Konstantinopel, wobei in weiterer Folge lat. Staaten auf dem Gebiet Ostroms eingerichtet werde, zusätzlich gab es noch die eigentlichen byzan. Staaten. Trotz dieses Durcheinanders waren die Seldschuken offenbar nicht in der Lage aus dieser Situation einen größeren Vorteil für sich zu ziehen.
Wie sich die Gesamtsituation in bis zum 15./16. Jh. verändern würde, war damals noch nicht abzusehen und auch in der Neuzeit war es ein ständiges Hin und Her. Aber zur besagten Zeit stand der Westen nicht unbedingt schlecht da.
Der Grund für die Rezeption der aristotelischen Philosophie unter Zuhilfenahme der islam. Kommentatoren scheint eher die christl. Expansion in islam. Gebiet (im Süden und Westen dauerhaft, im Osten zumindest zeitweilig von Erfolg gekrönt) und allgemein der verstärkte Austausch mit der islam. Kultur zu sein.
Und die Väter waren natürlich stark vom Neuplatonismus beeinflusst, ohne Zweifel, nur darf man nicht vergessen, dass dieser auch aristotelisches Gedankengut integrierte und es gerade in der Spätantike eine starke Tendenz zur Harmonisierung der beiden Klassiker Platon und Aristoteles gab (exemplarisch seien hier für die Heiden Porphyrius und für die Christen z. B. Boethius genannt).
Re: Ökumene
Raphael hat u. a. geschrieben:
Thomas von Aquin begann sein Studium der artes liberales an der kaiserlichen Universität in Neapel, wo er durch seinen Lehrer Petrus von Hibernia erstmals in die Lehren des Aristoteles eingeführt wurde. Sein Studium dort dauerte von 1239 bis 1243.
Auf der Universität in Neapel wurde die grundsätzliche Bestimmung seiner das ganze Leben andauernden Forschungen und Arbeiten geschaffen. Das ist deshalb interessant, weil zu dieser Zeit an kaum an einer europäischen Universität Aristoteles ohne Unterbrechungen gelehrt werden konnte; und wenn, dann erfolgte unmittelbar nach Beginn (wie z. B. in Paris) grundsätzlich die Verurteilung. Aristoteles war durch einige Kirchenväter, die dem Platonismus anhingen, als Feind des Glaubens angeprangert worden.
In die Zeit des Thomas von Aquin fielen die neuen Lehren des Averroes (Ibn Roschd, 1126 bis 1198), dem arabischen Philosophen im damals muslimisch besetzten Cordoba, der jeden neuplatonischen Einfluss vermied und sich rigoros an jenen Aristotelismus hielt, so wie er ihn verstanden hatte. Dadurch wurde Aristoteles von den christlichen Theologen weiter verunglimpft. Das System des Averroes war eine Verkehrung der aristotelischen Lehre und grundsätzlich antireligiöser Natur. Nach Averroes stand die Philosophie über der Theologie in dem Sinn, dass die Theologie für das einfache Volk war, die Philosophie, und damit verbunden die Erkenntnis des tieferen Sinnes der Dinge, war allein dem Weisen vorbehalten.
Nachdem Thomas in den Dominikanerorden eingetreten war, wurde er von seinen Oberen zur Fortsetzung seiner Studien nach Paris gesandt. Während seines Studiums in Paris wurde der dort lehrende Albert Magnus auf Thomas aufmerksam.
Durch Albert Magnus wurde Thomas noch tiefer mit den Thesen des Aristoteles vertraut. Beide versuchten, dessen System im christlichen Sinn auszulegen.
Die wesentliche gemeinsame Erkenntnis beider bestand darin, dass der Philosophie eine neue Selbständigkeit und Unabhängigkeit gegeben werden muss. Schließlich gilt, dass durch die Vernunft des Menschen eine gewisse Anzahl von Wahrheiten über Gott, den Menschen und die Welt gefunden werden können. Der Beweis für diese Annahme gründet auf dem zusammenhängenden System des Aristoteles, in welchem viele seiner Thesen mit den natürlichen Wahrheiten in der christlichen Offenbarung übereinstimmen.
Zur Zeit Thomas von Aquins herrschte eben noch immer, wie seit den ersten nachchristlichen Jahrhunderten, die rein spirituelle oder mystische Bedeutung des christlichen Glaubens vor. Seit Augustinus, der ein Anhänger der Lehren Platons war, hatten sich die Theologen immer mehr in eine Art platonischer Überheblichkeit hineingesteigert. Sie befanden sich im Besitz unantastbarer Wahrheiten eines spirituellen Reichs, ohne den Anschein zu erwecken, dass diese irgendwelche Wurzeln in der realen Welt haben könnten.
Diesen Lehrern des rein Übersinnlichen schrieb Thomas von Aquin ins Stammbuch:
„Fern sei es einem armen Bettelmönch zu leugnen, dass ihr diese blendenden Edelsteine in eurem Kopf trägt, alle in den vollkommensten Formen gezeichnet und mit einem geradezu himmlischen Glanz leuchtend; sie sind alle schon da, fast eh ihr beginnt zu denken, geschweige denn zu sehen, zu hören oder zu fühlen. Aber ich scheue mich nicht zu behaupten, dass ich meinen Verstand von meinen Sinnen gespeist fühle, dass ich einen großen Teil dessen, was ich denke, dem verdanke, was ich sehe und rieche und schmecke und taste, und dass ich mich - soweit es meinen Verstand angeht - verpflichtet fühle, diese ganze Wirklichkeit als wirklich anzusehen. Um mich kurz zu fassen: In aller Demut glaube ich nicht, dass es Gottes Absicht war, der Mensch solle nur jene besondere, gehobenere und abstrakte Verstandesart anwenden, die ihr so glücklich seid zu besitzen, sondern ich glaube, dass es ein vermittelndes Reich von Tatsachen gibt, die uns durch die Sinne geboten werden, damit sie das grundlegende Material für den Verstand seien, und ich glaube, dass der Verstand in diesem Reich das Recht hat, als der Stellvertreter Gottes im Menschen zu herrschen…. Wahr ist, dass auch der Mensch Gegenstand des Denkens und sogar ein beklagenswerter sein kann.
Aber was Menschen schon einmal vermocht haben, mögen sie auch weiterhin tun, und wenn ein abgetaner alter Heide, Aristoteles genannt, mir dazu verhelfen kann, dann danke ich ihm in aller Demut dafür.“
Damit begann sein erstes öffentliches Sichberufen auf Aristoteles, im Gegensatz zu denjenigen Theologen, die sich bei der Struktur des Glaubens auf die Lehren Platons bezogen.
Thomas wies der Vernunft und der Autorität der Sinne zumindest den gleichen Stellenwert zu, wie den rein spirituellen Auslassungen der so genannten Neuplatoniker.
Hatten die ersten Professoren der Dominikaner an der Pariser Universität noch einen konservativen Augustianismus vertreten (ab 1230 n. Chr.), der sich zur Darstellung seiner Aussagen ebenfalls des gedanklichen Gerüstes von Platon bediente, so kam es einer Sensation gleich, als 1240 Albert Magnus dort seine Lehrtätigkeit begann und bei der Erklärung des christlichen Denkens die Logik des Aristoteles verwendete. Zwar hatte der Papst bereits 1231 die so genannte ‚bereinigte’ Aristotelik erlaubt, aber noch immer gab es das Problem, die fehlerhaften Übersetzungen von den mittlerweile besseren Übersetzungen zu unterscheiden. Meist verurteilte man Aristoteles deshalb, weil eine solche fehlerhafte Übersetzung den Sinn seiner Aussagen verfälschte.
In Orvieto kam Thomas in Kontakt mit seinem Ordensbruder Wilhelm von Moerbeke. Von ihm erhielt er zuverlässige Übersetzungen der Schriften des Aristoteles sowie von weiteren griechischen Philosophen wie Proklos, Archimedes usw.
Für Thomas und seine Philosophie waren diese Übersetzungen vom Griechischen ins Lateinische von größter Bedeutung. Alle früheren Übersetzungen kamen aus dem Arabischen und besaßen längst nicht die Qualität und die sprachliche Korrektheit der direkten späteren Übersetzungen durch Wilhelm von Moerbeke. Erst jetzt war es Thomas möglich, mittels der nunmehr richtigen Auslegung der Erkenntnisse des Aristoteles die christliche Theologie nicht allein rein geistig, sondern auch in einer der menschlichen Vernunft zugänglichen Art und Weise zu erklären.
Wesentliche Themen aus dem System des Aristoteles wurden von Thomas entnommen, beispielsweise die Transzendentalität und die Analogie des Seins, die metaphysische
Zusammengesetztheit der Dinge in Akt und Potenz, Materie und Form, Substanz und Akzidenz, der Vorrang des Aktes vor der Potenz, die Individuation durch die Materie, die Einzigkeit der reinen Geister in ihrer Art, die Unmöglichkeiten eines unbegrenzten kausalen Rückschritts, die Beweise eines ersten Seins und viele weitere mehr.
Es ist das große Verdienst des Thomas von Aquin, die Lehre des Aristoteles größtenteils in christlichem Verständnis gedeutet zu haben und mit ihr als Gerüst die christliche Theologie erkenntnisgerecht mit Hilfe der Vernunft zu erklären.
Die Synthese beider führte Thomas zum größten und bedeutendsten Lehrsystem des Mittelalters.
Schließlich soll nochmals ausdrücklich auf die Zeit des gemeinsamen Forschens von Thomas und Albert Magnus hingewiesen werden:
Die Zusammenarbeit des Thomas mit Albert Magnus vor und noch zu Beginn seiner Lehr- und Forschungstätigkeit war von wesentlicher Bedeutung. Albert Magnus kommt das Verdienst zu, alle Strömungen der sich heranbildenden neuen Scholastik gesammelt und sich bereits eingehender mit Aristoteles beschäftigt zu haben. Thomas hat dessen Arbeiten insofern verbessert, als Albert Magnus in seinen Ausführungen noch auf die schlechteren Übersetzungen der Werke des Aristoteles zurückgreifen musste, hingegen Thomas bereits über bessere Übersetzungen verfügte. Darüber hinaus hat Thomas in der Nachfolge seines geistigen Zieh-Vaters Albert Magnus den Anfangsarbeiten dieser Ausführungen seine eigenen Erkenntnisse hinzugefügt und dem gesamten Werk ein einheitliches System gegeben.
Der Begründer der mittelalterlichen Hochscholastik ist Albert Magnus, der Erbauer und Vollender ist Thomas von Aquin.
Gruß, ad_hoc
Den gewohnt sachkundigen Darlegungen des Thomas_de_Austria möchte ich hinzufügen:Der Hl. Thomas von Aquin hat die Philosophie des Aristoteles in der christlichen Welt lediglich hoffähig gemacht, nachdem im ersten Jahrtausend nach Christus im Christentum eindeutig eine eher platonische Art zu philosophieren üblich war.
Auch die führenden heidnischen Philosophen dieser Zeit müssen korrekterweise als Platoniker kategorisiert werden, wenn man sie richtig rezipieren will. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, wenn auch die christlichen Apologeten sich in platonischen Denkmustern bewegten.
Die Beschäftigung des Hl. Thomas von Aquin mit der Philosophie des Aristoteles kam jedoch eher aufgrund von äußerem Druck zustande (wegen dem massiven Erfolg islamischer Expansionsbestrebungen) als einem innerchristlich gewachsenen Erkenntnisgewinn. Schon das sollte vorsichtig machen ........
Thomas von Aquin begann sein Studium der artes liberales an der kaiserlichen Universität in Neapel, wo er durch seinen Lehrer Petrus von Hibernia erstmals in die Lehren des Aristoteles eingeführt wurde. Sein Studium dort dauerte von 1239 bis 1243.
Auf der Universität in Neapel wurde die grundsätzliche Bestimmung seiner das ganze Leben andauernden Forschungen und Arbeiten geschaffen. Das ist deshalb interessant, weil zu dieser Zeit an kaum an einer europäischen Universität Aristoteles ohne Unterbrechungen gelehrt werden konnte; und wenn, dann erfolgte unmittelbar nach Beginn (wie z. B. in Paris) grundsätzlich die Verurteilung. Aristoteles war durch einige Kirchenväter, die dem Platonismus anhingen, als Feind des Glaubens angeprangert worden.
In die Zeit des Thomas von Aquin fielen die neuen Lehren des Averroes (Ibn Roschd, 1126 bis 1198), dem arabischen Philosophen im damals muslimisch besetzten Cordoba, der jeden neuplatonischen Einfluss vermied und sich rigoros an jenen Aristotelismus hielt, so wie er ihn verstanden hatte. Dadurch wurde Aristoteles von den christlichen Theologen weiter verunglimpft. Das System des Averroes war eine Verkehrung der aristotelischen Lehre und grundsätzlich antireligiöser Natur. Nach Averroes stand die Philosophie über der Theologie in dem Sinn, dass die Theologie für das einfache Volk war, die Philosophie, und damit verbunden die Erkenntnis des tieferen Sinnes der Dinge, war allein dem Weisen vorbehalten.
Nachdem Thomas in den Dominikanerorden eingetreten war, wurde er von seinen Oberen zur Fortsetzung seiner Studien nach Paris gesandt. Während seines Studiums in Paris wurde der dort lehrende Albert Magnus auf Thomas aufmerksam.
Durch Albert Magnus wurde Thomas noch tiefer mit den Thesen des Aristoteles vertraut. Beide versuchten, dessen System im christlichen Sinn auszulegen.
Die wesentliche gemeinsame Erkenntnis beider bestand darin, dass der Philosophie eine neue Selbständigkeit und Unabhängigkeit gegeben werden muss. Schließlich gilt, dass durch die Vernunft des Menschen eine gewisse Anzahl von Wahrheiten über Gott, den Menschen und die Welt gefunden werden können. Der Beweis für diese Annahme gründet auf dem zusammenhängenden System des Aristoteles, in welchem viele seiner Thesen mit den natürlichen Wahrheiten in der christlichen Offenbarung übereinstimmen.
Zur Zeit Thomas von Aquins herrschte eben noch immer, wie seit den ersten nachchristlichen Jahrhunderten, die rein spirituelle oder mystische Bedeutung des christlichen Glaubens vor. Seit Augustinus, der ein Anhänger der Lehren Platons war, hatten sich die Theologen immer mehr in eine Art platonischer Überheblichkeit hineingesteigert. Sie befanden sich im Besitz unantastbarer Wahrheiten eines spirituellen Reichs, ohne den Anschein zu erwecken, dass diese irgendwelche Wurzeln in der realen Welt haben könnten.
Diesen Lehrern des rein Übersinnlichen schrieb Thomas von Aquin ins Stammbuch:
„Fern sei es einem armen Bettelmönch zu leugnen, dass ihr diese blendenden Edelsteine in eurem Kopf trägt, alle in den vollkommensten Formen gezeichnet und mit einem geradezu himmlischen Glanz leuchtend; sie sind alle schon da, fast eh ihr beginnt zu denken, geschweige denn zu sehen, zu hören oder zu fühlen. Aber ich scheue mich nicht zu behaupten, dass ich meinen Verstand von meinen Sinnen gespeist fühle, dass ich einen großen Teil dessen, was ich denke, dem verdanke, was ich sehe und rieche und schmecke und taste, und dass ich mich - soweit es meinen Verstand angeht - verpflichtet fühle, diese ganze Wirklichkeit als wirklich anzusehen. Um mich kurz zu fassen: In aller Demut glaube ich nicht, dass es Gottes Absicht war, der Mensch solle nur jene besondere, gehobenere und abstrakte Verstandesart anwenden, die ihr so glücklich seid zu besitzen, sondern ich glaube, dass es ein vermittelndes Reich von Tatsachen gibt, die uns durch die Sinne geboten werden, damit sie das grundlegende Material für den Verstand seien, und ich glaube, dass der Verstand in diesem Reich das Recht hat, als der Stellvertreter Gottes im Menschen zu herrschen…. Wahr ist, dass auch der Mensch Gegenstand des Denkens und sogar ein beklagenswerter sein kann.
Aber was Menschen schon einmal vermocht haben, mögen sie auch weiterhin tun, und wenn ein abgetaner alter Heide, Aristoteles genannt, mir dazu verhelfen kann, dann danke ich ihm in aller Demut dafür.“
Damit begann sein erstes öffentliches Sichberufen auf Aristoteles, im Gegensatz zu denjenigen Theologen, die sich bei der Struktur des Glaubens auf die Lehren Platons bezogen.
Thomas wies der Vernunft und der Autorität der Sinne zumindest den gleichen Stellenwert zu, wie den rein spirituellen Auslassungen der so genannten Neuplatoniker.
Hatten die ersten Professoren der Dominikaner an der Pariser Universität noch einen konservativen Augustianismus vertreten (ab 1230 n. Chr.), der sich zur Darstellung seiner Aussagen ebenfalls des gedanklichen Gerüstes von Platon bediente, so kam es einer Sensation gleich, als 1240 Albert Magnus dort seine Lehrtätigkeit begann und bei der Erklärung des christlichen Denkens die Logik des Aristoteles verwendete. Zwar hatte der Papst bereits 1231 die so genannte ‚bereinigte’ Aristotelik erlaubt, aber noch immer gab es das Problem, die fehlerhaften Übersetzungen von den mittlerweile besseren Übersetzungen zu unterscheiden. Meist verurteilte man Aristoteles deshalb, weil eine solche fehlerhafte Übersetzung den Sinn seiner Aussagen verfälschte.
In Orvieto kam Thomas in Kontakt mit seinem Ordensbruder Wilhelm von Moerbeke. Von ihm erhielt er zuverlässige Übersetzungen der Schriften des Aristoteles sowie von weiteren griechischen Philosophen wie Proklos, Archimedes usw.
Für Thomas und seine Philosophie waren diese Übersetzungen vom Griechischen ins Lateinische von größter Bedeutung. Alle früheren Übersetzungen kamen aus dem Arabischen und besaßen längst nicht die Qualität und die sprachliche Korrektheit der direkten späteren Übersetzungen durch Wilhelm von Moerbeke. Erst jetzt war es Thomas möglich, mittels der nunmehr richtigen Auslegung der Erkenntnisse des Aristoteles die christliche Theologie nicht allein rein geistig, sondern auch in einer der menschlichen Vernunft zugänglichen Art und Weise zu erklären.
Wesentliche Themen aus dem System des Aristoteles wurden von Thomas entnommen, beispielsweise die Transzendentalität und die Analogie des Seins, die metaphysische
Zusammengesetztheit der Dinge in Akt und Potenz, Materie und Form, Substanz und Akzidenz, der Vorrang des Aktes vor der Potenz, die Individuation durch die Materie, die Einzigkeit der reinen Geister in ihrer Art, die Unmöglichkeiten eines unbegrenzten kausalen Rückschritts, die Beweise eines ersten Seins und viele weitere mehr.
Es ist das große Verdienst des Thomas von Aquin, die Lehre des Aristoteles größtenteils in christlichem Verständnis gedeutet zu haben und mit ihr als Gerüst die christliche Theologie erkenntnisgerecht mit Hilfe der Vernunft zu erklären.
Die Synthese beider führte Thomas zum größten und bedeutendsten Lehrsystem des Mittelalters.
Schließlich soll nochmals ausdrücklich auf die Zeit des gemeinsamen Forschens von Thomas und Albert Magnus hingewiesen werden:
Die Zusammenarbeit des Thomas mit Albert Magnus vor und noch zu Beginn seiner Lehr- und Forschungstätigkeit war von wesentlicher Bedeutung. Albert Magnus kommt das Verdienst zu, alle Strömungen der sich heranbildenden neuen Scholastik gesammelt und sich bereits eingehender mit Aristoteles beschäftigt zu haben. Thomas hat dessen Arbeiten insofern verbessert, als Albert Magnus in seinen Ausführungen noch auf die schlechteren Übersetzungen der Werke des Aristoteles zurückgreifen musste, hingegen Thomas bereits über bessere Übersetzungen verfügte. Darüber hinaus hat Thomas in der Nachfolge seines geistigen Zieh-Vaters Albert Magnus den Anfangsarbeiten dieser Ausführungen seine eigenen Erkenntnisse hinzugefügt und dem gesamten Werk ein einheitliches System gegeben.
Der Begründer der mittelalterlichen Hochscholastik ist Albert Magnus, der Erbauer und Vollender ist Thomas von Aquin.
Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)
Re: Ökumene
Vielen Dank, Thomas_de_Austria und ad_hoc!
Multi venient in nomine meo, id est in nomine corporis mei. (Tichonius Africanus)
———
Quomodo facta est meretrix civitas fidelis (Is 1:21)
———
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Re: Ökumene
Soweit ich sehe, war es eine Grundkritik der Reformatoren an der damaligen Kirche, dass diese sich mehr mit sich selbst beschäftige und mehr auf sich selbst ausrichte als auf den Herrn. Das ist der Hauptgrund für die Neudefinition von "Kirche". Hat diese Tendenz tatsächlich bestanden und ist sie (falls sie bestanden hat) mittlerweile überwunden?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)
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Re: Ökumene
Welche Reformatoren? Kannst du dazu ein paar Textstellen anführen?Pilgerer hat geschrieben:Soweit ich sehe, war es eine Grundkritik der Reformatoren an der damaligen Kirche, dass diese sich mehr mit sich selbst beschäftige und mehr auf sich selbst ausrichte als auf den Herrn.
Nein. Die Kirche ist der mystische Leib des Herrn.Pilgerer hat geschrieben:Hat diese Tendenz tatsächlich bestanden [...] ?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«
Re: Ökumene
Nun, Jeder kann für sein Handeln genügend Gründe anführen. Ob diese Gründe auch der Wahrheit entsprechen, bleibt in der Regel dahingestellt. Hier aber nicht. Es ist ganz klar, dass die Reformatoren eine andere Kirche wollten und deshalb bekämpften sie die römisch-katholische Kirche, den Papst und das Lehramt.Pilgerer hat geschrieben:Soweit ich sehe, war es eine Grundkritik der Reformatoren an der damaligen Kirche, dass diese sich mehr mit sich selbst beschäftige und mehr auf sich selbst ausrichte als auf den Herrn. Das ist der Hauptgrund für die Neudefinition von "Kirche". Hat diese Tendenz tatsächlich bestanden und ist sie (falls sie bestanden hat) mittlerweile überwunden?
Gruß, ad_hoc
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Re: Ökumene
Wenn ich Papst benedikt bei seinem Deutschland-Besuch richtig verstanden habe, dann ist das Thema gerade in Deutschland wohl sehr aktuell.Pilgerer hat geschrieben:Soweit ich sehe, war es eine Grundkritik der Reformatoren an der damaligen Kirche, dass diese sich mehr mit sich selbst beschäftige und mehr auf sich selbst ausrichte als auf den Herrn. Das ist der Hauptgrund für die Neudefinition von "Kirche". Hat diese Tendenz tatsächlich bestanden und ist sie (falls sie bestanden hat) mittlerweile überwunden?
Eine andere Frage ist dann die, inwieweit die "Reformatoren" mit diesem angeblichen Anliegen dann selbst erfolgreich waren.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)
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Raphael
Re: Ökumene
Eine ersten Einblick gibt hier Frau Vicky Pedia:Thomas_de_Austria hat geschrieben:"Massive Erfolge islam. Expansionsbestrebungen"? Wann? Wo genau?
Geschichte des Islam
Gemeint war die Zeit von ca. 650 bis ca. 1150, in der sich der Islam die in dem Artikel näher beschriebenen und vormals christlichen Gebiete "unter den Nagel gerissen" hat.
Auch die Kreuzzüge waren ja nicht zuletzt eine Reaktion auf diese Ausbreitungsmacht des Islam ............
Geistesgeschichtlich muß man wohl richtigerweise in anderen Zeiträumen denken, als das bspw. ein deutscher Politiker heutzutage gewohnt ist.Thomas_de_Austria hat geschrieben:In der zweiten Hälfte des 12. Jh., als die Scholastik sich schön langsam herausbildete und die erste Übersetzungswelle erfolgte, war die Stadt Jerusalem und das eigentliche Königreich noch bis AD 1187 christlich, danach konnte sich auch noch ein Brückenkopf (lange noch das Küstengebiet - zuerst noch südliches, dann nur noch nördliches Israel und Teile Libanons) bis AD 1291 (Fall Akkons) halten. Zypern war überhaupt von AD 1192 bis 1489 westlich, "lateinisch", zuerst als Kreuzfahrerstaat, dann als Protektorat Genuas und dann unter der Verwaltung Venedigs. St. Thomas widmete seine Schrift "De regno ad regem Cypri" ja auch an dem lat. König Zyperns.
Im Süden war Sizilien bereits AD 1091 wieder vollständig unter christlicher Herrschaft und blieb es dauerhaft, wie es auch ein Austauschpunkt der christlichen und islam. Kultur und Umschlagplatz von Ideen blieb. Das sollte auch insofern von Bedeutung sein, als dass Kaiser Friedrich II. sich hier unten gerne aufhielt und sich für die islam. Kultur und Wissenschaft begeisterte und letztere in seiner neu gegründeten (AD 1224 - für die kaiserlichen Parteigänger, zu der eigentlich auch die Familie des Heiligen gehörte, bis auf den zweitältesten der Brüder namens Rinaldo, der sich auf die päpstliche Seite schlug und deswegen später zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde) Universität von Neapel unterrichten ließ, wo St. Thomas wohl erstmalig so richtig mit der eigentlichen aristotelischen Philosophie (und den neuen Entwicklungen in der Naturwissenschaft wie der Astronomie der Mohammedaner u. v. m.) in Kontakt kam.
Im Westen erfolgten die Reconquista (Ende der zweiten und Beginn der dritten Phase, in der besagten Zeit) und dabei fanden wirklich bedeutungsvolle und sich dauerhaft auswirkende Siege statt (z. B. AD 1212 die Schlacht bei Las Navas de Tolosa, in der Truppen aus drei span. Königreichen, Portugiesen und Franzosen gemeinsam die Almohaden unter Kalif Mohammed an-Nasir vernichtend schlugen). Die christliche Expansion in Spanien war ab dem 13. Jh. praktisch irreversibel.
AD 1204 erobern die Kreuzfahrer Konstantinopel, wobei in weiterer Folge lat. Staaten auf dem Gebiet Ostroms eingerichtet werde, zusätzlich gab es noch die eigentlichen byzan. Staaten. Trotz dieses Durcheinanders waren die Seldschuken offenbar nicht in der Lage aus dieser Situation einen größeren Vorteil für sich zu ziehen.
Wie sich die Gesamtsituation in bis zum 15./16. Jh. verändern würde, war damals noch nicht abzusehen und auch in der Neuzeit war es ein ständiges Hin und Her. Aber zur besagten Zeit stand der Westen nicht unbedingt schlecht da.
Der Grund für die Rezeption der aristotelischen Philosophie unter Zuhilfenahme der islam. Kommentatoren scheint eher die christl. Expansion in islam. Gebiet (im Süden und Westen dauerhaft, im Osten zumindest zeitweilig von Erfolg gekrönt) und allgemein der verstärkte Austausch mit der islam. Kultur zu sein.
Und die Väter waren natürlich stark vom Neuplatonismus beeinflusst, ohne Zweifel, nur darf man nicht vergessen, dass dieser auch aristotelisches Gedankengut integrierte und es gerade in der Spätantike eine starke Tendenz zur Harmonisierung der beiden Klassiker Platon und Aristoteles gab (exemplarisch seien hier für die Heiden Porphyrius und für die Christen z. B. Boethius genannt).
Aber den wesentlichen Grund für die Rezeption der aristotelischen Philosophie sehe ich weiterhin in erster Linie in einer Apologie des Christentums, dem im Islam zum ersten Mal ein ernstzunehmender geistiger Gegner entstanden ist, weil dieser sich christlicher Versatzstücke bediente. Ich verweise bspw. auf die religionsgeschichtliche Theorie, daß arianische Mönche gleichsam die geistigen Ziehväter des Islam wurden, nachdem diese Häresie im Christentum verpönt worden war.
Die christlichen Theologen zur ersten Jahrtausendwende standen doch vor folgender Frage: Welche geistigen Wurzeln machen den Islam so stark, daß er sich in dieser rasenden Geschwindigkeit auch in Gebieten ausbreitete, die jahrhundertelang zum christlichen Kerngebiet gezählt werden mußten?
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Thomas_de_Austria
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- Registriert: Donnerstag 20. Mai 2010, 16:47
Re: Ökumene
Geistesgeschichtlich gab es durchaus schon eine Frühform der Scholastik - mit darin enthaltenen aristotelischen Elementen, die sich nach und nach entfalteten und dann zur "klass." oder Hochscholastik führten - in der Zeit der größten islam. Ausdehnung bzw. davor, das alleine spricht schon nicht gerade dafür, und der Islam hatte in den ca. ersten zweihundert Jahren seines Bestehens überhaupt keine Philosophie. Als die (stark aristotelische) Scholastik im 12. Jh. nach und nach entstand, stagnierte die islam. Expansion bzw. expandierten sogar die Christen. Als der Druck auf militärischem Gebiet groß war, war er auf dem geistigen Gebiet nicht vorhanden, als die Mohammedaner hingegen auf dem geistigen Gebiet zunahmen, waren sie nicht mehr zu derartigen Expansionen in der Lage und schwächelten militärisch. Der übliche Zustand, den man im 11. Jh. schon seit Jahrhunderten kannte und dem man auch entsprechend begegnet war, geistig wie militärisch, brachte für sich genommen überhaupt keine besonderen "Reaktionen" hervor. Aristoteles war sowieso die ganze Zeit mehr oder minder stark präsent (im kath. Abendland wesentlich weniger, als im orth. Morgenland), dazu bedurfte es keiner spezifischen "massiven Erfolge des Islam"; auf beiden Seiten der religiösen Grenze kochte man mit demselben Wasser aus der Antike. Die orthodoxen Gelehrten im Osten waren im 8. und 9. Jh. vielfach wesentlich stärkere Aristoteliker (St. Johannes von Damaskus, Photios etc.) als die Mohammedaner und das auch schon vor jeglichen Beginn einer eigenständigen islam. philos. Denktätigkeit, noch dazu auch noch kenntnisreicher.
Die Scholastik allgemein ist auch schon wesentlich älter. Ihre Anfänge liegen bereits in der Spätantike, u. a. in den großen neuplaton. - anachronistisch gesprochen - "Systemen" und Synthesen (Porphyrios, Iamblichos und Proklos z. B., für die Christen natürlich auch St. Augustinus, Boethius usw.).
[quote="W. L. Gombocz, "Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der ausgehenden Antike und des frühen Mittelalters", Band IV (C. H. Beck 1997), S. 332 aus: IV. Die Anfänge der Scholastik"]Die Scholastik allgemein ist auch schon wesentlich älter. Ihre Anfänge liegen bereits in der Spätantike, u. a. in den großen neuplaton. - anachronistisch gesprochen - "Systemen" und Synthesen (Porphyrios, Iamblichos und Proklos z. B., für die Christen natürlich auch St. Augustinus, Boethius usw.).
Die Wiederentdeckung der aristotelischen Logik bzw. Dialektik, ihre Einbeziehung in den Schulbetrieb und ihre Weiterentwicklung gehören zu den wichtigsten Innovationen in der Geistesgeschichte der Spätantike und während der Anfänge der abendländisch-christlichen Scholastik. Der für mehrere Jahrhunderte alle anderen Philosophenschulen beherrschende Platonismus sowie das „aus ihm“ entstehende, ihn aufnehmende sowie ihn schließlich ablösende und ganz eigentlich auslöschende Christentum haben diese schon in den Schulen der hellenistischen „Sekten“ beginnende Rezeption der aristotelisch-theophrastischen Dialektik vollendet. Dieser Rezeption verdankt sich die sogenannte „Logica vetus“, die zu einer durchaus auch lehrinhaltlich bedeutsamen Erweiterung der Basis der Schulphilosophie führte, obschon der „ganze“, die nicht-dialektischen Schriften ebenso umfassende Aristoteles den Lateinern bis ins zwölfte Jahrhundert hinauf weitestgehend unbekannt blieb. Dennoch entfaltet sich auf einer derart schmalen Textbasis eine Reflexion auf philosophisch wieder- bzw. neuentdeckte Grundlagen: Anfänglich ist diese Denkbewegung durch eine stark textbezogene und geradzu ängstliche Interpretation der hinsichtlich ihrer Geltung unbestrittenen Autoritäten bestimmt, je später desto stärker führt sie auch zu lehrinhaltlichen Neuerungen. Die vom autoritativen Schrifttum langsam sich emanzipierenden Deutungen werden durch Boëthius (gest. um/vor 526) Übersetzungen und Kommentarwerke kräftig angeregt, wobei ein von konkreten, individuellen Gegenständen ausgehender Aristotelismus sich gegenüber den platonisierenden Auslegungen der Logica vetus [zu der übrigens u. a. auch die aristotelische Kategorien-Schrift gehörte] schrittweise durchsetzt und im ausgehenden zehnten und vor allem dann im elften Jahrhundert einen ersten Höhepunkt erreicht.
[/quote]Ansonsten kurz zu den wichtigeren islam. Philosophen:
Abû Ya’qûb ibn Ishâq al-Kindî (nach *800 - +873 - eine ordentliche Zeit nach Johannes Damascenus) war bei den Mohammedanern wohl der Erste, der sich eigenständig mit der antiken Philosophie auseinandersetzte, wobei er in philosophischer Hinsicht erster Linie Kommentare und Paraphrasen zu neuplaton. Werken schrieb und praktisch alles aufnahm, was ihm vor das Schreibpult kam, egal was es war. Allerdings war das alles noch kaum systematisch: Medizin, Astronomie, Naturphilosophie und teils auch die Metaphysik von Aristoteles und seinen Nachfolgern, aber auch von bspw. Johannes Philoponos, den platon. "Timaeus" (der auch im Abendland sehr beliebt war, als wohl beinahe das einzige, direkt zugängliche Werk von Platon selbst) etc. Wo er Aristoteles als solchen rezipierte, war das auch alles im spätantiken Rahmen. Vor allem musste sich al-Kindî überhaupt erst um eine brauchbare arab. philos. Terminologie bemühen. Diese gab es ja zu dieser Zeit noch gar nicht.
Abû Nasr Muhammad al-Fârâbî (ca. *870 - +950) war überhaupt der erste, halbwegs originelle islam. Philosoph, bei dem die Philosophie gegenüber dem islam. Dogma ihr eigenes Recht hatte und der wirklich die Gesamtheit der antiken Überlieferung überblickte:
[quote="U. Rudolph, "Islamische Philosophie. Von den Anfängen bis zur Gegenwart" (C. H. Beck), 29f"]Abû Nasr Muhammad al-Fârâbî (ca. *870 - +950) war überhaupt der erste, halbwegs originelle islam. Philosoph, bei dem die Philosophie gegenüber dem islam. Dogma ihr eigenes Recht hatte und der wirklich die Gesamtheit der antiken Überlieferung überblickte:
Gleichwohl war seine [al-Fârâbîs] Stellung gegenüber dem antiken Erbe nicht mehr vergleichbar mit den Positionen seiner Vorgänger. Denn diese hatten, wie wir sahen, jeweils nur bestimmte Ausschnitte aus der breiten Überlieferung kennen gelernt (Kindî vor allem einzelne aristotelische und neuplatonische Werke, Râzî in erster Linie die Platonlektüre der Mediziner). Fârâbî hingegen überblickte das gesamte Erbe, das auf Arabisch vorlag, und das war ein umfangreiches Corpus von Texten […].
[/quote]Abû Alî al-Husain ibn Abdullâh ibn Sînâ (ca. *980 - +1037) oder kurz Avicenna war dann der nächste wirklich bedeutende islam. Philosoph und zwar um die Jahrtausendwende. Er auch eindeutig kein Aristoteliker, sondern verband - wie man das gewöhnt war - neuplaton. mit aristotelischem Gedankengut. Also der Grundtendenz nach wieder nicht wirklich etwas Neues oder Ungewöhnliches unter der Sonne. Ibn Bâdjdja (oder ibn Baddscha) und ibn Tufail erreichten direkt mit ihrer Philosophie keine allzu große Bedeutung über ihr Umfeld und ihre Zeit hinaus, wobei ibn Tufail durch seinen Entwicklungsroman "Haiy ibn Yaqzân" zumindest eine gewisse Bekanntheit genießt, ist ibn Bâdjdja praktisch unbekannt (auch für das damalige Abendland war er nicht gerade von besonderer Bedeutung), wobei er allerdings der erste richtige islam. Aristoteliker war. Ibn Tufail selbst war hingegen schon ein einige Jährchen älterer Zeitgenosse von Abû l-Walîd Muḥammad ibn Aḥmad ibn Muḥammad ibn Rushd (*1126 - +1198) oder kurz Averroes.
Nun entfaltete sich allerdings schon zu Lebzeiten des Averroes, praktisch gleichzeitig, auch im Abendland eine neue Bewegung. Petrus Abaelard kann man wohl durchaus auch bereits als einen frühen Vertreter derselben ansehen und der war sogar älter als ibn Bâdjdja im maurischen Spanien.
Im Ganzen dürften die Kreuzzüge, die Kirchenreform (die ja auch in diese Zeit fällt, wie auch in diesem Zusammenhang der Streit um ein neues Kräftegleichgewicht zwischen weltlicher und geistlicher Herrschaft, was man alles zusammen wohl kaum als eine Reaktion auf irgendwelche Erfolge islam. Expansionsbestrebungen zu dieser Zeit deuten kann), die Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Wandel in der Siedlungsstruktur (Ablösung der Streusiedlungen) des Abendlandes, wie auch eben des Denkens im 11. und 12. Jh. kaum einfach eine Reaktion auf einen besonders starken oder auch philosophisch den Christen allgemein gerade besonders überlegenen Islam gewesen sein kann, sondern eher von einem neu erwachten Selbstbewusstsein der Menschen im Abendland, wie auch innerhalb der Kirche, künden, das in militärischer wie geistiger Expansion und Innovation zum Ausdruck kam, wie wohl weiters auch von verbesserten Gesamtumständen, die dann in der christl. Expansion in islam Gebiet gipfelten, die sich wiederum auf das Denken auswirkte usw. Das hängt alles miteinander zusammen und dürfte zur Erklärung der Angelegenheit wohl nicht unwesentlich sein. Nicht umsonst fällt in diese Zeit der Übergang vom Früh- zum Hochmittelalter und dass mit dem allgemeinen Wandel auch ein Wandel im Bewusstsein verbunden war, ist wohl kaum verwunderlich.
---Nun entfaltete sich allerdings schon zu Lebzeiten des Averroes, praktisch gleichzeitig, auch im Abendland eine neue Bewegung. Petrus Abaelard kann man wohl durchaus auch bereits als einen frühen Vertreter derselben ansehen und der war sogar älter als ibn Bâdjdja im maurischen Spanien.
Im Ganzen dürften die Kreuzzüge, die Kirchenreform (die ja auch in diese Zeit fällt, wie auch in diesem Zusammenhang der Streit um ein neues Kräftegleichgewicht zwischen weltlicher und geistlicher Herrschaft, was man alles zusammen wohl kaum als eine Reaktion auf irgendwelche Erfolge islam. Expansionsbestrebungen zu dieser Zeit deuten kann), die Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Wandel in der Siedlungsstruktur (Ablösung der Streusiedlungen) des Abendlandes, wie auch eben des Denkens im 11. und 12. Jh. kaum einfach eine Reaktion auf einen besonders starken oder auch philosophisch den Christen allgemein gerade besonders überlegenen Islam gewesen sein kann, sondern eher von einem neu erwachten Selbstbewusstsein der Menschen im Abendland, wie auch innerhalb der Kirche, künden, das in militärischer wie geistiger Expansion und Innovation zum Ausdruck kam, wie wohl weiters auch von verbesserten Gesamtumständen, die dann in der christl. Expansion in islam Gebiet gipfelten, die sich wiederum auf das Denken auswirkte usw. Das hängt alles miteinander zusammen und dürfte zur Erklärung der Angelegenheit wohl nicht unwesentlich sein. Nicht umsonst fällt in diese Zeit der Übergang vom Früh- zum Hochmittelalter und dass mit dem allgemeinen Wandel auch ein Wandel im Bewusstsein verbunden war, ist wohl kaum verwunderlich.
Raphael hat geschrieben: […] daß er sich in dieser rasenden Geschwindigkeit auch in Gebieten ausbreitete […]
Das war allerdings auch in erster Linie in militärischer Hinsicht der Fall, ansonsten galt:
[quote="P. Brown, "Die Entstehung des christlichen Europa", S. 222"]
Wie die später im 16. Jahrhundert von den Spaniern in der neuen Welt gegründeten Städte waren die neuen muslimischen Städte im Nahen Osten lebhafte, doch gegen ihre Umwelt abgeschlossene Zentren, wo bald die Kultur und Religion der Eroberer vorherrschte. Doch außerhalb dieser bemerkenswerten Versammlungsorte selbstsicherer Muslime lag der Islam leicht wie ein Nebel auf den Umrissen einer weithin christlich gebliebenen Landschaft. In Oberägypten und im nördlichen Irak wurde die Kontrolle weiterhin von lokalen christlichen Eliten ausgeübt. Sie verwalteten die Steuern und erhielten stolz die Kirchen und großen Klöster ihrer Region. Ein christlicher heiliger Mann in den Vorhügeln des Zagrosgebirges gewann Privilegien für sein Kloster, als er das Lieblingspferd des örtlichen muslimischen Emirs kurierte. Muslime konsultierten häufig chirstliche Einsiedler. […] Den Machtzentren näher, in Palästina und Jordanien, hatten die muslimischen Heere bei ihrem Vormarsch nach Norden hinter sich Dörfer zurückgelassen, wo noch im Jahre des Zusammenbruchs der römischen Herrschaft in Syrien neue Kirchen errichtet wurden. Dscherasch war eine Stadt, deren Bild noch immer von einem alten heidnischen Tempel beherrscht wurde. Nur eine kleine Moschee wurde dort erbaut neben fünfzehn gutbesuchten christlichen Kirchen. Die dortigen Hersteller von Terrakottalampen lösten das Problem der Entstehung noch einer weiteren Weltreligion, indem sie ihre Erzeugnisse einerseits mit einer griechischen Inschrift versahen, die versicherte, «das Licht der Christen ist die Auferstehung», andererseits mit einer arabischen, die sagte: «Im Namen Allahs, des gnädigen und barmherzigen».
[/quote]Das wird auch anderweitig bestätigt. Die christliche Bevölkerung blieb wohl noch lange in der Mehrheit bzw. eine äußerst einflussreiche, große Minderheit.