Ich spreche ja nur über die spezielle Gegebenheit beim Menschen, dessen Seele sich von den Seelen anderer beseelter Wesen unterscheidet.Kirchenjahr hat geschrieben:Bist Du Dir da ganz sicher? Es wäre mir neu, dass Seele (psyché - yuc») und Geist (noàj – nous) Synonyme sind.Sempre hat geschrieben:Um Deine Frage konkret zu beantworten: Die Seele ist gar nicht vom Geist zu unterscheiden, sie ist der Geist, der rein geistige Anteil der menschlichen Natur.
Seele
Re: Seele
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)
Re: Seele
Sempre hat geschrieben:Der Mensch besitzt St. Thomas von Aquin folgend im Gegensatz zu anderen beseelten Geschöpfen eine Vernunftseele bestehend aus einer vegetativen und einer sensitiven Komponente. Die Seele ist die Form des Körpers. Diese Auffassung wurde vom Konzil von Vienne (in der frz. Dauphiné) 1311 als Lehre der Kirche definiert.Pilgerer hat geschrieben:Wie ist aus katholischer Sicht die Seele vom Geist zu unterscheiden?
Gemäß St. Thomas ist die Seele rein geistiger, immaterieller Natur und bildet mit dem Körper zusammen wesentlich den Menschen.
Um Deine Frage konkret zu beantworten: Die Seele ist gar nicht vom Geist zu unterscheiden, sie ist der Geist, der rein geistige Anteil der menschlichen Natur.
Die Vernunft ist ein Vermögen der Vernunftseele.
Würdest du im Sinn der katholischen Theologie sagen können, dass die menschliche Seele identisch mit dem Geist ist? Gibt es zusätzlich zu Seele und Geist so etwas wie einen Gottesfunken oder ist dies eine nichtchristliche Theorie?Sempre hat geschrieben:Ich spreche ja nur über die spezielle Gegebenheit beim Menschen, dessen Seele sich von den Seelen anderer beseelter Wesen unterscheidet.Kirchenjahr hat geschrieben:Bist Du Dir da ganz sicher? Es wäre mir neu, dass Seele (psyché - yuc») und Geist (noàj – nous) Synonyme sind.Sempre hat geschrieben:Um Deine Frage konkret zu beantworten: Die Seele ist gar nicht vom Geist zu unterscheiden, sie ist der Geist, der rein geistige Anteil der menschlichen Natur.
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Re: Seele
Vielleicht helfen Dir die Antworten im Kompendium des KKK weiter: lfd. Nr. 69 und 70!Pilgerer hat geschrieben:Würdest du im Sinn der katholischen Theologie sagen können, dass die menschliche Seele identisch mit dem Geist ist? Gibt es zusätzlich zu Seele und Geist so etwas wie einen Gottesfunken oder ist dies eine nichtchristliche Theorie?
Die hinter dem Begriff "Gottesfunken" stehenden Überlegungen sind AFAIK innerhalb der katholischen Theologie umstritten.
Re: Seele
Die menschliche Seele setzt verschiedene Tätigkeiten, z.B. erkennen, wollen,... Diese Tätigkeiten gehen von unterschiedlichen "Seelenvermögen" der einen menschlichen Seele aus. Das geistige Erkenntnisvermögen entfaltet sich z.B. gemäß dem hl. Thomas von Aquin in dreifacher Weise, nämlich als Verstand, Vernunft und intellektuelles Gedächtnis. Das geistige Strebevermögen nennt man "Wille".Pilgerer hat geschrieben:Wie ist aus katholischer Sicht die Seele vom Geist zu unterscheiden?
Wenn du Seele und Geist gegenüberstellst, dann kann "Geist" unterschiedliche Bedeutungen haben, sodaß sich die Begriffe auf verschiedene Weise unterscheiden:
Der Ausdruck kann z.B. das geistige Erkenntnis- & Strebevermögen der Seele meinen. Durch beide Vermögen, also "das Geistige" oder "den Geist" unterscheidet sich der Mensch wesentlich vom Tier, worauf auch Sempre schon hingewiesen hat.
Der Ausdruck kann sich auch nur auf das geistige Erkenntnisvermögen allein beziehen oder sich innerhalb dessen nur auf die mehr intuitive Fähigkeit (νοῦς bzw. intellectus). Die deutsche Übersetzung dafür ist nicht einheitlich, ich verwende dafür "Verstand", andere nehmen "Vernunft". Je nachdem bleibt der andere Begriff dann für die diskursive Fähigkeit (λόγος bzw. ratio).
Re: Seele
Siehe mein voriger Beitrag. Wenn Dir der nicht weiterhilft, dann müßtest Du einmal beschreiben was Du mit "Geist" meinst.Pilgerer hat geschrieben:Würdest du im Sinn der katholischen Theologie sagen können, dass die menschliche Seele identisch mit dem Geist ist?
Was sollen denn ein "Gottesfunken" überhaupt sein? Was "leistet" der im Menschen?Pilgerer hat geschrieben:Gibt es zusätzlich zu Seele und Geist so etwas wie einen Gottesfunken oder ist dies eine nichtchristliche Theorie?
Re: Seele
Vielleicht sowas, wie es in Schillers "Ode an die Freude" angesprochen ist? "Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium"?Gamaliel hat geschrieben:Was sollen denn ein "Gottesfunken" überhaupt sein? Was "leistet" der im Menschen?Pilgerer hat geschrieben:Gibt es zusätzlich zu Seele und Geist so etwas wie einen Gottesfunken oder ist dies eine nichtchristliche Theorie?
Also letztlich eine Art Gemütsregung im Menschen, die ihren Ursprung nicht im Menschen selbst, sondern in Gott haben soll?
Re: Seele
Ich kenne den Begriff Gottesfunken aus der Seelenlehre des Meister Eckart!taddeo hat geschrieben:Vielleicht sowas, wie es in Schillers "Ode an die Freude" angesprochen ist? "Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium"?Gamaliel hat geschrieben:Was sollen denn ein "Gottesfunken" überhaupt sein? Was "leistet" der im Menschen?Pilgerer hat geschrieben:Gibt es zusätzlich zu Seele und Geist so etwas wie einen Gottesfunken oder ist dies eine nichtchristliche Theorie?
Also letztlich eine Art Gemütsregung im Menschen, die ihren Ursprung nicht im Menschen selbst, sondern in Gott haben soll?
Daraus:
Für die Seele kennt Meister Eckhart viele Metaphern. Er nennt sie „Licht“, „Funken“, „Tropfen“, „Strahl der Herrlichkeit Gottes“ oder „Burg“. Für Menschen ist die Seele eine unbezwingbare „Festung“, Gott aber kann in die Seele eindringen, als Lichtstrahl oder als Funke, so wie das Sonnenlicht durch jede kleinste Ritze einer Festungsmauer hindurchscheint. Und dies ist nicht nur notwendig so, sondern auch wünschenswert, denn nur der Anteil der Seele am göttlichen Glanz eröffnet dem Menschen den Zugang zu Gott.
Re: Seele
Ich möchte lieber nicht raten, denn da gibt es einige Möglichkeiten, wie z.B. ein Blick ins "Grimmsche Wörterbuch" zeigt (Stichwörter: "Götterfunke(n)" und "Funke"). Zielführender ist es, wenn "Pilgerer" präzisiert was er unter dem von ihm gebrauchten Begriff versteht.taddeo hat geschrieben:Vielleicht sowas, wie es in Schillers "Ode an die Freude" angesprochen ist? "Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium"?Gamaliel hat geschrieben:Was sollen denn ein "Gottesfunken" überhaupt sein? Was "leistet" der im Menschen?Pilgerer hat geschrieben:Gibt es zusätzlich zu Seele und Geist so etwas wie einen Gottesfunken oder ist dies eine nichtchristliche Theorie?
Also letztlich eine Art Gemütsregung im Menschen, die ihren Ursprung nicht im Menschen selbst, sondern in Gott haben soll?
Ansonsten ist in der Theologie und Mystik - Raphaels Hinweis ging bereits in diese Richtung - vom "Seelenfunken" die Rede. Auch dem hl. Thomas ist er unter dem Begriff "scintilla animae" bekannt. Einen schönen Beitrag dazu gibt es online hier: "Das Seelenfünklein in der deutschen Mystik" (pdf-Datei)
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Re: Seele
Diese Frage bedarf m. E. einer eingehenderen Untersuchung „sub specie æternitatis“. Hoffe, gelegentlich dazu zu kommen.Gamaliel hat geschrieben:Ganz genau.Sempre hat geschrieben:Das persönliche Gericht ist aber doch vorher, ohne Leib!?
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Re: Seele
Das ist falsch (und geht in Richtung Monophysitismus). Die Person Jesu Christi ist natürlich nur eine, aber sie ist immer Gott und Mensch.Francisco Suarez hat geschrieben:… es katholische Lehre ist, dass es in Christus zwar zwei Naturen, aber nur EINE Person gibt, nämlich die des göttlichen Logos.
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Re: Seele
Dann habe ich ja doch nicht vergeblich Ott zitiert. Oder sitzt du dem selben Missverständnis auf?Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das ist falsch (und geht in Richtung Monophysitismus). Die Person Jesu Christi ist natürlich nur eine, aber sie ist immer Gott und Mensch.Francisco Suarez hat geschrieben:… es katholische Lehre ist, dass es in Christus zwar zwei Naturen, aber nur EINE Person gibt, nämlich die des göttlichen Logos.
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Re: Seele
In der Tat. (Genau dieselbe Debatte hatten wir hier vor Jahren schon einmal. Schlummert in den Tiefen des Forums. Ghiaccio war’s wohl, mit welchem ich damals stritt. (Falls einer suchen will.)ChrisCross hat geschrieben:Dann war "nämlich die des göttlichen Logos" für mich etwas missverständlich formuliert.
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Re: Seele
Mißverstanden habe ich sicher nichts. Allenfalls hat Francisco sich verquer ausgedrückt. (Angesichts des Kontexts liegt das allerdings nicht sehr nahe.)ChrisCross hat geschrieben:Dann habe ich ja doch nicht vergeblich Ott zitiert. Oder sitzt du dem selben Missverständnis auf?Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das ist falsch (und geht in Richtung Monophysitismus). Die Person Jesu Christi ist natürlich nur eine, aber sie ist immer Gott und Mensch.Francisco Suarez hat geschrieben:… es katholische Lehre ist, dass es in Christus zwar zwei Naturen, aber nur EINE Person gibt, nämlich die des göttlichen Logos.
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Re: Seele
Du meinst die vernunftbegabte Geistseele des Menschen. Das ist nicht alles, was „Seele“ heißt.Raphael hat geschrieben:Die Seele hat eine geistige Struktur!Pilgerer hat geschrieben:Wie ist aus katholischer Sicht die Seele vom Geist zu unterscheiden?
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Re: Seele
Er hat auch nicht gesagt, daß das Synonyme seien. Νοῦς heißt auch nicht „Geist“. Daß er aber von der vernunftbegabten (νοητική) Geistseele des Menschen rede, hat er vorher gesagt.Kirchenjahr hat geschrieben:Bist Du Dir da ganz sicher? Es wäre mir neu, dass Seele (psyché - yuc») und Geist (noàj – nous) Synonyme sind.Sempre hat geschrieben:Um Deine Frage konkret zu beantworten: Die Seele ist gar nicht vom Geist zu unterscheiden, sie ist der Geist, der rein geistige Anteil der menschlichen Natur.
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Re: Seele
Das würde ich in einem gesonderten Meister-Eckhard-Strang erörtern.Gamaliel hat geschrieben:Was sollen denn ein "Gottesfunken" überhaupt sein? Was "leistet" der im Menschen?
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Re: Seele
Ah! hat ihn schon. Genau.Raphael hat geschrieben:Ich kenne den Begriff Gottesfunken aus der Seelenlehre des Meister Eckart!
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Re: Seele
Weil die Thematik hier auch früher schon erörtert wurde, zitiere ich mich mal wieder selber:
Ferner:
Auch hier: http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php? ... 56#p111756Robert Ketelhohn hat geschrieben:Heiße zwar nicht Matthias, doch eine Seele haben Tiere sicher. Das vegetative Prinzip dagegen, das die Pflanzen wachsen macht, ist mit dem Begriff der Seele wohl kaum recht beschrieben. Und wir Menschen haben nicht Geist und Seele, sondern eine vernunftbegabte Geistseele. – Hier noch – nach kühnem Griff in die Mottenkiste –, was ich hier vor Zeiten mal zum Thema schrieb:Geronimo hat geschrieben:»Mathias, glaubst du, daß Tiere eine Seele haben?«Ketelhohn hat geschrieben:1. Die Seele ist die Form des Leibes. Sie ist, was den Leib leben macht.
2. Jede Seele eines Menschen wird bei dessen leiblicher Zeugung durch seine Eltern von Gott erschaffen: einzigartig und individuell.
3. Sie ist vernunftbegabte Geistseele, erschaffen als Abbild Gottes; dies unterscheidet sie von der vernunftlosen Tierseele und der rein vegetativen Lebensfunktion der Pflanzen, welche sie umfaßt und übersteigt.
4. Der Mensch „ist“ also immer Leib und Seele.
5. Im Tode des Leibes wird die Seele vorübergehend vom Leib getrennt. Doch nur die konkrete Materie zerfällt, nicht aber ihre Form, die Seele: Sie lebt weiter und wartet der Auferstehung.
6. In der allgemeinen Auferstehung am Ende der Zeiten, wenn der Herr wiederkommt, erhalten die Seelen ihren materiellen Leib zurück.
7. Dies brauchen nicht dieselben Atome und Moleküle zu sein wie einst; ohnehin unterliegen sie ja schon während des irdisch-leiblichen Lebens stetem Wandel. Wohl aber wird es ebensolche Materie sein. Ihr gebietet die Seele, die niemals aufgehört hat, jenes individuellen Leibes Form zu sein.
8. Der Leib wird also derselbe sein wie einst; jedoch nach dem Maß der Seele: die reine, geheiligte Seele wird einen ebenso reinen, heilen, verklärten Auferstehungsleib erhalten: Heißt es doch, daß wir zur Unverweslichkeit auferstehen werden.
9. Für die Verworfenen gilt im Grund dasselbe. Nach dem Maß der Verfinsterung ihrer Seele wird auch der Leib unheil sein in alle Ewigkeit.
Ferner:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die Antwort befriedigt mich noch nicht ganz, Roman, denn sie tendiert zum Traduzianismus. – Klar ist zunächst, daß Vorstellungen von einer Präexistenz der Seele – wie sie in kirchlichem Kontext insbesondere Origenes vertreten hat – von der Kirche einhellig zurückgewiesen wurden. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Einheit des Menschen in seiner leiblichen und seelischen Natur würde aufgehoben. Seelenwanderung würde denkbar, ja konsequenterweise anzunehmen sein. Die Auferstehung des Fleisches würde unplausibel, die Auferstehung Christi im Leib unnötig.Nietenolaf hat geschrieben:»Ich versuche mal folgende Antwort.
Werden unsere Körper geboren? Die Antwort: ja. Aber: werden sie auch von Gott geschaffen? Auch hier ist die Antwort: ja. Dazu ein paar Zeugnisse:
[…]
Damit ist jeder Leib gleichzeitig eine neue Schöpfung. Was die Seele betrifft, so würde ich diese nicht vom Leib trennen: ohne Seele ist der Leib kein Mensch, und ohne Leib ist die Seele kein Mensch; Mensch ist nur komplett mit Leib und Seele. Daß der Leib gleichzeitig eine neue Schöpfung ist, sieht man am Beispiel Jesu Christi: ohne Samen hätte Dieser ja, wäre der Leib nur geboren, nur einen einfachen Chromosomensatz, was natürlich Unsinn ist... und die Seele dementsprechend.
Der anfängliche Segen "wachset und mehret euch" bezieht sich also nicht nur auf den Leib, sondern auch auf die Seele. Das heißt: die Seele eines Menschen ist genauso Kind ihrer Eltern. So löst sich auch die Frage nach der Übertragung der Ursünde: das Material, aus dem Gott einen neuen Menschen formt, ist "unrein". Gleichzeitig ist jede einzelne Seele eine neue Manifestation des "Bildes und der Ähnlichkeit" […] Gottes und damit unikal und Dessen unmittelbare Schöpfung. Bleibt zu klären, inwieweit das noch "ex nihilo" ist.«
Hinsichtlich des Generationismus oder Traduzianismus sind die kirchlichen Äußerungen weniger eindeutig. Die lateinische Kirche weist das immerhin deutlich zurück, wenngleich es sich hier eher um Aussagen des ordentlichen Lehramts handelt, nicht um Lehrentscheidungen höchster Autorität wie im Falle der Präexistenzlehre. Der kirchliche Osten scheint sich hierzu weniger klar, ja überhaupt kaum zu äußern. Ich finde zwar eindeutige Ablehnung des Traduzianismus bei Ephräm dem Syrer, sonst aber in den mir vorliegenden Quellen rein gar nichts. Das deutet zunächst darauf hin, daß der Osten die Frage insgesamt kaum beachtet hat. Vielleicht übersehe ich auch etwas, für Hinweise wäre ich dankbar.
Ist der Traduzianismus nun aber theologisch unproblematisch? – Ich sehe folgende Schwierigkeit: Wenn die menschliche Seele mit dem Leib durch elterliche Zeugung „entsteht“ – ungeachtet, daß Gott auch dabei natürlich erschafft, wie ja auch beim Leib –, dann besteht die Gefahr, daß wir sie zur Funktion des Leibes machen, anstatt daß wir sie – wie es die scholastische Tradition im Anschluß an die alten Philosophen nennt – als Form des Leibes ansehen.
Dies bedeutete, daß die Seele, die durch die Entstehung des Leibes ins Dasein träte, durch den Untergang des Leibes, also den Tod, auch wieder aus dem Dasein verschwände. Das ist so etwa die protestantische Lehrmeinung im Anschluß an Luther (wiewohl auch die Protestanten inkonsequenterweise am Gebet für die Toten festhalten, wenigstens das Volk). Wenn es also wahr ist, daß die Seele nach dem Tode weiterlebt (und nicht erst bei der Auferstehung am Jüngsten Tag gleichsam neu geschaffen wird), wenn das Gebet der Kirche für ihre Toten einen guten Sinn hat, ebenso die Anrufung der Heiligen um Fürsprache, dann kann die Seele keine einfache Ableitung des Leibes sein.
Auch umgekehrt ist der Leib natürlich keine bloße Gestaltwerdung individuell neu erschaffener Seelen. Er stammt von den Eltern kraft Zeugung ab und trägt sogar viele Eigenschaften der Eltern weiter, nicht bloß materielle, sondern auch geistige. Wenn wir das damit erklären wollten, daß Gott die Seelen eben jedesmal hübsch passend zum von den Eltern abstammenden Leib erschüfe, würden wir Gott zum Knecht unserer Handlungen machen. Es muß also ein Zusammenhang von Leib und Seele schon von der Zeugung her bestehen, andererseits aber die Seele als etwas von Gott nicht aus der elterlichen Materie, mithin: aus nichts Erschaffenes hinzutreten.
Läßt sich das lösen? – Ich wage einen Vorschlag, nicht mehr. Im Zusammenhang eines Gesprächs über den Bericht der Genesis über die Ursünde habe ich einmal formuliert:Sollte also der „Lehm“ – ich formuliere es hypothetisch –, aus welchem Gott den ersten Menschen schuf, in einem lebendigen Wesen bestanden haben, dann war auch dieses Wesen jedenfalls bereits beseelt, wie ja auch die Tiere beseelt sind. Sie entbehren jedoch der vernunftbegabten Geistseele. Niemand käme nun auf die Idee zu postulieren, Gott erschaffe je neu aus nichts die Tierseelen als Lebensfunktion der tierischen Leiber, oder gar die vegetativen Funktionen der Pflanzen.Robert Ketelhohn hat geschrieben:»‹Adam und Eva› waren die ersten Menschen. Dies bedeutet nicht, sie seien von einem bärtigen Greis im Buddelkasten aus Modderpampe geformt worden. Man darf den Lehm als Materie verstehen, und solche Materie kann in bereits vorhandenen Lebewesen vorliegen, in phänotypisch menschenähnlichen Primaten. Der Eingriff Gottes, der ihnen Leben einhauchte, besteht wesentlich aus der Verleihung der vernunftbegabten Geistseele.«
Könnte man also vermuten, der durch elterliche Zeugung entstandene neue Mensch verfüge bereits kraft dieser Zeugung über eine Seele, analog zur Tierseele, als Lebensfunktion seines Leibes? Und der eigentliche Schöpfungsakt Gottes, der dies Wesen erst wahrhaft zum Menschen mache, bestehe in einer – sagen wir: – Wandlung dieser Seele zu einer vernunftbegabten Geistseele nach Seinem Bilde?
Die These wirft wiederum Probleme auf. So müssen wir uns hüten, zu einer Dreiteilung in Leib, Seele und Geist zu gelangen. Andererseits stellt sich die Frage, inwieweit bei einer solchen „Wandlung“ noch von einer Schöpfung „aus nichts“ gesprochen werden kann. Man könnte vielleicht sagen, daß Gott zwar vorhandene Substanz nimmt, diese auch nicht einfach ersetzt, daß Er aber doch das, was diese vorhandene Seelensubstanz zur Menschenseele macht, aus nichts ins Dasein ruft: geistig-vernunftbegabt, das heißt: nach Seinem Bild, nicht aus Vorhandenem.
Die disparate Lage Augustins, der sich nicht imstande sah zu erklären, wie die Lehre von der je neuen Erschaffung der menschlichen Seelen mit derjenigen von der Fortpflanzung der Ursünde durch Zeugung vereinbar sei, wiewohl er beides festhielt, würde durch oben skizzierte These jedoch gelöst. Die Beschädigung der menschlichen Natur an Leib und Seele erklärte sich als durch die Zeugung weitergegeben. Eine Seele, die die Makel der Erbsünde trüge, stammte bereits aus dem elterlichen Zeugungsakt. Die aus nichts von Gott gegebene Vernunftbegabung wäre frei von solcher Makel, höbe aber die nicht nur dem Leib, sondern auch der Seele bereits anhaftende Makel nicht auf.
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Re: Seele
Danke, das fasst die Unterschiede gut zusammen. Ist der Geist der eigentliche Verstand des Menschen und in welchem Verhältnis steht er zum Gehirn oder evtl. zur seelischen Ebene des Verstandes?Gamaliel hat geschrieben:Die menschliche Seele setzt verschiedene Tätigkeiten, z.B. erkennen, wollen,... Diese Tätigkeiten gehen von unterschiedlichen "Seelenvermögen" der einen menschlichen Seele aus. Das geistige Erkenntnisvermögen entfaltet sich z.B. gemäß dem hl. Thomas von Aquin in dreifacher Weise, nämlich als Verstand, Vernunft und intellektuelles Gedächtnis. Das geistige Strebevermögen nennt man "Wille".Pilgerer hat geschrieben:Wie ist aus katholischer Sicht die Seele vom Geist zu unterscheiden?
Wenn du Seele und Geist gegenüberstellst, dann kann "Geist" unterschiedliche Bedeutungen haben, sodaß sich die Begriffe auf verschiedene Weise unterscheiden:
Der Ausdruck kann z.B. das geistige Erkenntnis- & Strebevermögen der Seele meinen. Durch beide Vermögen, also "das Geistige" oder "den Geist" unterscheidet sich der Mensch wesentlich vom Tier, worauf auch Sempre schon hingewiesen hat.
Der Ausdruck kann sich auch nur auf das geistige Erkenntnisvermögen allein beziehen oder sich innerhalb dessen nur auf die mehr intuitive Fähigkeit (νοῦς bzw. intellectus). Die deutsche Übersetzung dafür ist nicht einheitlich, ich verwende dafür "Verstand", andere nehmen "Vernunft". Je nachdem bleibt der andere Begriff dann für die diskursive Fähigkeit (λόγος bzw. ratio).
Wo waren die Seelen der Gestorbenen in der vorchristlichen Zeit? Waren sie mausetot oder irgendwie halb lebendig?
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Re: Seele
Pilgerer hat geschrieben:Ist der Geist der eigentliche Verstand des Menschen und in welchem Verhältnis steht er zum Gehirn oder evtl. zur seelischen Ebene des Verstandes?
Ich habe in meinem von Dir zitierten Beitrag darzustellen versucht, daß mit dem Wort "Geist" verschiedene Inhalte bezeichnet werden können. Du müßtest näher erklären (zumindest umschreiben), was Du unter "Geist" inhaltlich verstehst, denn sonst bleiben Deine Fragen im Unklaren.
1. Fragen der Eschatologie sind in diesem Thread eigentlich nicht das Thema. Hier geht es um (philosophische) Anthropologie.Pilgerer hat geschrieben:Wo waren die Seelen der Gestorbenen in der vorchristlichen Zeit? Waren sie mausetot oder irgendwie halb lebendig?
2. Die Seelen der Verstorbenen waren entweder im "limbus patrum" (die Gerechten) oder in der Hölle (die Verdammten).
(Weiteres dazu an geeigneter Stelle. Probiere mal die Suchfunktion des Forums.)
Re: Seele
Nein, ich meinte, daß die Seele aus dem Geist geformt ist, so wie nach alter scholastischer Definition der Leib aus der Seele geformt wird.Robert Ketelhohn hat geschrieben:Du meinst die vernunftbegabte Geistseele des Menschen. Das ist nicht alles, was „Seele“ heißt.Raphael hat geschrieben:Die Seele hat eine geistige Struktur!Pilgerer hat geschrieben:Wie ist aus katholischer Sicht die Seele vom Geist zu unterscheiden?
Metaphorisch gesprochen: Der Geist haucht der Seele seine Fähigkeiten (Vernunft, Gedächtnis, Wille) ein und die Seele wird dadurch befähigt, den Leib zum Leben zu erwecken.
Die Seele jedoch ist als Individuum zu verstehen und "speichert" alles, was dem Menschen Personalität verleiht. Die Einhauchung des Geistes verleiht der menschlichen Seele auch das Vermögen der Gotteserkenntnis.
Re: Seele
Mir geht es hauptsächlich darum, ob der Geist eine eigene Substanz/Einheit innerhalb des Menschen ist oder ob er nur eine besondere Funktion der Seele bezeichnet, die man als "Geist" interpretieren kann, aber kein eigenes "Etwas" ist.Gamaliel hat geschrieben:Pilgerer hat geschrieben:Ist der Geist der eigentliche Verstand des Menschen und in welchem Verhältnis steht er zum Gehirn oder evtl. zur seelischen Ebene des Verstandes?
Ich habe in meinem von Dir zitierten Beitrag darzustellen versucht, daß mit dem Wort "Geist" verschiedene Inhalte bezeichnet werden können. Du müßtest näher erklären (zumindest umschreiben), was Du unter "Geist" inhaltlich verstehst, denn sonst bleiben Deine Fragen im Unklaren.
Die Frage des Gottesfunken ist, ob der Mensch zu 100% ein Geschöpf Gottes ist, oder ob er zu einem geringen - aber entscheidenden Anteil - etwas Göttliches in den Menschen ist, das sie zu Mitschöpfern macht. Dieser Punkt ist sehr wichtig, denn es geht um das Verhältnis Gottes zu den Menschen.
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Re: Seele
Die Scholastik geht - nach meinem laienhaften Wissen - von einem unüberwindbaren Abgrund zwischen Gott dem Schöpfer und dem Geschöpf Mensch aus.Pilgerer hat geschrieben:Mir geht es hauptsächlich darum, ob der Geist eine eigene Substanz/Einheit innerhalb des Menschen ist oder ob er nur eine besondere Funktion der Seele bezeichnet, die man als "Geist" interpretieren kann, aber kein eigenes "Etwas" ist.Gamaliel hat geschrieben:Pilgerer hat geschrieben:Ist der Geist der eigentliche Verstand des Menschen und in welchem Verhältnis steht er zum Gehirn oder evtl. zur seelischen Ebene des Verstandes?
Ich habe in meinem von Dir zitierten Beitrag darzustellen versucht, daß mit dem Wort "Geist" verschiedene Inhalte bezeichnet werden können. Du müßtest näher erklären (zumindest umschreiben), was Du unter "Geist" inhaltlich verstehst, denn sonst bleiben Deine Fragen im Unklaren.
Die Frage des Gottesfunken ist, ob der Mensch zu 100% ein Geschöpf Gottes ist, oder ob er zu einem geringen - aber entscheidenden Anteil - etwas Göttliches in den Menschen ist, das sie zu Mitschöpfern macht. Dieser Punkt ist sehr wichtig, denn es geht um das Verhältnis Gottes zu den Menschen.
Wenn dieser Abgrund jedoch in einem strengen Sinne unüberwindbar ist, dann ist der Mensch nicht mehr aus eigenem Vermögen zur Erkenntnis Gottes fähig, denn: Wie sollte er denn den unüberwindbaren Abgrund überwinden?
Die Lehre vom Gottesfunken - oder in der Terminologie von Meister Eckart genauer gesagt: dem Seelengrund - erklärt nun diesen Seelengrund im Menschen zu etwas ungeschaffenen Geschaffenem. Dies ist kein Teil der Seele, sondern gleichsam das Wesen der Seele mithilfe dessen dieser unüberwindbare Abgrund dann doch überwunden werden kann; und dies eben alleine von der Seite des Menschen aus, ohne göttliches Zutun.
Somit begegnet der Mensch seinem Schöpfer, dem einen und dreifaltigen Gott, in sich selber!
Die Implikationen dieser theologischen Überlegungen darfst Du dir dann selber denken ...............
Zuletzt geändert von Raphael am Samstag 4. Februar 2012, 20:04, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Seele
Wie verbindlich ist die Scholastik in diesem Punkt für die katholische Lehre?Raphael hat geschrieben:Die Scholastik geht - nach meinem laienhaften Wissen - von einem unüberwindbaren Abgrund zwischen Gott dem Schöpfer und dem Geschöpf Mensch aus.
Wenn dieser Abgrund jedoch in einem strengen Sinne unüberwindbar ist, dann ist der Mensch nicht mehr aus eigenem Vermögen zur Erkenntnis Gottes fähig, denn: Wie sollte er denn den unüberwindbaren Abgrund überwinden?
Es stellt sich bei der Erschaffung des Menschen die Frage, wie der Mensch überhaupt nach dem Bild Gottes geschaffen werden kann, wenn Gott nur der Unendliche, Ewige etc. ist. Wie kann Gott das Vor-Bildnis der Menschen sein?
Würde das nicht bedeuten, dass die Seele, deren Wesen der Gottesfunken ist, auf denselben zusammen schrumpft? Sie wäre dann nicht mehr deckungsgleich mit den Organen des menschlichen Körpers. Wo steht die Kirche nun zwischen Meister Eckart und der Scholastik?Raphael hat geschrieben:Die Lehre vom Gottesfunken - oder in der Terminologie von Meister Eckart genauer gesagt: dem Seelengrund - erklärt nun diesen Seelengrund im Menschen zu etwas ungeschaffenen Geschaffenem. Dies ist kein Teil der Seele, sondern gleichsam das Wesen der Seele mithilfe dessen dieser unüberwindbare Abgrund dann doch überwunden werden kann; und dies eben alleine von der Seite des Menschen aus, ohne göttliche Zutun.
Die jüdische Perspektive auf den Menschen ist, dass Körper und Seele eine Einheit bilden und das Herz zum Beispiel eine seelische (oder gar geistige) Rolle übernimmt.
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Re: Seele
Wenn ich das recht überblicke, dann wird die katholische Dogmatik ohne die scholastischen Distinktionen unverstehbar; mithin ist sie ein conditio sine qua non.Pilgerer hat geschrieben:Wie verbindlich ist die Scholastik in diesem Punkt für die katholische Lehre?Raphael hat geschrieben:Die Scholastik geht - nach meinem laienhaften Wissen - von einem unüberwindbaren Abgrund zwischen Gott dem Schöpfer und dem Geschöpf Mensch aus.
Wenn dieser Abgrund jedoch in einem strengen Sinne unüberwindbar ist, dann ist der Mensch nicht mehr aus eigenem Vermögen zur Erkenntnis Gottes fähig, denn: Wie sollte er denn den unüberwindbaren Abgrund überwinden?
Das Vorbild des Menschen im strengen Sinne ist Jesus Christus, der bekanntlich lehrte:Pilgerer hat geschrieben:Es stellt sich bei der Erschaffung des Menschen die Frage, wie der Mensch überhaupt nach dem Bild Gottes geschaffen werden kann, wenn Gott nur der Unendliche, Ewige etc. ist. Wie kann Gott das Vor-Bildnis der Menschen sein?
Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
(Mt 25, 40)
In der Schöpfungsgeschichte heißt es nun aber, daß Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf. Das heißt nun nicht, daß Gott das eine und einzige Vorbild ist, sondern sich zunächst ein individuelles Bild macht und daraufhin jeden einzelnen Menschen einzeln schuf. Jeder Mensch ist dann über diese Bildhaftigkeit in der Lage, eine Beziehung zu seinem einen und dreifaltigen Schöpfer aufzubauen.
Ganz kurz und knapp gesagt: Christen sollen sich Christus verähnlichen! AFAIK kennt die Orthodoxie diesen Weg unter dem Begriff Theosis, der in der Westkirche eher ungebräuchlich ist.
Die ganze eckart'sche Seelenlehre darf man sich nicht räumlich vorstellen, sondern sie ist nur ortlos zu verstehen. Die Seele als Form des Körpers ist ja auch nicht speziell im Arm, Bein oder Gehirn des Menschen zu lokalisieren.Pilgerer hat geschrieben:Würde das nicht bedeuten, dass die Seele, deren Wesen der Gottesfunken ist, auf denselben zusammen schrumpft? Sie wäre dann nicht mehr deckungsgleich mit den Organen des menschlichen Körpers. Wo steht die Kirche nun zwischen Meister Eckart und der Scholastik?Raphael hat geschrieben:Die Lehre vom Gottesfunken - oder in der Terminologie von Meister Eckart genauer gesagt: dem Seelengrund - erklärt nun diesen Seelengrund im Menschen zu etwas ungeschaffenen Geschaffenem. Dies ist kein Teil der Seele, sondern gleichsam das Wesen der Seele mithilfe dessen dieser unüberwindbare Abgrund dann doch überwunden werden kann; und dies eben alleine von der Seite des Menschen aus, ohne göttliche Zutun.
Die jüdische Perspektive auf den Menschen ist, dass Körper und Seele eine Einheit bilden und das Herz zum Beispiel eine seelische (oder gar geistige) Rolle übernimmt.
Der Seelengrund ist auch kein Teil der Seele, sondern ihr Innerstes.
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Re: Seele
Vielleich hilft das ja zum Verständnis weiter.Bibliothek der Kirchenväter, Einleitung zu Augustinus I, Seite XXIX f, hat geschrieben:Zwar hören wir von "Geist" und Seele", ohne daß die Ausdrücke identisch wären, aber sie bezeichnen nicht zwei verschiedene Kraftquellen, sondern die eine Seele nach ihrer intellektuellen respektive vegetativ-sensitiven Seite.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1
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Re: Seele
Beinhaltet die "intellektuelle" Seite sowohl die mathematisch-logischen Fähigkeiten der Menschen als auch ihre Fähigkeit zur Weisheit?ChrisCross hat geschrieben:Vielleich hilft das ja zum Verständnis weiter.Bibliothek der Kirchenväter, Einleitung zu Augustinus I, Seite XXIX f, hat geschrieben:Zwar hören wir von "Geist" und Seele", ohne daß die Ausdrücke identisch wären, aber sie bezeichnen nicht zwei verschiedene Kraftquellen, sondern die eine Seele nach ihrer intellektuellen respektive vegetativ-sensitiven Seite.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)
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Re: Seele
Guten Abend, darf ich Fragen stellen? Ich bin keine Theologin, nur kirchlicher Laie. Latein verstehe ich leider nicht. Mich interessiert von privat das Thema Beseelung im Zusammenhang mit Techniken der assistierten Befruchtung.
Ich habe die Suchfunktion benutzt und mir Diskussionen aus 4-5 verschiedenen Threads in Ruhe angesehen. Dadurch habe ich vorab viele Antworten auf Fragen bekommen: ich habe gelernt, dass Seele Form bedeutet und Fleisch Materie, dass es zur Beseelung Fleisch 'braucht', dass dass es katholischerseits keine präexistenten Seelen geben kann, dass Gott und nicht der Mensch die Seelen schafft, dass Seele wie Erbsünde nicht über Traduktion (Tertullian) vererbt wird, dass die geltende Lehrmeinung zur Beseelung also nicht der Generatianismus, sondern der Kreatianismus ist. Ich habe gelernt, dass man nicht wissen kann, wann zwischen Befruchtungsbeginn und Nidation (oder evtl. noch später, Thomas von Aquin) die Beseelung erfolgt und verstehe es so, dass die Kirche darüber keine festen Aussagen machen möchte, weil sie weiß, sie könnte sich irren, womit sie sich möglicherweise der Verletzung von Menschenwürde (mit-)schuldig machen würde. Außerdem habe ich gelesen (wenn auch vielleicht nicht ganz verstanden): Donum Vitae 1987, Dignitatis Personae 2008, Ansprache von Papst Benedikt XVI. anlässlich der Vollversammlung der päpstlichen Akademie für das Leben 2012.
Jetzt habe ich aber noch vier Fragen, kann ich sie hier (richtiges Unterforum?) stellen? Ich kann nicht so anspruchsvoll sein, dass alle erschöpfend beantwortet werden. Aber über den ein oder anderen Hinweis wäre ich dankbar. Wenn ich schon selbst nicht allzuviel zu geben habe, so könnte die ein oder andere meiner Fragen vielleicht dem weiteren forumsinternen Diskurs dienen.
magda
Ich habe die Suchfunktion benutzt und mir Diskussionen aus 4-5 verschiedenen Threads in Ruhe angesehen. Dadurch habe ich vorab viele Antworten auf Fragen bekommen: ich habe gelernt, dass Seele Form bedeutet und Fleisch Materie, dass es zur Beseelung Fleisch 'braucht', dass dass es katholischerseits keine präexistenten Seelen geben kann, dass Gott und nicht der Mensch die Seelen schafft, dass Seele wie Erbsünde nicht über Traduktion (Tertullian) vererbt wird, dass die geltende Lehrmeinung zur Beseelung also nicht der Generatianismus, sondern der Kreatianismus ist. Ich habe gelernt, dass man nicht wissen kann, wann zwischen Befruchtungsbeginn und Nidation (oder evtl. noch später, Thomas von Aquin) die Beseelung erfolgt und verstehe es so, dass die Kirche darüber keine festen Aussagen machen möchte, weil sie weiß, sie könnte sich irren, womit sie sich möglicherweise der Verletzung von Menschenwürde (mit-)schuldig machen würde. Außerdem habe ich gelesen (wenn auch vielleicht nicht ganz verstanden): Donum Vitae 1987, Dignitatis Personae 2008, Ansprache von Papst Benedikt XVI. anlässlich der Vollversammlung der päpstlichen Akademie für das Leben 2012.
Jetzt habe ich aber noch vier Fragen, kann ich sie hier (richtiges Unterforum?) stellen? Ich kann nicht so anspruchsvoll sein, dass alle erschöpfend beantwortet werden. Aber über den ein oder anderen Hinweis wäre ich dankbar. Wenn ich schon selbst nicht allzuviel zu geben habe, so könnte die ein oder andere meiner Fragen vielleicht dem weiteren forumsinternen Diskurs dienen.
magda
Re: Seele
Hallo magda, herzlich willkommen im Forum.
Stell' Deine Fragen ruhig, ich bin sicher, Du wirst hier auf kompetente Gesprächspartner treffen.
Stell' Deine Fragen ruhig, ich bin sicher, Du wirst hier auf kompetente Gesprächspartner treffen.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)
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Re: Seele
Vielen Dank für die Begrüßung, Hubertus. Hier die Fragen:
1. Reicht es, dass eine Seele von Gott unmittelbar geschaffen und in das Fleisch eingefügt wird oder ist für die Seelenerschaffung und/oder Beseelung auch irgendein menschliches Zutun konstitutiv? Braucht es also die menschliche Mithilfe, ich meine natürlich alles außer die Bewirkung einer Frucht (des Fleisches), und ich meine es nicht in einem traduzistischen Sinne. Anders gefragt:
Ist der Beischlaf und/oder die gegenseitige geistige liebende Hingabe der Menschen (wenn auch nicht konstitutiv für die göttliche Erschaffung einer Seele und die Beseelung, so doch dabei) assistierend nötig? Oder liegt der menschliche Beitrag 'nur' darin, für die von Gott zu beseelende Materie Sorge zu tragen?
2. Wenn Katholiken aus Achtsamkeit (damit nicht unversehens die Würde und Rechte einer Person schon am Lebensbeginn verletzt werden) einen möglichst frühen Lebensbeginn annehmen, ab wann wäre dieser frühest mögliche Lebensbeginn sinnvollerweise anzunehmen? Schon vor dem Moment, in dem das Spermium die Eizell-Hülle durchdringt? Ab Durchdringung der Eizell-Hülle? Ab Pronukleus-Stadium? Ab Verschmelzung der Erbanlagen (d.h. ab Zygoten-Stadium)? Ab erster Teilung der verschmolzenen Zelle? (Eigentlich ist damit danach gefragt, was aus katholischer Sicht vernünftigerweise unter „Verschmelzung von Ei- und Samenzelle“ zu verstehen ist. Häufig liest man auch die Begriffe „Befruchtung“, „Frucht“ oder „Empfängnis“).
3. Ich habe hier gelesen, dass ein abgetriebener Embryo über keine Geistseele verfügt, sondern zunächst nur über eine anima sensitiva, somit auch nicht als Person zu bezeichnen ist (sich deshalb auch nicht vor Gottes Gericht verantworten muss). Wäre das Lehrmeinung? Wenn ja, wie soll, kann man dann die Würde eines Embryos aus technisch assistierter Reproduktion wahren, wenn er noch keine Geistseele innehat, so auch noch nicht über personale Rechte (und Pflichten) oder gar: über Gottesebenbildlichkeit verfügt? Wo liegt mein Denkfehler?
4. Woraus leitet sich theologischerseits die Idee her, ein in seiner Würde gewahrtes und in seiner Gottesebenbildlichkeit unverletztes Kind könne nur im Beischlaf der Eltern gezeugt werden? Ist diese Idee von mir richtig wiedergegeben? Wenn ja, ist das eine naturrechtliche Argumentation?
Ich möchte mich gerne über lehramtliche Aussagen verständigen; ich lese auch gerne Privatmeinungen (wäre dann dankbar, wenn man sie als solche kenntlich macht).
magda
1. Reicht es, dass eine Seele von Gott unmittelbar geschaffen und in das Fleisch eingefügt wird oder ist für die Seelenerschaffung und/oder Beseelung auch irgendein menschliches Zutun konstitutiv? Braucht es also die menschliche Mithilfe, ich meine natürlich alles außer die Bewirkung einer Frucht (des Fleisches), und ich meine es nicht in einem traduzistischen Sinne. Anders gefragt:
Ist der Beischlaf und/oder die gegenseitige geistige liebende Hingabe der Menschen (wenn auch nicht konstitutiv für die göttliche Erschaffung einer Seele und die Beseelung, so doch dabei) assistierend nötig? Oder liegt der menschliche Beitrag 'nur' darin, für die von Gott zu beseelende Materie Sorge zu tragen?
2. Wenn Katholiken aus Achtsamkeit (damit nicht unversehens die Würde und Rechte einer Person schon am Lebensbeginn verletzt werden) einen möglichst frühen Lebensbeginn annehmen, ab wann wäre dieser frühest mögliche Lebensbeginn sinnvollerweise anzunehmen? Schon vor dem Moment, in dem das Spermium die Eizell-Hülle durchdringt? Ab Durchdringung der Eizell-Hülle? Ab Pronukleus-Stadium? Ab Verschmelzung der Erbanlagen (d.h. ab Zygoten-Stadium)? Ab erster Teilung der verschmolzenen Zelle? (Eigentlich ist damit danach gefragt, was aus katholischer Sicht vernünftigerweise unter „Verschmelzung von Ei- und Samenzelle“ zu verstehen ist. Häufig liest man auch die Begriffe „Befruchtung“, „Frucht“ oder „Empfängnis“).
3. Ich habe hier gelesen, dass ein abgetriebener Embryo über keine Geistseele verfügt, sondern zunächst nur über eine anima sensitiva, somit auch nicht als Person zu bezeichnen ist (sich deshalb auch nicht vor Gottes Gericht verantworten muss). Wäre das Lehrmeinung? Wenn ja, wie soll, kann man dann die Würde eines Embryos aus technisch assistierter Reproduktion wahren, wenn er noch keine Geistseele innehat, so auch noch nicht über personale Rechte (und Pflichten) oder gar: über Gottesebenbildlichkeit verfügt? Wo liegt mein Denkfehler?
4. Woraus leitet sich theologischerseits die Idee her, ein in seiner Würde gewahrtes und in seiner Gottesebenbildlichkeit unverletztes Kind könne nur im Beischlaf der Eltern gezeugt werden? Ist diese Idee von mir richtig wiedergegeben? Wenn ja, ist das eine naturrechtliche Argumentation?
Ich möchte mich gerne über lehramtliche Aussagen verständigen; ich lese auch gerne Privatmeinungen (wäre dann dankbar, wenn man sie als solche kenntlich macht).
magda
Re: Seele
Ein Blick in die Schöpfungsordnung belehrt den Schauenden, daß zur Weitergabe des menschlichen Lebens der Beischlaf zwischen Mann und Frau erforderlich ist.magda_lena hat geschrieben:Vielen Dank für die Begrüßung, Hubertus. Hier die Fragen:
1. Reicht es, dass eine Seele von Gott unmittelbar geschaffen und in das Fleisch eingefügt wird oder ist für die Seelenerschaffung und/oder Beseelung auch irgendein menschliches Zutun konstitutiv? Braucht es also die menschliche Mithilfe, ich meine natürlich alles außer die Bewirkung einer Frucht (des Fleisches), und ich meine es nicht in einem traduzistischen Sinne. Anders gefragt:
Ist der Beischlaf und/oder die gegenseitige geistige liebende Hingabe der Menschen (wenn auch nicht konstitutiv für die göttliche Erschaffung einer Seele und die Beseelung, so doch dabei) assistierend nötig? Oder liegt der menschliche Beitrag 'nur' darin, für die von Gott zu beseelende Materie Sorge zu tragen?
In gewisser Weise schafft also der Mensch die natürlichen Voraussetzungen dafür, daß Gott auf übernatürliche Weise eine Seele in den neu entstehenden Menschen einbeschaffen kann.
Die menschlichem Forschergeist entspringenden Versuche, menschliches Leben in der Petrischale „zu erzwingen“ sind bereits ein Verstoß gegen diese Schöpfungsordnung. Die in der Petrischale erzeugten Embryonen sind als vollwertige Menschen mit allen Rechten und Pflichten anzusehen, da ihnen bereits die Potentialität innewohnt, zu einem erwachsenen Menschen zu werden.
Für die moralische Beurteilung ist es eine Frage von minderer Bedeutung, ab welcher „Millisekunde“ die Beseelung tatsächlich von Gott vorgenommen wird.magda_lena hat geschrieben:2. Wenn Katholiken aus Achtsamkeit (damit nicht unversehens die Würde und Rechte einer Person schon am Lebensbeginn verletzt werden) einen möglichst frühen Lebensbeginn annehmen, ab wann wäre dieser frühest mögliche Lebensbeginn sinnvollerweise anzunehmen? Schon vor dem Moment, in dem das Spermium die Eizell-Hülle durchdringt? Ab Durchdringung der Eizell-Hülle? Ab Pronukleus-Stadium? Ab Verschmelzung der Erbanlagen (d.h. ab Zygoten-Stadium)? Ab erster Teilung der verschmolzenen Zelle? (Eigentlich ist damit danach gefragt, was aus katholischer Sicht vernünftigerweise unter „Verschmelzung von Ei- und Samenzelle“ zu verstehen ist. Häufig liest man auch die Begriffe „Befruchtung“, „Frucht“ oder „Empfängnis“).
Wenn Gott den Menschen hier ein gewisses Unwissen zumutet, dann hat dieses Unwissen genau den von Dir bereits angegebenen Grund: Der Mensch soll eben auf höchst achtsame Weise mit der Weitergabe des Lebens umgehen.
Vorsichtige Menschen werden diese Achtsamkeit auch unter allen Umständen walten lassen!
Daß ein abgetriebener Embryo „nur“ über eine anima sensitiva verfügen soll, ist meines Wissens nicht die offizielle Lehrmeinung der katholischen Kirche.magda_lena hat geschrieben:3. Ich habe hier gelesen, dass ein abgetriebener Embryo über keine Geistseele verfügt, sondern zunächst nur über eine anima sensitiva, somit auch nicht als Person zu bezeichnen ist (sich deshalb auch nicht vor Gottes Gericht verantworten muss). Wäre das Lehrmeinung? Wenn ja, wie soll, kann man dann die Würde eines Embryos aus technisch assistierter Reproduktion wahren, wenn er noch keine Geistseele innehat, so auch noch nicht über personale Rechte (und Pflichten) oder gar: über Gottesebenbildlichkeit verfügt? Wo liegt mein Denkfehler?
Detaillierter ist die Position der Kirche hier dargelegt: Aktuelle bioethische Fragen
Ja, es ist eine naturrechtliche Position, denn es entspricht der oben bereits dargelegten Polarität der Schöpfungsordnung:magda_lena hat geschrieben:4. Woraus leitet sich theologischerseits die Idee her, ein in seiner Würde gewahrtes und in seiner Gottesebenbildlichkeit unverletztes Kind könne nur im Beischlaf der Eltern gezeugt werden? Ist diese Idee von mir richtig wiedergegeben? Wenn ja, ist das eine naturrechtliche Argumentation?
Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.
(Gen 1, 27)
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Re: Seele
Ohne das Dokument gelesen zu haben, möchte ich nur kurz darauf verweisen, dass die spätere Beseelung eine Lehre des Thomas von Aquin (und anderer?) ist, die in Bezug auf Zwillinge etc durchaus Sinn ergibt. Natürlich hat noch lange niemand das Recht den Embryo abzutreiben, nur weil er "nur" mit der anima sensitiva begabt ist. Eine Abtreibung stellt auch dann noch immer einen schweren Verstoß gegen die Schöpfungsordnung dar, die den Embryo dafür vorsieht, eine geistbegabte Seele zu erhalten.Raphael hat geschrieben:Daß ein abgetriebener Embryo „nur“ über eine anima sensitiva verfügen soll, ist meines Wissens nicht die offizielle Lehrmeinung der katholischen Kirche.
Detaillierter ist die Position der Kirche hier dargelegt: Aktuelle bioethische Fragen
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1
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