Somit ergibt sich: Der alte Plan scheint weiterhin durch, ist jedoch in der Abfolge unterbrochen und in seiner durchgehenden Struktur zerstört.
Der Canon soll gemessen werden an der antiochenischen Struktur. Angenendt stellt "den Plan" über das Gesetz des Betens.
Der Tendenz, Bitten einzuschieben, folgt im römischen Hochgebet als zweite, noch gravierendere die der Sühne, nämlich Gott-Vater Leib und Blut seines Sohnes zu opfern für die Vergebung der Sünden der Menschen.
Angenendt stellt sich damit außerhalb der röm.-kath. Kirche, indem er den Charakter des Meßopfers als Aktualisierung und Vergegenwärtigung des Sühnopfers Christi ablehnt bzw. leugnet, wie er im weiteren noch ausführt.
Dieses Bild [das des Kultpriesters] ist unwiderruflich zerbrochen" - sei doch im Neuen Testament "eine kultische Vollmacht des Priesters ... zu unserem Erstaunen direkt jedenfalls nicht erwähnt". Dennoch steht bis heute im römischen Kanon weiterhin die Formulierung vom priesterlichen Opfern für die Gemeinde: "für die (Gemeinde) wir (Priester) opfern (pro quibus tibi offerimus)". Wer also den römischen Kanon betet, verstößt schon gegen "Mediator Dei", erst recht gegen die Gottesvolk-Theologie des Zweiten Vatikanums.
Ohne Worte.
Die Veränderungen, wie sie sich im römischen Hochgebet zeigen, kann man mit Jungmann als typisch für den Übergang von der Eucharistie zur Messe bezeichnen, und hierin liegt der Schlüssel zum Verständnis des nachfolgenden Meßwesens.
In dieser Tendenz liegt die Umbenennung der hl. Messe in Eucharistiefeier, wie sie derzeit in vielen Pfarrgemeinden zu beobachten ist. Die Saat des Antichristen geht auf..
Bezeichnend ist dafür die in der Spätantike aufgekommene Bezeichnung "Messe", die von dem bei der Entlassung (missa) erteilten Schlußsegen herrührt.
Kann nicht vom Schlußssegen herrühren, den
missa als terminus technicus existierte lange bevor es einen am Altar gespendeten Schlußsegen gab. Ein Liturgiewissenschaftler müßte es eigentlich besser wissen (auf Differenzierung kann hier verzichtet werden; nur soviel: im gallischen Bereich wurde der bischöfliche Segen vor der Kommunion gespendet; im römischen Bereich war der Segen
in via üblich.)
Weil es jetzt primär um den Segen Gottes geht,
Um was ging es denn vorher?
Hier findet sich die Kritik am Canon auf den Punkt gebracht:
die Verstärkung des Bitt- und Sühnecharakters, dazu die Dominanz des Opferpriesters.
und kulminiert in diesen beiden Sätzen:
Wir sehen: Im Vergleich mit der frühen Liturgietradition und speziell der gallikanischen wie auch teilweise der östlichen bewahrte die römische Liturgie beim Hochgebet eben nicht das Ursprünglich-Alte, sondern öffnete sich zeittypischen Tendenzen. Somit ist es gerade das römische Hochgebet, das die alte Form aufgegeben und sich dadurch erheblich verändert hat, so daß es nicht Zeuge einer organischen Fortentwicklung ist, sondern einen Bruch aufweist.
Die Kelchkommunion, die der tridentinische Ritus nicht mehr zuließ, wurde einmal für so wichtig genommen, daß Papst Leo der Große († 461) den Verzicht darauf als häretisch bezeichnete.
Der Verzicht, die Ablehnung des Kelches, genauer gesagt der Darbringung des Weines und der Empfang des hl. Blutes, war Ausdruck einer häretischen Gesinnung; aber doch nicht per se.
Hier sehen wir, was A. will:
Die Hervorhebung der Sühnewirkung des Meßopfers (die an sich gar nicht zu bestreiten ist) hat gegenüber der Mahlfeier ein solches Übergewicht erhalten,
Es ist die allgemein-religiöse Sehnsucht nach dem Ewigen: "Wie im Anfang so auch jetzt und in Ewigkeit." Aus diesem Verlangen heraus rührt die in aller Religion zu beobachtende Auffassung, auch der Ritus müsse "ewig" sein: Man braucht ihn nicht zu verstehen, sondern muß sich nur sicher sein, daß er "immer" in Geltung war.
Genau so ist es. Wir wollen nicht Paul VI. oder einem Annibale Bunigni folgen, sondern dem, was uns die Väter überliefert haben.
Zweifellos ist das Empfinden des Ewigen für die Liturgie als ein mächtiger religionspsychologischer Faktor einzuschätzen, so mächtig, daß daraus Kirchenspaltungen hervorgehen konnten, wie es jetzt auch wieder droht und was zu beheben alle Anstrengung wert ist.
Auf die Barrikaden, Brüder: Nieder mit der alten Messe, hinfort, hinfort!
In diesem Sinn kann man sich mancherlei an der gängig gewordenen Praxis der neuen Liturgie verbessert wünschen. Etwa, daß der Eröffnungsteil oft unbefriedigend bleibt und zum Beispiel bei der Adressierung von Gott-Vater zu Gott-Sohn hin und her springt.
Nunja, die Adressierung an die hll. Dreifaltigkeit und an den Hl. Geist alleine ist ja schon beseitigt. Muß jetzt, Christus der Herr, dran glauben?!
Vor solchen Leuten kann man nur warnen.
Ein allerletztes Wort noch zu Papst Gregor dem Großen († 604), der dem Motuproprio zufolge als der "liturgische Einheitspapst" erscheint, soll er doch angeordnet haben, "daß die in Rom gefeierte Form der heiligen Liturgie - sowohl des Meßopfers als auch des Officium Divinum - festgelegt und bewahrt werde" 49. Hier ist das Motuproprio einer im Mittelalter entstandenen Legende aufgesessen. Historisch hat Papst Gregor - wie heute in jedem Kirchenlexikon nachzulesen ist - weder das "gregorianische" Sakramentar promulgiert noch den "gregorianischen" Choral sanktioniert, noch überhaupt eine feste Liturgie vorgeschrieben. Im Gegenteil: Gregor der Große kann als der letzte Papst der "liturgischen Freiheit" gelten.
Das mag zwar stimmen, aber der letzte Satz ist Hohn und Spott auf den hl. Papst.