Clemens hat geschrieben:Ich unterrichte (noch) evang. Reli, aber auch mit kath. Schülern, da die RKK bei uns keine Lehrer stellen kann!
ChrisCross hat geschrieben: Soll ich mich den Leuten bei Psalm 2 anschliesen? Liegt es nicht viel näher, einen Psalm, der von den Juden bis ins 12 Jahrhundert messianisch und von der Kirche sowieso gesehen wurde, und der deutlich kein irdisches Königtum beschreibt, auf einen weltlichen Herrscher wie David zu beziehen? Nur weil der Psalm vielleicht bei Thronbesteigungen gesungen wurde, kann er nicht auch primär auf das Königtum Christi deuten. Und eine Übernahme des Gottkönigtums im Begriff der Zeugung zu sehen, den man aus dem Heidentum entlehnt hat, halte ich auch für äußerst gewagt. Das Volk hätte sich ja schon wundern müssen, als die Herrschaft dem König übergeben wird. Das kleine Provinzreich Israel ist wohl kaum gemeint und den Psalm nach der ersten Königsherrschaft noch zu verwenden, wäre auch lächerlich geworden. Warum soll David, in dessen Psalmen sich so viel verborgenes oder diesmal sogar offenes über Christus steht, nicht auch hier inspiriert gewesen sein. Wenn ihm immerhin der Messias als Nachfolger verheißen wurde, warum bezieht sich dann dieser Psalm nicht auf Jesus Christus?)
Psalm 2 gehört nicht zu den Davids-Psalmen. Abgesehen davon, wird von der atl. Forschung kaum ein "Davids-Psalm" als wirklich von ihm stammend anerkannt.
Ich schildere dir mal grob und aus dem hohlen Bauch, wie die wissenschaftliche Denkweise hier vorgeht:
Ein Thronbesteigungspsalm wird natürlich zuerst einmal bei Thronbesteigungen gesungen.
Später, als es solche in Juda nicht mehr gab (nach 587), wurde das gesamte jüdische Glaubensgut neu geordnet und zusammengefasst in dem, was wir als AT kennen. Dabei wurden altehrwürdige Texte (wie z.B. Ps.2) nicht aussortiert als veraltet und unbrauchbar, sondern aufbewahrt und natürlich mit einem neuen Sinn gedeutet: der neue endzeitliche König, der Messias, muss damit gemeint sein. Die Messiashoffnung ist frühestens in Texten aus der späten Königszeit sicher fassbar. Dass sie im erzählerischen Aufbau des AT schon mit der Schöpfung und dem Königtum Davids verknüpft war, ist ja nur eine spätere Rückprojektion.
Auch das Sinai-Gesetz ist offenbar erst sehr viel später (in der "Kultreform" unter Josia?) erstmals zu ernsthaftem Einfluss auf Juda gekommen. In der Frühzeit Israels war es offenbar nicht bekannt (vgl. z.B. Amnon und Absalom). Die jüdische Religion, wie wir sie aus dem AT kennen, ist überhaupt erst im Exil - also getrennt von der bisher alltäglichen Kultpraxis - so präzise ausgearbeitet worden. So wie der Monotheismus in Israel vor Josia noch nicht vorherrschend war, kann auch mit konkreteren Vorstellungen in Richtung "Gottessohnschaft" bei den Königen gerechnet werden.
Für diese Sichtweise gibt es gute geschichtswissenschaftliche Gründe. Sie ist freilich nicht mit dem klassischen Verständnis von Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift vereinbar.
Was schlägst du nun als Lösung vor?
Das ganze hört sich für mich eher nach Agnostizismus an, als nach Theologie, die den Glauben und das Wirken Gottes ernst nimmt. Eine Theologie, wie ich sie mir vorstelle, muss zunächst einmal wissen, ob ihre Religion wahr ist. Für das neue Testament, bzw für die Evangelien und Jesu Worte insbesonders haben wir beide ja schon eine gute, auf die Wahrheit der Berichte vertrauende basis gefunden. Ist nun diese Basis aber gültig und das drängt sich angesichts der Lebens der frühen Kirche, die Jesus noch persönlich kannte, und unzähliger Wunder geradezu evident auf, dann können Theorien, wie du sie oben geschildet hast, nur dem widersprechen. Sie müssen also falsch sein, wenn es auch sicher einige nützliche Ergebnisse gibt, die dem besseren Verständnis dienen.
Was aber sollen wir nun mit den Ergebnissen der heutigen Forschung tun? Wie ich schon gesagt habe, ist der größte Teil dieser Forschung eher agnostisch als christlich angehaucht. Dort liegt meines Erachtens das größte problem. Man vertraut, sowet ich das rehct mitbekomme, eher der vergleichenden Religionswissenschaft, ohne zu berücksichtigen, ob diese Religion denn nun von Gott gestiftet wurde, oder nicht. Lässt man diesen Aspekt von Anfang an außenvor, fällt es natürlich leicht, in den Übereinstimmungen und Übernahmen aus dem Heidentum ein bloß konstruierte Religion zu sehen. Zwingend ist dies allerdings nicht. Wenn wir uns an die göttliche Vorsehung erinnern, ja an Gottes Wirken überhaupt, so darf es doch nicht verwundelrich sein, wenn wir annehmen, dass dieser auch die Heiden zur Wahrheit leitet, ja ihnen gegenüber einige Funken der Wahrheit aufleuchten lässt, damit Israel sie später aufnehme und in den vollkommen wahren Glauben einbaue. Welch wunderbares Bild ergibt sich hier auch für die Kirche, die sich von Gott gestiftet als Menschen aller Völker zusammensetzt. Auf Grund einzelner Übereinstimmungen hingegen die Wahrheit der Schriften auszuschließen, geht aber als einzig möglich betrachtete Erklärung fehl.
Auch erscheint es mir so, als wolle man unter der Zielsetzung, Fehler zu entdecken, im Bibeltext so lange im Detail nach scheinbaren Widersprüchen suchen, bis man schlielßich doch noch das Haar in der Suppe findet. Dass dabei offenbar eher willkürlich vorgegangen wird, scheint ein beispiel aus meinem Lateinunterricht zu bestätigen: Ein Professor war offenbar auf einige ihm merkwürdig erscheinende Verse und Absätze der Aeneis gestoßen, diese hielt er auch wegen inhaltlicher Auffälligkeiten für Ergänzungen durch andere Redaktoren. Allein aus diesem subjektiven Empfinden, das in gewisser weise nachvollziehbar, jedoch nicht zwingend ist, entwickelte er eine Methode, die Texte der Aeneis auf solche Stellen zu untersuchen. Schließlich erklärte er einen großen Teil des Werkes für nichtvon Vergil und wurde dafür von seinen Kolegen deutlich zurückgewiesen und hat schließlich auch widerrufen. Aber nichts anderes scheint man bei diversen Bibeltexten zu tun. man sucht Stellen, die ungewöhnlich erscheinen, findet ein paar weitere und erklärt dann alles für unecht. Würde man mit der gleichen Methode Texte von mir lesen, würde mn vielleicht auf vier oder fünf Autoren stoßen, nur weil man bald so, bald so schreibt. Und wenn mal nicht alles ganz systematisch sien sollte, warum nicht: Die leute hatten keine Computer, auf denen man nocheinmal alles neu schrieben konnte oder zwischendurch einfügte. Das Einfügen verbietet sich ja größtenteils ohnehin bei Texten, die als heilig galten.
Dass es auch n der jüdischen Religion Entwicklungen gab, will ich nicht leugnen. Imerhin kam man aus dem polytheistischen Sklavenhaus Ägypten. Dass man sich mal mehr, mal weniger von dieser Vielgötterei distanzierte, fasse ich jedoch nicht so auf, als dass es der Stiftung durch Gott widersprechen würde. Wenn sich der Autor der heiligen Schriften dem heidnischen Sprachgebrauch anschließt und von Göttern statt Dämonen spricht, ist das noch kein Beweis für einen angeblichen Polytheismus. immerhin weiß das Hebräische gut zwischen seinem wahren Gott und den Götzen bzw Dämonen zu unterschieden. Schon grammatiklaisch zeigt sich dies, wenn Elohim quasi als Eigenname, der Götze aber mit dem Singular und Artikel bezeichnet wird. Der gläubige Hebräer konnte wohl doch ganz gut zwischen beidem unterscheiden, auch wenn manch einer wie Jona wohl ein zu kleines Gottesbild hatte, was der Herr aber freundlicherweise korrigierte.
Was aber spricht für die Echtheit und Irrtumslosigkeit des AT? Ich möchte mich da insbesondere in Bezug auf den Pentateuch WW's Kirchenlexikon im gleichnamigen Artikel anschließen. All diese vermeintlichen Widersprüche sind klärbar. Auf kleineren Ungereimtheiten die christliche Religion widerlegen zu wollen, hat schon der Manichäer Faustus versucht. Augustinus hat ihn widerlegt. So sollten wir besser auf das achten, was im makroskopischen bereich für Moses Autorenschaft spricht und davon ausgehend die kleinen vermeintlichen Fehler klären, statt uns auf philologische Spielereien und agnostische Religionswissenschaft zu verlassen. Zuletzt aber steht gegen die moderne Theologie Lehre der Kirche aller Zeit, ja die Worte des Messias, der nicht irren kann, selbst. Wer noch trotz all der Wunder, die die wahrheit unseres katholischen Glauben bezeugen, lieber der modernen Theologie anhängen möchte, soll das nur tun. Ich jedoch verlasse mich auf den Heiligen Geist, der die Kirche lehrt und leitet und keine Theologie auf fragwürdigen praemissen aufbaut. Betrahcten wir also lieber das Alte aus dem Neuen Testament und das Neue aus dem Alten testament wie es die Väter in Vertrauen auf den Parakleten taten. Setzen wir die Praemissen der Theologie, die sich mit der Offebarung in Übereinstimmung befinden. bei einem Gott, der nicht lügen kann und die Wahrheit ist, sollten wir im Angesicht des Widerspruchs zeitgenössischer Theologie etwas mehr Vertrauen in sein Wirken haben.