So unterschiedlich kann man das also hören. Ich habe überhaupt nicht wahrgenommen, dass die Theologin in irgendeiner Weise von einer 'idealen' Kirche gesprochen hätte oder die Zustände in Brasilien als vorbildlich hinstellt. Das Gegenteil ist ja der Fall: Sie schildert Zustände, die so schrecklich sind, dass die Besucher aus Europa das kaum glauben können. Die Priesterlosigkeit der Gemeinde ist kein anzustrebendes Ziel, sondern ein Mangel, der allerdings die Laien dazu zwingt, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Die Erfahrung in Brasilien hat allerdings bei der Studentin einen Lernprozess ausgelöst: Sie hat erlebt, dass die Theologie, die sie an der Universität treibt, tatsächlich im Alltag relevant ist, vielmehr, als das in den saturierten, von Beamten geleiteten Mittelstandsgemeinden im reichen Mitteleuropa. Die Menschen - die Christen zumal - in Brasilien müssen ihren Glauben unter ganz anderen Umständen (kirchlich, sozial, medizinisch, politisch) bewähren und bekennen.
Und das hat die Theologin inspiriert und ermutigt, auf dem Weg weitermachen. Das kommt authentisch und engagiert rüber - und gar nicht fanatisch.
Was man daran kritisierenswert finden kann, ist mir schleierhaft.
Ach so: Wahrscheinlich weil sie erstens eine Frau ist und zweitens nichts über die alte Messe sagt...
