lifestylekatholik hat geschrieben:Linus hat geschrieben:Mosebach: Häresie der Formlosigkeit (Seite 34):
[...]
(Seite 36)
Ich möchte gern zwei Dinge unterscheiden: Einerseits gibt es Lieder in den Volkssprachen schon sehr lange. Mit der Gegenreformation kam ein neuer Schub in die Sache. Das ist mehr oder minder Konsens. Das bestreitet ja niemand. Für Andachten, Wallfahrten usw. gibt es unzählige Lieder in vielen Varianten. Andererseits kenne ich aber keine frühen Quellen dafür, dass in der hl. Messe die Messtexte generell bewusst unterdrückt und unhörbar gemacht wurden, und statt dessen unspezifische vernakulare Lieder zu Gehör gebracht wurden. Nur an diesem letzten Punkt bin ich hier interessiert.
Meine Wenigkeit hat in der letzten Zeit einmal die Paderborner Gesangbücher durchgesehen. Fangen wir mal im Jahre 169 an:
„Alte Catholische Geistliche Kirchengesäng / auff die fürnemmste Feste / auch in Processionen / Creutzgängen und Kirchenfärten: Bey der H Meß / Predig / in Häusern / und auff dem Feldt zugebrauchen / sehr nützlich / sampt einem Catechismo. Durch gnedigem Consens Deß Hochwürdigen Fürsten und Herrn / Herrn Dietherichen Bischoffen des Stiffts Paderborn / etc. Außgangen. Gedruckt zu Paderborn / Bey Matthaeo Pontano M.DC.IX.“.
Das Buch hat um 13 deutsche Lieder. Erika Heitemeyer
(Quelle:
http://www.eab-paderborn.de/aus_sc.htm)
schreibt dazu:
Es handelt sich, dem Usus der Zeit entsprechend, um ein reines Gesangbuch mit 133 mehrheitlich deutschen Liedern unter Noten, noch nicht um ein Gesang- und Gebetbuch, wie es sich seit dem 17. Jahrhundert, oder um ein Gesang-, Gebet- und Tugendbuch, wie es sich seit dem 18. Jahrhundert entwickelte.
Der hochinformative Titel gibt Auskunft über Inhalt und Verwendung des Buches. Die im Titel zuletzt genannten Katechismuslieder bilden den einleitenden Abschnitt. Die folgenden Liedgruppen sind weitgehend nach dem Kirchenjahr geordnet, von Adventsliedern bis zu eschatologisch ausgerichteten Gesängen. [...]
Liturgiegeschichtlich interessant ist die ausdrückliche Nennung der Meßfeier als Verwendungsort. Neben der Nennung im Titel, die an die Liedbegleitung des Propriums denken läßt, fallen innerhalb des Liedkorpus zwei Zuweisungen von Leisen zu Teilen des Ordinariums auf: „Unter der Elevation, und bey der Communion“, ferner: „Ein Dancksagung nach der heiligen Communion...“. Hier zeigt sich ein erster Ansatz, einen Bezug des deutschen Gesangs auf den Gang der Meßfeier herzustellen, aber auch die Bewahrung der mittelalterlichen Praxis des Volkes, durch Gesänge „im Umkreis der Konsekration“ partizipierend präsent zu sein."
Auch mit diesem Buch sind wir erst bis zur Gegenreformation zurückgestoßen. Da aber schon im Titel von "Alten" Liedern die Rede ist, muß es auch vorher schon die Möglichkeit landessprachlicher Lieder in der Hl. Messe gegeben haben.
Alle weiteren Padeerborner Gesangbücher hatten ebenfalls "Singmessen" zu verschiedenen Festen und Zeiten anzubieten.
Auf, eilen liebentzündet, auch wir zum heil'gen Streit! Der Herr, der's Haus gegründet, uns ew'gen Sieg verleiht.