@ChrisCross
Danke für Deine Mühe und die ausführlichen Erklärungen! Folgendes möchte ich dazu anmerken:
ChrisCross hat geschrieben: christian12 hat geschrieben:Meine Grundfrage: Hat Jesus sich als Sohn Gottes, als Messias, als Gottmensch verstanden? Als Theologen werden wir festhalten: Ja, das hat er. Ansonsten wäre es nämlich sehr sehr problematisch, dass wir ihn heute so verstehen. Ist doch klar, oder?
Der zweite Teil der Frage ist natürlich völlig verkorkst: Wir glauben, dass er sich so verstand, damit unser Glaube nicht problematisch (andere Leute sagen "falsch") ist. Das kann ja nun wirklich nicht Sinn der Sache sein. Wenn es wirklich um einen Glauben geht, der der Wahrheit entsprcht, können wir ihm auf diese Weise nicht nachgehen, ohne uns völlig der Lächerlichkeit preis zu geben.
Gut, ich sag es anders: Wenn Jesus sich nicht als Gottmensch verstanden hat, ist unser Glaube falsch. Er entspräche dann nicht der Wahrheit, er wäre widersprüchlich, weil er sich nicht mehr auf Jesus, auf den er sich ja gerade bezieht, berufen könnte. Genau das ist die These. Und daran ist gar nichts verkorkst oder lächerlich.
ChrisCross hat geschrieben: Wie können wir nun aber vorgehen, um die Frage ohne ideologische oder willkürliche Vorentscheide zu beeinträchtigen oder zu entscheiden? Dazu ist es ganz einfach nötig, die Evangelien ernsthaft wie ein beliebieges anderes historisches Dokument zu untersuchen. Wann wurden sie verfasst und von wem? Welche Ziele werden mit ihnen verfolgt? Und so weiter. Unmöglich ist es aber bei ernsthafter Forschung zu sagen, Wunder wären unmöglich, eine Jude könne sich nicht als Gott verstehen, weil er das eben nicht kann oder jede andere Vorentscheidung für oder gegen die Wahrheit der Evangelien.
Stimme voll zu.
ChrisCross hat geschrieben:Und welche Art von Quelle finden wir nun in den Evangelien? Ganz offenbar höchst glaubwürdige Schriften: Ihre Verfasser haben nicht spät nach den berichteten Ereignissen geschrieben, die Verfasser und ihr Umfeld sind für den Inhalt im Gegensatz zu dreitsen Fälschern und Erfindern für ihren Glauben in den Tod gegangen und hatten insofern auch wegen der Verfolgung kein Interesse an der Erfindung einer solchen Geschichte.
Woher weisst Du, dass die Verfasser der neutestamentlichen Schriften (Paulus ausgenommen) für ihren Glauben in den Tod gegangen sind? Und wer sind die? Erste Hand Zeugen? Ansonsten volle Zustimmung.
ChrisCross hat geschrieben: Nicht außer Acht lassen sollte man natürlich auch, welchem Umfeld die Verfasser angehörten: Betrachten wir hierbei erst einmal die Juden unter den Evangelisten. Dabei fällt zweierlei mindestens auf: Zunächst einmal spricht es gegen jede jüdische Praxis, dass ein Jude entgegen der deutlichen Anweisung des Dekalogs lügt, wodurch schon einmal ein fimgierter Bericht allein unter diesem Gesichtspunkt unwahrscheinlicher wird.
Der Hinweis auf das Verbot der Lüge ist sehr gut! Allerdings muss das "Fingieren" eines Berichts von dahemaligen Verfassern noch lange nicht als Lüge angesehen worden sein. Ansonsten volle Zustimmung.
ChrisCross hat geschrieben: Zweitens, und das ist noch weit wichtiger, haben wir es hier mit einer Botschaft zu tun, die so unerhört und blasphemisch für einen Juden klingt, dass Leute wie Paulus die Christen aufs Übelste verfolgen und hinrichten. Es wird tatsächlich beschrieben, dass Gott Mensch wurde, ja für uns geopfert wurde, indem sein eigenes Volk ihn ans Kreuz schlagen lässt und schließlich sogar aufersteht. Wer sich als Jude so etwas wirklich ausdenken würde, wäre zunächst einmal natürlich von eben jenem Glauben abgefallen, der einen Juden ausmacht und zum anderen völlig meschugge, sich einer solchen Vefolgung um einer Lüge willen auszusetzen. Ja sogar den Heiden, die man sonst wirklich um jeden Preis nicht als gleich vor Gott ansehen will, ist man auf einmal gleichgestellt, da der alte Bund durch den neuen erstetzt wurde.
Wieder ein sehr guter Hinweis. Danke! Volle Zustimmung.
ChrisCross hat geschrieben:Eine weitere wichtige Person für den Beweis der Wahrheit der Evangelien ist sicher der Apostel Paulus. Bisher können Leute, die Christi Selbsterkenntnis seiner Göttlichkeit leugen, seinen Fall und seine radikale Umkehr nur mit wirklich abstrusen Theorien erklären. Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass ihm tatsächlich Christus erschienen ist, von dessen Göttlichkeit und Lehre er ja auch später so einiges schreibt. Häufig wird hier der Einwurf gemacht, Paulus habe ihn ja nicht gekannt und quasi ein eigenes Evangelium erfunden. Nichts ist wohl lächerlicher als das, müsste doch Christus, ja Gott selbst (denn ein Mensch kann nicht einfach so erscheinen) gerade einen solchen Mann erwählt haben, der sein gesammtes Werk in den Irrtum verkehrt. Außerdem bezeugt der Apostel, den wir sicher nicht als Lügner bezeichnen können, von sich selbst: Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe. Es komme uns also nicht in den Sinn zu behaupten, der Apostel verkünde seine eigene Botschaft. Nein, er ist vielmehr Zeuge des Evangliums, Zeuge unseres Herrn und Gotts Jesus Christus. Wäre das nicht so, hätten schon die Apostel ihm heftigst wiedersprochen und ihn aus ihren Reihen vertsoßen.
Hier regt sich bei mir am meisten Widerspruch. Dass Paulus Jesus nicht gekannt habe, heißt noch lange nicht, dass er sein Evangelium erfunden hat. Du zitierst zurecht 1 Kor 15,3. Er hat es übernommen von anderen, die schon an Jesus geglaubt haben, die ihn schon vor Paulus (vielleicht auch persönlich) kannten. Paulus ist wahrscheinlich Jesus nicht persönlich begegnet (außer in der Vision) und daher aus historisch-kritischer Perspektive nicht so interessant wie die Leute, die direkt persönlich mit Jesus zu tun hatten. Texte von denen wären im Zweifelsfall denen von Paulus vorzuziehen. Ist das nachvollziehbar?
ChrisCross hat geschrieben:Wahrscheinliche ließe sich noch so manches mehr hierzu schreiben, aber für's erste soll das erstmal reichen. Ich würde mich freuen, wenn du das Geschreibsel einmal bedenkst und mir dann eventuell Einwände oder Anmerkungen hier im Strang zukommen lässt. Nur bitte halte uns nicht mit dem Verweis auf diverse Theologen auf, die alle meinen unter der erfundenen Schicht der Evangelien nach eigenen Kriterien den wahren Jesus gefunden zu haben. Das bringt uns nicht weiter und ist allefalls lustig, da dieser erfundene Jesus irgendwie immer dem Wunsch des Verfassers und Entdekcers entspricht.
Im Prinzip hast Du recht. Allerdings wird jeder es kaum verhindern können, beim Verstehen der Schrift, eigene Kriterien (natürlich in Übereinstimmung mit kirchlicher Tradition und Lehramt) anzulegen, um zu verstehen, wer Jesus ist. Ich bin sicher unter den Christen gibt es soviele Bilder von Jesus, wie es Christen gibt. Und das ist auch ok so, bis zu dem Punkt an dem uns diese Bilder voneinander trennen.
Mir ist noch Deine Antwort auf folgende Fragen, die mir zunächst am wichtigsten wären, unklar:
- Was sind (außer Joh-Ev.) die schriftlichen Zeugnisse derjenigen, die direkt, persönlich mit Jesus zu tun hatten? Bitte mach Dir die Mühe sie aufzuzählen.
- Meinst Du, dass im Rahmen der Ergebnisse rein historisch-kritischer Untersuchungen das Selbstverständnis Jesu als Gottmensch behauptet werden kann? Wenn ja, weisst Du jemand anderen, der das auch so sieht?