Beim Betrachten der von Juergen verlinkten Sendung, den bewegenden Informationen über die mächtige, rückständige und inhumane katholische Kirche, die von kreuz.net und anderen finsteren Verschwörern zurück ins Mittelalter katapultiert würde, wenn es da nicht ein kleines aber tapferes Häuflein unentwegter Reformer und Progressiver gäbe, erinnert mich an eine Formulierung Günter Maschkes über das faschistische Autoritätssyndrom:
"Gemäß diesem ist der Feind winzig, lächerlich, dumm, historisch widerlegt, schmutzig, erbärmlich – und zugleich ungeheuer gefährlich! So werden wir behandelt. Daraus dürfen wir aber nicht schließen, daß wir wirklich gefährlich sind, sondern nur, daß der Feind die bescheidensten Ansätze mit gutem Instinkt sofort ersticken will. Zweitens aber dürfen wir daraus schließen, daß dieser Feind die höchsten Werte auf der F-Skala der Frankfurter Schule erreichen würde, nicht wir!"
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aber im Ernst, ich befürworte nicht den Weg der Cristeros und Stauffenbergs. Auf die Frage nach dem Katechonten allerdings, auf welche unser erklärter (wohl Ex-)Heide anspielte, gehe ich hier ja selbst immer wieder ein, wie vielleicht erinnerlich sein wird. Das Imperium Romanum ist weggefallen. War’s das – wie es seit zweihundert Jahren scheint –, oder gibt es einen Nachfolgekandidaten? – Wenn überhaupt, dann kommt derzeit, wie ich’s sehe, nur Rußland in Betracht. Nicht umsonst knöpfen die einschlägigen Kreise sich immer stärker Rußland und insbesondere auch die russisch-orthodoxe Kirche vor.
Zu meinem Nick kurz folgende Erklärung: Er bedeutet ja nicht einfach "Heide" in irgendeiner fremden Sprache, hier dem Arabischen, sondern vielmehr das, was der Koran (Sure 9, 28-30 und öfter) dazu erklärt. Er erklärt sich daraus, daß ich während meines Orientalistikstudiums fleißig in der Bibel wie im Koran gelesen habe, als Agnostiker und Linker mit dem Willen, mich apologetisch zu vermunitionieren, und zwar gegen das Christentum und für den Islam. Wunderbarerweise ist das genaue Gegenteil eingetreten, in die Bibel habe ich mich dabei geradezu verliebt. Und andererseits habe ich immer deutlicher erkannt, wie wenig der Koran sowohl vor einer christlichen wie auch nur vor einer aufgeklärt-humanistischen Interpretation Bestand hat. Vor allem aber wurde mir dabei immer deutlicher, wer ich bin und wer ich nicht bin. Daß ich mich nämlich als zu denen zugehörig empfinde, die er als mušrikūn verunglimpft.
Nun zum Katechon. Wer oder was ist er oder es? Ich suche angelegentlich nach den Büros, wo er seine franctireurs rekrutiert. In meiner Verzweiflung habe ich auch schon auf die USA (Bitte exkommunizieren Sie mich deshalb nicht gleich vom Kreuzgang, Herr Ketelhohn!) meine hoffnungsvollen Blicke gerichtet. Auf die USA als Führungsmacht eines dank der „revanche de dieu“ rechristianisierten ethnisch-religiös abgeschlossenen Westens, so wie sie Huntington im
Clash of Civilisations halb ersehnt halb angekündigt hat, mitsamt der antiglobalistischen „völkerrechtlichen Großeraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte“ seines ungenannten Vorbildes und Ideengebers Carl Schmitt.
Vielleicht darf man für diese allerdings sehr vage Hoffnung auch Spenglers
Untergang des Abendlandes S. 1100-1 zitieren:
Was den Nationen des 20. Jahrhunderts an alter und großer Tradition erhalten bleibt, an historischem Geformtsein, an Erfahrung, die ins Blut gedrungen ist, erhebt sich damit zu einer Macht ohne gleichen. Die schöpferische Pietät oder, um es tiefer zu fassen, ein uralter Takt aus ferner Frühzeit, der im Wollen gestaltend weiterwirkt, haftet für uns nur an Formen, die älter sind als Napoleon und die Revolution,[2] die gewachsen und nicht entworfen sind. Jeder noch so bescheidene Rest davon, der sich im Dasein irgendeiner geschlossenen Minderheit erhält, wird bald genug zu unermeßlichem Werte steigen und geschichtliche Wirkungen hervorbringen, die im Augenblick noch niemand für möglich hält.
[2 Dazu gehört also auch die amerikanische Verfassung, und dies allein erklärt die merkwürdige Ehrfurcht, welche der Amerikaner für sie empfindet, auch wo er ihre Unzulänglichkeit klar erkennt.]
Ich weiß es wirklich nicht! Vorschläge sind hochwillkommen. Vielleicht auch von gläubigen Protestanten, in deren Theologie mehr Aufmerksamkeit auf den Katechon gelegt wird.