Das Thema treibt zwar absonderliche Blüten, aber einfach als lächerlich-belanglos abtun kann ich’s doch nicht. (Obwohl ich bei diesem Thema immer an jenes Stellenangebot der Oberschlafmützen von der Caritas denken muß, mit welchem sie – ich glaube im Rheinischen Merkur – vor einigen Jahren eine »dynamische Nachtwache(in)« für irgendein Pflegeheim suchten. Von männlichen und weiblichen Knalltüten, die bierernst sogar Neutra wie das „Mitglied“ mit dem „-In“ versehen, will ich gar nicht reden.)
Also, meine Kinder sind zweifelsohne Geschwister – und dennoch wird mein Sohn weder von dem Begriff noch von dem Umstand an sich ungerecht zurückgesetzt. Brüderlichkeit kennen mindestens alle indogermanischen Sprachen seit Urzeiten, und bis vor kaum zwei Jahrzehnten war’s jedermann einsichtig, daß davon ebenso das von Natur weibliche Geschlecht umfaßt ist – ein wahrhaft inklusiver Begriff also.
Das gestelzt-verkrampfte Gerede von »Brüdern und Schwestern«, und was sonst noch alles heut’ der politischen Correctesse geschuldet wird, ist ideologisch motiviert, und bevor man sich dazu versteht, scheinbar harmlose Zugeständnisse zu machen, sollte man sich klar werden, an wessen ideologischen Stricken man da treudoof mitzottelt.
Die Brüder-Anrede Pauli aus dem Lektionar übrigens ist keineswegs dessen Zutat, sondern stammt sehr wohl aus den Briefen des Apostels selber, bloß oft nicht aus dem Vers, der dann direkt folgt, sondern steht einige Verse eher, so am Briefanfang, aber meist mehrfach an verschiedenen Stellen wiederholt. Wer da eigenmächtig Zensuren erteilt, der greift tatsächlich in den Schrifttext selber ein – ganz abgesehen davon, daß auch, was das Lektionar wirklich dem Schrifttext hinzufügt – wie das »in jenen Tagen« bei den Evangelien und der Apostelgeschichte – keineswegs der Willkür des Lektors unterliegt.
Wer nicht treu vortragen kann, was im Lektionar steht, der sollte es ganz lassen. (Ich selber habe es auch schon abgelehnt, die Lesung mit dem Philipperhymnus vorzutragen, weil ich die Fassung der Einheitsübersetzung für schwer verfehlt halte. Da kann ich in der Liturgie ja auch nicht meine eigene Übersetzung vortragen, obgleich die ungleich richtiger wäre als eure Verschwisterung der Sprache.)