Gamaliel hat geschrieben:Vorsitzender der polnischen Bischofskonferenz:
Scheidung erhöht Missbrauchsrisiko
Daraus:
Viele Missbrauchsfälle könnten „bei einer gesunden Beziehung zwischen den Eltern vermieden werden“, sagte Michalik am Dienstag der polnischen Nachrichtenagentur PAP.
[...]
„Wie viele Wunden gibt es in den Herzen der Kinder, wenn ihre Eltern getrennte Wege gehen.“ Heute spreche „niemand darüber, dass die Scheidung dem Kind großes Leid zufügt.“ Offensichtlich füge auch sexueller Missbrauch Kindern Leid zu, was niemand „vergessen“ solle, „aber es ist nicht das einzige“.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ralf hat geschrieben:Mit solchen Aussagen, die nur absolut nichts belegt sind, fügt dieser Bischof der Kirche mehr Schaden zu als dass er nützt. Und auch die Kinder werden vollkommen falsch dargestellt, weil sie ja laut dieser Aussage missbraucht werden, weil sie Zuneigung suchten(!!).
Hast du deine Sinne noch beisammen? – Erbärmlich.
Was ist erbärmlich, Ralfs Schlussfolgerung?
Was den Primas in den Fokus der Shitstormer brachte, war nicht die Feststellung, dass die Scheidung der Eltern einem Kind Leid zufüge; auch nicht, dass er dieses Leid mit dem durch sexuellen Missbrauch verursachten Leid verglichen oder gar gleichgestellt hätte (das hat er zunächst auch gar nicht), sondern gerade dieser Kausalzusammenhang, den er zwischen dem „typischen“ Verhalten von Scheidungskindern („Suche nach Liebe“) und den Verfehlungen herzustellen scheint (als deren Urheber in seinem Redekontext offenbar speziell Priester in Frage kamen). Besonders kritisiert wurde der Satz, der in der zitierten Meldung dort steht, wo bei Gamaliel die Auslassungszeichen sind:
„Wir hören oft, dass dieses unangemessene Verhalten vorkommt, wenn ein Kind nach Liebe sucht“, fügte der Bischof hinzu.
Das, was oben nach den Pünktchen kommt, gehört dann schon in einen anderen Kontext, weil Ebf. Michalik das erst nachher äußerte, als er bereits für seine erste Äußerung kritisiert wurde und sich rechtfertigen wollte.
So hatte ich die Diskussion auch in den spanischsprachigen Medien mitbekommen. Ob da Dinge verzerrt worden sind, kann ich nicht sagen, da ich kein Polnisch kann, aber die Entschuldigung und die erklärenden Anmerkungen Michaliks sprechen dafür, dass man ihn durchaus so verstehen konnte, wie Ralf das interpretiert und wie es in den Blogs kolportiert wurde.
Dabei ist nicht der Punkt, dass der Primas die Mechanismen, die Täter zu ihren Opfern ziehen, völlig richtig erkennt, wie es auch ad_hoc schildert. Wer schonmal enger mit sozial auffälligen Kindern zu tun hatte, kennt solche Folgen bei Kindern, die häufig die Bezugspersonen wechseln mussten (affektive Unausgeglichenheit, übertriebenes Kontaktbedürfnis, Distanzlosigkeit), was natürlich sehr oft mit einem zerrütteten Elternhaus und selbstverständlich auch Scheidung zu tun hat. Täter, die sich tendenziell immer die Schwächsten und am leichtesten Zugänglichen als Opfer wählen, werden durch solche Signale sicherlich ermutigt. Ich selbst musste erleben, dass Heimkinder, mit denen ich mehrere Jahre als Erzieher verbracht hatte, nach meinem Weggang aus der Gruppe durch meinen „Nachfolger“ (als einziges männliches Teammitglied) sexuell missbraucht wurden. Wobei es hier keinerlei kirchlichen Hintergrund gab (also bei mir schon, beim Täter aber nicht). So etwas ist hart zu ertragen, und das emotionale Defizit der Kinder mindert die Schuld eines solchen Täters überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Natürlich erklärt es als einer von vielen Faktoren seine Opferauswahl, aber es entschuldigt nichts.
Das hat auch der Erzbischof später klar gestellt oder klar stellen wollen, indem er gesagt hat:
Ebf. Józef Michalik hat geschrieben:Der Kontext meiner Bemerkung war dieser: Ein Kind ist immer unschuldig, aber es kann auch von seinem Umfeld verletzt worden sein.
(von mir aus dem Spanischen übersetzt aus dieser Meldung)
Nur wurde seine Bemerkung eben zunächst einmal so verstanden, als ob er die Taten (von Priestern!) in irgendeiner Weise durch eine Art „Anmache“ seitens „liebeshungriger Scheidungskinder“ relativieren wollte und die „Gesellschaft“, die so viele Scheidungen produziert, gewissermaßen mitverantwortlich macht. Wenn er auch nur im Entferntesten so verstanden werden konnte, ist die Entschuldigung und nachträgliche Klarstellung vollkommen angebracht, meine ich.