ad-fontes hat geschrieben:Ohne im Detail auf deine Fragen einzugehen, kurz zur Situation des Altkatholizismus im Deutschen Reich: Die alt-kath. Kirche ist (weltlich-)rechtlich ein sekundäres Gebilde (mit Ausnahme der Pfarreien). Die Rechte eines katholischen Bischofs (Diözesanbischofs) kommen dem alt-katholischen Bischof zu. Es bestand ein sehr starkes Interesse (auch aus dem Selbstverständnis heraus), dass er "Gleicher unter Gleichen" ist, somit der alt-katholische Bischof eben kein Bischof einer anderen Konfession ist, sondern - wie sein offizieller staatskirchenrechtlicher Titel bis heute lautet: "Katholischer Bischof der Alt-Katholiken" (das Bistum somit quasi ein Personalbistum, vergleichbar dem späteren Militärordinariat oder den neueren ex-anglikanischen Ordinariaten) und das heißt römisch-katholisch, wenn auch vom Papst exkommuniziert.Fragesteller hat geschrieben:D. h. die ersten Altkatholiken verstanden den Papst wenn auch nicht als unfehlbares Haupt der "Weltkirche", so doch als den für sie als Lateiner eigentlich zuständigen Patriarchen, von dem man sich nicht trennen könne, ohne Schismatiker zu sein, und kommemorierten ihn auch im Kanon? Ebenso die zuständigen Ortsbischöfe der "Amtskirche"? Welche Neuerungen der AKK wären aus dieser Sicht zulässig? Eigentlich doch gar keine, auch nicht die deutsche Liturgie und die Orientierung an der Orthodoxie, oder?
Auch Döllinger wollte nicht "Altar gegen Altar" stellen, bis auf einzelne Stimmen bestritt auch niemand, daß der Papst weiterhin Papst sei und alle Vat I zustimmenden Bischöfe Häretiker seien.
Diese Unentschiedenheit, zusammen mit der regen Teilnahme an der frühen "ökumenischen Bewegung" verschob den Akzent von der "Notkirche" zur "Brückenkirche" und nun zur "autonomen Ortskirche im altkirchlichen Sinn" (wobei letzteres m.E. eine Selbsttäuschung ist).
Dies ist ein wichtiger Einwand zur Frage nach der Identität des Altkatholizismus. Wie viele "autonome Ortskirchen im altkirchlichen Sinn" kann es legitimerweise an einem Ort geben? Ist der zeitlich erste Bischof der legitime Bischof? Ist die größte Gruppe auch die legitime Gruppe? Kann es im orthodoxen Sinne eine "ethnisch legitime" Gruppe sein, oder könnte es legitim sein liturgisch unterschiedliche Ortskirchen (z.B. westlich / östlich oder pre- und postvatikanisch / alt-römisch katholisch/ usw.). Was begründet die autonome Ortskirchen. Und handelt es sich bei allen anderen (legitimen) Bischöfen vor Ort um "Personalbistümer"?