Lisieux hat geschrieben:Wenn sich nun jeder Unternehmer die Freizügigkeit erlauben was er wann wo produzieren lässt, welche Dienstleistung er wem zu welchen Konditionen anbietet, warum soll auch nicht jeder europäische Bürger in die Region seiner Wahl umsiedeln dürfen und da Aussicht für ein menschenwürdiges Leben haben??
Solange sie ihren Lebensunterhalt durch legale Arbeit dort bestreiten können bzw. über entsprechende Geldmittel bzw. - quellen verfügen, um sich dort niederzulassen, ist dagegen nichts einzuwenden. Ein Zuzug ist die Sozialsysteme, nur weil in einem Land/einer Region höhere Sätze gezahlt werden, ist dagegen abzulehnen. Es würde die jeweiligen europ. Länder überfordern - jedenfalls im Augenblick und auf längere Sicht, um jetzt Deinem beliebten Argument des langfristig anzustrebenden gleichhohen Wohlstandes aller europ. Regionen vorzugreifen. Die Probleme bestehen heute und wir können nicht mögliche Verhältnisse des Jahres 22 als Lösungsmöglichkeit sehen.
Wo wolltest Du auch die Grenzen der "Hilfsbedürftigen" ziehen? Nur Europäer - dann aber bis zu chinesischen Mauer und zu den Ruinen von Ninive (auch RUS und TR gehören zu "Europa")?
Ich zitiere hier Robert Köppel in seinem neuesten Kommentar, der sich mit dem kommenden Referendum zur Masseneinwanderung in der Schweiz beschäftigt:
Es ist weltfremd, die Personenfreizügigkeit zum Nonplusultra hochzujubeln. Waren Bundesrat und Wirtschaftsverbände verrückt, als sie in den sechziger Jahren nach differenzierten Studien Obergrenzen der Migration bestimmten? Sind alle Skeptiker dumm, wenn sie den offiziellen Verlautbarungen misstrauen, es kämen nur Hochqualifizierte ins Land, die niemals arbeitslos werden? Zuwanderung im grossen Stil ist ein Problem. Die Leute spüren es.
(...)
Ein Staat ist ein rechtlicher Verbund von Menschen mit ähnlichen Interessen und Werten auf einem klar umgrenzten Territorium mit dem Ziel, den von heutigen und früheren Generationen erarbeiteten Wohlstand abzusichern und zu verteidigen.
Und weil der Staat eine wertegebundene Eigentumsordnung ist, die geschichtlich gewachsen ist, kann ein Staat nicht einfach seine Grenzen öffnen für alle, die kommen wollen. Wer dies zulässt, handelt verantwortungslos.Im Grunde ist es einfach: Die Schweiz muss wieder brauchbare Verfahren entwickeln zur verantwortungsvollen Steuerung der Zuwanderung. Die Schweiz ist kein EU-Mitglied, das sich schicksalergeben dem scheiternden Diktat offener Grenzen unterwerfen muss.
http://www.weltwoche.ch/ausgaben/214- ... 3214.html

Tja, wenn es die Schweiz nicht gäbe, könnten wir diese Gedanken wohl nicht lesen....
Lisieux hat geschrieben:
Wie stellst Du Dir diese Verwirklichung vor? Indem sich jeder Staat auf seine nationalen Hinterbeine stellt, sich hinter seine Grenzen zurück zieht, die Bürger den Kopf in den Sand stecken und sich ihrer Rolle als "Exportweltmeister" brüsten bis sie ihre Kunden in den anderen Ländern durch Austeritätspolitik zahlungsunfähig degradiert haben? Sich dann wundern dass sie ihre einmaligen Qualitätsprodukte nur noch auf Halde produziern können?
Du weist doch, daß normalerweise nur dann exportiert wird, wenn die Ware auch bezahlt wird (Vorkasse, L/C). Natürlich wird innerhalb des Euroraums diese Regel durch die Target-II-Regelungen tlw. aufgehoben; allerdings sind die deutschen Exporte in den Euroraum rückläufig und bei einigen großen Abnehmern (z.B. NL, A) bestehen auch keine Schwierigkeiten in diesem Bereich.
Im übrigen wundert es mich, daß Du auschl. auf die Warenbewegung (Ex- bzw. Import) schielst. Was ist denn mit den Dienstleistungen? Warum sollen die deutschen (Waren-)Exporte nicht von Spanien oder GR mit Dienstleistungen bezahlt werden, z.B. Tourismus?

Nachdem Sportwetten uä in D. stärker reguliert wurden, sind Zypern und Malta in die Lücke gesprungen. Ok, das sind natürlich nicht die Dienstleistungen, die man sich vorstellt, aber besser als nichts. Warum werden z.B. hier von den PH aus, deutschsprachige([Punkt]) Call-center betrieben, wäre das nicht ebenfalls in den südeurop. Ländern möglich, die neben der Nähe zu D. auch noch mit gesicherten Sozialrechten punkten könnten?
Es war doch jahrzehntelang so: D. exportierte die Waren und die Deutschen machten am Mittelmeer Urlaub. Heute ist das natürlich rückläufig, weil das Preisniveau in den Mittelmeerländern aufgrund des Euros so stark gestiegen ist, daß diese Länder nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Die Touristen fliegen eben nicht nach GR, sondern in die Türkei oder nach Ägypten und statt nach Spanien in die DomRep. Eine eigene Währung (egal ob in D. oder in GR) würde den Urlaub dort verbilligen, der Tourismus würde ansteigen und die Arbeitslosigkeit dort sinken, denn Tourismus ist - im Gegensatz zur Industrie - arbeitsintensiv.
Im Fernsehen gab es auch einmal Berichte über Seniorenresidenzen - nicht in Thailand, das ist bekannt, sondern in Polen. Warum nicht auch in GR oder Spanien?

Es gibt schließlich viele Menschen, die ihren Lebensabend in der Sonne verbringen wollen.....
Wenn Du aber unbedingt darauf bestehst, "Waren" zu exportieren - was ist denn mit "Ökostrom"? In Spanien werden bereits 42% des Stroms aus erneuerbarer Energie erzeugt und ein weiterer Ausbau ist möglich. Dabei helfen nicht nur die klimatischen Vorteile:
Das Wetter hat es gut gemeint mit Spanien im vergangenen Jahr: Es gab viel Regen und viel Sturm. Urlauber mögen darüber geklagt haben, die Betreiber von Wind- und Wasserkraftwerken jubelten. Ihre Anlagen liefen zu neuen Höchstleistungen auf.
Auf mehr als 42 Prozent wuchs der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien in Spanien 213. Die Windenergie wurde mit 21 Prozent zum ersten Mal wichtigste Energiequelle in der Stromerzeugung. Der Ausstoß von Kohlendioxid sank binnen Jahresfrist um satte 23 Prozent.
(...)
Zudem leben in Spanien weniger Menschen auf größerem Raum. Es gibt weniger Ärger beim Bau von Windparks und Netzen, auch liegen die Rotoren näher an den großen Städten als in Deutschland. Dort konzentrieren sich die wirtschaftlichen Ballungszentren im Westen und im Süden, die Windenergie ist dagegen vor allem in Nord- und Ostdeutschland vertreten.
http://www.manager-magazin.de/politik/d ... 43934.html
Wenn man vom Projekt "Desertec" träumt und Strom aus den relativ instabilen arabischen Ländern beziehen will, warum denkt man dann nicht zunächst an einen großflächigen Ausbau der Öko-Stromerzeugung dort wo sie wirtschaftlich ist und die Länder auch noch dem Binnenmarkt angehören....
Lisieux hat geschrieben:
Ich schliesse mich an indem ich hinzufüge: Nach der Globalisierung der Wirtschaft wird es höchste Zeit dass sich auch die Menschen global verständigen und nicht gegeneinander ausspielen lassen. Das wäre mal eine Aufgabe für unsere "Volksvertreter" aufhören den Lobbyisten zu fröhnen und sich um ihre Wähler zu kümmern.
Na, dann hätte man aber nie den Euro einführen dürfen - denn da kümmerten sich unsere Volksvertreter einen Dreck um die Meinung des Volkes. Und auch bei der jetzt zu beobachtenden Einwanderung aus Rumänien und Bulgarien sähe ein Volksentscheidung (in der Schweiz gibt es so etwas am 9. 2. 214 - und die Regierung ist bereits jetzt schon
"besorgt") wahrscheinlich auch nicht so aus, wie Du es Dir vorstellst.
Ach so - und wie war das noch mal, als in Referenden in F und NL der Vertrag von Nizza abgelehnt und in IRL solange abgestimmt wurde, bis das Ergebnis "paßte"? An Deiner Stelle, Lisieux, wäre ich sehr vorsichtig, von den Volksvertretern zu fordern, sich um die Wähler zu kümmern, d.h. auf ihre Stimme zu hören. Dann gäbe es mit Sicherheit nicht das Europa, das Du Dir vorstellst.....
Dazu auch ein neuer Beitrag von Nigel Farage im Europäischen Parlament:
http://www.youtube.com/watch?v=l93yjako2j8
Hier die deutsche Übersetzung.
Daraus:
Und Sie kommen hierher, Herr Samaras, und erzählen uns, dass Sie den souveränen Willen des griechischen Volkes repräsentieren? Nun, es tut mir leid, aber Sie sind nicht derjenige, der Griechenland wirklich führt, und ich schlage vor, dass Sie ihre Partei umbenennen – sie heißt „Neue Demokratie“, ich schlage vor, Sie nennen sie „Keine Demokratie“. Weil Griechenland jetzt unter Fremdherrschaft ist. Sie können keine Entscheidungen treffen, Sie haben ein Rettungspaket erhalten und Sie haben die Demokratie aufgegeben, diese Sache, die zuerst in Ihrem Land erfunden wurde.
Und Sie können nicht zugeben, dass der Beitritt zum Euro ein Fehler war – natürlich hat das Herr Papandreou getan, nicht wahr, er hat sogar gesagt, dass es eine Volksabstimmung in Griechenland geben sollte, und innerhalb von 48 Stunden hat die unheilige Dreifaltigkeit, die Troika, die nun diese Europäische Union regiert, ihn entfernt und durch die Marionette eines ehemaligen Goldman Sachs-Beschäftigten ersetzt.
oder die neueste Forderung aus dem Europäischen Parlament, das jetzt statt der Troika über die Sparmaßnahmen entscheiden will. Die Folgen für D. und die Nordstaaten wären klar:
Der österreichische ÖVP-Abgeordnete Othmar Karas will eine Umstrukturierung der Troika, deren "wichtigstes Element die parlamentarische Kontrolle durch das EU-Parlament" ist.
Das aber hieße, den Einfluss der Geldgeber, nämlich die Euro-Staaten und allen voran Deutschland, deutlich zu beschneiden.
(...)
Das Mandat der Troika heute sei "unklar", es mangele ihm an Transparenz, wie Karas feststellt. Das will er ändern, etwa indem der Hilfsfonds ESM von einer zwischenstaatlichen Organisation zu einer EU-Einrichtung wird, zu einem "Europäischen Währungsfonds auf dem Boden des EU-Gemeinschaftsrechts", wie Karas sagt.
(...)
Das hieße in der Praxis, dass die strukturelle südeuropäische Mehrheit im EU-Parlament die Bedingungen für Hilfen bestimmen würde. Karas sieht das nicht als Problem.
(Hervorhebung von mir)
http://www.welt.de/wirtschaft/article12 ... echen.html
Tolle Aussichten:
Im EZB-Rat hat die Bundesbank aufgrund der Rotation vorübergehend kein Stimmrecht und das Europäischen Parlament, in dem eine demokratiefeindliche Sitzverteilung zwischen den Ländern herrscht, bestimmt mit seiner "Südmehrheit". Dazu muß man wissen, daß D. einen Abgeordnete je 85. Einwohnern hat, während z.B. Malta je 68. Einwohnern einen Abgeordneten stellt (=
degressive Proportionalität ).
Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine Verwirklichung des Ansinnens die Akzeptanz für "Europa" in der nördl. Staaten stärken würde.