FSSPX - die xte
@ Athanasius
leider kenne ich kein forum von pius freunden ich nehme mal nicht an das der Priesterbruderschaft die Bischöfe ausgehen ich denke die Weihbischöfe werden wiederum konsekrationen vornehmen wie sie es in campos ja getan haben
ottaviani, du bist geboren nach dem Konzil und an die tridentinische Messe kannst du dich nicht erinnern.ottaviani hat geschrieben:stimmt ich währe nie katholisch praktizieren geworden gebe es keine piusbruderschaft ich hatte bei dem modernen getue immer schon ein schlechtes gefühl und hab die kirche bevor ich die priesterbruderschaft kennenlernte ignoriert
Wärest du aufgewachsen in einer Kirche, wo dieses Getue nicht gibt und wo keine Piusbruderschaft dazwischen funkt, würdest du den jetzigen Zustand der Kirche kritisieren auch ohne mit dem Traditionalismus sympathisieren zu „müssen“.
du hast recht ich bin zwar katholisch getauft aber ich würde mich nicht um diese kirche kümmern fand diese anbinderung immer schon abstoßend und bin weder beichten noch zur messe gegangen oder so
kann mich gut an meine letzte religionslehrerin erinnern die
hab ich ausgelacht mit ihrem getue ich fühlte mich von der modernen kirche immer schob abgestoßen ohne zu wissen das es da noch traditionalisten oder irgendetwas gab
kann mich gut an meine letzte religionslehrerin erinnern die
hab ich ausgelacht mit ihrem getue ich fühlte mich von der modernen kirche immer schob abgestoßen ohne zu wissen das es da noch traditionalisten oder irgendetwas gab
hättest du den (die) Priester als Religionslehrer und Katecheten gehabt, die ich hatte, würdest du heute an die Piusbruderschaft nicht einmal denken.ottaviani hat geschrieben:kann mich gut an meine letzte religionslehrerin erinnern die hab ich ausgelacht mit ihrem getue ich fühlte mich von der modernen kirche immer schob abgestoßen ohne zu wissen das es da noch traditionalisten oder irgendetwas gab

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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:33, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: @ Athanasius
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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:57, insgesamt 1-mal geändert.
Hallo Athanasius13,
ich habe Deine Beiträge mit Interesse gelesen, vor allem weil ich selbst ein Konvertit bin, der letztlich ebenfalls wegen des unseligen Ökumenismus engeren Anschluss an die Priesterbruderschaft St. Pius X. gesucht hat.
Was mir jedoch bei der Piusbruderschaft ein wenig Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass sie zwar einerseits die theoretische Anerkennung des gegenwärtigen Papstes als Papst fordert, andererseits aber im praktischen Glaubensleben verlangt, sich so zu verhalten, als sei er doch kein Papst (also dass letztlich so gut wie alles, was er als Papst sagt, tut und bestimmt, ignoriert werden muss).
Oder dass sie einerseits den Neuen Messritus (wenn er ordnungsgemäß und mit der richtigen Intention zelebriert wird) als gültig anerkennt, andererseits aber auch eine solche gültige neue Messe (und was anderes als die unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers Christi sowie die Zuwendung seiner Gnaden ist eine gültige Messe??) als Gott nicht wohlgefällig und für den Glauben gefährlich bezeichnet.
Hast Du über diese Probleme auch schon mal nachgedacht und wie äußert sich bei Dir ganz konkret, dass Du Papst Johannes Paul II. als Papst, also als Deinen obersten Hirten, als Nachfolger des Apostels Petrus und als Stellvertreter Christi auf Erden, anerkennst?
Gibt's für den an der Priesterbruderschaft St. Pius X. orientierten Gläubigen der Tradition eigentlich noch weitere Möglichkeiten als die Nennung des Namens des Papstes im Gebet und evtl. das Aufhängen oder Aufstellen eines Bildes von ihm (was freilich schon mehr ist als man bei manchen angebl. in der Einheit mit dem Papst befindlichen Katholiken findet), um seine Anerkennung des Papstes als Papst praxiswirksam für sein Leben werden zu lassen?
Oder wäre es nicht der konsequentere Weg, Sedisvakantist zu werden, um den fast unerträglichen Spagat zwischen der theoretischen Anerkennung und der praktischen Ablehnung des Papstes (und auch der neuen Messe) aufzulösen?
Die andere Möglichkeit zur Lösung dieses Widerspruchs wäre dann sicher der Weg von Campos oder anderer Rom bereits wieder praktisch untergeordneter traditioneller Gemeinschaften.
Denn entweder nimmt man die praktische Ablehnung des Papstes (und auch der neuen Messe) ernst und gibt ihr eine theoretische Grundlage (was m.E. die Sedisvakantisten tun) oder man nimmt die theoretische Anerkennung des Papstes (und der neuen Messe) ernst und lässt sie praktische Auswirkungen haben (was m.E. Campos und die anderen Rom bereits wieder unterstellten Gemeinschaften der Tradition tun).
Die von der Piusbruderschaft versuchte Verbindung zwischen theoretischer Anerkennung des Papstes (u. der neuen Messe) und gleichzeitiger praktischer Ablehnung des Papstes (u. der neuen Messe) scheint mir auf Dauer irgendwie inkonsequent.
Dir nicht?
Interessierte Grüße
Falk
ich habe Deine Beiträge mit Interesse gelesen, vor allem weil ich selbst ein Konvertit bin, der letztlich ebenfalls wegen des unseligen Ökumenismus engeren Anschluss an die Priesterbruderschaft St. Pius X. gesucht hat.
Was mir jedoch bei der Piusbruderschaft ein wenig Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass sie zwar einerseits die theoretische Anerkennung des gegenwärtigen Papstes als Papst fordert, andererseits aber im praktischen Glaubensleben verlangt, sich so zu verhalten, als sei er doch kein Papst (also dass letztlich so gut wie alles, was er als Papst sagt, tut und bestimmt, ignoriert werden muss).
Oder dass sie einerseits den Neuen Messritus (wenn er ordnungsgemäß und mit der richtigen Intention zelebriert wird) als gültig anerkennt, andererseits aber auch eine solche gültige neue Messe (und was anderes als die unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers Christi sowie die Zuwendung seiner Gnaden ist eine gültige Messe??) als Gott nicht wohlgefällig und für den Glauben gefährlich bezeichnet.
Hast Du über diese Probleme auch schon mal nachgedacht und wie äußert sich bei Dir ganz konkret, dass Du Papst Johannes Paul II. als Papst, also als Deinen obersten Hirten, als Nachfolger des Apostels Petrus und als Stellvertreter Christi auf Erden, anerkennst?
Gibt's für den an der Priesterbruderschaft St. Pius X. orientierten Gläubigen der Tradition eigentlich noch weitere Möglichkeiten als die Nennung des Namens des Papstes im Gebet und evtl. das Aufhängen oder Aufstellen eines Bildes von ihm (was freilich schon mehr ist als man bei manchen angebl. in der Einheit mit dem Papst befindlichen Katholiken findet), um seine Anerkennung des Papstes als Papst praxiswirksam für sein Leben werden zu lassen?
Oder wäre es nicht der konsequentere Weg, Sedisvakantist zu werden, um den fast unerträglichen Spagat zwischen der theoretischen Anerkennung und der praktischen Ablehnung des Papstes (und auch der neuen Messe) aufzulösen?
Die andere Möglichkeit zur Lösung dieses Widerspruchs wäre dann sicher der Weg von Campos oder anderer Rom bereits wieder praktisch untergeordneter traditioneller Gemeinschaften.
Denn entweder nimmt man die praktische Ablehnung des Papstes (und auch der neuen Messe) ernst und gibt ihr eine theoretische Grundlage (was m.E. die Sedisvakantisten tun) oder man nimmt die theoretische Anerkennung des Papstes (und der neuen Messe) ernst und lässt sie praktische Auswirkungen haben (was m.E. Campos und die anderen Rom bereits wieder unterstellten Gemeinschaften der Tradition tun).
Die von der Piusbruderschaft versuchte Verbindung zwischen theoretischer Anerkennung des Papstes (u. der neuen Messe) und gleichzeitiger praktischer Ablehnung des Papstes (u. der neuen Messe) scheint mir auf Dauer irgendwie inkonsequent.
Dir nicht?
Interessierte Grüße
Falk
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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:34, insgesamt 4-mal geändert.
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Interview mit Pater Egli
Folgendes Interview mit Pater Egli von Ende 1995 könnte viele Fragen beantworten, die hier im Subforum auftauchten (z.B. durch Falk) und die auch mich sehr drängten. Ähnlich wie die Worte des hl. Athanasius brachten mir die weisen Worte des Paters so viel Zuversicht und Klarheit in dieser Notsituation für gläubige Katholiken.
Der Text ist nicht elektronisch im Internet verfügbar, daher kein URL möglich. Deswegen möchte das Interview in Gänze abdrucken. Ich hoffe, so lange Texte sind hier im Forum erlaubt?
Mitteilungsblatt FSSPX, Dezember 1997 und Januar 1998: Interview mit H.H. Pater Paul Egli vom 12. Januar 1995 in Neuseeland durch eine Zeitung, die nicht zur FSSPX gehört.
Ein Vorgeschmack des Himmels.
Von der afrikanischen Missionsstation zum Thronsaal eines Königs.
Pater Paul Egli wurde 1957 in der Schweiz zum Priester geweiht und schloß sich den Missionsvätern von Bethlehem an. Einige Jahre später wurde er nach Rhodesien geschickt, wo in den Jahren 1973 bis 1978 mehrere Missionare vom Smith-Regime hingerichtet wurden. Er selbst wurde innerhalb von zwölf Monaten in acht verschiedene Gefängnisse gebracht. Nur durch Gottes Gnade entkam er dem Tod, wurde freigelassen und konnte in die Schweiz zurückkehren. Zu derselben Zeit zeigten die vielen Änderungen des Zweiten Vatikanums ihre volle Wirkung. Es darf nicht überraschen, daß Pater Egli, wie die Mehrzahl seiner Mitbrüder, theologisch etwas liberal geworden war, obwohl er seine Kindheit und Jugend in einer völlig anderen Kirche verbracht hatte. Während der 1980er Jahre machte Pater Egli einen tiefen persönlichen inneren Konflikt durch, der einerseits von den Erinnerungen an die Kirche, die er einst kannte, andererseits von der Kirche, deren Mitglied er jetzt ungewollt war, verursacht wurde. Sein Herz fand keinen Frieden. Es war Zufall, daß ihm 1993 einige Mitglieder seiner Pfarrei vorschlugen, eine 30-tägige Novene zum hl. Joseph zu beten, was er auch tat. Bald danach machte er eine kurze Reise nach Spanien, in deren Verlauf er auf eine Gruppe Menschen traf, die ihn baten, die lateinische tridentinische Messe für sie zu halten. Es war die Messe, die er seit 24 Jahren nicht mehr gelesen hatte, eine Messe, die sein ganzes Leben ändern sollte, eine Messe, von der er sagt: »Ich dachte, ich wäre im Himmel!«
P. Egli: Ich bin Schweizer aus dem deutschsprachigen Teil der Schweiz, aus der Nähe von St. Gallen. Wir waren eine große Familie einfacher Bauern mit sechs Kühen und zwölf Kindern. Ich entschied mich dafür, Priester und Missionar zu werden und trat in die Bruderschaft der Bethlehem-Väter ein. Ich habe auch einen Bruder, der Missionar und Mitglied der Bethlehem-Väter ist, sowie eine Schwester, die seit 40 Jahren Nonne und Missionarin in Afrika ist. Also
haben wir drei Missionarberufungen in der Familie. Nachdem ich 1957 zum Priester geweiht worden war, schickte man mich 1959 nach Afrika, nach Rhodesien. In diesem armen, schwierigen Land war ich etwa 18 Jahre lang ein gewöhnlicher Missionar. Die letzten zehn dieser Jahre gehörten, wie Sie wissen, zur Zeit des Regimes von Ian Smith, die erfüllt war vom Kampf zwischen Weißen und Schwarzen. Wir hatten etwa zehn Jahre Krieg. Viele der Ordenspriester wurden getötet, und ich war Ordenspriester. Es gab schreckliche Unruhen, und es war für die etwa 500 Missionare eine harte Zeit. Ich war der einzige Ordenspriester, der inhaftiert wurde. Vielleicht geschah es, um mich zu retten. Man behauptete, ich hätte aktiv am Kampf oder am Terrorismus teilgenommen. Das war überhaupt nicht wahr. Man konnte nichts gegen mich beweisen, also wurde ich zu einem Jahr anstatt der verlangten zehn Jahre verurteilt. Ich appellierte ans Höchste Gericht, mußte danach trotzdem ins Gefängnis - in acht verschiedene Gefängnisse im Laufe eines einzigen Jahres. Dann wurde ich aus dem Lande verbannt. Ich durfte nicht zu meinen Pfarreien zurück. Ich hatte damals viele verschiedene Gemeinden, so daß ich das ganze Territorium, das ganze Land kenne. Die Haftbedingungen waren sehr hart, aber ich überlebte und kehrte in die Schweiz zurück. Deshalb bin ich dann in Europa geblieben und nicht irgendwo anders Missionar gewesen. Eine Rückkehr nach Rhodesien war nicht ratsam, denn ich war ungewollt zu einer Art politischer Figur geworden.
Etwa einen Monat, nachdem ich in die Schweiz und in die Freiheit zurückgekehrt war, erlitt ich eine schwere Depression, fast wie einen Nervenzusammenbruch, so daß ich einige Wochen oder Monate lang nicht einmal die Messe lesen konnte. Ich konnte gar nichts tun, und ich mußte erst ganz allmählich zur Normalität zurück gelangen. Mir halfen Kontakte mit der Familie, mit den Tieren auf dem Bauernhof, mit dem Wald und der Natur. Danach konnte ich wieder eine Arbeit aufnehmen. In St. Gallen, in Zürich und in verschiedenen Diözesen habe ich einfach Aushilfe geleistet. Mein Herz war aber immer noch bei den Missionen in Afrika, wo ich so viele Jahre verbracht hatte. Aber ich durfte nicht mehr zurück. Während dieser jahrelangen Aushilfsarbeit in der Schweiz war ich nicht allzu glücklich. Es war nicht nur wegen der Folgen, die der Krieg in Rhodesien für mich hatte, es war auch die neue Kirche, die ich vorfand, eine ganz andere Kirche als die meiner Jugend, ganz anders als die Kirche meiner Eltern und anders als der Katechismus, den sie und die Priester mir beigebracht hatten. Alles war nunmehr sehr progressistisch, sehr liberal, ganz neu. Ich mußte dies alles erfahren. Deshalb wollte ich tatsächlich die Schweiz verlassen und irgendwohin gehen, zurück zur Berufung, die Gott mir verliehen hatte, Missionar weit weg von meinem Heimatland zu sein. Aber meine Gesundheit war nicht mehr gut genug.
Sie haben sicherlich den Verlauf des II. Vatikanischen Konzils mit großem Interesse verfolgt. Was waren Ihre Gefühle damals in bezug auf die Zukunft der katholischen Kirche?
P. Egli: Eigentlich muß ich zugeben, daß ich das Konzil nicht so aufmerksam verfolgte, wie ich es hätte tun sollen, weil ich in den Jahren 1962 bis 1965 als aktiver Priester mit mehreren Missionspfarreien sehr beschäftigt war. Wissen Sie, dort hatte ich keine Zeit, alles zu studieren, und ich verschob das Studium der Konzilstexte immer wieder. Ich dachte, es würde irgendwann eine ruhige Stunde geben, um dies nachzuholen.
Wir haben in den dreißig Jahren seit dem II. Vatikanum die Geburt vieler Bewegungen gesehen, z.B. der charismatischen Bewegungen usw. Welchen Einfluß hatten die Aktivitäten dieser verschiedenen Bewegungen auf Ihr Leben als Priester?
P. Egli: Als Aushilfspriester in der Schweiz merkte ich, daß ich mit dieser neuen Theologie nicht zurechtkommen konnte. Tatsächlich suchte ich nach etwas anderem. Dadurch kam ich in Kontakt mit der charismatischen Bewegung wie auch mit mehreren anderen Gruppen. Ich reiste durch ganz Frankreich, weil ich dachte, dort könnte der richtige Weg zu finden sein, ein neuer Geist. Ich dachte, wir müßten viele neue Dinge lernen. Aber die Wirkung auf mein Leben war eher negativ. Ich war nicht glücklich, besonders mit den Exzessen der Charismatiker, weil sie jenem Pfingstlertum nahe stehen, das vor einem Jahrhundert aus dem Protestantismus (und nicht nur aus dem Protestantismus, sondern auch aus der schwarzen Magie des Satanismus) hervorgegangen ist. Einige Pfingstler sind zur katholischen Kirche herübergekommen, aber ich bin mir hundertprozentig sicher, daß dies nicht der Weg für die katholische Kirche ist! Deshalb habe ich mich keiner der Bewegungen angeschlossen. Ich war allerdings sehr neugierig und versuchte durch Lektüre und Besuche andere Gemeinschaften kennenzulernen. Die Wahrheit habe ich aber dabei nicht gefunden.
Sie waren schon in der Schweiz, als Erzbischof Lefebvre die Bischöfe weihte. Wie war Ihre erste Reaktion, als Sie die Nachricht davon hörten?
P. Egli: Ziemlich negativ. Ich war in Lausanne, das ganz in der Nähe von Ecône liegt, als Pfarrer für die deutschsprachigen Gläubigen im ganzen Umkreis, d.h. in 50 verschiedenen französischsprechenden Pfarreien eingesetzt. Ich mußte auf Französisch und Deutsch die Messe feiern, Beerdigungen, Hochzeiten usw. halten. Von Msgr. Lefebvre hatte ich gehört, daß er zur Tradition der katholischen Kirche hielt, und ich war zu jener Zeit nicht gegen ihn. Ich hatte ihn jedoch nie kennengelernt, ich kannte auch kein Mitglied der Priesterbruderschaft St. Pius X., keine Freunde der Priesterbruderschaft. Ich forschte nicht über sie nach und schob die ganze Frage beiseite. Da ich selbst schon 20 Jahre in der neuen Kirche verbracht hatte, war ich ungewollt von deren Ideen angesteckt. Ich dachte, die Priesterbruderschaft sei zu traditionell, und ich würde diesen Weg nicht begehen. Das war meine erste Reaktion.
Sie wurden 1957 nach lateinischem Ritus geweiht, und nach dem II. Vatikanischen Konzil lasen Sie die Novus-Ordo-Messe. Aber erst vor zwei Jahren haben Sie sich entschieden, in die Priesterbruderschaft St. Pius X. einzutreten. Was hat Sie dazu gebracht, zur lateinischen tridentinischen Messe zurückzukehren?
P. Egli: Von meiner Priesterweihe ab und praktisch bis 1970, als ich noch in Rhodesien war - heute Simbabwe -, las ich die normale Messe der vergangenen 2000 Jahre, wie alle sie gelesen haben. Sogar die Bischöfe und die Päpste während und unmittelbar nach dem Konzil feierten die alte Messe, bis eine gewisse liturgische Kommission diese Messe zerstörte! Daß ich zur wirklichen Messe nach vielen Jahren zurückkehrte, ist praktisch der Tatsache zu verdanken, daß ich meinen Oberen Gehorsam leisten mußte. Meine Vorgesetzten in der Gesellschaft der Bethlehem-Väter wollten ihr Seminar in der Schweiz zum allerprogressivsten umgestalten, um progressive Priester heranzubilden und die südamerikanische Theologie der Befreiung und die Theologie der Basis-Kirche zu unterstützen. Ich war gegen die Befreiungstheologie von Boff und seinen Leuten, und deshalb wollte ich die Bethlehem-Gesellschaft vor längerer Zeit verlassen, also bereits bevor ich die Gnade erhielt, zur Wahrheit und zur Tradition zurückzufinden. Schon vor zehn Jahren schrieb ich meinem Generaloberen davon. Aber ich wußte nicht, wo ich hingehen sollte. Ich hatte nicht genug nachgeforscht, und ich war auch damals in der Schweiz ein bißchen aktivistisch. Auch betete ich nicht genug. Aber durch Wallfahrten kam ich wenigstens zum normalen priesterlichen Leben zurück: ich begann wieder das Brevier, den Rosenkranz, den Kreuzweg zu beten. Da dachte ich auch über die neue Messe nach, die uns aufgezwungen wurde.
Im Jahre 1988 hat Erzbischof Lefebvre mehrere Bischöfe geweiht. Zwei Tage später verkündete Papst Johannes Paul II. den Einsatz der Kommission Ecclesia Dei zur Förderung der Feier der tridentinischen Messe. Später sahen wir die Formierung der Priesterbruderschaft St. Petrus, die, oberflächlich betrachtet, wie eine exakte Kopie der Priesterbruderschaft St. Pius X. aussieht. Wo liegen die fundamentalen Unterschiede zwischen diesen beiden Orden? Und haben Sie den Beitritt zur Petrusbruderschaft erwogen?
P. Egli: In den Jahren, bevor ich die Gnade der Rückkehr empfing, hatte ich Kontakte mit der Petrusbruderschaft. Ich war zweimal in Wigratzbad. Ich sah mir an, wie die Priester die Messe lasen, und ich dachte, es wäre die alte Weise. Aber ich fühlte mich nicht wohl, ich war nicht glücklich und fühlte mich nicht von der Petrusbruderschaft angezogen. Ich kannte sie, während ich die Priesterbruderschaft St. Pius X. noch nicht kannte. Es ist also interessant, daß ich schließlich doch zur Priesterbruderschaft St. Pius X. kam. Ich wollte nicht in die Petrusbruderschaft eintreten, es war nur meine alte Neugier, genau wie es bei meinen Besuchen bei den Charismatikern und den anderen Gruppen und theologischen Anschauungen gewesen war. Ich hatte noch nicht genug Frieden im Herzen. Ich wollte nur die Wahrheit finden, und es bedurfte vieler Wallfahrten und vieler Novenen, bis ich die Wahrheit fand.
Schließlich sagte ich: Nun bin ich am Ende mit meiner Weisheit. Meine theologischen Kenntnisse reichen nicht aus. Nur die Gnade Gottes reicht, um mir den Willen Gottes für mich als Priester zu zeigen. Ich war schon über 60, und ich sagte mir, es müsse eine Möglichkeit für mich geben, zur echten Messe, zum richtigen priesterlichen Leben und zur echten Wahrheit der katholischen Kirche zurückzukehren. Für mich war der extreme Ökumenismus eine Art Gift, vor dem ich fliehen mußte, um nicht immer mehr vergiftet zu werden. Es bestand für mich, so dachte ich, die große Gefahr des totalen Glaubensverlustes. Also betete ich vor allem zum hl. Joseph. Das war 1993.
Weil das Mysterium von Bethlehem für uns Bethlehem-Väter im Mittelpunkt steht, entschloß ich mich endlich, über die Geburt Jesu in Bethlehem zu betrachten. Dort sehen wir Unsere Liebe Frau, St. Joseph, das Jesuskindlein - und auch den Ochsen und den Esel. Ich fühlte mich wie der Esel, der über einen großen Berg nicht hinwegkommt, also bat ich: »St. Joseph, ziehe mich, leite mich irgendwohin!« Damals las ich immer mehr mystische Theologie, vor allem Werke der hl. Theresa von Avila. Dort fand ich die Stelle, wo sie sagt, der hl. Joseph habe ihr das ganze Leben lang und bei der Reform aller ihrer Klöster für Mönche und Nonnen in Spanien geholfen. Sie schreibt: »Wenn jemand nicht glaubt, daß der hl. Joseph immer hilft, sollte er es zumindest probieren!« Also sagte ich: »Gut, ich probiere es, ich mache eine Novene.« Also machte ich im November 1992 eine normale Novene von neun Tagen mit Rosenkranzgebet und einigen Litaneien.
Nichts passierte. Er stellte meine Geduld auf die Probe. Im Januar machte ich noch eine Novene, im Februar war ich viel auf Reisen und konnte keine Novene halten, aber im März fing ich wieder an. Gleich nach dem Fest des hl. Joseph, am 19. März, hörte ich von der großen Novene zum hl. Joseph. Sie dauert nicht neun, sondern 30 Tage, um der 30 Jahre des verborgenen Lebens Jesu, des hl. Josephs und Unserer Lieben Frau in Nazareth zu gedenken. Ganze 30 Tage lang betet man ein Büchlein, das vom hl. Pius X. stammt, denn dieser Papst approbierte die Erzbruderschaft St. Joseph, die eine große Kirche in der Nähe des Vatikans besitzt. Ich hatte nie davon gehört. Jetzt, durch »Zufall« - aber es gibt keinen Zufall -, erzählte mir eine junge Familie davon und sagte mir: »Sie werden eine große Gnade erhalten!« Ich sagte, ich hätte schon lange zum hl. Joseph gebetet, allerdings wüßte ich nichts von dieser Novene.
Am Ende dieser Novene habe ich tatsächlich die große Gnade empfangen. Es war auf einer Wallfahrt, in Spanien, unterwegs von Lourdes nach Fatima, in einem kleinen Dorf namens Garabandal. Ich hatte gehört, daß die Erscheinungen in Garabandal von der Kirche noch nicht anerkannt sind, aber ich war neugierig. Mit Erlaubnis meiner Oberen konnte ich gelegentlich einen ein- oder zweiwöchigen Urlaub nehmen. Ich durfte bei anderen Kongregationen wohnen oder auf Wallfahrt zu verschiedenen Orten fahren. Und nun kam die Gnade, um die ich gebetet hatte, in Garabandal.
Wie machte sich diese Gnade bemerkbar?
P. Egli: Sie kam, nachdem ich zum ersten Mal seit 24 Jahren nicht die neue Messe, sondern die alte, tridentinische Messe feierte. Dies tat ich, weil eine Gruppe mich darum gebeten hatte. Weil ich schon etwas liberal war, überlegte ich einige Male, ob ich es tun sollte oder nicht. Ich war nicht überzeugt, und ich hatte eigentlich überhaupt nicht vor, die alte Messe zu lesen. Aber es war eine große Gruppe von etwa zwanzig Leuten, darunter etliche Familien, die dort in Garabandal wohnen. Ich hatte schon eine Novus-Ordo-Messe dort gelesen, und ich dachte, am folgenden Tag würde ich sie auch wieder lesen, denn dann käme der Ortspriester, mit dem ich konzelebrieren wollte. Dies war mein Plan. Aber ich kam weder zu dieser Konzelebration noch zur Feier einer Novus-Ordo-Messe, denn diese Leute baten mich mit größter Dringlichkeit und erzählten von ihrer tiefen Not: Sie gehen nur zur lateinischen Messe, zur tridentinischen Messe, welche die Messe aller Zeiten ist, gut 1500 Jahre alt, weil sie ein Opfer ist. Sie baten mich, in einer kleinen Kapelle dort diese Messe für sie zu feiern.
Die Gnade ließ sich zuerst Zeit, denn mein Gedanke war: Na ja, eigentlich ist es keine Sünde, wenn ich eine lateinische Messe feiere! Auch wollte ich nicht etwas tun, was der Papst nicht mag. Dann fiel mir ein, daß der Papst und Kardinal Ratzinger die Indultmesse gebilligt hatten. Ich verstand nicht genau, was das hieß, nur, daß man ab und zu die alte Messe feiern kann, wenn man ihr nicht allzu viel Vorrang gibt. Ich dachte: Wenn diese Leute nicht guten Gewissens zur anderen Messe gehen könnten, warum soll ich nicht einwilligen? Endlich sagte ich: »Ja, wenn Sie mir helfen!« Denn nach 24 Jahren, ohne eine einzige lateinische Messe zu feiern, fragte ich mich, ob das Latein ins Gedächtnis zurückkommen oder ich alle Rubriken richtig ausführen würde. Das ist schließlich kein Spiel!
Wie haben Sie sich während der Messe gefühlt?
P. Egli: Nun, ich war natürlich etwas nervös. Wir hatten aber viel Zeit, und ich sah, wie die Leute beteten, die Frauen alle mit Kopftüchern, alle auf den Knien... Es war herrlich! Ich fühlte mich wie im Himmel, obgleich ich gar nichts erwartet hatte! Es gab nicht einmal Sonnenschein; es war 10 Uhr morgens und der Himmel war bedeckt. Es war ein bißchen kalt, und ich kannte diese Leute nicht gut. Sie waren Franzosen. Ich sagte einige Worte auf Französisch und auf Englisch darüber, daß ich nur unterwegs sei nach Fatima. Anstatt der üblichen halben Stunde, die man für die neue Messe braucht, dauerte diese Messe etwa anderthalb Stunden, weil ich die lateinischen Worte so exakt und langsam aussprach. Außerdem mußte ich einige Rubriken genau lesen. Da diese Leute wußten, daß ich nicht mehr gewöhnt war, diese Messe zu feiern, gaben sie mir ab und zu einen Hinweis, damit ich diese oder jene Kniebeuge nicht vergaß. Aber auf diese Weise habe ich es eigentlich recht gut geschafft.
Nach der neuen Messe springen alle sofort auf und gehen aus der Kirche. Aber während ich dort in der Sakristei war, machten alle noch ihre Danksagung! Ich mußte mir gestehen, daß ich 24 Jahre lang keine Danksagung nach der heiligen Messe gemacht hatte! Statt dessen gingen wir mit den Gläubigen hinaus, reichten die Hand, umarmten einige sogar, tauschten ein bißchen menschliche Freundlichkeit aus, bevor die Leute nach Hause gingen. Aber hier sagten sie alle dem Herrn Dank dafür, daß sie die heilige Kommunion empfangen hatten. Sie verbrachten diese zehn oder fünfzehn Minuten mit Dem, Den sie in ihren Herzen trugen. Und ich schämte mich! Ich wollte deshalb nicht hinausgehen und auf sie warten, sondern auch selbst meinen Dank beten.
Dies tat ich auch, und ich sagte: »O Herr, danke, daß Du in meinem Herzen anwesend bist!« Und ich machte eine tiefere, persönliche Danksagung.
Dann, während dieses stillen Augenblicks der Danksagung, hörte ich eine laute, eindringliche Stimme. Ich hörte nicht mit meinen Ohren, sondern mit meinem Inneren, diese Stimme, die nur drei Worte sagte: »Jamais! Jamais! Jamais!«. Auf Französisch!
Nun, Französisch ist eine Sprache, die ich sehr gern habe, aber meine Muttersprache ist Schweizerdeutsch. Doch ich hörte es nicht auf Deutsch. Und obwohl ich die vergangenen vier Jahre in Italien verbracht hatte und eben aus Rom nach Spanien gereist war, war es nicht auf Italienisch. Auch nicht auf Englisch hörte ich diese Worte, auch nicht auf Spanisch. Ich hörte die Worte auf Französisch. Ich war über Südfrankreich gekommen, aber ich wunderte mich, warum die Worte auf Französisch kamen. Nun weiß ich, daß es Monseigneur Lefebvre gewesen sein mußte, den ich für einen der größten Heiligen unseres Jahrhunderts neben Pater Pio halte. Er hat mir vielleicht diese Gnade gegeben, oder es könnte jener andere Priester gewesen sein, der sein ganzes Leben nur für die Priester aufopferte, damit sie zur wahren Tradition zurückkehren: Pater Henri La Praz, der nach etwa 100 Operationen starb. Keinen Tag in seinem Leben war er gesund. Er hat Unglaubliches erlitten. Später habe ich in der Broschüre über ihn erfahren, daß er am 22. April 1993 seinen Oberen sagte: »Jetzt kann ich sterben.« Und er bat um die Beisetzung in Ecône in der Nähe des Gründers der Priesterbruderschaft. Es war derselbe Tag! Vielleicht ist dies Zufall. Damals aber dachte ich an all die Heiligen im Himmel, die für mich Fürbitte geleistet haben könnten; nicht nur an St. Joseph, sondern auch an meine heiligmäßigen Eltern. Mein Vater war vor zwanzig Jahren in den Himmel gegangen, meine Mutter vor sieben Jahren. Und am Todestag meiner Mutter ist mir stets etwas Wunderbares widerfahren.
Als ich am Nachmittag über den Heiligen des Tages nachdachte, fiel es mir ein: Es war der Tag meiner Primiz, meiner ersten tridentinischen Messe - und der Todestag meiner Mutter! Ich jubelte noch mehr, ich war noch glücklicher und in einem noch tieferen Frieden, denn neben dem Zeichen, das mir der Herr gegeben hatte, war es auch der Todestag meiner Mutter. Bei der Messe bitte ich immer für sie, aber an diesem Tag war ich derart nervös gewesen, daß ich sogar ihr Gedenken vergessen hatte.
Was bedeuten jene französischen Worte?
P. Egli: »Jamais - jamais - jamais« - das heißt: niemals, nimmer! Und ich wußte, was gemeint war. Ich begriff den ganzen Kontext sofort: Niemals, nie wieder die Luther-Messe, die Novus-Ordo-Messe lesen! Für mich ist sie eine Luther-Messe, denn die Evangelischen sagen, sie sei ihre Messe, für sie akzeptabel. Mit dieser Messe sind wir immer mehr zum protestantischen Abendmahl oder zur Cranmer-Messe gekommen und immer weiter weg vom Opfer. Ich wußte noch etwas: Als ich die Gnade der Bekehrung bekam, blieb ich derselbe Mensch. Ich habe sie gar nicht verdient! Warum wurde es mir gegeben, zur Messe der Tradition zurückzufinden?
Ich wußte dann, daß ich stets nur diese Messe auf ewig und bis zu meinem letzten Atemzug feiern werde. Um das mindeste zu sagen: Die Novus-Ordo-Messe ist gefährlich, eisglatt und führt in den Abgrund. Viele, viele sind durch sie verlorengegangen.
Worin sehen Sie die Mängel der Novus-Ordo-Messe?
P. Egli: Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr sah ich, daß die Mängel in den Änderungen der Texte und in dem neuen theologischen Verständnis der neuen Messe liegen. Es ist vorher nie so gewesen. Die neue Messe ist nicht nur etwas Neues, sie ist völlig anders als die alte Messe. Die alte Messe wurde stets und überall seit Jesu Leben auf Erden als Opfer betrachtet, ein Opfer, wie es Melchisedech auf dem Altar, den er baute, darbrachte, ein Opfer wie im Tempel bis zu Jesu Zeit. Jesus hat uns durch Sein Opfer am Kreuz erlöst. Wir lernten im Theologiestudium und wir wußten immer, daß die heilige Messe das Opfer Christi ist, daß in ihr der Priester an der Stelle Jesu steht. Jesus selbst ist das Opfer, Er opfert Sich als makelloses Lamm dem himmlischen Vater auf zur Versöhnung und zum Nachlaß unserer Sünden. Das war das echte, traditionelle Verständnis des Zentrums unseres katholischen Glaubens. Die Messe ist das Zentrum!
Die neue Messe tendiert immer mehr zum protestantischen Verständnis, d.h. zum Abendmahl, zum eucharistischen Mahl. Nun, für ein Mahl braucht man keinen Altar, denn es ist kein Opfer. Die Protestanten lehnen das Opfer ab, also hat man alle Opfergebete aus dem Offertorium und dem Kanon gestrichen. Fast alles ist geändert worden. Dann ist mehr Humanismus hereingekommen, ein bißchen Freundlichkeit um den Tisch. Also gibt es nur eine Versammlung, eine eucharistische Versammlung oder Mahlzeit, die man am Tisch einnimmt. Der Priester steht nicht mehr an Jesu Stelle, bietet nicht mehr das echte Opfer dem himmlischen Vater an, so daß dem himmlischen Vater nicht mehr so viele Opfer dargebracht werden wie vorher.
Ob diese neue Messe gültig oder ungültig ist, entscheide ich nicht. Ich glaube, viele der jüngeren Priester haben nicht mehr dieselbe Intention. Sie glauben weder an die Anwesenheit Unseres Herrn in der heiligen Eucharistie, noch an die Transsubstantiation, d.h. daß das Brot nach der Wandlung mit Brot nichts mehr zu tun hat, sondern wirklich der Leib und das Blut Unseres Herrn ist. Denn beim letzten Abendmahle sagte Er: »Das ist Mein Fleisch... Das ist Mein Blut...« Und Er sagte den Aposteln, wie dem Priester bei der Weihe gesagt wird: »Tu dies ...« Nicht etwa: »Ich werde dies tun«, sondern: »Tu dies zu Meinem Gedächtnis.« Was nach dem letzten Abendmahl geschah, ist von zentraler Bedeutung: der erste Karfreitag, Christi Kreuzestod für uns und dann Seine Auferstehung. Sehen Sie, mit dem neuen Verständnis der Messe sind Liberalismus, Ökumenismus und protestantische Ideen hereingekommen. Cranmer hat vor 500 Jahren auch eine neue Messe eingeführt, die Hochaltäre herausgerissen und einen Tisch dorthin gestellt. Heute wird der Priester nicht mehr als Priester betrachtet. Die meisten Priester verlieren ihre eigene Identität. Ich merkte dasselbe an mir, ich hatte die verschiedensten Versuchungen. Ich konnte meinen richtigen Weg nicht finden und hatte deshalb keinen Frieden. Der Priester wird jetzt als etwas wie ein Zeremonienmeister der Versammlung betrachtet, ganz offiziell wird er der Vorsitzende genannt, der über die Versammlung zu präsidieren hat. Daß nicht mehr geglaubt wird, daß dasselbe Opfer wie auf Golgotha stattfindet, ist ein sehr großer Unterschied.
Es wird oft gesagt, die Priesterbruderschaft St. Pius X. sei nicht auf der Seite des Papstes, und jeder, der zur lateinischen Messe geht, sei automatisch von der Kirche exkommuniziert. Ist überhaupt etwas Wahres an diesen Behauptungen?
P. Egli: Das ist ein Vorwurf, den wir immer wieder hören müssen: daß wir nicht »für den Papst« sind. Aber wir sind keine Sedisvakantisten, und wir sind nicht gegen den Papst. Wir sagen nicht, daß der Heilige Stuhl nicht besetzt ist. Man sagt, wir sollten uns dem Papst unterwerfen, aber ich glaube, die Wahrheit liegt ganz anders: Wenn irgend jemand für den Papst betet, dann sind wir es, die dies tun. Wir beten zu Christus für den Papst bei jeder Messe, am Abend und während des sakramentalen Segens, und wir opfern unsere Tagesarbeit für den Heiligen Vater auf. Aber uns mißfällt, daß die Priesterbruderschaft St. Petrus alle Neuerungen akzeptiert, die durch das Konzil eingeführt wurden und unbedingt vom nächsten Konzil korrigiert werden müssen. Sie müssen deshalb korrigiert werden, weil der Modernismus stets als Synthese aller Häresien betrachtet worden ist. Der Modernismus wird immer vom Liberalismus begleitet, z.B. in der Erklärung der Religionsfreiheit, im ständig betonten Ökumenismus, durch den wir denen immer näher kommen, die den Glauben verlassen haben oder häretisch geworden sind. Trotzdem haben die Protestanten niemals in all den Jahren seit dem Konzil einen einzigen Schritt in unsere Richtung unternommen! Es ist also logisch, daß die Kirche in eine unglaubliche Apostasie oder wenigstens in Verwirrung und Chaos gestürzt ist. Nur Gott kann die Wende herbeiführen.
Die Priesterbruderschaft St. Pius X. ist also nicht gegen den Papst...
P. Egli: Nein.
... aber doch gegen liberale Lehren.
P. Egli: Gegen liberale Lehren, gegen den extremen Ökumenismus und die sogenannte »Religionsfreiheit«. Wie werde ich frei? Dadurch, daß ich die Gnade habe, katholisch zu sein; dann bin ich mit Christus, und wir glauben, daß die katholische Kirche die wahre Kirche ist. Gemäß dem Ökumenismus hat jede sogenannte »Kirche« die Mittel, um uns zum Himmel zu bringen. Dies eröffnet den Weg zum Globalismus: durch eine Weltreligion zur »Eine-Welt-Regierung«. Somit würde nach einigen Jahren die katholische Kirche nicht mehr existieren. Es führt auch zur extremen Offenheit zur Welt und erlaubt der Welt, in die katholische Kirche einzudringen. Das ist noch nie so gewesen! So etwas steht im Gegensatz zu den Lehren aller heiligen Päpste der gesamten 2000 Jahre! Wir müssen entweder das glauben, was alle diese Päpste gelehrt haben, oder wir müssen an die Lehren der modernen, liberalen Päpste glauben. Wir sind nicht hier, um die Päpste zu richten, aber wir können klar sehen, daß die Lehre nicht dieselbe ist. Das aggiornamento von Johannes XXIII. - das heißt auf Italienisch »mit der Zeit Schritt halten«, modern sein - fordert, daß die ganze Kirche neu sei. Sie muß erneuert werden, eine neue Messe, eine neue Theologie, eine neue Philosophie, neue Sakramente und sogar eine neue Heilige Schrift bekommen. Es werden ständig neue Versionen der Heiligen Schrift herausgegeben, sie sind modern, nicht mehr konform mit der Erleuchtung, die der Heilige Geist den Vätern der Kirche und den Päpsten mit dem Depositum fidei, d.h. dem überlieferten Glauben, gab, der zu allen Zeiten makellos und korrekt weitergegeben wurde. Gewiß kann man einige Dinge ändern, nicht aber den Glauben.
Was passiert, wenn ich zur lateinischen Messe in einer Kapelle der Priesterbruderschaft St. Pius X. gehe? Bin ich automatisch exkommuniziert?
P. Egli: Nein. Dies wurde nie geglaubt, aber es wird der Welt, den katholischen Ländern durch die Medien gesagt. Natürlich entspricht es der Politik der Medien, die stets sagen, man darf nur dem Trend, der Mode folgen und einen breiten Mittelweg nehmen. Das ist eben der Modernismus: Mode. Sie ändert sich jedes Jahr, aber wie kann man den Glauben jedes Jahr ändern? Man kann es eben nicht. Jesus sagte: »Meine Worte werden aber nicht vergehen.« Die Gebote werden nie vergehen. Es gibt ein Gebot: »Du sollst nicht töten!« Jetzt aber sagt man: Wir werden es nicht mehr »töten« nennen. Also werden Euthanasie und Abtreibung legalisiert.
Wie ist Ihr tägliches Leben als Priester durch die Rückkehr zur Tradition und den Beitritt zur Priesterbruderschaft St. Pius X. geändert worden?
P. Egli: Als ich die Wahrheit erfuhr, wollte ich diese Wahrheit nie wieder verlieren. Sie war mir so teuer, daß ich mir sagte: »Ich darf die Wahrheit nicht verlieren! Jahrelang habe ich gebetet und gekämpft, und jetzt habe ich sie!« Ich wußte, daß während des Konzils Msgr. Lefebvre und etwa 450 konservative Bischöfe, Männer wie Kardinal Ottaviani, gegen die Liberalen, die Modernisten und die Progressisten standen. Ein großer Kampf fand dort statt. Ich wußte, daß auch ich nicht wirklich zur liberalen Seite gehörte. Also begann ich mich durch das Lesen über das Konzil zu informieren, indem ich alle Bücher las, die ich als Missionar nicht hatte lesen können.
Es gibt einen Spruch: Wenn man in eine tridentinische Messe kommt, befindet man sich im Thronsaal eines Königs. Würden Sie damit übereinstimmen?
P. Egli: O ja, sehr! Bei jeder Messe in diesen Jahren, seitdem ich wieder die tridentinische, lateinische Messe aller Zeiten feiere, fühle ich mich zutiefst wohl... Aber das ist ein moderner Ausdruck, der gar nicht ausreicht. Ich spüre einen Frieden, den ich niemals in meinem ganzen Leben seit dem Konzil hatte. Nur in meiner Kindheit kannte ich ihn. Ich bin zum wahren Glauben, der auf das wahre Opfer Unseres Herrn gegründet ist, zurückgekommen. Die priesterlichen Intentionen vervollständige ich in meinen Betrachtungen und Gebeten.
Hier in Neuseeland fehlt es fast völlig an marianischer Frömmigkeit in unserer (nachkonziliaren) Kirche. Wir haben auch seit vielen Jahren »Ministrantinnen«. Nun will man die »inklusive Sprache«* in die Liturgie und die Gebete einführen. Wieviel weiter, denken Sie, werden die Änderungen in in Richtung auf Entfernung aller katholischen Tradition und katholischen Identität aus den Gemeinden gehen?
P. Egli: Es wird in der modernen Kirche nicht lange dauern, bis katholische Tradition und Identität verschwinden und die Gemeinden praktisch mit allen anderen Konfessionen zusammengehen, ob mit Methodisten, Kongregationalisten, wem auch immer. Alles gilt für sie als gut, solange sie sich »gut fühlen«. Das Gefühl ist für die Liberalen alles! »Liberal« heißt: Ich gehe meinen Weg und tue das, was mir mein Gefühl sagt, nicht das, was die Heilige Kirche, der Heilige Geist, die Päpste und alle Väter der Kirche uns gelehrt haben. Es gibt meiner Meinung nach keinen Zweifel, daß die neue Kirche immer mehr in Verwirrung und Chaos und Zerstörung abgleiten wird.
Sie erwähnen, daß es nur sehr wenige gibt, die noch irgendwelche marianische Frömmigkeit bewahren. Dies betrifft sogar Priester und Bischöfe, wie ich gelesen habe. In vielen Kirchen ist es sogar verboten, den Rosenkranz zu beten. Ich würde mit St. Grignon de Montfort übereinstimmen, der über die marianische Frömmigkeit sagte, sie sei absolut notwendig, um in den Himmel zu gelangen! Niemand kann sagen, er habe Christus, wenn er nicht Maria hat. Das hieße den Sohn ohne die Mutter. Die Andacht zu Maria hindert uns nicht daran, Christus näherzukommen; im Gegenteil, sie ist der beste und sicherste Weg, Christus ähnlicher zu werden, weil dies das Werk der Mutter ist. In der Geschichte können Sie beobachten, wie in allen Ländern, Regionen oder Gemeinden, wo die marianische Frömmigkeit nachgelassen hat, die Anbetung Gottes und die Nachfolge Christi und seines Kreuzes in demselben Maß nachläßt.
Welchen Rat würden Sie jemandem, ob Priester oder Laie geben, der tiefe Wunden aus den Jahren der Änderungen und der Zerstörung in der katholischen Kirche in sich trägt? Was würden Sie dieser Person sagen?
P. Egli: Ich darf keine Befehle erteilen, aber wenn ich einen Wunsch zum Ausdruck bringen darf, dann ist es der, daß dieser Mensch beginne, zur Tradition zurückzukehren. Hat jemand den Weg verloren oder ist seit vielen Jahren entgleist, würde ich einfach sagen: Sie müssen zurück zu den Wurzeln, dorthin, wo Sie herkamen! Auch die Kirche muß zu den Wurzeln zurückkehren, aber diese Wurzeln waren in 2000 Jahren nie sola scriptura, d.h. nur und ausschließlich die Schrift. Diese kann verschieden interpretiert werden, was nur ständige Teilung und Streit mit sich bringt und zu neuen Ideen für die Gründung einer neuen Religion führt. Es ist so weit gekommen, daß man jede Religion gutheißt. Mein Wunsch ist, daß jeder die Patristik, d.h. die Kirchenväter, sowie die Definitionen aller heiligen Päpste und sogar der dogmatischen Konzile studiere. Aber dies läuft gegen den Modernismus, wo man sagt: »Wir wollen keine Gebote und keine Dogmen!« Allerdings: wenn jemand nur an ein einziges katholisches Dogma nicht glaubt, können wir ihn nicht einen Katholiken nennen.
Glauben Sie, daß wir eine Entwicklung sehen können, die eine Bewegung in Richtung einer »römisch-protestantischen« Kirche darstellt?
P. Egli: Ja, man könnte sie eine »römisch-protestantische« oder - noch schlimmer - eine »universale Kirche« nennen. Und alle anderen »Kirchen« können hereinkommen, denn der Ökumenismus läuft mit einer Riesengeschwindigkeit nicht nur unseren »christlichen Brüdern«, sondern auch allen monotheistischen Religionen entgegen. Sie wissen, daß der Papst schon die Vorbereitung mit Volldampf betreibt. Er will sich mit allen treffen, die einst die größten Feinde der Kirche waren, um mit ihnen zu beten. Es darf niemals dazu kommen, daß ein Papst zu diesem Zweck nach Sinai geht!
Ich kann es mir nur als die Endzeit und die große Apostasie vorstellen. Genau dies ist die Apostasie, der Abfall: daß die römisch-katholische Kirche, una sancta, catholica et apostolica, gegründet auf den Aposteln, ihre Identität verliert und in die Häresie abgleitet. Es ist das vollständige Chaos der Kirche, und es kann nicht gut enden. Das Ende ist die Zerstörung. Dies wurde überall prophezeit, und Unsere Liebe Frau sagte in Fatima, daß der Kommunismus und der Atheismus sich überall in die Kirche einschleichen würden, wenn die Menschen sich nicht mit der Kirche versöhnen und sich bekehren. Wir alle leben in einer äußerst schwierigen und dunklen Zeit. Dies ist nicht Pessimismus, es ist Tatsache. Wenn man dem Modernismus einmal in der Kirche Raum gibt, dann muß man nicht nur jedes Jahr, sondern jeden Sonntag alles ändern. Immer muß man einen neuen Trick, einen neuen Film, etwas Neues für die kleine Gruppe, die überhaupt noch kommt, erfinden. In der Schweiz gibt es schon Alpenhorn-Messen, Jazz-Messen, Tanz-Messen! Aber die jungen Leute sind schlauer: sie gehen überhaupt nicht mehr zur Kirche. Es gibt noch Gläubig welche die Messe als etwas Traditionelles betrachten, zu der sie halt aus Gewohnheit kommen, aber sie darf nicht mehr als eine halbe Stunde dauern. Alles muß schnell gehen, und es ist nur eine Frage von Nehmen und nicht von Geben. Man beichtet nicht mehr, aber die Kommunion ist für alle.
Es ist eine Frage der Sünde, über die es ein neues Denken, einen neuen Glauben gibt - unmöglich! Es ist zum Weinen! Es ist die abominatio desolationis, wenn während der Messe in einem geweihten Raum Hunderte oder gar Tausende Sakrilegien begangen werden! Ich darf niemanden verurteilen, aber es ist traurig, zutiefst traurig!
Sie fragten mich nach meinem Rat. Ich sage: Betet, betet und opfert, auf daß viele andere zurück zur Tradition, zu den Wurzeln, zur wahren katholischen, auf den Aposteln basierenden Tradition zurückkommen! Die römisch-katholische Kirche - ist heilig, sancta! Das heißt nicht, daß wir heilig sind, sondern daß das, was sie in den Sakramenten spendet - die Gnaden, die Heilige Kommunion - heilig ist.
Wir lesen im zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus, daß die Zeit sicher kommen wird, in der die Menschen nicht mehr die solide Doktrin, sondern immer etwas Neues hören wollen, und daß sie sich dann eine Reihe neuer Lehren schaffen und sich mit dem Wind treiben lassen, ihre Aufmerksamkeit nur Fabeln schenken werden. Ist dies eine Erklärung dafür, daß so viele Leute heute bereit sind, modernen »Erscheinungen« und Privatoffenbarungen wie Medjugorje und anderen zu glauben?
P. Egli: Ich glaube, die Zeit ist schon gekommen, daß der liberale Mensch dasselbe tut, wie ich oben schon sagte: Wir werden nur das hören, was wir hören wollen, das heißt sogar Fabeln, aber nicht das, was jemand anders, geschweige denn Gott oder die Bibel mir sagt. Modernismus führt zur New-Age- Idee, daß alles wunderbar ist, große Freundlichkeit ohne Verpflichtung. Das ist ein billiger, oberflächlicher Friede. Also erlaubt man das Töten überall, man legalisiert Abtreibung und Euthanasie, die Ehe ist nicht mehr Ehe, sondern etwas für ein Jahr. Und die Wahrheit ist nicht mehr die Wahrheit. Man fragt mit Pilatus: »Was ist Wahrheit?« Die Wahrheit ist für viele Menschen nur das, was sie genießen können. Dies ist der Subjektivismus, wie ihn schon Kant und andere moderne Philosophen, auch die der Phänomeno- logie, proklamiert haben. Die neue Theologie ist tatsächlich darauf aufgebaut! Freiheit, Modernismus, Progressismus, alle werfen uns zurück in den Naturalismus und den Humanismus, der keinen Gott, sondern nur eine Gottheit kennt, nämlich den Menschen selbst. Wir selbst seien Gott und könnten angeblich tun, was uns eben gefällt.
Sind Sie selbst jemals in Medjugorje gewesen, und haben Sie einen von den »Sehern« kennengelernt? Was haben Sie dort erlebt?
P. Egli: Ich muß mit Ja antworten. Ich sagte am Anfang, daß ich viele, viele Wallfahrtsorte, besucht habe, und leider sah ich auch Medjugorje. Ich sage: »Leider«, weil Medjugorje für mich mit einem großen Fragezeichen verbunden ist. Nicht nur ich; viele Gläubige, Priester, Bischöfe, sogar die Oberen von Gemeinschaften, die aus Medjugorje hervorgegangen sind, haben große Fragen bezüglich der Seher, der Herkunft der Ereignisse, der charismatischen Bewegung und ihrer Richtung, des fehlerhaften Feierns der Novus-Ordo-Messe und der Austeilung der Handkommunion im Freien im Dunklen an Hunderte von Menschen, die man nicht sehen kann - einfach an jeden. Die Tendenz geht in Richtung New-Age. Aber ich verurteile nicht all die Leute, die dorthin gehen, denn auch ich habe in Medjugorje Gnaden gespürt. Gott kann dort Gnaden geben, aber ich glaube nicht, daß hier echte Erscheinungen stattfinden.
Warum denn nicht?
P. Egli: Ich habe alle Bücher darüber gelesen, und die beste Dokumentation, 400 Seiten, ist von Bruder Michel von der Heiligsten Dreifaltigkeit, der weltweit als gelehrter Mann bekannt ist, der nicht irgend etwas in die Welt setzt, ohne darüber Bescheid zu wissen. Er hat drei große Bände über Fatima geschrieben. Er hat alle Fakten über Medjugorje dokumentiert, z.B. den Streit zwischen den Franziskanern und ihrem Bischof oder die Lügen, die sogar von Priestern erzählt wurden. Als ich zum erstenmal dorthin ging, hatte ich das alles noch nicht gelesen, aber ich hatte schon viele Zweifel. Für mich war die Begleitung von 50 Leuten dorthin einfach eine gute Möglichkeit, von der Schweiz weg zu kommen.
Viele Leute werden dort bekehrt, und ich sage nicht, daß man unbedingt schlechte Dinge dort tut. Man betet den Kreuzweg, manche fasten, manche beten sogar drei Rosenkränze pro Tag. Es ist nicht die Schuld der Laien, wenn sie durch sogenannte »Erscheinungen« verblendet werden.
Ich persönlich bin sicher, daß ich niemals zurück nach Medjugorje gehen werde, es sei denn, um jemandem wirklich zu helfen. Ich bin so oft dort gewesen, daß ich praktisch die Sprache kann; ich kenne all die Missionare. Aber ich bin völlig sicher, daß hier dasselbe Problem wie sonst in der modernen Kirche herrscht.
Aber viele Leute würden sagen: Schauen Sie alle die guten Früchte an!
P. Egli: Ja, genau das betont man: die guten Früchte. Nun, in der Endzeit ist der Teufel losgelassen, und er ist so schlau, er ist schlauer als wir alle, sogar Priester und Bischöfe. Er verwendet sogar Rosenkränze und Fasten für seine bösen Zwecke, so daß nunmehr die Mohammedaner fasten, während die Katholiken das Fasten abgeschafft haben. Es gibt viel Gutes in Medjugorje, aber ich würde es nicht auf lange Sicht gut nennen; in dieser Hinsicht gibt es keine Früchte.
Einst dachte ich, ich würde einen Herzinfarkt kriegen, wenn jemand bewiese, Medjugorje sei nicht echt. Aber inzwischen sind sehr viele Bücher und Dokumentationen erschienen, die es nachweisen. Es wurde alles durch Pater Laurentin auf Hochtouren gebracht, der als sehr liberaler peritus auf dem Konzil viele französische Bischöfe beeinflußt hat.
P. René Laurentin, der Mariologe?
P. Egli: Ja, der Mariologe. Ich kenne ihn persönlich, und jetzt weiß ich, daß er jeden Monat eine neue Broschüre über Medjugorje verbreitete. Alle haben ihm geglaubt, weil man sagte, er sei Experte, er wisse alles. Also setzte er seine Aktivitäten fort. Die meisten Menschen sagen: »Ich kann nicht darüber entscheiden.« Aber es liegt beim Hirten, eine Entscheidung zu treffen, d.h. dem Bischof der betroffenen Diözese, in diesem Fall beim Bischof von Mostar. Ich war stets gegen den Bischof von Mostar, denn ich dachte, er wäre auch ein Modernist, der nicht richtig urteilen könnte. Wahrscheinlich habe ich ihn deshalb ignoriert, weil ich P. Laurentin glaubte. Ich las alle seine kleinen Broschüren und dachte, es muß der Triumph Unserer Lieben Frau sein. Das war es aber nicht.
Ist nicht Medjugorje für viele unzufriedene Katholiken attraktiv, d.h. für Gläubige, die nach irgend etwas ausschließlich Katholischem suchen, das sie in der heutigen modernen Kirche nicht finden können?
P. Egli: Ich würde sagen ja, z.B. in den Kirchen, wo die Priester den Rosenkranz und die Wallfahrten verbieten. Die Wallfahrt ist immer praktiziert worden, auch Jesus ging auf Wallfahrt, denn die Juden pilgerten jedes Jahr nach Jerusalem. Wenn man das alles vernichtet und die Kirchen leer und nackt stehen läßt, dann werden die Leute, so denke ich, etwas suchen, was sie in der neuen Liturgie nicht finden, in dieser New-Age-Liturgie, wie ich sie nenne.
In Medjugorje wird behauptet, Unsere Liebe Frau sei seit 1981 kontinuierlich erschienen, zusammengerechnet mehr als 26.000 Male in mehr als fünfzehn Jahren. Laut manchen Anhängern trennt Medjugorje die guten von den schlechten Katholiken, je nachdem, ob sie an die Erscheinungen glauben oder nicht. Wann, glauben Sie, daß die Kirche eine offizielle Erklärung über Medjugorje abgeben wird?
P. Egli: Die Kirche kann keine Erklärungen mehr geben, weil niemand mehr an offizielle Erklärungen der Kirche glaubt. Und das ist der Trick des Teufels. Der Teufel weiß, daß die ganze Kirche unregierbar geworden ist. Der Papst hat einfach alles den Bischöfen übergeben. Jeder Bischof hat das Sagen, und die meisten sind liberal. Aber dennoch hat es eine offizielle Erklärung gegeben! Dreimal sogar hat die Kirche offiziell das Urteil gegen Medjugorje ausgesprochen, mit der Begründung, daß die Erscheinung nicht übernatürlichen Ursprungs sind. Das erste Mal durch eine Kommission des Bischofs, das zweite Mal durch eine noch größere Kommission, die durch mehrere Bischöfe zusammen eingerichtet wurde und zu ähnlich negativen Ergebnissen kam. Und das dritte Mal, vier oder fünf Jahre später, durch die Versammlung aller jugoslawischen Bischöfe. Dies war in den 90er Jahren, das Datum habe ich vergessen. Nur ein einziger Bischof war für Medjugorje: Bischof Franib von Split, der ohnehin im Ruhestand ist und seine Diözese nicht mehr leitet, der jedoch häufig nach Medjugorje fährt. Er trifft sich dort mit den Charismatikern. So kann man sagen, daß praktisch alle Bischöfe des Landes gegen Medjugorje sind.
Leider gibt es Medjugorje-Zentren in aller Welt, auch hier in Neuseeland, Vassula Rayden hat sie bekannt gemacht. Vassulas Schriften sind aber in einer neuerlichen Erklärung des Vatikans für nicht übernatürlich befunden worden. Denken Sie, daß die Botschaften von Medjugorje einem ähnlichen Ende entgegengehen?
P. Egli: Ja, dieses Phänomen Vassula Rayden kenne ich recht gut. Es wird auch wahrscheinlich einer der größten Schläge gegen die nachkonziliare Kirche sein. Meiner Meinung nach ist Vassula Rayden eine der gefährlichen, vielleicht die gefährlichste falsche Prophetin überhaupt. Ich kenne sie persönlich, weil sie Mitglied derselben Pfarrei in Lausanne war, wo ich zwei Jahre lang diente. Sie kam nie zur Messe. Sie wußte gar nichts über den katholischen Glauben. Ich weiß, daß die Leute sehr enthusiastisch über sie werden und denken, ihre Schriften gehören zur höchsten Mystik. Ich würde nicht verneinen, daß manche vielleicht sogar Nutzen daraus ziehen, weil es besser ist, so etwas so lesen als schlechte Romane. Aber ihre Lebensart, ihre Konversion und ihr sogenanntes »automatisches Schreiben« sind alle zweifelhaft. Es ist alles Betrug. Ich bin in ihrer Wohnung gewesen und zu jener Zeit zeigte ich ihr einen Medjugorje- Film. Sie sagte, »Ach, dann können wir etwas mit dieser charismatischen Bewegung tun!« Sie fuhr selber 1986 dorthin, aber man schickte sie weg.
In Medjugorje war sie nicht willkommen?
P. Egli: Nein. Manche der dortigen Priester, z.B. P. Filip Pavib, führten ein großes Streitgespräch mit ihr. Danach hat man sie weggeschickt. Sie hatte auch zu Hause Probleme mit dem Bischof vom Wallis. Sie hat einen Kreuzweg selbst geleitet, während der Bischof den Kreuzweg vorbetete. Als ihr dies verboten wurde, hat sie dort aufgehört, aber in anderen Diözesen hat sie dasselbe getan. Sie hat in anderen Fragen dem Ortsbischof weiterhin nicht gehorcht, besonders in ihren Veröffentlichungen. Sie hat häufig, öffentlich und in vielen Teil der Welt behauptet, sie seien durch »automatisches Schreiben« entstanden. Nun, jeder, der Theologie studiert hat, weiß, daß »automatisches Schreiben« zur schwarzen Magie gehört. Laut ihrem Bericht sei der Herr zu ihr gekommen, als sie im Bett lag, und habe gesagt: »O Vassula, bitte Mir deinen Arm leihen!« Und dann habe sie lange schreiben müssen, mehrere Seiten - aber sie waren voller Fehler! Ich habe solche korrigierte Seiten als Dokumentation. Sie korrigierte »Jesus«, weil gewisse Theologen, die ihre Anhänger sind, sagten, sie könne ihre Bücher nicht so verkaufen, wie sie waren; also müßte dies oder jenes durchgestrichen werden. In der englischen Ausgabe ihres Buch »A True Life in God« (»Ein wahres Leben in Gott«) gibt es solche Stellen. Niemand hat das ursprüngliche Manuskript - außer mir, ich habe es. Die Fehler sind theologisch und linguistisch.
Sie hat kontinuierlich korrigiert?
P. Egli: Und sie hat gelogen noch dazu. Das ist ein klares Zeichen, daß es nicht von Gott kommt.
Welche Wirkung denken Sie, daß sie auf diejenigen hat, die bisher ihre Anhänger sind? Was wird aus denen, die so viel Vertrauen auf ihre Schriften und Offenbarungen gelegt haben.
P. Egli: Die Frage ist schwierig, aber gut! Wenn sie täglich den Rosenkranz beten und Laien sind - ich glaube nicht, daß viele Priester oder Theologen ihr folgen -, weiß ich nicht, was mit ihnen geschieht. Wahrscheinlich gehen sie weiter auf dem liberalen, charismatischen Weg der Selbstverwirklichung. Das Ende müssen wir Gott überlassen. Man kann nicht über sie richten.
Welchen Rat möchten Sie denjenigen geben, die zu einer zu großen Beschäftigung mit modernen Erscheinungen und Offenbarungen tendieren?
P. Egli: Weil ich als Priester einst in derselben Gefahr war, würde ich ihnen sagen, sie sollten mehr zum Heiligen Geist beten, um die Sieben Gaben zu empfangen. Eine der Gaben ist die Gabe des Rates, der Unterscheidung der Geister, wodurch man die Frage beantworten kann: Kommt es von oben oder von Satan? Und wenn wir demütig beten und uns jeden Tag demütig Unserer Lieben Frau unterwerfen, dann brauchen wir keine neuen Erscheinungen und Erleuchtungen, keine Tröstungen. Wir wollen gern gewisse Dinge sehen, aber Christus sagte: »Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben!« Mit unserem Glauben an Jesus Christus haben wir alles: die Heilige Schrift, die Tradition der Väter und die Erklärungen der Päpste, die Gebote und die Sakramente. Wir brauchen keine moderne Bibel zu Hause und auch keine modernen Interpretationen von ihr. Wir müssen zurück zum alten Weg gehen, als die Wahrheit gelehrt wurde, bevor der Rauch Satans in die Kirche eindrang, wie der Papst sagte. Papst Paul VI. sagte, daß Satan in den innersten Teil der Kirche hereingekommen sei. Dies sei geschehen durch die Selbstzerstörung der Kirche, wie auch Kardinal Ratzinger oft gesagt hat. Aber viele wissen nicht, wie es dazu kam, und wollen nicht glauben, daß es direkt von den Bischöfen kam, die jene modernistischen Periti aus dem Konzil bei sich hatten - dem ersten Konzil, das sich nicht als dogmatisches, sondern auf liberale Weise als katechetisches, als »pastorales« Konzil verstand, das nicht lehrte, sondern nur ein bißchen guten Rat für jeden austeilen wollte.
(Pater Egli ist Mitglied der Priesterbruderschaft St. Pius X. und arbeitet seit einigen Jahren in Australien.)
Bandabnahme und Übersetzung: Dr. E. Kunze.
Bild von Pater Egli: http://www.sspxasia.com/Newsletters/200 ... age_17.htm
Der Text ist nicht elektronisch im Internet verfügbar, daher kein URL möglich. Deswegen möchte das Interview in Gänze abdrucken. Ich hoffe, so lange Texte sind hier im Forum erlaubt?
Mitteilungsblatt FSSPX, Dezember 1997 und Januar 1998: Interview mit H.H. Pater Paul Egli vom 12. Januar 1995 in Neuseeland durch eine Zeitung, die nicht zur FSSPX gehört.
Ein Vorgeschmack des Himmels.
Von der afrikanischen Missionsstation zum Thronsaal eines Königs.
Pater Paul Egli wurde 1957 in der Schweiz zum Priester geweiht und schloß sich den Missionsvätern von Bethlehem an. Einige Jahre später wurde er nach Rhodesien geschickt, wo in den Jahren 1973 bis 1978 mehrere Missionare vom Smith-Regime hingerichtet wurden. Er selbst wurde innerhalb von zwölf Monaten in acht verschiedene Gefängnisse gebracht. Nur durch Gottes Gnade entkam er dem Tod, wurde freigelassen und konnte in die Schweiz zurückkehren. Zu derselben Zeit zeigten die vielen Änderungen des Zweiten Vatikanums ihre volle Wirkung. Es darf nicht überraschen, daß Pater Egli, wie die Mehrzahl seiner Mitbrüder, theologisch etwas liberal geworden war, obwohl er seine Kindheit und Jugend in einer völlig anderen Kirche verbracht hatte. Während der 1980er Jahre machte Pater Egli einen tiefen persönlichen inneren Konflikt durch, der einerseits von den Erinnerungen an die Kirche, die er einst kannte, andererseits von der Kirche, deren Mitglied er jetzt ungewollt war, verursacht wurde. Sein Herz fand keinen Frieden. Es war Zufall, daß ihm 1993 einige Mitglieder seiner Pfarrei vorschlugen, eine 30-tägige Novene zum hl. Joseph zu beten, was er auch tat. Bald danach machte er eine kurze Reise nach Spanien, in deren Verlauf er auf eine Gruppe Menschen traf, die ihn baten, die lateinische tridentinische Messe für sie zu halten. Es war die Messe, die er seit 24 Jahren nicht mehr gelesen hatte, eine Messe, die sein ganzes Leben ändern sollte, eine Messe, von der er sagt: »Ich dachte, ich wäre im Himmel!«
P. Egli: Ich bin Schweizer aus dem deutschsprachigen Teil der Schweiz, aus der Nähe von St. Gallen. Wir waren eine große Familie einfacher Bauern mit sechs Kühen und zwölf Kindern. Ich entschied mich dafür, Priester und Missionar zu werden und trat in die Bruderschaft der Bethlehem-Väter ein. Ich habe auch einen Bruder, der Missionar und Mitglied der Bethlehem-Väter ist, sowie eine Schwester, die seit 40 Jahren Nonne und Missionarin in Afrika ist. Also
haben wir drei Missionarberufungen in der Familie. Nachdem ich 1957 zum Priester geweiht worden war, schickte man mich 1959 nach Afrika, nach Rhodesien. In diesem armen, schwierigen Land war ich etwa 18 Jahre lang ein gewöhnlicher Missionar. Die letzten zehn dieser Jahre gehörten, wie Sie wissen, zur Zeit des Regimes von Ian Smith, die erfüllt war vom Kampf zwischen Weißen und Schwarzen. Wir hatten etwa zehn Jahre Krieg. Viele der Ordenspriester wurden getötet, und ich war Ordenspriester. Es gab schreckliche Unruhen, und es war für die etwa 500 Missionare eine harte Zeit. Ich war der einzige Ordenspriester, der inhaftiert wurde. Vielleicht geschah es, um mich zu retten. Man behauptete, ich hätte aktiv am Kampf oder am Terrorismus teilgenommen. Das war überhaupt nicht wahr. Man konnte nichts gegen mich beweisen, also wurde ich zu einem Jahr anstatt der verlangten zehn Jahre verurteilt. Ich appellierte ans Höchste Gericht, mußte danach trotzdem ins Gefängnis - in acht verschiedene Gefängnisse im Laufe eines einzigen Jahres. Dann wurde ich aus dem Lande verbannt. Ich durfte nicht zu meinen Pfarreien zurück. Ich hatte damals viele verschiedene Gemeinden, so daß ich das ganze Territorium, das ganze Land kenne. Die Haftbedingungen waren sehr hart, aber ich überlebte und kehrte in die Schweiz zurück. Deshalb bin ich dann in Europa geblieben und nicht irgendwo anders Missionar gewesen. Eine Rückkehr nach Rhodesien war nicht ratsam, denn ich war ungewollt zu einer Art politischer Figur geworden.
Etwa einen Monat, nachdem ich in die Schweiz und in die Freiheit zurückgekehrt war, erlitt ich eine schwere Depression, fast wie einen Nervenzusammenbruch, so daß ich einige Wochen oder Monate lang nicht einmal die Messe lesen konnte. Ich konnte gar nichts tun, und ich mußte erst ganz allmählich zur Normalität zurück gelangen. Mir halfen Kontakte mit der Familie, mit den Tieren auf dem Bauernhof, mit dem Wald und der Natur. Danach konnte ich wieder eine Arbeit aufnehmen. In St. Gallen, in Zürich und in verschiedenen Diözesen habe ich einfach Aushilfe geleistet. Mein Herz war aber immer noch bei den Missionen in Afrika, wo ich so viele Jahre verbracht hatte. Aber ich durfte nicht mehr zurück. Während dieser jahrelangen Aushilfsarbeit in der Schweiz war ich nicht allzu glücklich. Es war nicht nur wegen der Folgen, die der Krieg in Rhodesien für mich hatte, es war auch die neue Kirche, die ich vorfand, eine ganz andere Kirche als die meiner Jugend, ganz anders als die Kirche meiner Eltern und anders als der Katechismus, den sie und die Priester mir beigebracht hatten. Alles war nunmehr sehr progressistisch, sehr liberal, ganz neu. Ich mußte dies alles erfahren. Deshalb wollte ich tatsächlich die Schweiz verlassen und irgendwohin gehen, zurück zur Berufung, die Gott mir verliehen hatte, Missionar weit weg von meinem Heimatland zu sein. Aber meine Gesundheit war nicht mehr gut genug.
Sie haben sicherlich den Verlauf des II. Vatikanischen Konzils mit großem Interesse verfolgt. Was waren Ihre Gefühle damals in bezug auf die Zukunft der katholischen Kirche?
P. Egli: Eigentlich muß ich zugeben, daß ich das Konzil nicht so aufmerksam verfolgte, wie ich es hätte tun sollen, weil ich in den Jahren 1962 bis 1965 als aktiver Priester mit mehreren Missionspfarreien sehr beschäftigt war. Wissen Sie, dort hatte ich keine Zeit, alles zu studieren, und ich verschob das Studium der Konzilstexte immer wieder. Ich dachte, es würde irgendwann eine ruhige Stunde geben, um dies nachzuholen.
Wir haben in den dreißig Jahren seit dem II. Vatikanum die Geburt vieler Bewegungen gesehen, z.B. der charismatischen Bewegungen usw. Welchen Einfluß hatten die Aktivitäten dieser verschiedenen Bewegungen auf Ihr Leben als Priester?
P. Egli: Als Aushilfspriester in der Schweiz merkte ich, daß ich mit dieser neuen Theologie nicht zurechtkommen konnte. Tatsächlich suchte ich nach etwas anderem. Dadurch kam ich in Kontakt mit der charismatischen Bewegung wie auch mit mehreren anderen Gruppen. Ich reiste durch ganz Frankreich, weil ich dachte, dort könnte der richtige Weg zu finden sein, ein neuer Geist. Ich dachte, wir müßten viele neue Dinge lernen. Aber die Wirkung auf mein Leben war eher negativ. Ich war nicht glücklich, besonders mit den Exzessen der Charismatiker, weil sie jenem Pfingstlertum nahe stehen, das vor einem Jahrhundert aus dem Protestantismus (und nicht nur aus dem Protestantismus, sondern auch aus der schwarzen Magie des Satanismus) hervorgegangen ist. Einige Pfingstler sind zur katholischen Kirche herübergekommen, aber ich bin mir hundertprozentig sicher, daß dies nicht der Weg für die katholische Kirche ist! Deshalb habe ich mich keiner der Bewegungen angeschlossen. Ich war allerdings sehr neugierig und versuchte durch Lektüre und Besuche andere Gemeinschaften kennenzulernen. Die Wahrheit habe ich aber dabei nicht gefunden.
Sie waren schon in der Schweiz, als Erzbischof Lefebvre die Bischöfe weihte. Wie war Ihre erste Reaktion, als Sie die Nachricht davon hörten?
P. Egli: Ziemlich negativ. Ich war in Lausanne, das ganz in der Nähe von Ecône liegt, als Pfarrer für die deutschsprachigen Gläubigen im ganzen Umkreis, d.h. in 50 verschiedenen französischsprechenden Pfarreien eingesetzt. Ich mußte auf Französisch und Deutsch die Messe feiern, Beerdigungen, Hochzeiten usw. halten. Von Msgr. Lefebvre hatte ich gehört, daß er zur Tradition der katholischen Kirche hielt, und ich war zu jener Zeit nicht gegen ihn. Ich hatte ihn jedoch nie kennengelernt, ich kannte auch kein Mitglied der Priesterbruderschaft St. Pius X., keine Freunde der Priesterbruderschaft. Ich forschte nicht über sie nach und schob die ganze Frage beiseite. Da ich selbst schon 20 Jahre in der neuen Kirche verbracht hatte, war ich ungewollt von deren Ideen angesteckt. Ich dachte, die Priesterbruderschaft sei zu traditionell, und ich würde diesen Weg nicht begehen. Das war meine erste Reaktion.
Sie wurden 1957 nach lateinischem Ritus geweiht, und nach dem II. Vatikanischen Konzil lasen Sie die Novus-Ordo-Messe. Aber erst vor zwei Jahren haben Sie sich entschieden, in die Priesterbruderschaft St. Pius X. einzutreten. Was hat Sie dazu gebracht, zur lateinischen tridentinischen Messe zurückzukehren?
P. Egli: Von meiner Priesterweihe ab und praktisch bis 1970, als ich noch in Rhodesien war - heute Simbabwe -, las ich die normale Messe der vergangenen 2000 Jahre, wie alle sie gelesen haben. Sogar die Bischöfe und die Päpste während und unmittelbar nach dem Konzil feierten die alte Messe, bis eine gewisse liturgische Kommission diese Messe zerstörte! Daß ich zur wirklichen Messe nach vielen Jahren zurückkehrte, ist praktisch der Tatsache zu verdanken, daß ich meinen Oberen Gehorsam leisten mußte. Meine Vorgesetzten in der Gesellschaft der Bethlehem-Väter wollten ihr Seminar in der Schweiz zum allerprogressivsten umgestalten, um progressive Priester heranzubilden und die südamerikanische Theologie der Befreiung und die Theologie der Basis-Kirche zu unterstützen. Ich war gegen die Befreiungstheologie von Boff und seinen Leuten, und deshalb wollte ich die Bethlehem-Gesellschaft vor längerer Zeit verlassen, also bereits bevor ich die Gnade erhielt, zur Wahrheit und zur Tradition zurückzufinden. Schon vor zehn Jahren schrieb ich meinem Generaloberen davon. Aber ich wußte nicht, wo ich hingehen sollte. Ich hatte nicht genug nachgeforscht, und ich war auch damals in der Schweiz ein bißchen aktivistisch. Auch betete ich nicht genug. Aber durch Wallfahrten kam ich wenigstens zum normalen priesterlichen Leben zurück: ich begann wieder das Brevier, den Rosenkranz, den Kreuzweg zu beten. Da dachte ich auch über die neue Messe nach, die uns aufgezwungen wurde.
Im Jahre 1988 hat Erzbischof Lefebvre mehrere Bischöfe geweiht. Zwei Tage später verkündete Papst Johannes Paul II. den Einsatz der Kommission Ecclesia Dei zur Förderung der Feier der tridentinischen Messe. Später sahen wir die Formierung der Priesterbruderschaft St. Petrus, die, oberflächlich betrachtet, wie eine exakte Kopie der Priesterbruderschaft St. Pius X. aussieht. Wo liegen die fundamentalen Unterschiede zwischen diesen beiden Orden? Und haben Sie den Beitritt zur Petrusbruderschaft erwogen?
P. Egli: In den Jahren, bevor ich die Gnade der Rückkehr empfing, hatte ich Kontakte mit der Petrusbruderschaft. Ich war zweimal in Wigratzbad. Ich sah mir an, wie die Priester die Messe lasen, und ich dachte, es wäre die alte Weise. Aber ich fühlte mich nicht wohl, ich war nicht glücklich und fühlte mich nicht von der Petrusbruderschaft angezogen. Ich kannte sie, während ich die Priesterbruderschaft St. Pius X. noch nicht kannte. Es ist also interessant, daß ich schließlich doch zur Priesterbruderschaft St. Pius X. kam. Ich wollte nicht in die Petrusbruderschaft eintreten, es war nur meine alte Neugier, genau wie es bei meinen Besuchen bei den Charismatikern und den anderen Gruppen und theologischen Anschauungen gewesen war. Ich hatte noch nicht genug Frieden im Herzen. Ich wollte nur die Wahrheit finden, und es bedurfte vieler Wallfahrten und vieler Novenen, bis ich die Wahrheit fand.
Schließlich sagte ich: Nun bin ich am Ende mit meiner Weisheit. Meine theologischen Kenntnisse reichen nicht aus. Nur die Gnade Gottes reicht, um mir den Willen Gottes für mich als Priester zu zeigen. Ich war schon über 60, und ich sagte mir, es müsse eine Möglichkeit für mich geben, zur echten Messe, zum richtigen priesterlichen Leben und zur echten Wahrheit der katholischen Kirche zurückzukehren. Für mich war der extreme Ökumenismus eine Art Gift, vor dem ich fliehen mußte, um nicht immer mehr vergiftet zu werden. Es bestand für mich, so dachte ich, die große Gefahr des totalen Glaubensverlustes. Also betete ich vor allem zum hl. Joseph. Das war 1993.
Weil das Mysterium von Bethlehem für uns Bethlehem-Väter im Mittelpunkt steht, entschloß ich mich endlich, über die Geburt Jesu in Bethlehem zu betrachten. Dort sehen wir Unsere Liebe Frau, St. Joseph, das Jesuskindlein - und auch den Ochsen und den Esel. Ich fühlte mich wie der Esel, der über einen großen Berg nicht hinwegkommt, also bat ich: »St. Joseph, ziehe mich, leite mich irgendwohin!« Damals las ich immer mehr mystische Theologie, vor allem Werke der hl. Theresa von Avila. Dort fand ich die Stelle, wo sie sagt, der hl. Joseph habe ihr das ganze Leben lang und bei der Reform aller ihrer Klöster für Mönche und Nonnen in Spanien geholfen. Sie schreibt: »Wenn jemand nicht glaubt, daß der hl. Joseph immer hilft, sollte er es zumindest probieren!« Also sagte ich: »Gut, ich probiere es, ich mache eine Novene.« Also machte ich im November 1992 eine normale Novene von neun Tagen mit Rosenkranzgebet und einigen Litaneien.
Nichts passierte. Er stellte meine Geduld auf die Probe. Im Januar machte ich noch eine Novene, im Februar war ich viel auf Reisen und konnte keine Novene halten, aber im März fing ich wieder an. Gleich nach dem Fest des hl. Joseph, am 19. März, hörte ich von der großen Novene zum hl. Joseph. Sie dauert nicht neun, sondern 30 Tage, um der 30 Jahre des verborgenen Lebens Jesu, des hl. Josephs und Unserer Lieben Frau in Nazareth zu gedenken. Ganze 30 Tage lang betet man ein Büchlein, das vom hl. Pius X. stammt, denn dieser Papst approbierte die Erzbruderschaft St. Joseph, die eine große Kirche in der Nähe des Vatikans besitzt. Ich hatte nie davon gehört. Jetzt, durch »Zufall« - aber es gibt keinen Zufall -, erzählte mir eine junge Familie davon und sagte mir: »Sie werden eine große Gnade erhalten!« Ich sagte, ich hätte schon lange zum hl. Joseph gebetet, allerdings wüßte ich nichts von dieser Novene.
Am Ende dieser Novene habe ich tatsächlich die große Gnade empfangen. Es war auf einer Wallfahrt, in Spanien, unterwegs von Lourdes nach Fatima, in einem kleinen Dorf namens Garabandal. Ich hatte gehört, daß die Erscheinungen in Garabandal von der Kirche noch nicht anerkannt sind, aber ich war neugierig. Mit Erlaubnis meiner Oberen konnte ich gelegentlich einen ein- oder zweiwöchigen Urlaub nehmen. Ich durfte bei anderen Kongregationen wohnen oder auf Wallfahrt zu verschiedenen Orten fahren. Und nun kam die Gnade, um die ich gebetet hatte, in Garabandal.
Wie machte sich diese Gnade bemerkbar?
P. Egli: Sie kam, nachdem ich zum ersten Mal seit 24 Jahren nicht die neue Messe, sondern die alte, tridentinische Messe feierte. Dies tat ich, weil eine Gruppe mich darum gebeten hatte. Weil ich schon etwas liberal war, überlegte ich einige Male, ob ich es tun sollte oder nicht. Ich war nicht überzeugt, und ich hatte eigentlich überhaupt nicht vor, die alte Messe zu lesen. Aber es war eine große Gruppe von etwa zwanzig Leuten, darunter etliche Familien, die dort in Garabandal wohnen. Ich hatte schon eine Novus-Ordo-Messe dort gelesen, und ich dachte, am folgenden Tag würde ich sie auch wieder lesen, denn dann käme der Ortspriester, mit dem ich konzelebrieren wollte. Dies war mein Plan. Aber ich kam weder zu dieser Konzelebration noch zur Feier einer Novus-Ordo-Messe, denn diese Leute baten mich mit größter Dringlichkeit und erzählten von ihrer tiefen Not: Sie gehen nur zur lateinischen Messe, zur tridentinischen Messe, welche die Messe aller Zeiten ist, gut 1500 Jahre alt, weil sie ein Opfer ist. Sie baten mich, in einer kleinen Kapelle dort diese Messe für sie zu feiern.
Die Gnade ließ sich zuerst Zeit, denn mein Gedanke war: Na ja, eigentlich ist es keine Sünde, wenn ich eine lateinische Messe feiere! Auch wollte ich nicht etwas tun, was der Papst nicht mag. Dann fiel mir ein, daß der Papst und Kardinal Ratzinger die Indultmesse gebilligt hatten. Ich verstand nicht genau, was das hieß, nur, daß man ab und zu die alte Messe feiern kann, wenn man ihr nicht allzu viel Vorrang gibt. Ich dachte: Wenn diese Leute nicht guten Gewissens zur anderen Messe gehen könnten, warum soll ich nicht einwilligen? Endlich sagte ich: »Ja, wenn Sie mir helfen!« Denn nach 24 Jahren, ohne eine einzige lateinische Messe zu feiern, fragte ich mich, ob das Latein ins Gedächtnis zurückkommen oder ich alle Rubriken richtig ausführen würde. Das ist schließlich kein Spiel!
Wie haben Sie sich während der Messe gefühlt?
P. Egli: Nun, ich war natürlich etwas nervös. Wir hatten aber viel Zeit, und ich sah, wie die Leute beteten, die Frauen alle mit Kopftüchern, alle auf den Knien... Es war herrlich! Ich fühlte mich wie im Himmel, obgleich ich gar nichts erwartet hatte! Es gab nicht einmal Sonnenschein; es war 10 Uhr morgens und der Himmel war bedeckt. Es war ein bißchen kalt, und ich kannte diese Leute nicht gut. Sie waren Franzosen. Ich sagte einige Worte auf Französisch und auf Englisch darüber, daß ich nur unterwegs sei nach Fatima. Anstatt der üblichen halben Stunde, die man für die neue Messe braucht, dauerte diese Messe etwa anderthalb Stunden, weil ich die lateinischen Worte so exakt und langsam aussprach. Außerdem mußte ich einige Rubriken genau lesen. Da diese Leute wußten, daß ich nicht mehr gewöhnt war, diese Messe zu feiern, gaben sie mir ab und zu einen Hinweis, damit ich diese oder jene Kniebeuge nicht vergaß. Aber auf diese Weise habe ich es eigentlich recht gut geschafft.
Nach der neuen Messe springen alle sofort auf und gehen aus der Kirche. Aber während ich dort in der Sakristei war, machten alle noch ihre Danksagung! Ich mußte mir gestehen, daß ich 24 Jahre lang keine Danksagung nach der heiligen Messe gemacht hatte! Statt dessen gingen wir mit den Gläubigen hinaus, reichten die Hand, umarmten einige sogar, tauschten ein bißchen menschliche Freundlichkeit aus, bevor die Leute nach Hause gingen. Aber hier sagten sie alle dem Herrn Dank dafür, daß sie die heilige Kommunion empfangen hatten. Sie verbrachten diese zehn oder fünfzehn Minuten mit Dem, Den sie in ihren Herzen trugen. Und ich schämte mich! Ich wollte deshalb nicht hinausgehen und auf sie warten, sondern auch selbst meinen Dank beten.
Dies tat ich auch, und ich sagte: »O Herr, danke, daß Du in meinem Herzen anwesend bist!« Und ich machte eine tiefere, persönliche Danksagung.
Dann, während dieses stillen Augenblicks der Danksagung, hörte ich eine laute, eindringliche Stimme. Ich hörte nicht mit meinen Ohren, sondern mit meinem Inneren, diese Stimme, die nur drei Worte sagte: »Jamais! Jamais! Jamais!«. Auf Französisch!
Nun, Französisch ist eine Sprache, die ich sehr gern habe, aber meine Muttersprache ist Schweizerdeutsch. Doch ich hörte es nicht auf Deutsch. Und obwohl ich die vergangenen vier Jahre in Italien verbracht hatte und eben aus Rom nach Spanien gereist war, war es nicht auf Italienisch. Auch nicht auf Englisch hörte ich diese Worte, auch nicht auf Spanisch. Ich hörte die Worte auf Französisch. Ich war über Südfrankreich gekommen, aber ich wunderte mich, warum die Worte auf Französisch kamen. Nun weiß ich, daß es Monseigneur Lefebvre gewesen sein mußte, den ich für einen der größten Heiligen unseres Jahrhunderts neben Pater Pio halte. Er hat mir vielleicht diese Gnade gegeben, oder es könnte jener andere Priester gewesen sein, der sein ganzes Leben nur für die Priester aufopferte, damit sie zur wahren Tradition zurückkehren: Pater Henri La Praz, der nach etwa 100 Operationen starb. Keinen Tag in seinem Leben war er gesund. Er hat Unglaubliches erlitten. Später habe ich in der Broschüre über ihn erfahren, daß er am 22. April 1993 seinen Oberen sagte: »Jetzt kann ich sterben.« Und er bat um die Beisetzung in Ecône in der Nähe des Gründers der Priesterbruderschaft. Es war derselbe Tag! Vielleicht ist dies Zufall. Damals aber dachte ich an all die Heiligen im Himmel, die für mich Fürbitte geleistet haben könnten; nicht nur an St. Joseph, sondern auch an meine heiligmäßigen Eltern. Mein Vater war vor zwanzig Jahren in den Himmel gegangen, meine Mutter vor sieben Jahren. Und am Todestag meiner Mutter ist mir stets etwas Wunderbares widerfahren.
Als ich am Nachmittag über den Heiligen des Tages nachdachte, fiel es mir ein: Es war der Tag meiner Primiz, meiner ersten tridentinischen Messe - und der Todestag meiner Mutter! Ich jubelte noch mehr, ich war noch glücklicher und in einem noch tieferen Frieden, denn neben dem Zeichen, das mir der Herr gegeben hatte, war es auch der Todestag meiner Mutter. Bei der Messe bitte ich immer für sie, aber an diesem Tag war ich derart nervös gewesen, daß ich sogar ihr Gedenken vergessen hatte.
Was bedeuten jene französischen Worte?
P. Egli: »Jamais - jamais - jamais« - das heißt: niemals, nimmer! Und ich wußte, was gemeint war. Ich begriff den ganzen Kontext sofort: Niemals, nie wieder die Luther-Messe, die Novus-Ordo-Messe lesen! Für mich ist sie eine Luther-Messe, denn die Evangelischen sagen, sie sei ihre Messe, für sie akzeptabel. Mit dieser Messe sind wir immer mehr zum protestantischen Abendmahl oder zur Cranmer-Messe gekommen und immer weiter weg vom Opfer. Ich wußte noch etwas: Als ich die Gnade der Bekehrung bekam, blieb ich derselbe Mensch. Ich habe sie gar nicht verdient! Warum wurde es mir gegeben, zur Messe der Tradition zurückzufinden?
Ich wußte dann, daß ich stets nur diese Messe auf ewig und bis zu meinem letzten Atemzug feiern werde. Um das mindeste zu sagen: Die Novus-Ordo-Messe ist gefährlich, eisglatt und führt in den Abgrund. Viele, viele sind durch sie verlorengegangen.
Worin sehen Sie die Mängel der Novus-Ordo-Messe?
P. Egli: Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr sah ich, daß die Mängel in den Änderungen der Texte und in dem neuen theologischen Verständnis der neuen Messe liegen. Es ist vorher nie so gewesen. Die neue Messe ist nicht nur etwas Neues, sie ist völlig anders als die alte Messe. Die alte Messe wurde stets und überall seit Jesu Leben auf Erden als Opfer betrachtet, ein Opfer, wie es Melchisedech auf dem Altar, den er baute, darbrachte, ein Opfer wie im Tempel bis zu Jesu Zeit. Jesus hat uns durch Sein Opfer am Kreuz erlöst. Wir lernten im Theologiestudium und wir wußten immer, daß die heilige Messe das Opfer Christi ist, daß in ihr der Priester an der Stelle Jesu steht. Jesus selbst ist das Opfer, Er opfert Sich als makelloses Lamm dem himmlischen Vater auf zur Versöhnung und zum Nachlaß unserer Sünden. Das war das echte, traditionelle Verständnis des Zentrums unseres katholischen Glaubens. Die Messe ist das Zentrum!
Die neue Messe tendiert immer mehr zum protestantischen Verständnis, d.h. zum Abendmahl, zum eucharistischen Mahl. Nun, für ein Mahl braucht man keinen Altar, denn es ist kein Opfer. Die Protestanten lehnen das Opfer ab, also hat man alle Opfergebete aus dem Offertorium und dem Kanon gestrichen. Fast alles ist geändert worden. Dann ist mehr Humanismus hereingekommen, ein bißchen Freundlichkeit um den Tisch. Also gibt es nur eine Versammlung, eine eucharistische Versammlung oder Mahlzeit, die man am Tisch einnimmt. Der Priester steht nicht mehr an Jesu Stelle, bietet nicht mehr das echte Opfer dem himmlischen Vater an, so daß dem himmlischen Vater nicht mehr so viele Opfer dargebracht werden wie vorher.
Ob diese neue Messe gültig oder ungültig ist, entscheide ich nicht. Ich glaube, viele der jüngeren Priester haben nicht mehr dieselbe Intention. Sie glauben weder an die Anwesenheit Unseres Herrn in der heiligen Eucharistie, noch an die Transsubstantiation, d.h. daß das Brot nach der Wandlung mit Brot nichts mehr zu tun hat, sondern wirklich der Leib und das Blut Unseres Herrn ist. Denn beim letzten Abendmahle sagte Er: »Das ist Mein Fleisch... Das ist Mein Blut...« Und Er sagte den Aposteln, wie dem Priester bei der Weihe gesagt wird: »Tu dies ...« Nicht etwa: »Ich werde dies tun«, sondern: »Tu dies zu Meinem Gedächtnis.« Was nach dem letzten Abendmahl geschah, ist von zentraler Bedeutung: der erste Karfreitag, Christi Kreuzestod für uns und dann Seine Auferstehung. Sehen Sie, mit dem neuen Verständnis der Messe sind Liberalismus, Ökumenismus und protestantische Ideen hereingekommen. Cranmer hat vor 500 Jahren auch eine neue Messe eingeführt, die Hochaltäre herausgerissen und einen Tisch dorthin gestellt. Heute wird der Priester nicht mehr als Priester betrachtet. Die meisten Priester verlieren ihre eigene Identität. Ich merkte dasselbe an mir, ich hatte die verschiedensten Versuchungen. Ich konnte meinen richtigen Weg nicht finden und hatte deshalb keinen Frieden. Der Priester wird jetzt als etwas wie ein Zeremonienmeister der Versammlung betrachtet, ganz offiziell wird er der Vorsitzende genannt, der über die Versammlung zu präsidieren hat. Daß nicht mehr geglaubt wird, daß dasselbe Opfer wie auf Golgotha stattfindet, ist ein sehr großer Unterschied.
Es wird oft gesagt, die Priesterbruderschaft St. Pius X. sei nicht auf der Seite des Papstes, und jeder, der zur lateinischen Messe geht, sei automatisch von der Kirche exkommuniziert. Ist überhaupt etwas Wahres an diesen Behauptungen?
P. Egli: Das ist ein Vorwurf, den wir immer wieder hören müssen: daß wir nicht »für den Papst« sind. Aber wir sind keine Sedisvakantisten, und wir sind nicht gegen den Papst. Wir sagen nicht, daß der Heilige Stuhl nicht besetzt ist. Man sagt, wir sollten uns dem Papst unterwerfen, aber ich glaube, die Wahrheit liegt ganz anders: Wenn irgend jemand für den Papst betet, dann sind wir es, die dies tun. Wir beten zu Christus für den Papst bei jeder Messe, am Abend und während des sakramentalen Segens, und wir opfern unsere Tagesarbeit für den Heiligen Vater auf. Aber uns mißfällt, daß die Priesterbruderschaft St. Petrus alle Neuerungen akzeptiert, die durch das Konzil eingeführt wurden und unbedingt vom nächsten Konzil korrigiert werden müssen. Sie müssen deshalb korrigiert werden, weil der Modernismus stets als Synthese aller Häresien betrachtet worden ist. Der Modernismus wird immer vom Liberalismus begleitet, z.B. in der Erklärung der Religionsfreiheit, im ständig betonten Ökumenismus, durch den wir denen immer näher kommen, die den Glauben verlassen haben oder häretisch geworden sind. Trotzdem haben die Protestanten niemals in all den Jahren seit dem Konzil einen einzigen Schritt in unsere Richtung unternommen! Es ist also logisch, daß die Kirche in eine unglaubliche Apostasie oder wenigstens in Verwirrung und Chaos gestürzt ist. Nur Gott kann die Wende herbeiführen.
Die Priesterbruderschaft St. Pius X. ist also nicht gegen den Papst...
P. Egli: Nein.
... aber doch gegen liberale Lehren.
P. Egli: Gegen liberale Lehren, gegen den extremen Ökumenismus und die sogenannte »Religionsfreiheit«. Wie werde ich frei? Dadurch, daß ich die Gnade habe, katholisch zu sein; dann bin ich mit Christus, und wir glauben, daß die katholische Kirche die wahre Kirche ist. Gemäß dem Ökumenismus hat jede sogenannte »Kirche« die Mittel, um uns zum Himmel zu bringen. Dies eröffnet den Weg zum Globalismus: durch eine Weltreligion zur »Eine-Welt-Regierung«. Somit würde nach einigen Jahren die katholische Kirche nicht mehr existieren. Es führt auch zur extremen Offenheit zur Welt und erlaubt der Welt, in die katholische Kirche einzudringen. Das ist noch nie so gewesen! So etwas steht im Gegensatz zu den Lehren aller heiligen Päpste der gesamten 2000 Jahre! Wir müssen entweder das glauben, was alle diese Päpste gelehrt haben, oder wir müssen an die Lehren der modernen, liberalen Päpste glauben. Wir sind nicht hier, um die Päpste zu richten, aber wir können klar sehen, daß die Lehre nicht dieselbe ist. Das aggiornamento von Johannes XXIII. - das heißt auf Italienisch »mit der Zeit Schritt halten«, modern sein - fordert, daß die ganze Kirche neu sei. Sie muß erneuert werden, eine neue Messe, eine neue Theologie, eine neue Philosophie, neue Sakramente und sogar eine neue Heilige Schrift bekommen. Es werden ständig neue Versionen der Heiligen Schrift herausgegeben, sie sind modern, nicht mehr konform mit der Erleuchtung, die der Heilige Geist den Vätern der Kirche und den Päpsten mit dem Depositum fidei, d.h. dem überlieferten Glauben, gab, der zu allen Zeiten makellos und korrekt weitergegeben wurde. Gewiß kann man einige Dinge ändern, nicht aber den Glauben.
Was passiert, wenn ich zur lateinischen Messe in einer Kapelle der Priesterbruderschaft St. Pius X. gehe? Bin ich automatisch exkommuniziert?
P. Egli: Nein. Dies wurde nie geglaubt, aber es wird der Welt, den katholischen Ländern durch die Medien gesagt. Natürlich entspricht es der Politik der Medien, die stets sagen, man darf nur dem Trend, der Mode folgen und einen breiten Mittelweg nehmen. Das ist eben der Modernismus: Mode. Sie ändert sich jedes Jahr, aber wie kann man den Glauben jedes Jahr ändern? Man kann es eben nicht. Jesus sagte: »Meine Worte werden aber nicht vergehen.« Die Gebote werden nie vergehen. Es gibt ein Gebot: »Du sollst nicht töten!« Jetzt aber sagt man: Wir werden es nicht mehr »töten« nennen. Also werden Euthanasie und Abtreibung legalisiert.
Wie ist Ihr tägliches Leben als Priester durch die Rückkehr zur Tradition und den Beitritt zur Priesterbruderschaft St. Pius X. geändert worden?
P. Egli: Als ich die Wahrheit erfuhr, wollte ich diese Wahrheit nie wieder verlieren. Sie war mir so teuer, daß ich mir sagte: »Ich darf die Wahrheit nicht verlieren! Jahrelang habe ich gebetet und gekämpft, und jetzt habe ich sie!« Ich wußte, daß während des Konzils Msgr. Lefebvre und etwa 450 konservative Bischöfe, Männer wie Kardinal Ottaviani, gegen die Liberalen, die Modernisten und die Progressisten standen. Ein großer Kampf fand dort statt. Ich wußte, daß auch ich nicht wirklich zur liberalen Seite gehörte. Also begann ich mich durch das Lesen über das Konzil zu informieren, indem ich alle Bücher las, die ich als Missionar nicht hatte lesen können.
Es gibt einen Spruch: Wenn man in eine tridentinische Messe kommt, befindet man sich im Thronsaal eines Königs. Würden Sie damit übereinstimmen?
P. Egli: O ja, sehr! Bei jeder Messe in diesen Jahren, seitdem ich wieder die tridentinische, lateinische Messe aller Zeiten feiere, fühle ich mich zutiefst wohl... Aber das ist ein moderner Ausdruck, der gar nicht ausreicht. Ich spüre einen Frieden, den ich niemals in meinem ganzen Leben seit dem Konzil hatte. Nur in meiner Kindheit kannte ich ihn. Ich bin zum wahren Glauben, der auf das wahre Opfer Unseres Herrn gegründet ist, zurückgekommen. Die priesterlichen Intentionen vervollständige ich in meinen Betrachtungen und Gebeten.
Hier in Neuseeland fehlt es fast völlig an marianischer Frömmigkeit in unserer (nachkonziliaren) Kirche. Wir haben auch seit vielen Jahren »Ministrantinnen«. Nun will man die »inklusive Sprache«* in die Liturgie und die Gebete einführen. Wieviel weiter, denken Sie, werden die Änderungen in in Richtung auf Entfernung aller katholischen Tradition und katholischen Identität aus den Gemeinden gehen?
P. Egli: Es wird in der modernen Kirche nicht lange dauern, bis katholische Tradition und Identität verschwinden und die Gemeinden praktisch mit allen anderen Konfessionen zusammengehen, ob mit Methodisten, Kongregationalisten, wem auch immer. Alles gilt für sie als gut, solange sie sich »gut fühlen«. Das Gefühl ist für die Liberalen alles! »Liberal« heißt: Ich gehe meinen Weg und tue das, was mir mein Gefühl sagt, nicht das, was die Heilige Kirche, der Heilige Geist, die Päpste und alle Väter der Kirche uns gelehrt haben. Es gibt meiner Meinung nach keinen Zweifel, daß die neue Kirche immer mehr in Verwirrung und Chaos und Zerstörung abgleiten wird.
Sie erwähnen, daß es nur sehr wenige gibt, die noch irgendwelche marianische Frömmigkeit bewahren. Dies betrifft sogar Priester und Bischöfe, wie ich gelesen habe. In vielen Kirchen ist es sogar verboten, den Rosenkranz zu beten. Ich würde mit St. Grignon de Montfort übereinstimmen, der über die marianische Frömmigkeit sagte, sie sei absolut notwendig, um in den Himmel zu gelangen! Niemand kann sagen, er habe Christus, wenn er nicht Maria hat. Das hieße den Sohn ohne die Mutter. Die Andacht zu Maria hindert uns nicht daran, Christus näherzukommen; im Gegenteil, sie ist der beste und sicherste Weg, Christus ähnlicher zu werden, weil dies das Werk der Mutter ist. In der Geschichte können Sie beobachten, wie in allen Ländern, Regionen oder Gemeinden, wo die marianische Frömmigkeit nachgelassen hat, die Anbetung Gottes und die Nachfolge Christi und seines Kreuzes in demselben Maß nachläßt.
Welchen Rat würden Sie jemandem, ob Priester oder Laie geben, der tiefe Wunden aus den Jahren der Änderungen und der Zerstörung in der katholischen Kirche in sich trägt? Was würden Sie dieser Person sagen?
P. Egli: Ich darf keine Befehle erteilen, aber wenn ich einen Wunsch zum Ausdruck bringen darf, dann ist es der, daß dieser Mensch beginne, zur Tradition zurückzukehren. Hat jemand den Weg verloren oder ist seit vielen Jahren entgleist, würde ich einfach sagen: Sie müssen zurück zu den Wurzeln, dorthin, wo Sie herkamen! Auch die Kirche muß zu den Wurzeln zurückkehren, aber diese Wurzeln waren in 2000 Jahren nie sola scriptura, d.h. nur und ausschließlich die Schrift. Diese kann verschieden interpretiert werden, was nur ständige Teilung und Streit mit sich bringt und zu neuen Ideen für die Gründung einer neuen Religion führt. Es ist so weit gekommen, daß man jede Religion gutheißt. Mein Wunsch ist, daß jeder die Patristik, d.h. die Kirchenväter, sowie die Definitionen aller heiligen Päpste und sogar der dogmatischen Konzile studiere. Aber dies läuft gegen den Modernismus, wo man sagt: »Wir wollen keine Gebote und keine Dogmen!« Allerdings: wenn jemand nur an ein einziges katholisches Dogma nicht glaubt, können wir ihn nicht einen Katholiken nennen.
Glauben Sie, daß wir eine Entwicklung sehen können, die eine Bewegung in Richtung einer »römisch-protestantischen« Kirche darstellt?
P. Egli: Ja, man könnte sie eine »römisch-protestantische« oder - noch schlimmer - eine »universale Kirche« nennen. Und alle anderen »Kirchen« können hereinkommen, denn der Ökumenismus läuft mit einer Riesengeschwindigkeit nicht nur unseren »christlichen Brüdern«, sondern auch allen monotheistischen Religionen entgegen. Sie wissen, daß der Papst schon die Vorbereitung mit Volldampf betreibt. Er will sich mit allen treffen, die einst die größten Feinde der Kirche waren, um mit ihnen zu beten. Es darf niemals dazu kommen, daß ein Papst zu diesem Zweck nach Sinai geht!
Ich kann es mir nur als die Endzeit und die große Apostasie vorstellen. Genau dies ist die Apostasie, der Abfall: daß die römisch-katholische Kirche, una sancta, catholica et apostolica, gegründet auf den Aposteln, ihre Identität verliert und in die Häresie abgleitet. Es ist das vollständige Chaos der Kirche, und es kann nicht gut enden. Das Ende ist die Zerstörung. Dies wurde überall prophezeit, und Unsere Liebe Frau sagte in Fatima, daß der Kommunismus und der Atheismus sich überall in die Kirche einschleichen würden, wenn die Menschen sich nicht mit der Kirche versöhnen und sich bekehren. Wir alle leben in einer äußerst schwierigen und dunklen Zeit. Dies ist nicht Pessimismus, es ist Tatsache. Wenn man dem Modernismus einmal in der Kirche Raum gibt, dann muß man nicht nur jedes Jahr, sondern jeden Sonntag alles ändern. Immer muß man einen neuen Trick, einen neuen Film, etwas Neues für die kleine Gruppe, die überhaupt noch kommt, erfinden. In der Schweiz gibt es schon Alpenhorn-Messen, Jazz-Messen, Tanz-Messen! Aber die jungen Leute sind schlauer: sie gehen überhaupt nicht mehr zur Kirche. Es gibt noch Gläubig welche die Messe als etwas Traditionelles betrachten, zu der sie halt aus Gewohnheit kommen, aber sie darf nicht mehr als eine halbe Stunde dauern. Alles muß schnell gehen, und es ist nur eine Frage von Nehmen und nicht von Geben. Man beichtet nicht mehr, aber die Kommunion ist für alle.
Es ist eine Frage der Sünde, über die es ein neues Denken, einen neuen Glauben gibt - unmöglich! Es ist zum Weinen! Es ist die abominatio desolationis, wenn während der Messe in einem geweihten Raum Hunderte oder gar Tausende Sakrilegien begangen werden! Ich darf niemanden verurteilen, aber es ist traurig, zutiefst traurig!
Sie fragten mich nach meinem Rat. Ich sage: Betet, betet und opfert, auf daß viele andere zurück zur Tradition, zu den Wurzeln, zur wahren katholischen, auf den Aposteln basierenden Tradition zurückkommen! Die römisch-katholische Kirche - ist heilig, sancta! Das heißt nicht, daß wir heilig sind, sondern daß das, was sie in den Sakramenten spendet - die Gnaden, die Heilige Kommunion - heilig ist.
Wir lesen im zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus, daß die Zeit sicher kommen wird, in der die Menschen nicht mehr die solide Doktrin, sondern immer etwas Neues hören wollen, und daß sie sich dann eine Reihe neuer Lehren schaffen und sich mit dem Wind treiben lassen, ihre Aufmerksamkeit nur Fabeln schenken werden. Ist dies eine Erklärung dafür, daß so viele Leute heute bereit sind, modernen »Erscheinungen« und Privatoffenbarungen wie Medjugorje und anderen zu glauben?
P. Egli: Ich glaube, die Zeit ist schon gekommen, daß der liberale Mensch dasselbe tut, wie ich oben schon sagte: Wir werden nur das hören, was wir hören wollen, das heißt sogar Fabeln, aber nicht das, was jemand anders, geschweige denn Gott oder die Bibel mir sagt. Modernismus führt zur New-Age- Idee, daß alles wunderbar ist, große Freundlichkeit ohne Verpflichtung. Das ist ein billiger, oberflächlicher Friede. Also erlaubt man das Töten überall, man legalisiert Abtreibung und Euthanasie, die Ehe ist nicht mehr Ehe, sondern etwas für ein Jahr. Und die Wahrheit ist nicht mehr die Wahrheit. Man fragt mit Pilatus: »Was ist Wahrheit?« Die Wahrheit ist für viele Menschen nur das, was sie genießen können. Dies ist der Subjektivismus, wie ihn schon Kant und andere moderne Philosophen, auch die der Phänomeno- logie, proklamiert haben. Die neue Theologie ist tatsächlich darauf aufgebaut! Freiheit, Modernismus, Progressismus, alle werfen uns zurück in den Naturalismus und den Humanismus, der keinen Gott, sondern nur eine Gottheit kennt, nämlich den Menschen selbst. Wir selbst seien Gott und könnten angeblich tun, was uns eben gefällt.
Sind Sie selbst jemals in Medjugorje gewesen, und haben Sie einen von den »Sehern« kennengelernt? Was haben Sie dort erlebt?
P. Egli: Ich muß mit Ja antworten. Ich sagte am Anfang, daß ich viele, viele Wallfahrtsorte, besucht habe, und leider sah ich auch Medjugorje. Ich sage: »Leider«, weil Medjugorje für mich mit einem großen Fragezeichen verbunden ist. Nicht nur ich; viele Gläubige, Priester, Bischöfe, sogar die Oberen von Gemeinschaften, die aus Medjugorje hervorgegangen sind, haben große Fragen bezüglich der Seher, der Herkunft der Ereignisse, der charismatischen Bewegung und ihrer Richtung, des fehlerhaften Feierns der Novus-Ordo-Messe und der Austeilung der Handkommunion im Freien im Dunklen an Hunderte von Menschen, die man nicht sehen kann - einfach an jeden. Die Tendenz geht in Richtung New-Age. Aber ich verurteile nicht all die Leute, die dorthin gehen, denn auch ich habe in Medjugorje Gnaden gespürt. Gott kann dort Gnaden geben, aber ich glaube nicht, daß hier echte Erscheinungen stattfinden.
Warum denn nicht?
P. Egli: Ich habe alle Bücher darüber gelesen, und die beste Dokumentation, 400 Seiten, ist von Bruder Michel von der Heiligsten Dreifaltigkeit, der weltweit als gelehrter Mann bekannt ist, der nicht irgend etwas in die Welt setzt, ohne darüber Bescheid zu wissen. Er hat drei große Bände über Fatima geschrieben. Er hat alle Fakten über Medjugorje dokumentiert, z.B. den Streit zwischen den Franziskanern und ihrem Bischof oder die Lügen, die sogar von Priestern erzählt wurden. Als ich zum erstenmal dorthin ging, hatte ich das alles noch nicht gelesen, aber ich hatte schon viele Zweifel. Für mich war die Begleitung von 50 Leuten dorthin einfach eine gute Möglichkeit, von der Schweiz weg zu kommen.
Viele Leute werden dort bekehrt, und ich sage nicht, daß man unbedingt schlechte Dinge dort tut. Man betet den Kreuzweg, manche fasten, manche beten sogar drei Rosenkränze pro Tag. Es ist nicht die Schuld der Laien, wenn sie durch sogenannte »Erscheinungen« verblendet werden.
Ich persönlich bin sicher, daß ich niemals zurück nach Medjugorje gehen werde, es sei denn, um jemandem wirklich zu helfen. Ich bin so oft dort gewesen, daß ich praktisch die Sprache kann; ich kenne all die Missionare. Aber ich bin völlig sicher, daß hier dasselbe Problem wie sonst in der modernen Kirche herrscht.
Aber viele Leute würden sagen: Schauen Sie alle die guten Früchte an!
P. Egli: Ja, genau das betont man: die guten Früchte. Nun, in der Endzeit ist der Teufel losgelassen, und er ist so schlau, er ist schlauer als wir alle, sogar Priester und Bischöfe. Er verwendet sogar Rosenkränze und Fasten für seine bösen Zwecke, so daß nunmehr die Mohammedaner fasten, während die Katholiken das Fasten abgeschafft haben. Es gibt viel Gutes in Medjugorje, aber ich würde es nicht auf lange Sicht gut nennen; in dieser Hinsicht gibt es keine Früchte.
Einst dachte ich, ich würde einen Herzinfarkt kriegen, wenn jemand bewiese, Medjugorje sei nicht echt. Aber inzwischen sind sehr viele Bücher und Dokumentationen erschienen, die es nachweisen. Es wurde alles durch Pater Laurentin auf Hochtouren gebracht, der als sehr liberaler peritus auf dem Konzil viele französische Bischöfe beeinflußt hat.
P. René Laurentin, der Mariologe?
P. Egli: Ja, der Mariologe. Ich kenne ihn persönlich, und jetzt weiß ich, daß er jeden Monat eine neue Broschüre über Medjugorje verbreitete. Alle haben ihm geglaubt, weil man sagte, er sei Experte, er wisse alles. Also setzte er seine Aktivitäten fort. Die meisten Menschen sagen: »Ich kann nicht darüber entscheiden.« Aber es liegt beim Hirten, eine Entscheidung zu treffen, d.h. dem Bischof der betroffenen Diözese, in diesem Fall beim Bischof von Mostar. Ich war stets gegen den Bischof von Mostar, denn ich dachte, er wäre auch ein Modernist, der nicht richtig urteilen könnte. Wahrscheinlich habe ich ihn deshalb ignoriert, weil ich P. Laurentin glaubte. Ich las alle seine kleinen Broschüren und dachte, es muß der Triumph Unserer Lieben Frau sein. Das war es aber nicht.
Ist nicht Medjugorje für viele unzufriedene Katholiken attraktiv, d.h. für Gläubige, die nach irgend etwas ausschließlich Katholischem suchen, das sie in der heutigen modernen Kirche nicht finden können?
P. Egli: Ich würde sagen ja, z.B. in den Kirchen, wo die Priester den Rosenkranz und die Wallfahrten verbieten. Die Wallfahrt ist immer praktiziert worden, auch Jesus ging auf Wallfahrt, denn die Juden pilgerten jedes Jahr nach Jerusalem. Wenn man das alles vernichtet und die Kirchen leer und nackt stehen läßt, dann werden die Leute, so denke ich, etwas suchen, was sie in der neuen Liturgie nicht finden, in dieser New-Age-Liturgie, wie ich sie nenne.
In Medjugorje wird behauptet, Unsere Liebe Frau sei seit 1981 kontinuierlich erschienen, zusammengerechnet mehr als 26.000 Male in mehr als fünfzehn Jahren. Laut manchen Anhängern trennt Medjugorje die guten von den schlechten Katholiken, je nachdem, ob sie an die Erscheinungen glauben oder nicht. Wann, glauben Sie, daß die Kirche eine offizielle Erklärung über Medjugorje abgeben wird?
P. Egli: Die Kirche kann keine Erklärungen mehr geben, weil niemand mehr an offizielle Erklärungen der Kirche glaubt. Und das ist der Trick des Teufels. Der Teufel weiß, daß die ganze Kirche unregierbar geworden ist. Der Papst hat einfach alles den Bischöfen übergeben. Jeder Bischof hat das Sagen, und die meisten sind liberal. Aber dennoch hat es eine offizielle Erklärung gegeben! Dreimal sogar hat die Kirche offiziell das Urteil gegen Medjugorje ausgesprochen, mit der Begründung, daß die Erscheinung nicht übernatürlichen Ursprungs sind. Das erste Mal durch eine Kommission des Bischofs, das zweite Mal durch eine noch größere Kommission, die durch mehrere Bischöfe zusammen eingerichtet wurde und zu ähnlich negativen Ergebnissen kam. Und das dritte Mal, vier oder fünf Jahre später, durch die Versammlung aller jugoslawischen Bischöfe. Dies war in den 90er Jahren, das Datum habe ich vergessen. Nur ein einziger Bischof war für Medjugorje: Bischof Franib von Split, der ohnehin im Ruhestand ist und seine Diözese nicht mehr leitet, der jedoch häufig nach Medjugorje fährt. Er trifft sich dort mit den Charismatikern. So kann man sagen, daß praktisch alle Bischöfe des Landes gegen Medjugorje sind.
Leider gibt es Medjugorje-Zentren in aller Welt, auch hier in Neuseeland, Vassula Rayden hat sie bekannt gemacht. Vassulas Schriften sind aber in einer neuerlichen Erklärung des Vatikans für nicht übernatürlich befunden worden. Denken Sie, daß die Botschaften von Medjugorje einem ähnlichen Ende entgegengehen?
P. Egli: Ja, dieses Phänomen Vassula Rayden kenne ich recht gut. Es wird auch wahrscheinlich einer der größten Schläge gegen die nachkonziliare Kirche sein. Meiner Meinung nach ist Vassula Rayden eine der gefährlichen, vielleicht die gefährlichste falsche Prophetin überhaupt. Ich kenne sie persönlich, weil sie Mitglied derselben Pfarrei in Lausanne war, wo ich zwei Jahre lang diente. Sie kam nie zur Messe. Sie wußte gar nichts über den katholischen Glauben. Ich weiß, daß die Leute sehr enthusiastisch über sie werden und denken, ihre Schriften gehören zur höchsten Mystik. Ich würde nicht verneinen, daß manche vielleicht sogar Nutzen daraus ziehen, weil es besser ist, so etwas so lesen als schlechte Romane. Aber ihre Lebensart, ihre Konversion und ihr sogenanntes »automatisches Schreiben« sind alle zweifelhaft. Es ist alles Betrug. Ich bin in ihrer Wohnung gewesen und zu jener Zeit zeigte ich ihr einen Medjugorje- Film. Sie sagte, »Ach, dann können wir etwas mit dieser charismatischen Bewegung tun!« Sie fuhr selber 1986 dorthin, aber man schickte sie weg.
In Medjugorje war sie nicht willkommen?
P. Egli: Nein. Manche der dortigen Priester, z.B. P. Filip Pavib, führten ein großes Streitgespräch mit ihr. Danach hat man sie weggeschickt. Sie hatte auch zu Hause Probleme mit dem Bischof vom Wallis. Sie hat einen Kreuzweg selbst geleitet, während der Bischof den Kreuzweg vorbetete. Als ihr dies verboten wurde, hat sie dort aufgehört, aber in anderen Diözesen hat sie dasselbe getan. Sie hat in anderen Fragen dem Ortsbischof weiterhin nicht gehorcht, besonders in ihren Veröffentlichungen. Sie hat häufig, öffentlich und in vielen Teil der Welt behauptet, sie seien durch »automatisches Schreiben« entstanden. Nun, jeder, der Theologie studiert hat, weiß, daß »automatisches Schreiben« zur schwarzen Magie gehört. Laut ihrem Bericht sei der Herr zu ihr gekommen, als sie im Bett lag, und habe gesagt: »O Vassula, bitte Mir deinen Arm leihen!« Und dann habe sie lange schreiben müssen, mehrere Seiten - aber sie waren voller Fehler! Ich habe solche korrigierte Seiten als Dokumentation. Sie korrigierte »Jesus«, weil gewisse Theologen, die ihre Anhänger sind, sagten, sie könne ihre Bücher nicht so verkaufen, wie sie waren; also müßte dies oder jenes durchgestrichen werden. In der englischen Ausgabe ihres Buch »A True Life in God« (»Ein wahres Leben in Gott«) gibt es solche Stellen. Niemand hat das ursprüngliche Manuskript - außer mir, ich habe es. Die Fehler sind theologisch und linguistisch.
Sie hat kontinuierlich korrigiert?
P. Egli: Und sie hat gelogen noch dazu. Das ist ein klares Zeichen, daß es nicht von Gott kommt.
Welche Wirkung denken Sie, daß sie auf diejenigen hat, die bisher ihre Anhänger sind? Was wird aus denen, die so viel Vertrauen auf ihre Schriften und Offenbarungen gelegt haben.
P. Egli: Die Frage ist schwierig, aber gut! Wenn sie täglich den Rosenkranz beten und Laien sind - ich glaube nicht, daß viele Priester oder Theologen ihr folgen -, weiß ich nicht, was mit ihnen geschieht. Wahrscheinlich gehen sie weiter auf dem liberalen, charismatischen Weg der Selbstverwirklichung. Das Ende müssen wir Gott überlassen. Man kann nicht über sie richten.
Welchen Rat möchten Sie denjenigen geben, die zu einer zu großen Beschäftigung mit modernen Erscheinungen und Offenbarungen tendieren?
P. Egli: Weil ich als Priester einst in derselben Gefahr war, würde ich ihnen sagen, sie sollten mehr zum Heiligen Geist beten, um die Sieben Gaben zu empfangen. Eine der Gaben ist die Gabe des Rates, der Unterscheidung der Geister, wodurch man die Frage beantworten kann: Kommt es von oben oder von Satan? Und wenn wir demütig beten und uns jeden Tag demütig Unserer Lieben Frau unterwerfen, dann brauchen wir keine neuen Erscheinungen und Erleuchtungen, keine Tröstungen. Wir wollen gern gewisse Dinge sehen, aber Christus sagte: »Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben!« Mit unserem Glauben an Jesus Christus haben wir alles: die Heilige Schrift, die Tradition der Väter und die Erklärungen der Päpste, die Gebote und die Sakramente. Wir brauchen keine moderne Bibel zu Hause und auch keine modernen Interpretationen von ihr. Wir müssen zurück zum alten Weg gehen, als die Wahrheit gelehrt wurde, bevor der Rauch Satans in die Kirche eindrang, wie der Papst sagte. Papst Paul VI. sagte, daß Satan in den innersten Teil der Kirche hereingekommen sei. Dies sei geschehen durch die Selbstzerstörung der Kirche, wie auch Kardinal Ratzinger oft gesagt hat. Aber viele wissen nicht, wie es dazu kam, und wollen nicht glauben, daß es direkt von den Bischöfen kam, die jene modernistischen Periti aus dem Konzil bei sich hatten - dem ersten Konzil, das sich nicht als dogmatisches, sondern auf liberale Weise als katechetisches, als »pastorales« Konzil verstand, das nicht lehrte, sondern nur ein bißchen guten Rat für jeden austeilen wollte.
(Pater Egli ist Mitglied der Priesterbruderschaft St. Pius X. und arbeitet seit einigen Jahren in Australien.)
Bandabnahme und Übersetzung: Dr. E. Kunze.
Bild von Pater Egli: http://www.sspxasia.com/Newsletters/200 ... age_17.htm
Hallo Athanasius,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag und die Fülle an zusätzlichem Lesestoff.
Obwohl ich alles recht aufmerksam durchgelesen habe, scheinen meine eigentlichen Fragen damit nicht so wirklich beantwortet zu sein.
Zwar ist in dem, was Du selbst geschrieben und zitiert hast, sehr anschaulich geschildert, weshalb man dem gegenwärtigen Papst in fast keinem Punkt dessen, was er sagt und tut, mehr folgen kann, doch mir fehlt eine Erklärung, wie man einen solchen Mann, der seinen Herrn nicht nur drei Mal verleugnet, sondern - wenn die negative Einschätzung der Piusbruderschaft zutrifft - der dies so gut wie ständig tut, noch als Papst anerkennen kann.
Alle historischen Parallelen, die mit der heutigen Zeit gezogen werden, um aufzuzeigen, dass es auch früher schon Päpste gab, die irrten oder Häresien begünstigten und vielleicht sogar lehrten, lassen einen wesentlichen Unterschied zum heute angenommenen Zustand erkennen.
Stets war es nur ein Punkt der Lehre, in dem sie irrten.
Aber dieser eine Irrtum verdarb nicht alles andere, was sie als oberste Hirten lehrten.
Das war bei Petrus so, als er in Antiochien zuviel Rücksicht auf das jüdische Gesetz nahm,
das war bei Liberius der Fall, als er (und dies noch auf äußeren Druck) missverständliche und im arianischen Sinne interpretierbare Formeln über das Verhältnis von Vater und Sohn unterschrieb,
das war auch bei Honorius so, als er eine falsche Ansicht darüber unterstützte, ob in Christus ein Wille oder zwei Willen sind,
und das war auch bei Johannes XXII. nicht anders, der zeitweilig eine irrige Meinung vertrat im Hinblick darauf, ob die Heiligen bereits sofort nach ihrem Tod zur Anschauung Gottes gelangen oder ob sie dies erst nach dem Jüngsten Gericht tun.
Heute wäre es - wenn die Einschätzung der Piusbruderschaft stimmt - jedoch nicht nur ein einzelner Punkt, also z.B. der Ökumenismus, mit welchem der gegenwärtige Papst einen Irrtum vertritt oder begünstigt, sondern seine gesamte Lehrtätigkeit wäre vom Irrtum durchdrungen.
Also nicht nur, wenn er vom Ökumenismus spricht, oder wenn er die Religionsfreiheit einfordert, ist das verkehrt und abzulehnen.
Es wäre genauso falsch, was er ansonsten sagt.
Man wirft ihm das Vertreten einer falschen Messopfertheologie (Stichwort: Paschamysterium) vor, man sagt, er vertrete die Allerlösungstheorie, man wirft ihm vor, die Ideen der Freimaurer (Menschenrechte, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) zu verkünden, ja selbst dort, wo er noch traditionelle Lehren vertritt (wie in der Morallehre, z.B. in "veritas splendor"), unterstellt man ihm, dass alles von einer falschen Philosophie aus begründet sei, usw. usf.
Nicht mal seine Heiligsprechungen kann man mehr ohne Weiteres anerkennen und auch die neuen Rosenkranzgeheimnisse sollte man aus Sicht der Piusbruderschaft lieber nicht beten.
Da frage ich mich allen Ernstes, wie man einen solchen Mann, als Papst anerkennen kann. Was bleibt denn da praktisch noch übrig von der theoretischen Anerkennung?
Und die andere Frage wäre:
Wenn der gegenwärtige Papst tatsächlich Papst ist, kann dann wirklich im Prinzip so gut wie alles falsch sein, was er tut und sagt?
Gilt denn nicht mehr, was Papst Leo XIII. in "Satis cognitum" wie folgt schrieb:
>>Denn weder den Felsen, auf den Christus die Kirche baut, noch die Kirche werden die Pforten der Hölle überwältigen. <<?
Stimmt nicht mehr, was Papst Innozenz III. in Erklärung des Gebetes des Herrn für Petrus in Lk 22, 32 feststellte, nämlich dass aus diesem "klar hervorgehe, dass die Nachfolger desselben (hl. Petrus) niemals zu irgendeiner Zeit von dem katholischen Glauben abweichen könnten " (DS 775).
Ja, und was ist mit den Aussagen des hl. Ludwig Maria Grignion v. Montfort, die er in seinem "Goldenen Buch" wie folgt machte:
"Da Maria allein alle Häresien besiegt und vernichtet hat ..., wird ein getreuer Verehrer Mariä , obwohl die Kritiker dies nicht anerkennen wollen, niemals in eine Häresie oder einen Glaubensirrtum verfallen, wenigstens nie in formeller Weise. Er mag materiell irren, die Lüge für Wahrheit, den bösen Geist für den guten halten, wenn auch nicht so leicht wie ein anderer;
früher oder später wird er aber seinen Fehler und seinen materiellen Irrtum erkennen, und wenn er ihn erkannt hat, nie und nimmer hartnäckig darauf bestehen oder daran festhalten. "
Auch dies scheint auf Papst Johannes Paul II. - ebenso wie die anderen Zitate - nicht mehr zuzutreffen, denn wenn man diesem Papst auch vieles vorwerfen kann, so doch ganz bestimmt nicht, dass er kein "getreuer Verehrer Mariä" wäre.
Und was ist mit dem, was Papst Leo XIII. ebenfalls in seiner Enzyklika "Satis Cognitum" sagte:
"...Dem Römischen Papst untergeordnet zu sein, lehrt Abt Maximus, ist das Merkmal des wahren Glaubens und der wahren Gemeinschaft.
Wer nicht Irrlehrer sein und heißen will, der braucht sich nicht mit diesem oder jenen über seinen Glauben (rechtfertigend) auseinanderzusetzen.
Statt mit allen anderen rechtfertige er sich vor dem Römischen Stuhl.
Ist dieser zufriedengestellt, so wird jeder überall und bei allen als ein frommer und rechtgläubiger Mann gelten.
Vergeblich ist jedes Wort, um jemanden wie mich zu überreden, wenn man dem Heiligsten Vater der heiligsten Römischen Kirche, das ist: dem Apostolischen Stuhl, nicht Genugtuung leistet ..."?
Also ich bringe die theoretische Anerkennung des Papstes mit der Annahme, das all dies, was ich hier zitierte, heute in der Praxis nicht mehr zutrifft, einfach nicht zusammen.
Und auch die Haltung zur neuen Messe ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar.
Entweder sie ist eine "Luthermesse", dann ist sie als ungültig abzulehnen, oder sie ist eine gültige Messe, dann kann sie nicht ein "Gift für den Glauben" sein, denn - ich wiederhole mich - was anderes bedeutet denn das Wort "gültig" im Hinblick auf die Hl. Messe, als dass hier tatsächlich Christus in den gewandelten Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig ist und sich selbst durch die Hände des Priesters unblutig opfert zur Sühne für die Sünden, so dass auf dem Altare das Kreuzesopfer von Kalvaria erneuert wird und seine Gnaden zugewendet werden.
Wenn dies alles aber der Fall ist, was ich damit anerkenne, wenn ich die neue Messe als gültige Messe bezeichne, wie kann das dann ein "Gift für den Glauben" oder eine zu meidende Gott nicht wohlgefällige Sache sein?
Zusammenfassend:
Es gibt gute Gründe und plausible Argumente der Piusbruderschaft, weshalb das, was der Papst sagt und tut, in der Praxis fast vollständig abzulehnen ist,
ebenso wie es einleuchtende Argumente für die totale Ablehnung der neuen Messe in der Praxis gibt.
Andererseits bleibt - gerade wenn man der traditionellen Lehre treu sein will - offen, wie man trotz dieser praktischen Ablehnung des Papstes und der neuen Messe beides (also den gegenwärtigen Papst und die neue Messe) theoretisch anerkennen soll.
Ratlose Grüße
Falk
vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag und die Fülle an zusätzlichem Lesestoff.
Obwohl ich alles recht aufmerksam durchgelesen habe, scheinen meine eigentlichen Fragen damit nicht so wirklich beantwortet zu sein.
Zwar ist in dem, was Du selbst geschrieben und zitiert hast, sehr anschaulich geschildert, weshalb man dem gegenwärtigen Papst in fast keinem Punkt dessen, was er sagt und tut, mehr folgen kann, doch mir fehlt eine Erklärung, wie man einen solchen Mann, der seinen Herrn nicht nur drei Mal verleugnet, sondern - wenn die negative Einschätzung der Piusbruderschaft zutrifft - der dies so gut wie ständig tut, noch als Papst anerkennen kann.
Alle historischen Parallelen, die mit der heutigen Zeit gezogen werden, um aufzuzeigen, dass es auch früher schon Päpste gab, die irrten oder Häresien begünstigten und vielleicht sogar lehrten, lassen einen wesentlichen Unterschied zum heute angenommenen Zustand erkennen.
Stets war es nur ein Punkt der Lehre, in dem sie irrten.
Aber dieser eine Irrtum verdarb nicht alles andere, was sie als oberste Hirten lehrten.
Das war bei Petrus so, als er in Antiochien zuviel Rücksicht auf das jüdische Gesetz nahm,
das war bei Liberius der Fall, als er (und dies noch auf äußeren Druck) missverständliche und im arianischen Sinne interpretierbare Formeln über das Verhältnis von Vater und Sohn unterschrieb,
das war auch bei Honorius so, als er eine falsche Ansicht darüber unterstützte, ob in Christus ein Wille oder zwei Willen sind,
und das war auch bei Johannes XXII. nicht anders, der zeitweilig eine irrige Meinung vertrat im Hinblick darauf, ob die Heiligen bereits sofort nach ihrem Tod zur Anschauung Gottes gelangen oder ob sie dies erst nach dem Jüngsten Gericht tun.
Heute wäre es - wenn die Einschätzung der Piusbruderschaft stimmt - jedoch nicht nur ein einzelner Punkt, also z.B. der Ökumenismus, mit welchem der gegenwärtige Papst einen Irrtum vertritt oder begünstigt, sondern seine gesamte Lehrtätigkeit wäre vom Irrtum durchdrungen.
Also nicht nur, wenn er vom Ökumenismus spricht, oder wenn er die Religionsfreiheit einfordert, ist das verkehrt und abzulehnen.
Es wäre genauso falsch, was er ansonsten sagt.
Man wirft ihm das Vertreten einer falschen Messopfertheologie (Stichwort: Paschamysterium) vor, man sagt, er vertrete die Allerlösungstheorie, man wirft ihm vor, die Ideen der Freimaurer (Menschenrechte, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) zu verkünden, ja selbst dort, wo er noch traditionelle Lehren vertritt (wie in der Morallehre, z.B. in "veritas splendor"), unterstellt man ihm, dass alles von einer falschen Philosophie aus begründet sei, usw. usf.
Nicht mal seine Heiligsprechungen kann man mehr ohne Weiteres anerkennen und auch die neuen Rosenkranzgeheimnisse sollte man aus Sicht der Piusbruderschaft lieber nicht beten.
Da frage ich mich allen Ernstes, wie man einen solchen Mann, als Papst anerkennen kann. Was bleibt denn da praktisch noch übrig von der theoretischen Anerkennung?
Und die andere Frage wäre:
Wenn der gegenwärtige Papst tatsächlich Papst ist, kann dann wirklich im Prinzip so gut wie alles falsch sein, was er tut und sagt?
Gilt denn nicht mehr, was Papst Leo XIII. in "Satis cognitum" wie folgt schrieb:
>>Denn weder den Felsen, auf den Christus die Kirche baut, noch die Kirche werden die Pforten der Hölle überwältigen. <<?
Stimmt nicht mehr, was Papst Innozenz III. in Erklärung des Gebetes des Herrn für Petrus in Lk 22, 32 feststellte, nämlich dass aus diesem "klar hervorgehe, dass die Nachfolger desselben (hl. Petrus) niemals zu irgendeiner Zeit von dem katholischen Glauben abweichen könnten " (DS 775).
Ja, und was ist mit den Aussagen des hl. Ludwig Maria Grignion v. Montfort, die er in seinem "Goldenen Buch" wie folgt machte:
"Da Maria allein alle Häresien besiegt und vernichtet hat ..., wird ein getreuer Verehrer Mariä , obwohl die Kritiker dies nicht anerkennen wollen, niemals in eine Häresie oder einen Glaubensirrtum verfallen, wenigstens nie in formeller Weise. Er mag materiell irren, die Lüge für Wahrheit, den bösen Geist für den guten halten, wenn auch nicht so leicht wie ein anderer;
früher oder später wird er aber seinen Fehler und seinen materiellen Irrtum erkennen, und wenn er ihn erkannt hat, nie und nimmer hartnäckig darauf bestehen oder daran festhalten. "
Auch dies scheint auf Papst Johannes Paul II. - ebenso wie die anderen Zitate - nicht mehr zuzutreffen, denn wenn man diesem Papst auch vieles vorwerfen kann, so doch ganz bestimmt nicht, dass er kein "getreuer Verehrer Mariä" wäre.
Und was ist mit dem, was Papst Leo XIII. ebenfalls in seiner Enzyklika "Satis Cognitum" sagte:
"...Dem Römischen Papst untergeordnet zu sein, lehrt Abt Maximus, ist das Merkmal des wahren Glaubens und der wahren Gemeinschaft.
Wer nicht Irrlehrer sein und heißen will, der braucht sich nicht mit diesem oder jenen über seinen Glauben (rechtfertigend) auseinanderzusetzen.
Statt mit allen anderen rechtfertige er sich vor dem Römischen Stuhl.
Ist dieser zufriedengestellt, so wird jeder überall und bei allen als ein frommer und rechtgläubiger Mann gelten.
Vergeblich ist jedes Wort, um jemanden wie mich zu überreden, wenn man dem Heiligsten Vater der heiligsten Römischen Kirche, das ist: dem Apostolischen Stuhl, nicht Genugtuung leistet ..."?
Also ich bringe die theoretische Anerkennung des Papstes mit der Annahme, das all dies, was ich hier zitierte, heute in der Praxis nicht mehr zutrifft, einfach nicht zusammen.
Und auch die Haltung zur neuen Messe ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar.
Entweder sie ist eine "Luthermesse", dann ist sie als ungültig abzulehnen, oder sie ist eine gültige Messe, dann kann sie nicht ein "Gift für den Glauben" sein, denn - ich wiederhole mich - was anderes bedeutet denn das Wort "gültig" im Hinblick auf die Hl. Messe, als dass hier tatsächlich Christus in den gewandelten Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig ist und sich selbst durch die Hände des Priesters unblutig opfert zur Sühne für die Sünden, so dass auf dem Altare das Kreuzesopfer von Kalvaria erneuert wird und seine Gnaden zugewendet werden.
Wenn dies alles aber der Fall ist, was ich damit anerkenne, wenn ich die neue Messe als gültige Messe bezeichne, wie kann das dann ein "Gift für den Glauben" oder eine zu meidende Gott nicht wohlgefällige Sache sein?
Zusammenfassend:
Es gibt gute Gründe und plausible Argumente der Piusbruderschaft, weshalb das, was der Papst sagt und tut, in der Praxis fast vollständig abzulehnen ist,
ebenso wie es einleuchtende Argumente für die totale Ablehnung der neuen Messe in der Praxis gibt.
Andererseits bleibt - gerade wenn man der traditionellen Lehre treu sein will - offen, wie man trotz dieser praktischen Ablehnung des Papstes und der neuen Messe beides (also den gegenwärtigen Papst und die neue Messe) theoretisch anerkennen soll.
Ratlose Grüße
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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:34, insgesamt 1-mal geändert.
Hallo Athanasius,
wie Du an mich, so möchte auch ich an Dich schreiben:
>> Herzlichen Dank für Deine Hinweise und schwierigen Fragen. Diese bringen mich dazu, meine Gedanken zur FSSPX zu vertiefen. <<
Du schreibst dann:
>>So wichtig eine gute Theorie auch ist, die Praxis gibt den Ausschlag für mich. Dies fängt mit der hl. Messe an: theoretisch ist der Novus Ordo "in Ordnung", aber in der Praxis schneidet er zur überlieferten Messe unvergleichbar schlecht ab. Nachdem ich Jahre lang die neue Messe besuchte, und zwar - bis auf wenige Male - immer mit der vom Teufel eingeführten Handkommunion, und nun plötzlich die Messe aller Zeiten kennenlernen durfte, ist dies mein Fazit, und die Masse der Menschen, die von der neuen Messe überhaupt nicht berührt wird und scharenweise aus der Kirche läuft, scheint meine Erfahrung zu bestätigen.<<
Lieber Athansius, für mich ist diese Trennung von Theorie und Praxis einfach eine denkerische Inkonsequenz.
Wenn der NOM "theoretisch in Ordnung" ist, dann kann er in der Praxis zwar schlecht (eben nicht entsprechend den Vorschriften) zelebriert werden, es können Missbräuche auftreten, aber als solcher (also vorschriftsgemäß und ohne Missbräuche zelebriert) kann er dann in der Praxis nicht "nicht in Ordnung" sein.
Denn die eigentliche Frage ist, wie ich nun schon mehrmals sagte, ob bei der neuen Messe tatsächlich die Wandlung zustande kommt und damit das Kreuzesopfer Christi real gegenwärtig gesetzt wird oder ob dies nicht der Fall ist.
Hier kann man schwerlich antworten: "In der Theorie ja, in der Praxis nein!"
Oder siehst Du das anders?
Wenn aber beim NOM die Wandlung tatsächlich zustande kommt und Christus sich selbst durch die Hände des Priesters unblutig opfert, dann gibt es keinen qualitativen Unterschied zwischen NOM und "alter" Messe. Es wären dann lediglich die Formen, die unterschiedlich sind, ebenso wie es zwischen der tridentinischen Messe und den anderen neben ihr (schon vor dem 2. Vatikanum) anerkannten Riten der Fall ist, so dass man zwar eine persönliche Vorliebe für einen bestimmten Ritus haben kann, wobei diese subjektive Vorliebe aber keine objektive Notwendigkeit begründet, den anderen Ritus abzulehnen.
Und so ist es m.E. auch nicht korrekt, die Handkommunion als "vom Teufel eingeführt" zu bezeichnen, vor allem wenn man bedenkt, dass diese Kommunionform in der Kirche lange Zeit die einzigste war, wenngleich natürlich nicht in der heute zumeist praktizierten Weise, also dass man - wie meist zu beobachten - den in die Hand gelegten Leib Christi (ist er denn das Deiner Meinung nach überhaupt in der neuen Messe?) mit der anderen Hand wieder aus der Hand, in den die Hostie gelegt wurde, herausnimmt, um sie mit dieser selbst in den Mund zu stecken.
Vom Teufel eingeführt kann also die Handkommunion wohl nicht sein, höchstens vom Teufel entstellt.
Weiter sagst Du:
>>Kurzum: wenn man ein hervorragendes Werkzeug hat, wirft man es nicht weg und ersetzt es durch ein neues praxisuntauglicheres - selbst wenn man mit beiden zum Ziel kommt (mit dem ersten aber viel sicherer und effizienter). Wenn es dennoch geschieht, ist zu fragen, warum? Diese Frage wurde beantwortet durch die Tatsache, daß der Novus Ordo nur eingeführt wurde, und zwar unter der Mitgestaltung (!) von mehreren Protestanten, um für die Lutheraner annehmbarer zu sein (was ein Trugschluß war, aber das ist hier nebensächlich). Man hat die überlieferte Messe auf dem Altar des Ökumenismus geopfert. Deswegen gibt es die neue. <<
Ob nun das "alte Werkzeug" wirklich praxistauglicher war als das neue, ob also die Ursache der negativen Wirkungen, die sich nach Einführung des NOM in der Kirche zeigten, tatsächlich der neue Ritus an sich ist, scheint mir zumindest insofern fraglich, als es ja auch schon zu Zeiten, als es den NOM noch nicht gab, vergleichbare negative Wirkungen gegeben hat.
Der Modernismus beispielsweise kam zu einer Zeit auf, als noch alle die alte Messe feierten, und er konnte sich gerade in dieser Zeit (eben bis zum 2. Vatikanum) so gut entwickeln, dass er anschließend sogar die Oberhand in der Kirche gewonnen hat.
Das Vorhandensein der alten Messe konnte das also nicht verhindern!
Papst Pius XII. beklagt bereits 1947 in seiner Enzyklika "Mediator Dei" Missbräuche in der alten Liturgie.
Und schon vor dem 2. Vatikanum (mir liegt ein Buch für den Religionsunterricht aus dem Jahre 1962 vor) musste man einen "Glaubensschwund" beklagen.
Es heißt im besagten Religionsbuch:
"Unsere Statistik spricht eine eindringliche Sprache! Beunruhigend ist auch, daß der Priesternachwuchs nachläßt (in 10 Jahren um 10 Prozent), daß die Zahl der Ordensbrüder und der Schwestern in der Schule und in der Karitas bedrohlich zusammenschrumpft. ...
Man spricht wohl von einer schleichenden Glaubenskrise und einem Glaubensschwund. Hinter der christlichen Fassade steht oft kein Glaube mehr, der aus ernster Entscheidung lebt. ...
'Am schlimmsten ist die Müdigkeit auch der Guten', klagte Pius XII. ..."
Also wie gesagt, das ist eine Einschätzung, die kurz vor dem 2. Vatikanum gemacht wurde.
Die Ursachen der Krise können also m.E. nicht einfach auf die Einführung der neuen Messe und der Handkommunion zurückgeführt werden, denn beides gab es ja damals noch gar nicht.
>>Zum Papst. Sein ganzes Wirken ist vom Ökumenismus geprägt; er ist vom Ökumenismus geradezu besessen. Dies überschattet sein restliches Wirken. [...].
Du erwähntest, daß einzelne frühere Päpste "nur" eine einzige Häresie vertraten (kann ich momentan nicht beurteilen), aber das ist in der Praxis nebensächlich, denn die Wahrheit ist unteilbar, und sogar wer "nur" ein einziges Dogma schleift, gibt die gesamte Wahrheit der Kirche auf. Es macht im Ergebnis keinen Unterschied: die "Rechnung" ist falsch.<<
In der Tat kann man nicht leugnen, dass der Ökumenismus eines der Hauptanliegen von Johannes Paul II. ist.
Die Frage ist natürlich, ob er mit seinem Ökumenismus ein Dogma leugnet und tatsächlich eine formelle Häresie verkündet.
Dies wird man den erwähnten Päpsten der Vergangenheit wohl ebensowenig vorwerfen können wie ihm, denn ein wirklicher Häretiker, der sich mit seinem Festhalten an der Häresie außerhalb der Kirche stellen würde, könnte ja schwerlich gleichzeitig als Erster in der Kirche gelten. Oder?
Ich kann nun gerade im Hinblick auf den Ökumenismus gut verstehen, dass man diesen für eine Häresie halten kann.
Dennoch müsste man sich wohl auch dieser Lehre gegenüber erst mal so verhalten, wie es Kardinal Newman (zitiert aus "Apologia pro Marcel Lefebvre" von Michael Davis, S. 362-363) sagte:
"Sollten Zweifel darüber bestehen, ob eine Anordnung (des Papstes) eine Sünde sei oder nicht, müssen wir uns folgendermaßen entscheiden:
Hat derjenige, an den die Anordnung ergangen ist, vom Gewissen her das Gefühl, dass sie eine Sünde oder ein Unrecht darstellt, so ist es zunächst seine Pflicht, dieses Gefühl abzulegen...."
Erst wenn ihm dies beim besten Willen nicht möglich ist, darf er "seinem persönlichen Gewissen folgen" und muss es "mit Geduld tragen, wenn der Papst ihn bestraft".
Und weiter sagt (der in traditionalistischen Kreisen hoch angesehene) Michael Davis:
"Widerstand gegen irgendeine päpstliche Anordnung ist nichts, was man leichtnehmen sollte. Es wäre in der Tat besser, in Richtung gedankenlosen und vorbehaltlosen Gehorsams zu irren, als sich die modernistische Haltung zu eigen zu machen, jede päpstliche Entscheidung dem persönlichen Urteil zu unterwerfen."
Ob also die offensiv kritisierende und beurteilende Haltung gegenüber den Päpsten seit Johannes XXIII. und ihrer Lehrverkündigung, die man beeinflusst durch die FSSPX leicht einzunehmen bereit ist, dem soeben genannten katholischen Maßstab standhalten kann, dessen bin ich mir nicht immer so sicher.
Vielleicht sollten wir uns deshalb mal wirklich mit dem Ökumenismus befassen und analysieren, ob er - so wie er vom 2. Vatikanum und vom gegenwärtigen Papst vertreten wird - wirklich eine Häresie ist und ob man ihn deshalb ganz sicher guten Gewissens ablehnen kann!?
Wenn Du nun sagst:
>>Die Rettung vor diesem größten Angriff auf die Kirche kommt aber, wie die Muttergottes in Fatima versichert, allein vom Himmel - und nicht von kirchendiplomatischer Menschenkunst. Doch dagegen sträuben sich so viele - auch der Papst: sie verweigern dem Himmel noch die explizite Weihe Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens. Hier macht der Verstand dem Herzen ein Strich durch die Rechnung.<<
Auch diesbezüglich bin ich immer etwas skeptisch, dem gegenwärtigen Papst Vorwürfe zu machen, denn auch Pius XII. weihte zwar die ganze Welt dem unbefleckten Herzen Mariens, hielt es aber nicht für notwendig, Russland ausdrücklich zu erwähnen.
Man sieht hier, dass die Kritik an den "nachkonziliaren" Päpsten schnell auch auf die "vorkonziliaren" überschwappen kann und man sich selbst (oder eben auch Privatoffenbarungen) über das Lehramt der Kirche stellt.
Ich denke, diese Gefahr besteht auch bei der
Frage der Liturgie
(denn warum sollen unbedingt die Bücher von 1962 besser als die von 1958 sein; oder weshalb könnte man nicht schon die wohl auch bereits von Bugnini mitbeeinflusste Änderung der Osterliturgie in den 50-er Jahren genauso ablehnen, wie man dann die späteren Reformen ablehnen kann)
und auch beim Ökumenismus
(wo ja nicht erst das Ökumenismusdekret sondern bereits die Instruktion "Ecclesia Catholica" von 1949 gewissen Aussagen der Enzyklika "Mortalium animos" von Pius XI. widerspricht).
Zu deiner abschließenden Frage:
>>Um Deine Ausführungen besser beurteilen zu können: bist Du zu dem Schluß gekommen, daß man das heutige Petrusamt besser aus der Sicht als Sedisvakantist einordnen kann?<<
Ich würde es zumindest für konsequenter halten, den gegenwärtigen Papst nicht als rechtmäßigen Papst anzusehen, als ihn theoretisch zwar als solchen anzuerkennen, ihm aber in der Praxis letztlich alles abzusprechen, was nach klassisch-katholischer Lehre einen Papst ausmacht und sich selbst (oder jemand anderen, wie eben die FSSPX) als Richter über sein Lehren und Verhalten zu erheben.
Andererseits kann ich dem sedisvakantistischen Standpunkt aber schon deshalb nicht folgen, weil die Annahme, die Kirche Christi würde auf Dauer kein sichtbares Haupt und kein lebendiges Lehramt mehr haben, m.E. letztlich darauf hinausliefe, die Erfüllung der Verheißung Christi aus Mt 16, 18 zu leugnen.
Weiter gespannt auf einen anregenden und hilfreichen Gedankenaustausch mit Dir
grüßt
Falk
wie Du an mich, so möchte auch ich an Dich schreiben:
>> Herzlichen Dank für Deine Hinweise und schwierigen Fragen. Diese bringen mich dazu, meine Gedanken zur FSSPX zu vertiefen. <<
Du schreibst dann:
>>So wichtig eine gute Theorie auch ist, die Praxis gibt den Ausschlag für mich. Dies fängt mit der hl. Messe an: theoretisch ist der Novus Ordo "in Ordnung", aber in der Praxis schneidet er zur überlieferten Messe unvergleichbar schlecht ab. Nachdem ich Jahre lang die neue Messe besuchte, und zwar - bis auf wenige Male - immer mit der vom Teufel eingeführten Handkommunion, und nun plötzlich die Messe aller Zeiten kennenlernen durfte, ist dies mein Fazit, und die Masse der Menschen, die von der neuen Messe überhaupt nicht berührt wird und scharenweise aus der Kirche läuft, scheint meine Erfahrung zu bestätigen.<<
Lieber Athansius, für mich ist diese Trennung von Theorie und Praxis einfach eine denkerische Inkonsequenz.
Wenn der NOM "theoretisch in Ordnung" ist, dann kann er in der Praxis zwar schlecht (eben nicht entsprechend den Vorschriften) zelebriert werden, es können Missbräuche auftreten, aber als solcher (also vorschriftsgemäß und ohne Missbräuche zelebriert) kann er dann in der Praxis nicht "nicht in Ordnung" sein.
Denn die eigentliche Frage ist, wie ich nun schon mehrmals sagte, ob bei der neuen Messe tatsächlich die Wandlung zustande kommt und damit das Kreuzesopfer Christi real gegenwärtig gesetzt wird oder ob dies nicht der Fall ist.
Hier kann man schwerlich antworten: "In der Theorie ja, in der Praxis nein!"
Oder siehst Du das anders?
Wenn aber beim NOM die Wandlung tatsächlich zustande kommt und Christus sich selbst durch die Hände des Priesters unblutig opfert, dann gibt es keinen qualitativen Unterschied zwischen NOM und "alter" Messe. Es wären dann lediglich die Formen, die unterschiedlich sind, ebenso wie es zwischen der tridentinischen Messe und den anderen neben ihr (schon vor dem 2. Vatikanum) anerkannten Riten der Fall ist, so dass man zwar eine persönliche Vorliebe für einen bestimmten Ritus haben kann, wobei diese subjektive Vorliebe aber keine objektive Notwendigkeit begründet, den anderen Ritus abzulehnen.
Und so ist es m.E. auch nicht korrekt, die Handkommunion als "vom Teufel eingeführt" zu bezeichnen, vor allem wenn man bedenkt, dass diese Kommunionform in der Kirche lange Zeit die einzigste war, wenngleich natürlich nicht in der heute zumeist praktizierten Weise, also dass man - wie meist zu beobachten - den in die Hand gelegten Leib Christi (ist er denn das Deiner Meinung nach überhaupt in der neuen Messe?) mit der anderen Hand wieder aus der Hand, in den die Hostie gelegt wurde, herausnimmt, um sie mit dieser selbst in den Mund zu stecken.
Vom Teufel eingeführt kann also die Handkommunion wohl nicht sein, höchstens vom Teufel entstellt.
Weiter sagst Du:
>>Kurzum: wenn man ein hervorragendes Werkzeug hat, wirft man es nicht weg und ersetzt es durch ein neues praxisuntauglicheres - selbst wenn man mit beiden zum Ziel kommt (mit dem ersten aber viel sicherer und effizienter). Wenn es dennoch geschieht, ist zu fragen, warum? Diese Frage wurde beantwortet durch die Tatsache, daß der Novus Ordo nur eingeführt wurde, und zwar unter der Mitgestaltung (!) von mehreren Protestanten, um für die Lutheraner annehmbarer zu sein (was ein Trugschluß war, aber das ist hier nebensächlich). Man hat die überlieferte Messe auf dem Altar des Ökumenismus geopfert. Deswegen gibt es die neue. <<
Ob nun das "alte Werkzeug" wirklich praxistauglicher war als das neue, ob also die Ursache der negativen Wirkungen, die sich nach Einführung des NOM in der Kirche zeigten, tatsächlich der neue Ritus an sich ist, scheint mir zumindest insofern fraglich, als es ja auch schon zu Zeiten, als es den NOM noch nicht gab, vergleichbare negative Wirkungen gegeben hat.
Der Modernismus beispielsweise kam zu einer Zeit auf, als noch alle die alte Messe feierten, und er konnte sich gerade in dieser Zeit (eben bis zum 2. Vatikanum) so gut entwickeln, dass er anschließend sogar die Oberhand in der Kirche gewonnen hat.
Das Vorhandensein der alten Messe konnte das also nicht verhindern!
Papst Pius XII. beklagt bereits 1947 in seiner Enzyklika "Mediator Dei" Missbräuche in der alten Liturgie.
Und schon vor dem 2. Vatikanum (mir liegt ein Buch für den Religionsunterricht aus dem Jahre 1962 vor) musste man einen "Glaubensschwund" beklagen.
Es heißt im besagten Religionsbuch:
"Unsere Statistik spricht eine eindringliche Sprache! Beunruhigend ist auch, daß der Priesternachwuchs nachläßt (in 10 Jahren um 10 Prozent), daß die Zahl der Ordensbrüder und der Schwestern in der Schule und in der Karitas bedrohlich zusammenschrumpft. ...
Man spricht wohl von einer schleichenden Glaubenskrise und einem Glaubensschwund. Hinter der christlichen Fassade steht oft kein Glaube mehr, der aus ernster Entscheidung lebt. ...
'Am schlimmsten ist die Müdigkeit auch der Guten', klagte Pius XII. ..."
Also wie gesagt, das ist eine Einschätzung, die kurz vor dem 2. Vatikanum gemacht wurde.
Die Ursachen der Krise können also m.E. nicht einfach auf die Einführung der neuen Messe und der Handkommunion zurückgeführt werden, denn beides gab es ja damals noch gar nicht.
>>Zum Papst. Sein ganzes Wirken ist vom Ökumenismus geprägt; er ist vom Ökumenismus geradezu besessen. Dies überschattet sein restliches Wirken. [...].
Du erwähntest, daß einzelne frühere Päpste "nur" eine einzige Häresie vertraten (kann ich momentan nicht beurteilen), aber das ist in der Praxis nebensächlich, denn die Wahrheit ist unteilbar, und sogar wer "nur" ein einziges Dogma schleift, gibt die gesamte Wahrheit der Kirche auf. Es macht im Ergebnis keinen Unterschied: die "Rechnung" ist falsch.<<
In der Tat kann man nicht leugnen, dass der Ökumenismus eines der Hauptanliegen von Johannes Paul II. ist.
Die Frage ist natürlich, ob er mit seinem Ökumenismus ein Dogma leugnet und tatsächlich eine formelle Häresie verkündet.
Dies wird man den erwähnten Päpsten der Vergangenheit wohl ebensowenig vorwerfen können wie ihm, denn ein wirklicher Häretiker, der sich mit seinem Festhalten an der Häresie außerhalb der Kirche stellen würde, könnte ja schwerlich gleichzeitig als Erster in der Kirche gelten. Oder?
Ich kann nun gerade im Hinblick auf den Ökumenismus gut verstehen, dass man diesen für eine Häresie halten kann.
Dennoch müsste man sich wohl auch dieser Lehre gegenüber erst mal so verhalten, wie es Kardinal Newman (zitiert aus "Apologia pro Marcel Lefebvre" von Michael Davis, S. 362-363) sagte:
"Sollten Zweifel darüber bestehen, ob eine Anordnung (des Papstes) eine Sünde sei oder nicht, müssen wir uns folgendermaßen entscheiden:
Hat derjenige, an den die Anordnung ergangen ist, vom Gewissen her das Gefühl, dass sie eine Sünde oder ein Unrecht darstellt, so ist es zunächst seine Pflicht, dieses Gefühl abzulegen...."
Erst wenn ihm dies beim besten Willen nicht möglich ist, darf er "seinem persönlichen Gewissen folgen" und muss es "mit Geduld tragen, wenn der Papst ihn bestraft".
Und weiter sagt (der in traditionalistischen Kreisen hoch angesehene) Michael Davis:
"Widerstand gegen irgendeine päpstliche Anordnung ist nichts, was man leichtnehmen sollte. Es wäre in der Tat besser, in Richtung gedankenlosen und vorbehaltlosen Gehorsams zu irren, als sich die modernistische Haltung zu eigen zu machen, jede päpstliche Entscheidung dem persönlichen Urteil zu unterwerfen."
Ob also die offensiv kritisierende und beurteilende Haltung gegenüber den Päpsten seit Johannes XXIII. und ihrer Lehrverkündigung, die man beeinflusst durch die FSSPX leicht einzunehmen bereit ist, dem soeben genannten katholischen Maßstab standhalten kann, dessen bin ich mir nicht immer so sicher.
Vielleicht sollten wir uns deshalb mal wirklich mit dem Ökumenismus befassen und analysieren, ob er - so wie er vom 2. Vatikanum und vom gegenwärtigen Papst vertreten wird - wirklich eine Häresie ist und ob man ihn deshalb ganz sicher guten Gewissens ablehnen kann!?
Wenn Du nun sagst:
>>Die Rettung vor diesem größten Angriff auf die Kirche kommt aber, wie die Muttergottes in Fatima versichert, allein vom Himmel - und nicht von kirchendiplomatischer Menschenkunst. Doch dagegen sträuben sich so viele - auch der Papst: sie verweigern dem Himmel noch die explizite Weihe Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens. Hier macht der Verstand dem Herzen ein Strich durch die Rechnung.<<
Auch diesbezüglich bin ich immer etwas skeptisch, dem gegenwärtigen Papst Vorwürfe zu machen, denn auch Pius XII. weihte zwar die ganze Welt dem unbefleckten Herzen Mariens, hielt es aber nicht für notwendig, Russland ausdrücklich zu erwähnen.
Man sieht hier, dass die Kritik an den "nachkonziliaren" Päpsten schnell auch auf die "vorkonziliaren" überschwappen kann und man sich selbst (oder eben auch Privatoffenbarungen) über das Lehramt der Kirche stellt.
Ich denke, diese Gefahr besteht auch bei der
Frage der Liturgie
(denn warum sollen unbedingt die Bücher von 1962 besser als die von 1958 sein; oder weshalb könnte man nicht schon die wohl auch bereits von Bugnini mitbeeinflusste Änderung der Osterliturgie in den 50-er Jahren genauso ablehnen, wie man dann die späteren Reformen ablehnen kann)
und auch beim Ökumenismus
(wo ja nicht erst das Ökumenismusdekret sondern bereits die Instruktion "Ecclesia Catholica" von 1949 gewissen Aussagen der Enzyklika "Mortalium animos" von Pius XI. widerspricht).
Zu deiner abschließenden Frage:
>>Um Deine Ausführungen besser beurteilen zu können: bist Du zu dem Schluß gekommen, daß man das heutige Petrusamt besser aus der Sicht als Sedisvakantist einordnen kann?<<
Ich würde es zumindest für konsequenter halten, den gegenwärtigen Papst nicht als rechtmäßigen Papst anzusehen, als ihn theoretisch zwar als solchen anzuerkennen, ihm aber in der Praxis letztlich alles abzusprechen, was nach klassisch-katholischer Lehre einen Papst ausmacht und sich selbst (oder jemand anderen, wie eben die FSSPX) als Richter über sein Lehren und Verhalten zu erheben.
Andererseits kann ich dem sedisvakantistischen Standpunkt aber schon deshalb nicht folgen, weil die Annahme, die Kirche Christi würde auf Dauer kein sichtbares Haupt und kein lebendiges Lehramt mehr haben, m.E. letztlich darauf hinausliefe, die Erfüllung der Verheißung Christi aus Mt 16, 18 zu leugnen.
Weiter gespannt auf einen anregenden und hilfreichen Gedankenaustausch mit Dir
grüßt
Falk
Zuletzt geändert von Falk am Montag 14. März 2005, 14:32, insgesamt 1-mal geändert.
In welche Richtung könnte sich denn die Position der Bruderschaft präzisieren?ottaviani hat geschrieben:ich hab es hier glaub ich schon mal geschrieben ich denke doe position der bruderschaft wird sich da noch präzisieren
jedenfalls ist eine einigung wie sie kardinal hoyos vorschlägt unannehmbar
Es gibt doch da nur zwei Möglichkeiten:
1.) die sedisvakantistische
(die eben für die praktische Ablehnung des Papstes und der neuen Messe auch eine theoretische Grundlage liefert)
oder
2.) die von Kardinal Hoyos vorgeschlagene und von Campos praktizierte
(die eben die theoretische Anerkennung des Papstes und der neuen Messe auch in der Praxis wirksam werden lässt).
Oder in welche Richtung wäre außerdem noch eine Entwicklung von seiten der Pius-Bruderschaft denkbar?
es gibt noch einen 3 weg den weg der ritengemeinschaft mit eigener hierarchie die campos lösung ist wegen der weltweitenverbreitung nicht gut es gibt mehrere ostriten die nie im lateinischen ritus konzelebrieren ich war letztens bei so einer mönchsgemeinschaft in der slowakei sie feiern die alten liturgie in kirchenslawisch wo mir der abt sagte das II vatikanum hatte für uns keine auswirkung wir haben uns auf unseren unionsvertrag berufen vorm konzil haben die mönche gelegentlich lateinisch zellebriert was sie aber seit der einführung des nom nicht mehr tun so etwas währe für die bruderschaft denkbar
ich persöhnlich halte sedisvakanz für durchaus möglich das problem ist wie soll man sie beenden
aber wie gesagt warten wir ab
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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:34, insgesamt 4-mal geändert.
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Irrende Päpste & Sedisvakantismus
Es tut mir leid, daß ich so viel "schreiben" muß, wenn ich unbeholfen sagen möchte, was ich denke. Ich bin ungeschickt im Umgang mit Texten, wie man sieht, und Erklären fällt mir schwer. Weil es viele klügere und weisere Köpfe gibt als mich, möchte ich nocheinmal jemanden anderen zitieren: er drückt viel besser und kürzer das aus, was ich meine zum Thema irrende Päpste & Sedisvakantismus, um das es unter anderem bei der interessanten Diskussion zwischen Dir, werter Falk, und mir, gerade geht.
Es wurde im FSSPX-Mitteilungsblatt April 1998 abgedruckt (leider nicht elektronisch im Weltnetz verfügbar) :
-----
Es kommt nicht häufig vor, daß wir uns im Mitteilungsblatt mit dem sog. Sedisvakantismus (Behauptung, daß der päpstliche Stuhl unbesetzt sei; der Papst sei wegen Häresie nicht mehr Papst) beschäftigen. {..} S.E. Mgr. Williamson, der das Priesterseminar der Bruderschaft in Winona/USA leitet {..} zeigte auf, daß es die rechte Mitte zu wahren gilt zwischen falscher Autoritätshörigkeit und Verwerfung der Autorität. Für die Priesterbruderschaft gilt es, konsequent Stellung zum Phänomen des Sedisvakantismus zu nehmen, weil manche Denker aus dieser Richtung Gläubige und Priester der Bruderschaft zu drängen versuchen, sich diesem Extrem anzuschließen. – Indessen hat sich der Sedisvakantismus als steril erwiesen, sowohl theologisch (er endet in einer Sackgasse; es gibt schon mehrere Pseudopäpste) als auch psychologisch: Verbitterung und Härte sind seine Folgen. Der blinde Eifer, den manche an den Tag legen, um zu beweisen, daß der Papst nicht mehr Papst sei, wäre einer besseren Sache wert. – Für die Bruderschaft ist es entscheidend, daß sie die (vorhandene!) Kirche zu reformieren beabsichtigt (in welchem Ausmaß dies gelingt, steht auf einem anderen Blatt; wir wären aber selbst dann dazu verpflichtet, wenn keine Aussicht auf Erfolg bestünde) und nicht eine neue Kirche gründen möchte.
Es ist unzutreffend, wenn behauptet wird, der sog. Ungehorsam der Bruderschaft gegen den Papst wäre faktisch dasselbe wie die Haltung der Sedisvakantisten. Dies kann nicht sein. Denn letztere erheben die Sedisvakanz zum zentralen dogmtischen Grundsatz, von dem aus sie alles übrige beurteilen. Der Ungehorsam gegen den Papst aus schwerwiegendem Grund ist hingegen kein Angriff auf sein Amt, keine Leugnung seiner Zuständigkeit, sondern Feststellung, daß er falsch handelt und daß man ihm deshalb nicht folgen kann. In diesem Sinne sagte schon Kardinal Newman: »So würde, wenn der Papst den englischen Bischöfen sagte, sie sollten ihre Priester anweisen, sich energisch für die Abstinenz von geistigen Getränken einzusetzen, und wenn dann ein einzelner Priester ganz und gar davon überzeugt wäre, die Enthaltung von Wein usw. sei praktisch ein gnostischer Irrtum und er könne sich deswegen nicht ohne Sünde dafür bemühen, dann würde (er) (...) eine Sünde begehen, wenn er dem Papste gehorchte, gleichviel ob seine Ansicht richtig oder falsch wäre, und wäre sie falsch, auch dann, wenn er sich nicht entsprechend bemüht hätte, die Wahrheit über die Sache zu erfahren« (Brief an den Herzog von Norfolk).
Niemand bestreitet, daß es gefährlich ist, sein Urteil gegen die Amtshierarchie der Kirche zu stellen. Dies tun ja schließlich mit Vorliebe die Vertreter der »Kirche von unten«. Aber es gibt gewichtige Fragen wie z.B. die Abtreibung, die klerikales (und episkopales) Fehlverhalten so offensichtlich machen, daß man nach Beispielen für echte Gewissensentscheidungen gegen die Autorität nicht lange zu suchen braucht. Dabei soll es uns ein stetiges Anliegen sein, Gott um Oberhirten zu bitten, denen man mit Freude und Vertrauen folgen kann.
P. Markus Heggenberger
Zwischen Liberalismus und Sedisvakantismus
»Wenn ich von allen Seiten angegriffen werde, dann kann ich ich nicht völlig im Unrecht sein« (Chesterton)
Die sogenannten Sedisvakantisten (von »sedes«– Sitz des Papstes, und »vakant« – leer), die glauben, der Heilige Stuhl sei unbesetzt, sind scheinbar die strenggesinnten Gegner der Liberalen, welche eine weiche Linie vertreten. Sie sagen, die Päpste der letzten 20, 30 oder 40 Jahre seien zu liberal gewesen, um echte Päpste zu sein. Indessen ist das tieferliegende Problem der Liberalen und der Sedisvakantisten dasselbe, auch wenn keiner von ihnen dies zugibt: Beide vergessen, daß es alleine im Belieben Gottes steht, wie weit Er es zuläßt, daß Seine Kirche fehlgeht, ohne daß sie deshalb aufhört, Seine Kirche zu sein.
Die Katholische Kirche ist gleich ihrem Gründer wahrhaft göttlich und menschlich zugleich. In der Menschwerdung oder Inkarnation ist Gottes Sohn wahrhaft Mensch geworden, so daß in Jesus Christus die beiden Naturen, die göttliche und die menschliche, immer gegenwärtig und voneinander verschieden, nicht aber getrennt oder vermischt sind. Desgleichen sind in der einen wahren Kirche göttliche und menschliche Elemente gegenwärtig, dürfen aber nicht miteinander verwechselt werden; denn während das Göttliche in unserem Herrn und in Seiner Kirche unfehlbar ist, ist das Menschliche zwar ohne Sünde in Christus, aber fehlbar in Seiner Kirche.
Wenn ich göttliche und menschliche Elemente in der Kirche nicht auseinanderhalte, so kann dies auf zwei Weisen geschehen. Entweder werde ich das Göttliche auf Kosten des Menschlichen überbetonen, und dann werde ich Menschen mit göttlicher Unfehlbarkeit ausstatten. Ich werde mich an das halten, was die Männer der Kirche verkünden, was immer es auch sei, ich werde blind liberalen Päpsten folgen und liberal werden. Oder ich werde das Menschliche auf Kosten des Göttlichen überbetonen, die makellose Kirche und Braut Christi mit dem Makel fehlbarer Vertreter der Kirche ausstatten und die Braut zurückweisen und die Kirche verlassen, wie es viele Katholiken machten, als sie protestantisch wurden zu Zeiten Martin Luthers, und wie es viele Sedisvakantisten in unserer Zeit machen. Im Gegensatz dazu hält der Katholik die rechte Mitte, indem er weder, wie die Liberalen, das Menschliche mit göttlichen Eigenschaften ausstattet, noch das Göttliche als nur Menschliches darstellt.
Natürlich kann es, wenn sich der Klerus ernsthaft verfehlt, schwierig sein, noch an die göttliche Natur der Kirche zu glauben. Aber wir wollen uns an Unseren Herrn erinnern. Wer von uns kann von sich sagen, er hätte, wenn er bei dem ursprünglichen Kreuzweg anwesend gewesen wäre, keine Schwiergkeiten gehabt daran zu glauben, daß dieser verlachte, erschöpfte und blutende Mann Gott sei? So ist es auch verständlich, wenn es Katholiken gibt, die angesichts des Treibens der Neo-Modernisten in Rom, das die katholische Religion in Sittenlehre und Moral unglaubwürdig macht, nicht mehr glauben wollen, daß die Päpste wahre Päpste sind. Aber geradeso wie die Entstellung des Mannes der Schmerzen in Seiner Passion nicht bewies, daß Er nicht Gott war, so beweist auch die derzeitige Entstellung der Kirche nicht, daß die Päpste nicht wahre Päpste sind.
(...)
Die Kirchengeschichte zeigt, in welchem Maße Gott zulassen kann, daß Seine Kirche fehlbar sei. Ein Großteil der Kirche in der Häresie (Arianismus) befangen, ein Räuberkonzil (in Ephesus) und Päpste, die am Rande der formellen Häresie wandelten (Liberius, Honorius) – die Kirche hat all dies erlebt! Indessen waren selbst so gravierende Abirrungen der menschlichen Vertreter der Kirche nicht unvereinbar mit der göttlichen Unfehlbarkeit der Kirche. Auch sagt Unser Herr selbst von Seiner Kirche am Ende der Zeiten, daß sie einerseits noch existieren werde (vgl. Mt. XXVIII, 20), daß sie andrerseits stark an Größe vermindert sein werde: »Aber wird der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf Erden finden?« (Lk. 18, 8).
Diese Prophezeiung muß man kennen, um die göttliche Gabe der Unfehlbarkeit (oder Irrtumslosigkeit in der Lehre) richtig zu verstehen. Es bedeutet nicht, daß ein Großteil der Kirche, ein Konzil oder ein Papst nie einen Irrtum begehen könne, sondern daß durch göttliche Zusage der wahre und unveränderliche Glaubensschatz in einer für alle, die guten Willens sind, zugänglichen Weise bis zu den letzten Zeiten von der Kirche immer gelehrt wird (ordentliche, allgemeine Unfehlbarkeit), und daß der Papst, wenn er in seiner Eigenschaft als Papst eine definitive Glaubens- oder Morallehre der ganzen Kirche als verpflichtend verkündet, von Gott in besonderer Weise beschützt wird, so daß er keinen Irrtum verkünden kann (abgeleitete, spezielle Unfehlbarkeit).
Was bei den meisten Katholiken in den letzten 120 Jahren eine übertriebene Auffassung der Unfehlbarkeit bewirkt hat, war die strenge kirchliche Disziplin seit der Definition der Unfehlbarkeit im Jahre 1870 bis in die 1960er Jahre sowie eine Reihe guter Päpste von Pius IX. bis Pius XII. einschließlich. In gewisser Weise hatten es die Katholiken zu gut. Deshalb waren viele Katholiken nicht darauf gefaßt, als Papst Johannes XXIII. und das II. Vatikanische Konzil ernstliche Irrtümer vorbrachten. Ob sie die Irrtümer zusammen mit den irrenden Führern annahmen und liberal wurden, oder ob sie die Verkünder derselben zusammen mit dem Irrtum zurückwiesen und die Kirche verließen und Sedisvakantisten wurden: in beiden Fällen verloren sie ihr katholisches Gleichgewicht.
Erzbischof Lefebvre hingegen nahm weder den Irrtum an noch wies er die irrenden Verantwortlichen zurück, worüber sich diese sehr ärgerten. (Es wäre ihnen lieber gewesen, er hätte die Kirche verlassen, und vergebens versuchten sie ihn 1988 als außerhalb stehend zu erklären). Aber der Kurs des Erzbischofs war weise. Er pflegte zu sagen, wenn man glaube, daß die Päpste nicht mehr wahre Päpste seien, dies Probleme aufwerfe, die schwieriger seien als die scheinbare Lösung. Wenn es in den letzten 30 oder 40 Jahren keine gültig gewählten Päpste mehr gegeben habe, und infolgedessen keine gültig ernannten Kardinäle, woher solle ein anderer Papst kommen? Deshalb haben sedisvakantistische Gruppen in den letzten 20 Jahren mehrere Hinterhof-Päpste ernannt. Hinterhof-Messen – ja, wenn es nicht anders geht! Hinterhof-Päpste – nein danke!
(...)
In der Tat sind weder die Sedisvakantisten noch die Priesterbruderschaft verantwortlich für die widersprüchliche Situation, daß der Stellvertreter der Wahrheit im Irrtum verstrickt ist. Der Unterschied besteht darin, daß die Priesterbruderschaft diese Spannung erträgt, während die Sedisvakantisten (und die Liberalen) die Spannung des Widerspruchs durch einen Kurzschluß auflösen. Vereinfachung ist immer einfacher, aber nicht immer wahr. Sie hat Anziehungskraft für Menschen, die der Komplikationen müde sind, besonders wenn die Vereinfachung vom Gefühl begünstigt wird.
(S.E. Mgr. Richard Williamson, Rundbrief an die Freunde und Wohltäter, 4. Februar 1998, aus dem Englischen übertragen.)
Es wurde im FSSPX-Mitteilungsblatt April 1998 abgedruckt (leider nicht elektronisch im Weltnetz verfügbar) :
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Es kommt nicht häufig vor, daß wir uns im Mitteilungsblatt mit dem sog. Sedisvakantismus (Behauptung, daß der päpstliche Stuhl unbesetzt sei; der Papst sei wegen Häresie nicht mehr Papst) beschäftigen. {..} S.E. Mgr. Williamson, der das Priesterseminar der Bruderschaft in Winona/USA leitet {..} zeigte auf, daß es die rechte Mitte zu wahren gilt zwischen falscher Autoritätshörigkeit und Verwerfung der Autorität. Für die Priesterbruderschaft gilt es, konsequent Stellung zum Phänomen des Sedisvakantismus zu nehmen, weil manche Denker aus dieser Richtung Gläubige und Priester der Bruderschaft zu drängen versuchen, sich diesem Extrem anzuschließen. – Indessen hat sich der Sedisvakantismus als steril erwiesen, sowohl theologisch (er endet in einer Sackgasse; es gibt schon mehrere Pseudopäpste) als auch psychologisch: Verbitterung und Härte sind seine Folgen. Der blinde Eifer, den manche an den Tag legen, um zu beweisen, daß der Papst nicht mehr Papst sei, wäre einer besseren Sache wert. – Für die Bruderschaft ist es entscheidend, daß sie die (vorhandene!) Kirche zu reformieren beabsichtigt (in welchem Ausmaß dies gelingt, steht auf einem anderen Blatt; wir wären aber selbst dann dazu verpflichtet, wenn keine Aussicht auf Erfolg bestünde) und nicht eine neue Kirche gründen möchte.
Es ist unzutreffend, wenn behauptet wird, der sog. Ungehorsam der Bruderschaft gegen den Papst wäre faktisch dasselbe wie die Haltung der Sedisvakantisten. Dies kann nicht sein. Denn letztere erheben die Sedisvakanz zum zentralen dogmtischen Grundsatz, von dem aus sie alles übrige beurteilen. Der Ungehorsam gegen den Papst aus schwerwiegendem Grund ist hingegen kein Angriff auf sein Amt, keine Leugnung seiner Zuständigkeit, sondern Feststellung, daß er falsch handelt und daß man ihm deshalb nicht folgen kann. In diesem Sinne sagte schon Kardinal Newman: »So würde, wenn der Papst den englischen Bischöfen sagte, sie sollten ihre Priester anweisen, sich energisch für die Abstinenz von geistigen Getränken einzusetzen, und wenn dann ein einzelner Priester ganz und gar davon überzeugt wäre, die Enthaltung von Wein usw. sei praktisch ein gnostischer Irrtum und er könne sich deswegen nicht ohne Sünde dafür bemühen, dann würde (er) (...) eine Sünde begehen, wenn er dem Papste gehorchte, gleichviel ob seine Ansicht richtig oder falsch wäre, und wäre sie falsch, auch dann, wenn er sich nicht entsprechend bemüht hätte, die Wahrheit über die Sache zu erfahren« (Brief an den Herzog von Norfolk).
Niemand bestreitet, daß es gefährlich ist, sein Urteil gegen die Amtshierarchie der Kirche zu stellen. Dies tun ja schließlich mit Vorliebe die Vertreter der »Kirche von unten«. Aber es gibt gewichtige Fragen wie z.B. die Abtreibung, die klerikales (und episkopales) Fehlverhalten so offensichtlich machen, daß man nach Beispielen für echte Gewissensentscheidungen gegen die Autorität nicht lange zu suchen braucht. Dabei soll es uns ein stetiges Anliegen sein, Gott um Oberhirten zu bitten, denen man mit Freude und Vertrauen folgen kann.
P. Markus Heggenberger
Zwischen Liberalismus und Sedisvakantismus
»Wenn ich von allen Seiten angegriffen werde, dann kann ich ich nicht völlig im Unrecht sein« (Chesterton)
Die sogenannten Sedisvakantisten (von »sedes«– Sitz des Papstes, und »vakant« – leer), die glauben, der Heilige Stuhl sei unbesetzt, sind scheinbar die strenggesinnten Gegner der Liberalen, welche eine weiche Linie vertreten. Sie sagen, die Päpste der letzten 20, 30 oder 40 Jahre seien zu liberal gewesen, um echte Päpste zu sein. Indessen ist das tieferliegende Problem der Liberalen und der Sedisvakantisten dasselbe, auch wenn keiner von ihnen dies zugibt: Beide vergessen, daß es alleine im Belieben Gottes steht, wie weit Er es zuläßt, daß Seine Kirche fehlgeht, ohne daß sie deshalb aufhört, Seine Kirche zu sein.
Die Katholische Kirche ist gleich ihrem Gründer wahrhaft göttlich und menschlich zugleich. In der Menschwerdung oder Inkarnation ist Gottes Sohn wahrhaft Mensch geworden, so daß in Jesus Christus die beiden Naturen, die göttliche und die menschliche, immer gegenwärtig und voneinander verschieden, nicht aber getrennt oder vermischt sind. Desgleichen sind in der einen wahren Kirche göttliche und menschliche Elemente gegenwärtig, dürfen aber nicht miteinander verwechselt werden; denn während das Göttliche in unserem Herrn und in Seiner Kirche unfehlbar ist, ist das Menschliche zwar ohne Sünde in Christus, aber fehlbar in Seiner Kirche.
Wenn ich göttliche und menschliche Elemente in der Kirche nicht auseinanderhalte, so kann dies auf zwei Weisen geschehen. Entweder werde ich das Göttliche auf Kosten des Menschlichen überbetonen, und dann werde ich Menschen mit göttlicher Unfehlbarkeit ausstatten. Ich werde mich an das halten, was die Männer der Kirche verkünden, was immer es auch sei, ich werde blind liberalen Päpsten folgen und liberal werden. Oder ich werde das Menschliche auf Kosten des Göttlichen überbetonen, die makellose Kirche und Braut Christi mit dem Makel fehlbarer Vertreter der Kirche ausstatten und die Braut zurückweisen und die Kirche verlassen, wie es viele Katholiken machten, als sie protestantisch wurden zu Zeiten Martin Luthers, und wie es viele Sedisvakantisten in unserer Zeit machen. Im Gegensatz dazu hält der Katholik die rechte Mitte, indem er weder, wie die Liberalen, das Menschliche mit göttlichen Eigenschaften ausstattet, noch das Göttliche als nur Menschliches darstellt.
Natürlich kann es, wenn sich der Klerus ernsthaft verfehlt, schwierig sein, noch an die göttliche Natur der Kirche zu glauben. Aber wir wollen uns an Unseren Herrn erinnern. Wer von uns kann von sich sagen, er hätte, wenn er bei dem ursprünglichen Kreuzweg anwesend gewesen wäre, keine Schwiergkeiten gehabt daran zu glauben, daß dieser verlachte, erschöpfte und blutende Mann Gott sei? So ist es auch verständlich, wenn es Katholiken gibt, die angesichts des Treibens der Neo-Modernisten in Rom, das die katholische Religion in Sittenlehre und Moral unglaubwürdig macht, nicht mehr glauben wollen, daß die Päpste wahre Päpste sind. Aber geradeso wie die Entstellung des Mannes der Schmerzen in Seiner Passion nicht bewies, daß Er nicht Gott war, so beweist auch die derzeitige Entstellung der Kirche nicht, daß die Päpste nicht wahre Päpste sind.
(...)
Die Kirchengeschichte zeigt, in welchem Maße Gott zulassen kann, daß Seine Kirche fehlbar sei. Ein Großteil der Kirche in der Häresie (Arianismus) befangen, ein Räuberkonzil (in Ephesus) und Päpste, die am Rande der formellen Häresie wandelten (Liberius, Honorius) – die Kirche hat all dies erlebt! Indessen waren selbst so gravierende Abirrungen der menschlichen Vertreter der Kirche nicht unvereinbar mit der göttlichen Unfehlbarkeit der Kirche. Auch sagt Unser Herr selbst von Seiner Kirche am Ende der Zeiten, daß sie einerseits noch existieren werde (vgl. Mt. XXVIII, 20), daß sie andrerseits stark an Größe vermindert sein werde: »Aber wird der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf Erden finden?« (Lk. 18, 8).
Diese Prophezeiung muß man kennen, um die göttliche Gabe der Unfehlbarkeit (oder Irrtumslosigkeit in der Lehre) richtig zu verstehen. Es bedeutet nicht, daß ein Großteil der Kirche, ein Konzil oder ein Papst nie einen Irrtum begehen könne, sondern daß durch göttliche Zusage der wahre und unveränderliche Glaubensschatz in einer für alle, die guten Willens sind, zugänglichen Weise bis zu den letzten Zeiten von der Kirche immer gelehrt wird (ordentliche, allgemeine Unfehlbarkeit), und daß der Papst, wenn er in seiner Eigenschaft als Papst eine definitive Glaubens- oder Morallehre der ganzen Kirche als verpflichtend verkündet, von Gott in besonderer Weise beschützt wird, so daß er keinen Irrtum verkünden kann (abgeleitete, spezielle Unfehlbarkeit).
Was bei den meisten Katholiken in den letzten 120 Jahren eine übertriebene Auffassung der Unfehlbarkeit bewirkt hat, war die strenge kirchliche Disziplin seit der Definition der Unfehlbarkeit im Jahre 1870 bis in die 1960er Jahre sowie eine Reihe guter Päpste von Pius IX. bis Pius XII. einschließlich. In gewisser Weise hatten es die Katholiken zu gut. Deshalb waren viele Katholiken nicht darauf gefaßt, als Papst Johannes XXIII. und das II. Vatikanische Konzil ernstliche Irrtümer vorbrachten. Ob sie die Irrtümer zusammen mit den irrenden Führern annahmen und liberal wurden, oder ob sie die Verkünder derselben zusammen mit dem Irrtum zurückwiesen und die Kirche verließen und Sedisvakantisten wurden: in beiden Fällen verloren sie ihr katholisches Gleichgewicht.
Erzbischof Lefebvre hingegen nahm weder den Irrtum an noch wies er die irrenden Verantwortlichen zurück, worüber sich diese sehr ärgerten. (Es wäre ihnen lieber gewesen, er hätte die Kirche verlassen, und vergebens versuchten sie ihn 1988 als außerhalb stehend zu erklären). Aber der Kurs des Erzbischofs war weise. Er pflegte zu sagen, wenn man glaube, daß die Päpste nicht mehr wahre Päpste seien, dies Probleme aufwerfe, die schwieriger seien als die scheinbare Lösung. Wenn es in den letzten 30 oder 40 Jahren keine gültig gewählten Päpste mehr gegeben habe, und infolgedessen keine gültig ernannten Kardinäle, woher solle ein anderer Papst kommen? Deshalb haben sedisvakantistische Gruppen in den letzten 20 Jahren mehrere Hinterhof-Päpste ernannt. Hinterhof-Messen – ja, wenn es nicht anders geht! Hinterhof-Päpste – nein danke!
(...)
In der Tat sind weder die Sedisvakantisten noch die Priesterbruderschaft verantwortlich für die widersprüchliche Situation, daß der Stellvertreter der Wahrheit im Irrtum verstrickt ist. Der Unterschied besteht darin, daß die Priesterbruderschaft diese Spannung erträgt, während die Sedisvakantisten (und die Liberalen) die Spannung des Widerspruchs durch einen Kurzschluß auflösen. Vereinfachung ist immer einfacher, aber nicht immer wahr. Sie hat Anziehungskraft für Menschen, die der Komplikationen müde sind, besonders wenn die Vereinfachung vom Gefühl begünstigt wird.
(S.E. Mgr. Richard Williamson, Rundbrief an die Freunde und Wohltäter, 4. Februar 1998, aus dem Englischen übertragen.)
Hallo Athanasius,
auch Dir wieder vielen Dank für Deine Beiträge, die mich erkennen lassen, dass Du Dich tiefgehend mit der Thematik beschäftigst und Dich umfassend informierst.
Um die Sache nun nicht zu unübersichtlich werden zu lassen, sollten wir uns vielleicht zunächst doch mal auf das uns beide beschäftigende Thema "Ökumenismus" konzentrieren, denn es scheint ja für uns der eigentliche Anlass zu sein, dass wir meinen, nicht, wie es noch der hl. Pius X. in seinem Katechismus Nr. 204 fordert, mit dem Papst "im Geist und im Herzen vereinigt" sein zu können.
Du verweist dazu auf das auch mir bekannte Buch "Die Ökumenismusfalle" von Prof. May und sagst, dass daraus hervorgehe, "daß der jetzige Papst Positionen zur Ökumene vertritt, die nicht mit der überlieferten Lehre der Kirche vereinbar sind. Dabei setzt er sich besonders in Widerspruch zu den Aussagen über die Ökumene der großen Pius-Päpste des 20. Jahrhunderts."
Ich will deshalb mal folgende Gedanken zur Diskussion stellen, die ich in einem ersten Entwurf meiner Konversionsbegründung zu Papier gebracht hatte.
Man muss dazu vielleicht wissen, dass ich bereits im Jahre 1988 begann, mich für die katholische Kirche zu interessieren.
Damals war ich 25 Jahre alt und gehörte noch zu einer Glaubensgemeinschaft, die sich "neuapostolische Kirche" nennt.
Schon relativ frühzeitig kam ich auch mit Vertretern der Piusbruderschaft in Kontakt, deren Standpunkten ich mich zunächst widersetzte. 1995 konvertierte ich offiziell zur katholischen Kirche. Aber erst im Jahre 2002 schien mir in meinem persönlichen Umfeld der Notstand gegeben, der es rechtfertigte und erforderte, engeren Anschluss an die Piusbruderschaft zu suchen.
Ich schrieb also damals (1993) in meinem ersten Konversionsbegründungs-Entwurf nach vorangegangener Auseinandersetzung mit der Piusbruderschaft folgendes:
>>...Durch Kontakte zu Vertretern der von Erzbischof Lefebvre ins Leben gerufenen Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde ich dann allerdings in meiner Überzeugung stark verunsichert, dass man die katholische Kirche auch nach den vom II. Vatikanischen Konzil veranlassten Neuerungen insgesamt immer noch als eine nicht überwältigte Kirche bezeichnen kann, die unter dem Beistand des hl. Geistes steht und deshalb als "Säule und Fundament der Wahrheit" (1 Tim 3, 15) erkennbar ist.
Obwohl auch nichtkatholische Quellen von "einer Tradition" sprechen, "die bis an die Schwelle des Konzils deutlich anders ausgerichtet war" als heute und an konkrten Beispielen belegen, wie das Konzil "ausdrücklich Festlegungen widersprach", die von früheren Päpsten getroffen wurden (vgl. Kirchenlexikon, Christl. Kirchen, Freikirchen und Gemeinschaften im Überblick; S. u. K.-W. Tröger, Union Verlag Berlin, 1988),
wollte ich dem traditionalistischen Standpunkt, dass Papst und Bischöfe die Gläubigen mit den Lehren des II. Vatikanischen Konzils in die Irre führen, schon allein deshalb nicht folgen, weil ich dann wieder genau wie im neuapostolischen Glauben davon ausgehen müsste, dass sich wichtige Voraussagen Christi nicht oder nur unzureichend erfüllen.
Der von traditionalistischer Seite gern verwendete Katechismus von Spirago aus dem Jahre 1927 bringt diese Überzeugung unter Bezugnahme auf die auch für mich wichtigen und eingangs erwähnten Bibelstellen Mt 28, 20; Joh 14, 16; Mt 16, 18 folgendermaßen zum Ausdruck:
"Da Christus der Sohn Gottes ist, so müssen alle diese Reden wahr sein. Könnte nun die Kirche bei Ausübung ihres Lehramtes die Menschen in die Irre führen, so hätte Christus nicht Wort gehalten. Das lässt sich gar nicht denken." (Kap. 7 c, S. 200)
An anderer Stelle widerspricht dieser Katechismus dann direkt dem traditionalistischen Argument, man könne die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils deshalb ablehnen, weil sie keine Dogmen wären. Es heißt dazu:
"Übrigens ist eine gemeinsame feierliche Entscheidung sämtlicher in der Welt lebenden Bischöfe gar nicht einmal notwendig; es genügt der Umstand, dass alle Bischöfe über einen und denselben Gegenstand in gleicher Weise lehren. Auch in diesem Fall ist es unmöglich, dass die Bischöfe von der Wahrheit abgeirrt wären; es wäre ja sonst die ganze Kirche in Irrtum verfallen, was sich gar nicht denken lässt." (Kap. 7 c, S. 202)
Die Tatsache, dass Jesus seine Jünger mit dem Auftrag:
"Geht zu allen Völkern!" (Mt 28, 19)
eigentlich dazu auffordert, genau das zu tun, was er ihnen kurz zuvor noch mit den Worten:
"Geht nicht zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter!" (Mt 10, 5-6)
eindeutig verboten hatte, lässt die Schlussfolgerung zu, dass der in seiner Kirche fortlebende Christus durch das von ihm mit dem Beistand des hl. Geistes versehene Lehramt auch heute noch vergleichbar handeln könnte, wenn es erforderlich ist.
Dennoch wird die Spannung zwischen Tradition und Fortschritt für mich immer eine Anfrage sein, wie sehr ich der Verheißung Christi wirklich vertraue, dass seine Kirche allezeit vom Hl. Geist geleitet und niemals von den Mächten der Unterwelt überwältigt wird. ...<<
Was meinst Du dazu?
Kann man in Anbetracht dessen wirklich schon allein aus der Tatsache, dass die ökumenistischen Aussagen des 2. Vatikanums und des gegenwärtigen Papstes in einem gewissen Gegensatz zu dem stehen, was frühere Päpste sagten, problemlos schließen, dass sie irrig sind und deshalb abgelehnt werden können?
Also kann und muss man den Ökumenismus als Lehre wirklich ablehnen oder könnte man ihn - d.h. die amtlichen Aussagen zum Thema - nicht doch in einem traditionskonformen Sinne deuten bzw. müsste man dies nicht zumindest erst mal ernsthaft versuchen, bevor man ihn als mit dem katholischen Glauben unvereinbar ablehnen darf?
Sicher hast Du das getan, aber welche Aussagen erschienen Dir persönlich vor allem als völlig unvereinbar mit dem katholischen Glauben?
Ich will mich bei Klärung dieser Frage jetzt aber ausschließlich auf die theoretischen Grundlagen des Ökumenismus (also die in den Dokumenten des 2. Vatikanischen Konzils enthaltenen Aussagen, die ja - was das Ökumenismusdekret betrifft - meines Wissens sogar von Erzbischof Lefebvre unterschrieben wurden) beziehen und nicht auf die heute vielerorts üblichen ökumenistischen Praktiken.
Viele Grüße
Falk
auch Dir wieder vielen Dank für Deine Beiträge, die mich erkennen lassen, dass Du Dich tiefgehend mit der Thematik beschäftigst und Dich umfassend informierst.
Um die Sache nun nicht zu unübersichtlich werden zu lassen, sollten wir uns vielleicht zunächst doch mal auf das uns beide beschäftigende Thema "Ökumenismus" konzentrieren, denn es scheint ja für uns der eigentliche Anlass zu sein, dass wir meinen, nicht, wie es noch der hl. Pius X. in seinem Katechismus Nr. 204 fordert, mit dem Papst "im Geist und im Herzen vereinigt" sein zu können.
Du verweist dazu auf das auch mir bekannte Buch "Die Ökumenismusfalle" von Prof. May und sagst, dass daraus hervorgehe, "daß der jetzige Papst Positionen zur Ökumene vertritt, die nicht mit der überlieferten Lehre der Kirche vereinbar sind. Dabei setzt er sich besonders in Widerspruch zu den Aussagen über die Ökumene der großen Pius-Päpste des 20. Jahrhunderts."
Ich will deshalb mal folgende Gedanken zur Diskussion stellen, die ich in einem ersten Entwurf meiner Konversionsbegründung zu Papier gebracht hatte.
Man muss dazu vielleicht wissen, dass ich bereits im Jahre 1988 begann, mich für die katholische Kirche zu interessieren.
Damals war ich 25 Jahre alt und gehörte noch zu einer Glaubensgemeinschaft, die sich "neuapostolische Kirche" nennt.
Schon relativ frühzeitig kam ich auch mit Vertretern der Piusbruderschaft in Kontakt, deren Standpunkten ich mich zunächst widersetzte. 1995 konvertierte ich offiziell zur katholischen Kirche. Aber erst im Jahre 2002 schien mir in meinem persönlichen Umfeld der Notstand gegeben, der es rechtfertigte und erforderte, engeren Anschluss an die Piusbruderschaft zu suchen.
Ich schrieb also damals (1993) in meinem ersten Konversionsbegründungs-Entwurf nach vorangegangener Auseinandersetzung mit der Piusbruderschaft folgendes:
>>...Durch Kontakte zu Vertretern der von Erzbischof Lefebvre ins Leben gerufenen Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde ich dann allerdings in meiner Überzeugung stark verunsichert, dass man die katholische Kirche auch nach den vom II. Vatikanischen Konzil veranlassten Neuerungen insgesamt immer noch als eine nicht überwältigte Kirche bezeichnen kann, die unter dem Beistand des hl. Geistes steht und deshalb als "Säule und Fundament der Wahrheit" (1 Tim 3, 15) erkennbar ist.
Obwohl auch nichtkatholische Quellen von "einer Tradition" sprechen, "die bis an die Schwelle des Konzils deutlich anders ausgerichtet war" als heute und an konkrten Beispielen belegen, wie das Konzil "ausdrücklich Festlegungen widersprach", die von früheren Päpsten getroffen wurden (vgl. Kirchenlexikon, Christl. Kirchen, Freikirchen und Gemeinschaften im Überblick; S. u. K.-W. Tröger, Union Verlag Berlin, 1988),
wollte ich dem traditionalistischen Standpunkt, dass Papst und Bischöfe die Gläubigen mit den Lehren des II. Vatikanischen Konzils in die Irre führen, schon allein deshalb nicht folgen, weil ich dann wieder genau wie im neuapostolischen Glauben davon ausgehen müsste, dass sich wichtige Voraussagen Christi nicht oder nur unzureichend erfüllen.
Der von traditionalistischer Seite gern verwendete Katechismus von Spirago aus dem Jahre 1927 bringt diese Überzeugung unter Bezugnahme auf die auch für mich wichtigen und eingangs erwähnten Bibelstellen Mt 28, 20; Joh 14, 16; Mt 16, 18 folgendermaßen zum Ausdruck:
"Da Christus der Sohn Gottes ist, so müssen alle diese Reden wahr sein. Könnte nun die Kirche bei Ausübung ihres Lehramtes die Menschen in die Irre führen, so hätte Christus nicht Wort gehalten. Das lässt sich gar nicht denken." (Kap. 7 c, S. 200)
An anderer Stelle widerspricht dieser Katechismus dann direkt dem traditionalistischen Argument, man könne die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils deshalb ablehnen, weil sie keine Dogmen wären. Es heißt dazu:
"Übrigens ist eine gemeinsame feierliche Entscheidung sämtlicher in der Welt lebenden Bischöfe gar nicht einmal notwendig; es genügt der Umstand, dass alle Bischöfe über einen und denselben Gegenstand in gleicher Weise lehren. Auch in diesem Fall ist es unmöglich, dass die Bischöfe von der Wahrheit abgeirrt wären; es wäre ja sonst die ganze Kirche in Irrtum verfallen, was sich gar nicht denken lässt." (Kap. 7 c, S. 202)
Die Tatsache, dass Jesus seine Jünger mit dem Auftrag:
"Geht zu allen Völkern!" (Mt 28, 19)
eigentlich dazu auffordert, genau das zu tun, was er ihnen kurz zuvor noch mit den Worten:
"Geht nicht zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter!" (Mt 10, 5-6)
eindeutig verboten hatte, lässt die Schlussfolgerung zu, dass der in seiner Kirche fortlebende Christus durch das von ihm mit dem Beistand des hl. Geistes versehene Lehramt auch heute noch vergleichbar handeln könnte, wenn es erforderlich ist.
Dennoch wird die Spannung zwischen Tradition und Fortschritt für mich immer eine Anfrage sein, wie sehr ich der Verheißung Christi wirklich vertraue, dass seine Kirche allezeit vom Hl. Geist geleitet und niemals von den Mächten der Unterwelt überwältigt wird. ...<<
Was meinst Du dazu?
Kann man in Anbetracht dessen wirklich schon allein aus der Tatsache, dass die ökumenistischen Aussagen des 2. Vatikanums und des gegenwärtigen Papstes in einem gewissen Gegensatz zu dem stehen, was frühere Päpste sagten, problemlos schließen, dass sie irrig sind und deshalb abgelehnt werden können?
Also kann und muss man den Ökumenismus als Lehre wirklich ablehnen oder könnte man ihn - d.h. die amtlichen Aussagen zum Thema - nicht doch in einem traditionskonformen Sinne deuten bzw. müsste man dies nicht zumindest erst mal ernsthaft versuchen, bevor man ihn als mit dem katholischen Glauben unvereinbar ablehnen darf?
Sicher hast Du das getan, aber welche Aussagen erschienen Dir persönlich vor allem als völlig unvereinbar mit dem katholischen Glauben?
Ich will mich bei Klärung dieser Frage jetzt aber ausschließlich auf die theoretischen Grundlagen des Ökumenismus (also die in den Dokumenten des 2. Vatikanischen Konzils enthaltenen Aussagen, die ja - was das Ökumenismusdekret betrifft - meines Wissens sogar von Erzbischof Lefebvre unterschrieben wurden) beziehen und nicht auf die heute vielerorts üblichen ökumenistischen Praktiken.
Viele Grüße
Falk
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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:35, insgesamt 1-mal geändert.
Lieber Athanasius,
danke für Deine wieder sehr umfassende Antwort auf meinen Beitrag sowie den Zwischenbescheid zuvor.
Du schreibst:
>>Tatsächlich kann ich sehr gut nachvollziehen, in welche Zwickmühle man als Konvertit gelangt, wenn man erkennen muß, daß die katholische Kirche nicht nur jenes makellose reine Gebilde ist, das man sich vor der Konversion so wünschte, als man im Glaubenschaos steckte, sondern daß die Kirche göttlich und menschlich gleichzeitig ist.<<
Es war bei mir keineswegs so, dass ich die katholische Kirche für ein "makelloses reines Gebilde" gehalten hätte oder dass mir nicht bewusst gewesen wäre, dass "die Kirche göttlich und menschlich gleichzeitig ist".
Es war nicht mal so, dass mir in der katholischen Kirche alles besser gefallen hätte als in meiner früheren Glaubensgemeinschaft.
Meine Konversion beruhte im wesentlichen darauf, dass ich davon ausgehen wollte, dass Christus Wort gehalten hat und dass sich seine Worte an Petrus tatsächlich erfüllt haben und noch immer erfüllen, wonach die auf Petrus gegründete Kirche nicht von den Pforten der Hölle überwältigt werden sollte (Mt 16, 18 ).
Demnach konnte also - so schlussfolgerte ich - keine "Kirche", die erst lange nach den Zeiten der Apostel gegründet wurde (und dies vielleicht noch mit dem Anspruch, die Wiederherstellung der ursprünglichen apostolischen Kirche zu sein), die wahre Kirche sein.
Denn jede später entstandene Kirche leugnet ja faktisch die Erfüllung der Verheißung Christi, dass die anfängliche Kirche niemals überwältigt wurde.
Hätte nämlich die Kirche Christi in unüberwältigter Weise zu Zeiten Luthers aus dessen Sicht noch bestanden, dann hätte er keine neue "Kirche" neben diese bestehende und auch damals nicht überwältigte Kirche setzen brauchen.
Und ebenso ist es mit allen anderen "Kirchen"-Gründern nach ihm.
Sie alle behaupten mit ihren Neu-Gründungen nämlich faktisch, dass die wahre Kirche zu ihrer Zeit nicht mehr unüberwältigt bestanden hat, ja sie gehen (ohne dies vielleicht ausdrücklich zu lehren) davon aus, dass die Kirche zu ihrer Zeit überwältigt und damit in einem Zustand war, den sie mit ihren Neugründungen zu beheben müssen meinten.
Da ich also - nachdem mir dies klar geworden war - nicht mehr länger in einer Glaubenshaltung verharren wollte, die einer faktischen Leugnung der Zuverlässigkeit der Verheißung Christi gleichkam, überlegte ich nun, wo heute diese einst auf den Felsen Petri gegründete und unter seine Leitung sowie die Leitung der anderen Apostel gestellte Kirche zu finden ist.
Denn wenn Christus Wort gehalten hatte, dann konnte diese Kirche ja in den vergangenen 2000 Jahren niemals überwältigt worden sein und musste noch heute als dieselbe bestehen (ebenso wie sie dies dann schon zu Zeiten Luthers oder zum Zeitpunkt der Gründung meiner früheren Glaubensgemeinschaft getan haben musste).
So kam ich also auf die römisch-katholische Kirche, von der ich natürlich vieles Negative (aus Vergangenheit und Gegenwart) gehört, ja sogar in der Schule und auch im Religionsunterricht meiner Glaubensgemeinschaft gelernt hatte, die mir aber als einzigste Kirche erschien, die tatsächlich niemals überwältigt wurde, weil sie eben als einzigste seit den Zeiten der Apostel ununterbrochen besteht.
Natürlich war mir klar, dass die beständige und ununterbrochene Existenz der katholischen Kirche seit den Zeiten der Apostel nicht daran festgemacht werden kann, dass in ihr alles so geblieben wäre, wie es zu Zeiten der Apostel war.
Und so kam für mich eine weitere Verheißung Christi ins Spiel, nämlich die, dass er an allen Tagen bei seiner Kirche bleiben und sie durch den Hl. Geist für immer leiten und in die ganze Wahrheit einführen werde.
Diese Leitung jedoch konnte nicht nur unsichtbar sein, sondern erfolgte durch jene, die nach dem Tode des Petrus und der anderen Apostel deren Ämter übernahmen und sie wieder an andere weitergaben - und dies von Generation zu Generation bis heute.
Bei allem Wechsel und allen Veränderungen, die es in der Kirche seit den Zeiten der Apostel gab, konnte nun aber nicht der bloße Vergleich des gegenwärtigen Standes der Lehre und der Liturgie mit jenem Stand und jenen Formen, die beides zu Zeiten der Apostel hatte, die Kontinuität auf den ersten Blick "beweisen".
Vielmehr war es für mich die Tatsache, dass die katholische Kirche zu allen Zeiten von einem legitimen Nachfolger im obersten Hirten- und Lehramt des Apostels Petrus geleitet wurde, dessen Lehrverkündigung vom Hl. Geist grundsätzlich unfehlbar gehalten wird, welche die Kontinuität seit den Zeiten der Apostel - und damit die Erfüllung der Verheißung Christi über seine Kirche - augenfällig werden ließ.
Was also auch immer passierte, die wahre Kirche, die wahre Lehre und der wahre Glaube konnte zu allen Zeiten sicher erkannt werden und war stets dort zu finden, wo der Felsen stand, auf den Christus seine Kirche gegründet hatte und wo der Hirte war, dem Christus alle seine Lämmer und Schafe anvertraut hatte, also dort wo Petrus bzw. seine legitimen Nachfolger waren.
Und so sagte schon der hl. Ambrosius: "Ubi Petrus, ibi Ecclesia" - "Wo Petrus ist, da ist die Kirche".
Dass dem Petrus und seinen Nachfolgern dabei mehr als eine Statistenrolle zukommt und dass sie mehr als eine Gallionsfigur sind, wenn es um verlässliche Orientierung in Glaubensfragen geht, dürfte klar sein, wenngleich man auch hier zwischen Göttlichem und Menschlichem unterscheiden muss.
Der hl. Papst Pius X. schrieb dazu in seinem Katechismus:
"Was liegt daran (da doch unglücklicherweise auch unter den Zwölfen ein schlechter Apostel war), was macht es aus, wenn unter so vielen (Päpsten) einige gewesen sind, die weniger würdig waren, jenen höchsten Stuhl zu besteigen, auf dem jede Makel übergroß erscheint? - Gott ließ es zu, um seine Macht zu zeigen in der Erhaltung der Kirche, indem er einen Menschen unfehlbar erhält in seinen Lehren, obwohl er fehlbar ist in seinem persönlichen Wirken."
Wenn Pius X. hier in Unterscheidung zwischen Göttlichem und Menschlichem auf seine "schlechten" Vorgänger im Amt zurückblickt und ihnen attestiert, sie seien unfehlbar in ihren Lehren gewesen, so muss er offenbar auch ihr ordentliches Lehramt meinen, denn keiner der schlechten Päpste hat ja ein ausdrückliches Dogma definiert.
Die Überzeugung, dass die Nachfolger des hl. Petrus auch bei Ausübung ihres ordentlichen Lehramtes letztlich nicht wirklich vom katholischen Glauben abweichen und somit die Kirche in Irrtum führen könnten, wird dann ja - wie ich bereits einmal zitierte - auch durch Innozenz III. bestätigt, der in Erklärung des Gebetes des Herrn für Petrus in Lk 22, 32 sagt, dass aus diesem "klar hervorgehe, dass die Nachfolger desselben (hl. Petrus) niemals zu irgendeiner Zeit von dem katholischen Glauben abweichen könnten " (DS 775).
Und so erklärt der hl. Thomas von Aquin, "dass niemand sich mit der Autorität ... irgendeines ... Kirchenlehrers gegen die Autorität des Petrus verteidigen kann."
Für mich ergibt sich daraus, dass die Behauptung, der Papst würde mit seiner Lehrverkündigung ausdrücklich irren bzw. in die Irre führen, impliziert, Christus hätte nicht Wort gehalten, gemäß der von mir zitierten Aussage des Spirago-Katechismus:
"Könnte nun die Kirche bei Ausübung ihres Lehramtes die Menschen in die Irre führen, so hätte Christus nicht Wort gehalten. Das lässt sich gar nicht denken." (Kap. 7 c, S. 200)
Du schreibst dann:
>>Widmen wir uns also dem Ökumenismus, da er einer der zwei Angelpunkte ist, an dem die Geister sich zu Recht scheiden. Der zweite Angelpunkt ist die freimaurerische »Religionsfreiheit«. Die beiden diesbezüglichen Dekrete des V.II unterschrieb Erzbischof Lefebvre in weiser Erkenntnis nicht ("Die Kirche und die moderne Welt" und "Religion und Freiheit").
Es ist wichtig, dies anzumerken. Es zeigt (aus traditioneller Sicht), daß "nur" zwei der V.II-Dekrete grundsätzlich abzulehnen sind. <<
Hast Du da konkrete Belege dafür, dass Erzbischof Lefebvre nicht nur die Erklärung über die Religionsfreiheit (was ja allgemein bekannt ist und von ihm auch mehrmals gesagt wurde) sondern auch das Ökumenismusdekret nicht unterschrieben hat?
Letztlich kann es ja dann aber auch nicht stimmen, dass nur diese 2 Dokumente des 2. Vatikanischen Konzils (also das Ökumenismusdekret und die Erklärung über die Religionsfreiheit) aus traditioneller Sicht abzulehnen wären.
Was ist z.B. mit der Erklärung über die nichtchristlichen Religionen "Nostra aetate" oder der Pastoralkonstitution "Gaudium et spes" über die "Kirche in der Welt von heute"?
Weiterhin halte ich sachlich für falsch, was Du dann aus der nicht 100%-igen Einstimmigkeit bei den Abstimmungen über die Dokumente des 2. Vatikanums wie folgt schlussfolgerst:
>>Auch zeigt es, daß nicht alle Bischöfe des Erdkreises auf dem V.II gemeinsam etwas erklärten oder anschließend lehrten, wie Dein Katechismus-Zitat fordert; denn es gab keine Konsequenzen aus der Nicht-Unterschrift des Erzbischofs (bei einem dogmatischen Konzil sähe es anders aus). Mich würde an dieser Stelle interessieren, welche weiteren Bischöfe nicht unterschrieben haben...<<
Selbst dogmatische Beschlüsse - z.B. auf dem 1. Vatikanischem Konzil das Dogma über die päpstliche Unfehlbarkeit - wurden niemals mit 100% der Stimmen gefasst (auch die durch Papst Pius XII. vor Verkündung des Dogmas über die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel bei den Bischöfen gemachte Umfrage ergab übrigens lt. "Munificentissimus Deus" nur eine "fast vollständige Einmütigkeit") so dass also die wenigen Gegenstimmen keine Bedeutung für die Eischätzung haben, "dass alle Bischöfe über einen und denselben Gegenstand in gleicher Weise lehren."
Weiter schreibst Du:
>>Ökumene - was meint sie in der Praxis? Fast 500 Jahre lang hat die katholische Kirche auf Konzilien und durch Päpste den Protestantismus als eine große Ansammlung lauter Häresien verurteilt - und das ist er, wie ich bestens weiß. Nun soll, wegen des Ökumenismus-Dekrets des V.II, vor allem aber wegen den darauf aufbauenden Aussagen und Aktionen der nachkonziliaren Päpste, plötzlich der Protestantismus ein Teil der Kirche Christi sein, und Luthers Häresien annehmbar, er sogar ein gemeinsamer Lehrer von Katholiken und Protestanten? <<
Wenn man nun beim Studium des Ökumenismusdekretes des 2. Vatikanums als eines "Punktes, der uns mit der Tradition schwer vereinbar erscheint" - so wie sich Erzbischof Lefebvre zunächst durch seine Unterschrift unter das "Protokoll über ein Einvernehmen zwischen S.Em. Kardinal Joseph Ratzinger und S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre" vom 04.05.1988 verpflichtet hatte (und wie er es - da die Rücknahme seiner Unterschrift nur aufgrund der Hinhaltetaktik Roms bezüglich der versprochenen Bischofsweihe erfolgte - offenbar auch akzeptabel fand) - "eine positive Haltung einnimmt und jede Polemik vermeidet", muss man zunächst feststellen, dass dort nirgendwo davon die Rede ist, dass der Protestantismus ein Teil der Kirche wäre.
Die Protestanten selbst hingegen werden als der Kirche auf "irgendeine Weise zugehörig" bezeichnet, was natürlich - wenn man positiv herangeht - durchaus eine logische Schlussfolgerung aus der kirchlichen Entscheidung zum Ketzertaufstreit sein könnte. Denn da jeder Häretiker (ja sogar jeder Ungläubige) nach traditioneller Lehre der Kirche gültig taufen kann und die Taufe somit den Täufling in die Kirche eingliedert, muss man ja wohl auch den Protestanten als "in gewisser Weise" zur Kirche gehörig ansehen.
Auch die traditionelle Lehre über die Unterscheidung zwischen jenen, die zum Leib der Kirche gehören und jenen, die zur Seele der Kirche gehören, scheint die Aussagen des 2. Vatikanums, wonach auch Häretiker "auf irgend eine Weise" schon zur Kirche gehören, zu bestätigen.
Woran machst Du also fest, dass es sich bei den in Frage stehenden Aussagen des Ökumenismusdekretes nicht um eine legitime Entfaltung dessen handeln kann, was bereits "dunkel oder einschlussweise" in den Lehren über die Ketzertaufe sowie über die Unterscheidung von Leib und Seele, von "sichtbaren" und "unsichtbaren" Mitgliedern der Kirche, enthalten ist?
Immerhin sagte doch schon Papst Pius XII. in "Humani Generis", dass Gott der Kirche das lebendige Lehramt geschenkt habe, "um auch die Wahrheiten zu erklären und zu entfalten, die im 'Depositum fidei' nur dunkel und gleichsam eingehüllt enthalten sind.
Diesen Glaubensschatz hat der Heiland weder den einzelnen Christgläubigen noch auch den Theolegen selbst zur authentischen Erklärung hinterlassen, sondern allein dem kirchlichen Lehramt."
Gespannt auf Deine Sicht dieser Dinge
grüßt
Falk
danke für Deine wieder sehr umfassende Antwort auf meinen Beitrag sowie den Zwischenbescheid zuvor.
Du schreibst:
>>Tatsächlich kann ich sehr gut nachvollziehen, in welche Zwickmühle man als Konvertit gelangt, wenn man erkennen muß, daß die katholische Kirche nicht nur jenes makellose reine Gebilde ist, das man sich vor der Konversion so wünschte, als man im Glaubenschaos steckte, sondern daß die Kirche göttlich und menschlich gleichzeitig ist.<<
Es war bei mir keineswegs so, dass ich die katholische Kirche für ein "makelloses reines Gebilde" gehalten hätte oder dass mir nicht bewusst gewesen wäre, dass "die Kirche göttlich und menschlich gleichzeitig ist".
Es war nicht mal so, dass mir in der katholischen Kirche alles besser gefallen hätte als in meiner früheren Glaubensgemeinschaft.
Meine Konversion beruhte im wesentlichen darauf, dass ich davon ausgehen wollte, dass Christus Wort gehalten hat und dass sich seine Worte an Petrus tatsächlich erfüllt haben und noch immer erfüllen, wonach die auf Petrus gegründete Kirche nicht von den Pforten der Hölle überwältigt werden sollte (Mt 16, 18 ).
Demnach konnte also - so schlussfolgerte ich - keine "Kirche", die erst lange nach den Zeiten der Apostel gegründet wurde (und dies vielleicht noch mit dem Anspruch, die Wiederherstellung der ursprünglichen apostolischen Kirche zu sein), die wahre Kirche sein.
Denn jede später entstandene Kirche leugnet ja faktisch die Erfüllung der Verheißung Christi, dass die anfängliche Kirche niemals überwältigt wurde.
Hätte nämlich die Kirche Christi in unüberwältigter Weise zu Zeiten Luthers aus dessen Sicht noch bestanden, dann hätte er keine neue "Kirche" neben diese bestehende und auch damals nicht überwältigte Kirche setzen brauchen.
Und ebenso ist es mit allen anderen "Kirchen"-Gründern nach ihm.
Sie alle behaupten mit ihren Neu-Gründungen nämlich faktisch, dass die wahre Kirche zu ihrer Zeit nicht mehr unüberwältigt bestanden hat, ja sie gehen (ohne dies vielleicht ausdrücklich zu lehren) davon aus, dass die Kirche zu ihrer Zeit überwältigt und damit in einem Zustand war, den sie mit ihren Neugründungen zu beheben müssen meinten.
Da ich also - nachdem mir dies klar geworden war - nicht mehr länger in einer Glaubenshaltung verharren wollte, die einer faktischen Leugnung der Zuverlässigkeit der Verheißung Christi gleichkam, überlegte ich nun, wo heute diese einst auf den Felsen Petri gegründete und unter seine Leitung sowie die Leitung der anderen Apostel gestellte Kirche zu finden ist.
Denn wenn Christus Wort gehalten hatte, dann konnte diese Kirche ja in den vergangenen 2000 Jahren niemals überwältigt worden sein und musste noch heute als dieselbe bestehen (ebenso wie sie dies dann schon zu Zeiten Luthers oder zum Zeitpunkt der Gründung meiner früheren Glaubensgemeinschaft getan haben musste).
So kam ich also auf die römisch-katholische Kirche, von der ich natürlich vieles Negative (aus Vergangenheit und Gegenwart) gehört, ja sogar in der Schule und auch im Religionsunterricht meiner Glaubensgemeinschaft gelernt hatte, die mir aber als einzigste Kirche erschien, die tatsächlich niemals überwältigt wurde, weil sie eben als einzigste seit den Zeiten der Apostel ununterbrochen besteht.
Natürlich war mir klar, dass die beständige und ununterbrochene Existenz der katholischen Kirche seit den Zeiten der Apostel nicht daran festgemacht werden kann, dass in ihr alles so geblieben wäre, wie es zu Zeiten der Apostel war.
Und so kam für mich eine weitere Verheißung Christi ins Spiel, nämlich die, dass er an allen Tagen bei seiner Kirche bleiben und sie durch den Hl. Geist für immer leiten und in die ganze Wahrheit einführen werde.
Diese Leitung jedoch konnte nicht nur unsichtbar sein, sondern erfolgte durch jene, die nach dem Tode des Petrus und der anderen Apostel deren Ämter übernahmen und sie wieder an andere weitergaben - und dies von Generation zu Generation bis heute.
Bei allem Wechsel und allen Veränderungen, die es in der Kirche seit den Zeiten der Apostel gab, konnte nun aber nicht der bloße Vergleich des gegenwärtigen Standes der Lehre und der Liturgie mit jenem Stand und jenen Formen, die beides zu Zeiten der Apostel hatte, die Kontinuität auf den ersten Blick "beweisen".
Vielmehr war es für mich die Tatsache, dass die katholische Kirche zu allen Zeiten von einem legitimen Nachfolger im obersten Hirten- und Lehramt des Apostels Petrus geleitet wurde, dessen Lehrverkündigung vom Hl. Geist grundsätzlich unfehlbar gehalten wird, welche die Kontinuität seit den Zeiten der Apostel - und damit die Erfüllung der Verheißung Christi über seine Kirche - augenfällig werden ließ.
Was also auch immer passierte, die wahre Kirche, die wahre Lehre und der wahre Glaube konnte zu allen Zeiten sicher erkannt werden und war stets dort zu finden, wo der Felsen stand, auf den Christus seine Kirche gegründet hatte und wo der Hirte war, dem Christus alle seine Lämmer und Schafe anvertraut hatte, also dort wo Petrus bzw. seine legitimen Nachfolger waren.
Und so sagte schon der hl. Ambrosius: "Ubi Petrus, ibi Ecclesia" - "Wo Petrus ist, da ist die Kirche".
Dass dem Petrus und seinen Nachfolgern dabei mehr als eine Statistenrolle zukommt und dass sie mehr als eine Gallionsfigur sind, wenn es um verlässliche Orientierung in Glaubensfragen geht, dürfte klar sein, wenngleich man auch hier zwischen Göttlichem und Menschlichem unterscheiden muss.
Der hl. Papst Pius X. schrieb dazu in seinem Katechismus:
"Was liegt daran (da doch unglücklicherweise auch unter den Zwölfen ein schlechter Apostel war), was macht es aus, wenn unter so vielen (Päpsten) einige gewesen sind, die weniger würdig waren, jenen höchsten Stuhl zu besteigen, auf dem jede Makel übergroß erscheint? - Gott ließ es zu, um seine Macht zu zeigen in der Erhaltung der Kirche, indem er einen Menschen unfehlbar erhält in seinen Lehren, obwohl er fehlbar ist in seinem persönlichen Wirken."
Wenn Pius X. hier in Unterscheidung zwischen Göttlichem und Menschlichem auf seine "schlechten" Vorgänger im Amt zurückblickt und ihnen attestiert, sie seien unfehlbar in ihren Lehren gewesen, so muss er offenbar auch ihr ordentliches Lehramt meinen, denn keiner der schlechten Päpste hat ja ein ausdrückliches Dogma definiert.
Die Überzeugung, dass die Nachfolger des hl. Petrus auch bei Ausübung ihres ordentlichen Lehramtes letztlich nicht wirklich vom katholischen Glauben abweichen und somit die Kirche in Irrtum führen könnten, wird dann ja - wie ich bereits einmal zitierte - auch durch Innozenz III. bestätigt, der in Erklärung des Gebetes des Herrn für Petrus in Lk 22, 32 sagt, dass aus diesem "klar hervorgehe, dass die Nachfolger desselben (hl. Petrus) niemals zu irgendeiner Zeit von dem katholischen Glauben abweichen könnten " (DS 775).
Und so erklärt der hl. Thomas von Aquin, "dass niemand sich mit der Autorität ... irgendeines ... Kirchenlehrers gegen die Autorität des Petrus verteidigen kann."
Für mich ergibt sich daraus, dass die Behauptung, der Papst würde mit seiner Lehrverkündigung ausdrücklich irren bzw. in die Irre führen, impliziert, Christus hätte nicht Wort gehalten, gemäß der von mir zitierten Aussage des Spirago-Katechismus:
"Könnte nun die Kirche bei Ausübung ihres Lehramtes die Menschen in die Irre führen, so hätte Christus nicht Wort gehalten. Das lässt sich gar nicht denken." (Kap. 7 c, S. 200)
Du schreibst dann:
>>Widmen wir uns also dem Ökumenismus, da er einer der zwei Angelpunkte ist, an dem die Geister sich zu Recht scheiden. Der zweite Angelpunkt ist die freimaurerische »Religionsfreiheit«. Die beiden diesbezüglichen Dekrete des V.II unterschrieb Erzbischof Lefebvre in weiser Erkenntnis nicht ("Die Kirche und die moderne Welt" und "Religion und Freiheit").
Es ist wichtig, dies anzumerken. Es zeigt (aus traditioneller Sicht), daß "nur" zwei der V.II-Dekrete grundsätzlich abzulehnen sind. <<
Hast Du da konkrete Belege dafür, dass Erzbischof Lefebvre nicht nur die Erklärung über die Religionsfreiheit (was ja allgemein bekannt ist und von ihm auch mehrmals gesagt wurde) sondern auch das Ökumenismusdekret nicht unterschrieben hat?
Letztlich kann es ja dann aber auch nicht stimmen, dass nur diese 2 Dokumente des 2. Vatikanischen Konzils (also das Ökumenismusdekret und die Erklärung über die Religionsfreiheit) aus traditioneller Sicht abzulehnen wären.
Was ist z.B. mit der Erklärung über die nichtchristlichen Religionen "Nostra aetate" oder der Pastoralkonstitution "Gaudium et spes" über die "Kirche in der Welt von heute"?
Weiterhin halte ich sachlich für falsch, was Du dann aus der nicht 100%-igen Einstimmigkeit bei den Abstimmungen über die Dokumente des 2. Vatikanums wie folgt schlussfolgerst:
>>Auch zeigt es, daß nicht alle Bischöfe des Erdkreises auf dem V.II gemeinsam etwas erklärten oder anschließend lehrten, wie Dein Katechismus-Zitat fordert; denn es gab keine Konsequenzen aus der Nicht-Unterschrift des Erzbischofs (bei einem dogmatischen Konzil sähe es anders aus). Mich würde an dieser Stelle interessieren, welche weiteren Bischöfe nicht unterschrieben haben...<<
Selbst dogmatische Beschlüsse - z.B. auf dem 1. Vatikanischem Konzil das Dogma über die päpstliche Unfehlbarkeit - wurden niemals mit 100% der Stimmen gefasst (auch die durch Papst Pius XII. vor Verkündung des Dogmas über die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel bei den Bischöfen gemachte Umfrage ergab übrigens lt. "Munificentissimus Deus" nur eine "fast vollständige Einmütigkeit") so dass also die wenigen Gegenstimmen keine Bedeutung für die Eischätzung haben, "dass alle Bischöfe über einen und denselben Gegenstand in gleicher Weise lehren."
Weiter schreibst Du:
>>Ökumene - was meint sie in der Praxis? Fast 500 Jahre lang hat die katholische Kirche auf Konzilien und durch Päpste den Protestantismus als eine große Ansammlung lauter Häresien verurteilt - und das ist er, wie ich bestens weiß. Nun soll, wegen des Ökumenismus-Dekrets des V.II, vor allem aber wegen den darauf aufbauenden Aussagen und Aktionen der nachkonziliaren Päpste, plötzlich der Protestantismus ein Teil der Kirche Christi sein, und Luthers Häresien annehmbar, er sogar ein gemeinsamer Lehrer von Katholiken und Protestanten? <<
Wenn man nun beim Studium des Ökumenismusdekretes des 2. Vatikanums als eines "Punktes, der uns mit der Tradition schwer vereinbar erscheint" - so wie sich Erzbischof Lefebvre zunächst durch seine Unterschrift unter das "Protokoll über ein Einvernehmen zwischen S.Em. Kardinal Joseph Ratzinger und S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre" vom 04.05.1988 verpflichtet hatte (und wie er es - da die Rücknahme seiner Unterschrift nur aufgrund der Hinhaltetaktik Roms bezüglich der versprochenen Bischofsweihe erfolgte - offenbar auch akzeptabel fand) - "eine positive Haltung einnimmt und jede Polemik vermeidet", muss man zunächst feststellen, dass dort nirgendwo davon die Rede ist, dass der Protestantismus ein Teil der Kirche wäre.
Die Protestanten selbst hingegen werden als der Kirche auf "irgendeine Weise zugehörig" bezeichnet, was natürlich - wenn man positiv herangeht - durchaus eine logische Schlussfolgerung aus der kirchlichen Entscheidung zum Ketzertaufstreit sein könnte. Denn da jeder Häretiker (ja sogar jeder Ungläubige) nach traditioneller Lehre der Kirche gültig taufen kann und die Taufe somit den Täufling in die Kirche eingliedert, muss man ja wohl auch den Protestanten als "in gewisser Weise" zur Kirche gehörig ansehen.
Auch die traditionelle Lehre über die Unterscheidung zwischen jenen, die zum Leib der Kirche gehören und jenen, die zur Seele der Kirche gehören, scheint die Aussagen des 2. Vatikanums, wonach auch Häretiker "auf irgend eine Weise" schon zur Kirche gehören, zu bestätigen.
Woran machst Du also fest, dass es sich bei den in Frage stehenden Aussagen des Ökumenismusdekretes nicht um eine legitime Entfaltung dessen handeln kann, was bereits "dunkel oder einschlussweise" in den Lehren über die Ketzertaufe sowie über die Unterscheidung von Leib und Seele, von "sichtbaren" und "unsichtbaren" Mitgliedern der Kirche, enthalten ist?
Immerhin sagte doch schon Papst Pius XII. in "Humani Generis", dass Gott der Kirche das lebendige Lehramt geschenkt habe, "um auch die Wahrheiten zu erklären und zu entfalten, die im 'Depositum fidei' nur dunkel und gleichsam eingehüllt enthalten sind.
Diesen Glaubensschatz hat der Heiland weder den einzelnen Christgläubigen noch auch den Theolegen selbst zur authentischen Erklärung hinterlassen, sondern allein dem kirchlichen Lehramt."
Gespannt auf Deine Sicht dieser Dinge
grüßt
Falk
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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Auszug aus "Die Ökumenismusfalle"
Einleiten möchte ich meine Antwort auf Falks Ausführungen mit einem teilweisen Auszug aus dem Anfangskapitel von Georg Mays Buch Die Ökumenismusfalle. Einiges, was ich in meiner später folgenden Antwort sage, ist besser verständlich vor dem Hintergrund der Gedanken von Herrn May.
Der Auszug ist für jene Mitleser gedacht, die im Gegensatz zu Falk dieses Buch nicht kennen.
1. Kapitel: Ziel und Weg des Ökumenismus nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil
§1: Das Zweite Vatikanische Konzil
Die amtliche Etablierung des "katholischen Ökumenismus" geschah auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Zusammenfassend und thematisch wird der Ökumenismus in dem Dekret behandelt, das mit den Worten "Unitatis redintegratio" beginnt. (..)
Das Dokument enthält Richtiges und Beherzigswertes, aber auch Falsches und Bedenkliches. Hier begann der abschüssige Weg der katholischen Kirche, dessen Ende noch nicht abzusehen ist. Die Behauptung, die ökumenische Bewegung sei "unter dem Wehen der Gnade des Heiligen Geistes" entstanden, ist schon deswegen inakzeptabel, weil der Heilige Geist nicht eine Macht der Verwirrung, sondern die Kraft der Klarheit ist. Der Ökumenismus hat seine Spuren auch in den anderen Dokumenten hinterlassen, die das Konzil verabschiedet hat. Man kann in einem richtigen Sinne sagen: Sämtliche Texte dieser Versammlung wurden mit Rücksicht auf die nichtkatholischeen Religionsgemeinschaften formuliert und korrigiert. Das damals errichtete Einheitssekretariat entwickelte sich zu so etwas wie dem Trojanischen Pferd in der Stadt Gottes. {..} "Im Einheitssekretariat gingen die Vertreter der verschiedenen christlichen Gemeinschaften ein und aus, über seine Kompetenz bekamen sie gewichtigen Einfluß auch auf die Gestaltung der Texte". {..}
II. Beschreibung der Lage.
{..} Die getrennten Christen insgesamt werden beschrieben als Söhne, die der Kirche durch die Taufe zugeführt, aber von ihrer vollen Gemeinschaft getrennt sind. Das Wort appositi läßt offen, wie die durch die Taufe hergestellte Verbindung mit der Kirche näherhin zu verstehen ist, schließt aber aus, daß die getrennten Christen Glieder der Kirche sind. Das Konzil behauptet dann, daß alle Getauften zu der einen, sichtbaren und allumfassenden Kirche hinstreben. Diese Behauptung ist mit Sicherheit falsch. Der Optimismus des Konzils bezüglich des Sehnens nach Einheit wird von der Wirklichkeit nicht gedeckt. Die Protestanten ersehnen eine solche sichtbare Einheit nicht; sie lehnen sie vielmehr ausdrücklich ab. Mit den Orthodoxen steht es nicht anders. {..}
Auch für die Protestanten findet Konzil anerkennende Worte. Aber eine wirklichkeitsgetreue Beschreibung fehlt hier ebenfalls. Die richtige Bezeichnung für sie wäre "Häretiker". Das Konzil unterschlägt sie. Daß ihr Lehrsystem häretisch ist, wird an keiner Stelle gesagt. {..} Wenn man ein wahrheitsgetreues Bild der Wirklichkeit gezeichnet hätte, dann hätte nüchtern festellt werden müssen: Sie wünschen keine Einheit mit der katholischen Kirche und suchen die katholischen Christen für ihre Gemeinschaft zu gewinnen.
Bei dem Versuch, die Beziehung der getrennten Christen zur Kirche zu beschreiben, bleiben gewisse Ungereimtheiten. Man kann nicht Volk Gottes und Leib Christi in der Weise auseinanderreißen, daß jemand zum Volke Gottes gehören könne, der nicht (voll) dem Leib Christi eingegliedert ist, wie es in UR Nr. 3 zu geschehen seint. (..) Übrigens wird von der Taufe nicht gesagt, daß sie dem Leibe Christi eingliedert, wie der deutsche Text von UR Nr. 3 (1. Absatz) will, sondern daß sie Christus eingliedert. Es ist schwer zu begreifen, wie diese Aussagen zur Übereinstimmung gebracht werden können.
III. Kirchen und kirchliche Gemeinschaften
Das Konzil bezeichnet die nichtkatholischen Religionsverbände als "Kirchen und kirchliche Gemeinschaften". Diese Bezeichnung ist unangebracht und irreführend. Ein aus christlichen Elementen lebender Religionsverband wird nicht dadurch "Kirche", daß das Konzil ihm diesen Namen beilegt. Es gibt nur eine einzige Kirche, die katholische. Bei ihr kann man zwischen Gesamtkirche und Teilkirchen unterscheiden. Damit ist die Verwendung des Begriffes Kirche erschöpft. {..}
Von den "Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften" sagt nun das Konzil: "Der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie (sc. die getrennten Kirchen und Gemeinschaften) als Mittel des Heiles zu gebrauchen". Dieser Satz ist mit Sicherheit falsch. In dem Bestreben, den nichtkatholischen Religionsverbände aufzuwerten, ist dem Konzil ein arger Schnitzer unterlaufen. Denn nichtkatholischen Gemeinschaften als eigenen Konfessionen und Institutionen kommt niemals eine Heilsmittlerschaft zu. Der einzelne Christ kann wohl in einer getrennten Gemeinschaft gerettet werden, aber nicht durch sie. Der Heilige Geist wirkt in den einzelnen Personen, aber nicht in den getrennten christlichen Gemeinschaften als solchen. Die von der Kirche getrennten Religionsverbände sind keine Mittel des Heils; sie vermitteln den in ihnen versammelten Menschen nicht das Heil. Insofern die nichtkatholischen Gemeinschaften von der Kirche Christi, d.h. der katholischen Kirche, getrennt sind, stehen sie vielmehr gegen diese Kirche und führen an sich nicht zum Heil, sondern zum Unheil. Da die Häresie die Einheit im Glauben und das Schisma die Einheit in der Leitung zerstören, ist es unmöglich, daß Häresie und Schisma Heilsmittel sein können. Gewiß gibt es in den getrennten Gemeinschaften Heilselemente, d.h. Stücke, Teile, Gaben, wie die Taufe und das Gebet. Diese Elemente sind als solche heilswirksam, nicht wegen ihres Vorhandenseins in den getrennten Gemeinschaften, sondern wegen ihrer Herkunft von der katholischen Kirche. Was also in den getrennten Gemeinschaften heilswirksam ist, das ist nicht der von der Kirche Christi getrennte Verband, sondern das sind die Bruchstücke dieser Kirche, die sie aus der Trennung mitgenommen haben. Die katholische Kirche als die allgemeine Hilfe zum Heil (generale auxilium salutis) von den Teilhilfen zum Heil, welche die getrennten Gemeinschaften darstellen, zu unterscheiden, ist falsches quantitatives Denken. Die katholische Kirche nicht nur mehr, nämlich alle Mittel zum Heil, sondern sie selbst ist die einzige Achse des Heils. {..}
§4: Die katholischen Ökumeniker
I. Der Papst
Der oberste und eifrigste katholische Ökumeniker ist Johannes Paul II. Seit Beginn seine Pontifikates betreibt er keine Tätigkeit mit mehr Ausdauer als den Ökumenismus. Am 25. Mai 1995 trat Johannes Paul II. mit der Enzykika "Ut unum sint" an die Öffentlichkeit. Darin entwickelt er das Programm der ökumenischen Aktivität der Kirche. Viele Male spricht er davon, die Kirche habe sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil "unumkehrbar" zum Ökumenismus verpflichtet. Diese Aussage ist unhaltbar. Damit nimmer er für sich und das Konzil eine Kompetenz in Anspruch, die ihm nicht zusteht. Kein Papst kann seine Nachfolger auf ein bestimmtes Verhalten festlegen. Jeder kommende Papst kann den Ökumenismus als das erkennen, was er ist, nämlich eine gigantische Verirrung und eine tödliche Gefahr, und ihn beenden. Die ökumenischen Aktivitäten nehmen einen beträchtlichen Raum in der Tätigkeit Johannes Paul II. ein. Fortwährend äußert er seine Hoffnung auf weitere Annäherung in der "Ökumene". Unaufhörlich fordert er zum "ökumenuschen" Dialog auf. Ununterbrochen drängt er auf ökumenische "Fortschritte". Er will aus dem ökumenischen Vokabular Worte wie "Krise, Verzögerung, Langsamkeit, Unbeweglichkeit und Kompromisse" verbannt wissen (137). {..}
Zu meinem Bedauern kann ich das ökumenische Engagement des Papstes nicht begrüßen. Zu deutlich sind die Schäden, die dadurch angerichtet werden. Zahlreiche Äußerungen des Papstes sind realitätsfremd. Seine wiederholt vorgetragene Behauptung, die Situation zwischen katholischer Kirche und nichtkatholischen Gemeinschaften sei, verglichen mit der Vergangenheit, völlig verändert (141), entspringt reinem Wunschdenken. Der vom Papst zur Schau getragene Optimismus ist ganz und gar unangebracht. Er gleicht der Äußerung eines Todkranken, der meint, die Sache werde sich schon machen. Mit seiner ökumenischen Manie schlägt der Papst allen, die für Vernunft und Glaube plädieren, die Waffen aus der Hand. Bei seinem ökumenischen Eifer unterlaufen ihm manche Fehler. {..} Die unermeßlichen Schäden, die durch den von ihm vehement betriebenen Ökumenismus der Kirche zugefügt werden, sind dem Papst verborgen geblieben. Er hat nicht begriffen, daß, wer von allem etwas will, nichts ganz durchführt, daß vielmehr jedes Unternehmen zur Halbheit gerät. Deutlich gesprochen: Der Papst hat beispielsweise nicht begriffen, daß man, wenn man Priester haben will, sie nicht mit dem häretischen Religionsdiener zusammen auftreten lassen kann. Der Papst hat nicht begriffen, daß man nicht den Rückgang an Ordensberufungen beklagen und zur gleichen Zeit das Andenken jenes abtrünnigen Mönches feiern kann, der das gesamte Ordenswesen in der Wurzel zerstört hat. Der Papst hat nicht begriffen, daß er nicht die Pflicht zur Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier einschärfen und zugleich gemeinsame Gottesdienst mit den Erben Luthers und Calvins empfehlen kann, die das Meßopfer ablehnen. Der Papst hat nicht begriffen, daß er nicht zum Empfang des Sakramentes der Versöhnung aufrufen kann, während er gleichzeitig die angebliche Gemeinsamkeit mit dem Protestantismus preist, der das Bußsakrament verwirft. "Ein gemeinsames treues und einvernehmliches Zeugnis" ist, anders als Johannes Paul II. meint (146), nicht durchführbar. In seiner ökumenischen Betriebssamkeit gerät der Papst auch in Widerspruch zu seinen Vorgängern. {..} Der Geistliche Botschaftsrat der deutschen Vertretung beim Heiligen Stuhl, Max-Eugen Kemper, erklärte, der Papst Johannes Paul II. würde beim ökumenischen Betrieb "persönlich wohl gerne weiter gehen, als seine Berater ihm erlauben" (147). {..}
Die großen Piuspäpste des 20. Jahrhunderts stehen auf gegen die ökumenische Illusionen der vier letzten Päpste. Sie sprachen noch das Unheil der Glaubensspaltung an. Papst Pius X. bezeichnete in der Enzyklika "Editae aepe" vom 26. Mai 1910 die sogenannten Reformatoren des 16. Jahrhunderts als Feinde des Kreuzes Christi (Phil 3, 18) {149}. Sein Kampf gegen die Auflösungstheologie der Modernisten war eine Abwehr des Protestantismus, aus dem die Modernisten ihre zersetzenden Aufstellungen bezogen hatten {150}. Heute hat die modernistische Theologie in weiten Teilen der Kirche die Herrschaft angetreten. Unvergessen ist und bleibt die Enzyklika "Mortalium animos" vom 6. Januar 1928 des Papstes Pius Xi. {151}. Ihre Ausführungen sind heute so gültig wie damals. Der Papst weist darin die menschlichen Bemühungen um Einigung der Christen a limine ab, weil sie auf falschen Grundsätzen beruhen. Einer der Hauptirrtümer ist die Ansicht, die Kirche bestehe aus verschiedenen Teilkirchen, welche die gleichen Rechte haben. Wer diese Behauptung unterstützt, schafft einer falschen Religion Geltung. Auf diese Weise werden der Indifferentismus und der Modernismus begünstigt. Der Papst weist auch den Unterschied zwischen grundlegenden und nicht grundlegenden Glaubenswahrheiten ab, von denen die ersteren von allen angenommen werden müssen, während die letzteren der freien Zustimmung der Menschen überlassen bleiben. Der einzige Weg zur Einheit der Christen ist die Rückkehr der getrennten Brüder zu der einen wahren Kirche Christi. Auch Papst Pius XII. war als Lehrer der Gesamtkirche von kristallener Klarheit; jede Verschwommenheit der Lehre war ihm ein Greuel. Die Wiedervereinigung der getrennten Christen kann nach ihm nur durch Rückkehr in das Vaterhaus, die katholische Kirche, geschehen. Die oberste Glaubensbehörde des Apostolischen Stuhls, das Heilige Offizium, erließ am 20. Dezember 1949 ein gewichtige Instruktion über die ökumenische Bewegung {152}. Sie erlaubte Kontakte mit Nichtkatholiken nur unter der Bedingung, daß "jede gegenseitige Teilnahme an Gottesdiensten unbedingt zu vermeiden" sei. {..}
Schluß
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird auf allen Ebenen der katholischen Kirche der Ökumenismus betrieben. Vom Papst bis zum letzten Pfarrgemeinderatsvorsitzenden werden sogenannte ökumenische Aktivitäten ins Werk gesetzt. Was wir erleben, ist die "Dynamik einer progressiven Angleichungsökumenik". Der Ökumenismus zersetzt den katholischen Glauben. Der Ökumenismus versetzt dem katholischen Priestertum einen tödlichen Schlag. Der Ökumenismus saugt den katholischen Christen das Mark aus den Knochen. Die Menschen spüren, daß seit Eröffnung des Ökumenismus die Kirche protestantischer geworden ist. Der Ökumenismus ist eine Krankheit, und zwar eine tödliche. Der Ökumenismus, wie er heute betrieben wird, ist die Krebserkrankung der Kirche, die ihre Metastasen fast auf alle ihre Glieder ausgebreitet hat. Mit dem Ökumenismus kann die Kirche sterben, aber nicht leben. Der Ökumenismus ist zu beenden, und zwar möglichst schnell und möglichst gründlich.
Die Wirkungen des entfesselten Ökumenismus sind fatal. Der Ökumenismus ist dabei, die katholische Kirche als Hort der Wahrheit zu zerstören, soweit das Menschen möglich ist. Die ausgedehnten Kontakte mit nichtkatholischen Religionsverbänden haben nicht zur Bereicherung, sondern zur Verarmung der katholischen Kirche beigetragen. Der ökumenische Dialog führt nicht zur Fülle der Katholizität, sondern zu deren Reduktion. Der Ökumenismus betreibt Annäherung der Konfessionen durch Verschleifung der Wahrheit. Ein Autor sprach richtig von einer "Schummel-Ökumene", die "auf hermeneutischen Sprach-Tricks ruhende Lufbrücken" baue. Klaus Berger bemerkte richtig, "die wahre, schon existierende Ökumene bestehe in der gemeinsamen Ignoranz, das Eigene wie das Nachbarliche betreffend". Klaus Berger nennt den Ökumenismus einen "Nachfolgemythos des Sozialisms". Der Ökumenismus ist das Trojanische Pferd in der Stadt Gottes. Im Namen des Ökumenismus erscheint es statthaft, alle die protestantischen Irrtümer in der Kirche vorzubringen, die seit Jahrhunderten vom Lehramt der Kirche verworfen worden sind. Wer Ökumenismus betreibt, kann mit unschuldiger Miene die zersetzendsten Thesen wagen. Denn sie dienen angeblich der Einigung der Christen.
Der Ökumenismus kommt der Entscheidungsschwäche und der Bindungsscheu der nachkonziliaren Katholiken entgegen. Er begünstigt das Ausweichen vor dem Bekennen und zersetzt den kirchlichen Geist. Nichts ist der breiten Masse der lau und träge gewordenen nachkonziliaren Katholiken lieber als interkonfessionelle Praktiken. Es muß deutlich ausgesprochen werden: Der ökumenische Betrieb steht in Blüte, weil den meisten Menschen die Wahrheit gleichgültig ist. Der ökumenische Betrieb steht in Blüte, weil den meisten Menschen die protestantische Form des Christentums bequemer vorkommt und deswegen erwünschter ist als die katholische Kirche.
Tatsächlich sind die Ökumeniker in schwersten Illusionen befangen. Sie leiden an Realitätsverlust und sehen die wirkliche Lage nicht mehr. "Der ökumenistische Mythos ist ... zu einer geradezu wirklichkeitsfeindlichen Fata Morgana geworden". Klaus Berger sagt richtig, die Meinung, die Trennung der Christen werde sich bald ändern, sei "reine Vertröstung, für die ich nicht den geringsten Grund sehen kann". Die eine und geeinte Christenheit ist eine Utopie. Der Ökumenismus läuft einem Trugbild nach. Die Erwartung, die Orthodoxen und die Protestanten würden sich jemals mit Lehre und Ordnung der katholischen Kirche abfinden und sich mit ihre sichtbar vereinigen, ist illusorisch. Der Ökumenismus scheitert an den unübersteigbaren Gegensätzen in der Lehre. Es ist unmöglich, die Wahrheitsfrage durch kirchenpolitische Diplomatie überspringen zu wollen. "Die zwanghafte Vereinigungs-Ökumene am grünen Tisch" ist kein Weg zur Einigung der Christenheit. Es ist schmerzlich, zu sehen, wie viel Begabung, Zeit und Kraft für ein aussichtsloses Unternehmen verschwendet wird. Klaus Berger ist mit Recht überzeugt, daß der ökumenische Mythos eines Tages platzen wird, und dann "wird das ganze Drama noch einmal einen Schritt weiter weg vom Christentum und ihrer (sc. der Menschen) Konfession führen". Man muß den Mut haben, es auszusprechen: Nach menschlichem Ermessen wird die Christenheit noch geteilt sein, wenn der Herr kommt, zu richten die Lebenden und die Toten.
Wenn man sagt, eine Ökumene der Rückkehr zur katholischen Kirche könne es nicht geben, so antworte ich, daß die Rückkehr der getrennten Christen zur katholischen Kirche der einzige Weg ist, um die Einheit der Christen zu verwirklichen. Die heute verdammte "Rückkehr-Ökumene" ist das alleinige Modell von Wiedervereinigung, das denkmöglich ist. Wer das Vaterhaus verlassen hat, ist aufgefordert, dahin zurückzukehren. Kein geringer als Papst Pius XI. hat es deutlich ausgesprochen: "Es gibt ... keinen anderen Weg, als den, die Rückkehr aller getrennten Brüder zur einen wahren Kirche Christi zu fördern, von der sie sich ja unseligerweise getrennt haben".
Was die Kirche tun kann, um alle Christen in ihrem Schoß zu vereinigen, ist Folgendes. Die Verfassung und die Lehre der Kirche müssen rein und unversehrt bewahrt und dargestellt werden. Attacken gegen das gottgegebene Lehr- und Hirtenamt dürfen in ihr kein Platz haben. Mit der Theologie der Gefälligkeiten, bei welcher der Anspruch der Wahrheit beiseite gesetzt wird, ist Schluß zu machen. Der Heilige Vater muß seiner Stellung als Bischof der Gesamtkirche eingedenk sein. Er trägt die Verantwortung für die Verbreitung des Glaubens und die Verteidigung der Wahrheit, für die Reinheit und die Würde des Gottesdienstes und für die Einheit des Liebesbundes der Kirche. Die Oberhirten der Kirche müssen in überzeugende Weise ihr Amt ausführen. Sie müssen mit Kraft und Güte, mit Mut und Weisheit ihrer Sendung nachkommen. Die katholischen Christen müssen das Evangelium leben und durch ihr vom Evangelium geprägtes Leben für die Kirche werben. Wer seine ganze Kraft daran setzt, die Kirche zu der Gestalt zu führen, die Christus ihr zugedacht hat, bereitet jenen Zustand vor, wo nur noch ein Hirt und eine Herde sein wird.
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Klappentext
Zum Autor: Prof. Dr. Georg May, Jahrgang 1926, Studium der Philosophie und der Theologie in Breslau, Fulda, München und Neuzelle/Oder, Priesterweihe 1951, anschließend Tätigkeit in der Seelsorge und am Priesterseminar in Erfurt. Promotion in München 1955 zum Dr. theol. und 1956 zum Lic. iur. can., 1957 Habitilation im Fach Kirchenrecht. 1960-1994 Professor an der Universität Mainz für Kirchenrecht, Staatskirchenrecht und Kirchliche Rechtsgeschichte. Neben Publikationen zu diesen Fachgebieten zahlreiche Schriften zur Entwicklung der Kirche nach dem II. Vatikanischen Konzil.
Zum Buch: Die katholische Kirche befindet sich seit Jahrzehnten im ständigen Niedergang. Ob es die Priesterschaft oder das Ordenswesen, die Ehen oder die Kinderfreudigkeit, der Besuch des Gottesdienstes oder der Empfang des Bußsakramentes ist, alles ist in erschütterndem Umfang abgestürzt. Die Verantwortlichen aller Ränge in der Kirche drücken sich darum, die innerkirchlichen Ursachen des nachkonziliaren Zusammenbruchs zu erkennen und auszusprechen. Das hier vorliegende Buch will ihnen in einem entscheidenen Punkte Nachhilfe geben. Der vom Zweiten Vatikanischen Konzil etablierte, von Papst und Bischöfen unablässig ermutigte und von der Basis entfesselte Ökumenismus ist eine der Hauptursachen für den erregenden Prozeß der Selbstzerstörung der Kirche. Was über 1900 Jahre an Erfahrung und Verhaltensweisen für den Umgang mit denen, die sich von der Kirche getrennt haben, gewonnen bzw. geübt worden ist, wurde in beispielloser Blindheit, ja Verblendung verworfen. Der Verfasser zeigt, welche unermeßlichen Schäden der ökumenische Betrieb auf allen Gebieten des kirchlichen Lebens angerichtet hat und täglich weiter anrichtet. Er ruft die Verantwortlichen in der Kirche auf, endlich wieder zu gesunden Weisen des Umgangs mit den Nichtkatholiken zurückzukehren und aus der Ökumenismusfalle auszusteigen. Für die Kirche ist die Abkehrt von dem verhängnisvollen Weg eine Frage des Überlebens.
Der Auszug ist für jene Mitleser gedacht, die im Gegensatz zu Falk dieses Buch nicht kennen.
1. Kapitel: Ziel und Weg des Ökumenismus nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil
§1: Das Zweite Vatikanische Konzil
Die amtliche Etablierung des "katholischen Ökumenismus" geschah auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Zusammenfassend und thematisch wird der Ökumenismus in dem Dekret behandelt, das mit den Worten "Unitatis redintegratio" beginnt. (..)
Das Dokument enthält Richtiges und Beherzigswertes, aber auch Falsches und Bedenkliches. Hier begann der abschüssige Weg der katholischen Kirche, dessen Ende noch nicht abzusehen ist. Die Behauptung, die ökumenische Bewegung sei "unter dem Wehen der Gnade des Heiligen Geistes" entstanden, ist schon deswegen inakzeptabel, weil der Heilige Geist nicht eine Macht der Verwirrung, sondern die Kraft der Klarheit ist. Der Ökumenismus hat seine Spuren auch in den anderen Dokumenten hinterlassen, die das Konzil verabschiedet hat. Man kann in einem richtigen Sinne sagen: Sämtliche Texte dieser Versammlung wurden mit Rücksicht auf die nichtkatholischeen Religionsgemeinschaften formuliert und korrigiert. Das damals errichtete Einheitssekretariat entwickelte sich zu so etwas wie dem Trojanischen Pferd in der Stadt Gottes. {..} "Im Einheitssekretariat gingen die Vertreter der verschiedenen christlichen Gemeinschaften ein und aus, über seine Kompetenz bekamen sie gewichtigen Einfluß auch auf die Gestaltung der Texte". {..}
II. Beschreibung der Lage.
{..} Die getrennten Christen insgesamt werden beschrieben als Söhne, die der Kirche durch die Taufe zugeführt, aber von ihrer vollen Gemeinschaft getrennt sind. Das Wort appositi läßt offen, wie die durch die Taufe hergestellte Verbindung mit der Kirche näherhin zu verstehen ist, schließt aber aus, daß die getrennten Christen Glieder der Kirche sind. Das Konzil behauptet dann, daß alle Getauften zu der einen, sichtbaren und allumfassenden Kirche hinstreben. Diese Behauptung ist mit Sicherheit falsch. Der Optimismus des Konzils bezüglich des Sehnens nach Einheit wird von der Wirklichkeit nicht gedeckt. Die Protestanten ersehnen eine solche sichtbare Einheit nicht; sie lehnen sie vielmehr ausdrücklich ab. Mit den Orthodoxen steht es nicht anders. {..}
Auch für die Protestanten findet Konzil anerkennende Worte. Aber eine wirklichkeitsgetreue Beschreibung fehlt hier ebenfalls. Die richtige Bezeichnung für sie wäre "Häretiker". Das Konzil unterschlägt sie. Daß ihr Lehrsystem häretisch ist, wird an keiner Stelle gesagt. {..} Wenn man ein wahrheitsgetreues Bild der Wirklichkeit gezeichnet hätte, dann hätte nüchtern festellt werden müssen: Sie wünschen keine Einheit mit der katholischen Kirche und suchen die katholischen Christen für ihre Gemeinschaft zu gewinnen.
Bei dem Versuch, die Beziehung der getrennten Christen zur Kirche zu beschreiben, bleiben gewisse Ungereimtheiten. Man kann nicht Volk Gottes und Leib Christi in der Weise auseinanderreißen, daß jemand zum Volke Gottes gehören könne, der nicht (voll) dem Leib Christi eingegliedert ist, wie es in UR Nr. 3 zu geschehen seint. (..) Übrigens wird von der Taufe nicht gesagt, daß sie dem Leibe Christi eingliedert, wie der deutsche Text von UR Nr. 3 (1. Absatz) will, sondern daß sie Christus eingliedert. Es ist schwer zu begreifen, wie diese Aussagen zur Übereinstimmung gebracht werden können.
III. Kirchen und kirchliche Gemeinschaften
Das Konzil bezeichnet die nichtkatholischen Religionsverbände als "Kirchen und kirchliche Gemeinschaften". Diese Bezeichnung ist unangebracht und irreführend. Ein aus christlichen Elementen lebender Religionsverband wird nicht dadurch "Kirche", daß das Konzil ihm diesen Namen beilegt. Es gibt nur eine einzige Kirche, die katholische. Bei ihr kann man zwischen Gesamtkirche und Teilkirchen unterscheiden. Damit ist die Verwendung des Begriffes Kirche erschöpft. {..}
Von den "Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften" sagt nun das Konzil: "Der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie (sc. die getrennten Kirchen und Gemeinschaften) als Mittel des Heiles zu gebrauchen". Dieser Satz ist mit Sicherheit falsch. In dem Bestreben, den nichtkatholischen Religionsverbände aufzuwerten, ist dem Konzil ein arger Schnitzer unterlaufen. Denn nichtkatholischen Gemeinschaften als eigenen Konfessionen und Institutionen kommt niemals eine Heilsmittlerschaft zu. Der einzelne Christ kann wohl in einer getrennten Gemeinschaft gerettet werden, aber nicht durch sie. Der Heilige Geist wirkt in den einzelnen Personen, aber nicht in den getrennten christlichen Gemeinschaften als solchen. Die von der Kirche getrennten Religionsverbände sind keine Mittel des Heils; sie vermitteln den in ihnen versammelten Menschen nicht das Heil. Insofern die nichtkatholischen Gemeinschaften von der Kirche Christi, d.h. der katholischen Kirche, getrennt sind, stehen sie vielmehr gegen diese Kirche und führen an sich nicht zum Heil, sondern zum Unheil. Da die Häresie die Einheit im Glauben und das Schisma die Einheit in der Leitung zerstören, ist es unmöglich, daß Häresie und Schisma Heilsmittel sein können. Gewiß gibt es in den getrennten Gemeinschaften Heilselemente, d.h. Stücke, Teile, Gaben, wie die Taufe und das Gebet. Diese Elemente sind als solche heilswirksam, nicht wegen ihres Vorhandenseins in den getrennten Gemeinschaften, sondern wegen ihrer Herkunft von der katholischen Kirche. Was also in den getrennten Gemeinschaften heilswirksam ist, das ist nicht der von der Kirche Christi getrennte Verband, sondern das sind die Bruchstücke dieser Kirche, die sie aus der Trennung mitgenommen haben. Die katholische Kirche als die allgemeine Hilfe zum Heil (generale auxilium salutis) von den Teilhilfen zum Heil, welche die getrennten Gemeinschaften darstellen, zu unterscheiden, ist falsches quantitatives Denken. Die katholische Kirche nicht nur mehr, nämlich alle Mittel zum Heil, sondern sie selbst ist die einzige Achse des Heils. {..}
§4: Die katholischen Ökumeniker
I. Der Papst
Der oberste und eifrigste katholische Ökumeniker ist Johannes Paul II. Seit Beginn seine Pontifikates betreibt er keine Tätigkeit mit mehr Ausdauer als den Ökumenismus. Am 25. Mai 1995 trat Johannes Paul II. mit der Enzykika "Ut unum sint" an die Öffentlichkeit. Darin entwickelt er das Programm der ökumenischen Aktivität der Kirche. Viele Male spricht er davon, die Kirche habe sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil "unumkehrbar" zum Ökumenismus verpflichtet. Diese Aussage ist unhaltbar. Damit nimmer er für sich und das Konzil eine Kompetenz in Anspruch, die ihm nicht zusteht. Kein Papst kann seine Nachfolger auf ein bestimmtes Verhalten festlegen. Jeder kommende Papst kann den Ökumenismus als das erkennen, was er ist, nämlich eine gigantische Verirrung und eine tödliche Gefahr, und ihn beenden. Die ökumenischen Aktivitäten nehmen einen beträchtlichen Raum in der Tätigkeit Johannes Paul II. ein. Fortwährend äußert er seine Hoffnung auf weitere Annäherung in der "Ökumene". Unaufhörlich fordert er zum "ökumenuschen" Dialog auf. Ununterbrochen drängt er auf ökumenische "Fortschritte". Er will aus dem ökumenischen Vokabular Worte wie "Krise, Verzögerung, Langsamkeit, Unbeweglichkeit und Kompromisse" verbannt wissen (137). {..}
Zu meinem Bedauern kann ich das ökumenische Engagement des Papstes nicht begrüßen. Zu deutlich sind die Schäden, die dadurch angerichtet werden. Zahlreiche Äußerungen des Papstes sind realitätsfremd. Seine wiederholt vorgetragene Behauptung, die Situation zwischen katholischer Kirche und nichtkatholischen Gemeinschaften sei, verglichen mit der Vergangenheit, völlig verändert (141), entspringt reinem Wunschdenken. Der vom Papst zur Schau getragene Optimismus ist ganz und gar unangebracht. Er gleicht der Äußerung eines Todkranken, der meint, die Sache werde sich schon machen. Mit seiner ökumenischen Manie schlägt der Papst allen, die für Vernunft und Glaube plädieren, die Waffen aus der Hand. Bei seinem ökumenischen Eifer unterlaufen ihm manche Fehler. {..} Die unermeßlichen Schäden, die durch den von ihm vehement betriebenen Ökumenismus der Kirche zugefügt werden, sind dem Papst verborgen geblieben. Er hat nicht begriffen, daß, wer von allem etwas will, nichts ganz durchführt, daß vielmehr jedes Unternehmen zur Halbheit gerät. Deutlich gesprochen: Der Papst hat beispielsweise nicht begriffen, daß man, wenn man Priester haben will, sie nicht mit dem häretischen Religionsdiener zusammen auftreten lassen kann. Der Papst hat nicht begriffen, daß man nicht den Rückgang an Ordensberufungen beklagen und zur gleichen Zeit das Andenken jenes abtrünnigen Mönches feiern kann, der das gesamte Ordenswesen in der Wurzel zerstört hat. Der Papst hat nicht begriffen, daß er nicht die Pflicht zur Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier einschärfen und zugleich gemeinsame Gottesdienst mit den Erben Luthers und Calvins empfehlen kann, die das Meßopfer ablehnen. Der Papst hat nicht begriffen, daß er nicht zum Empfang des Sakramentes der Versöhnung aufrufen kann, während er gleichzeitig die angebliche Gemeinsamkeit mit dem Protestantismus preist, der das Bußsakrament verwirft. "Ein gemeinsames treues und einvernehmliches Zeugnis" ist, anders als Johannes Paul II. meint (146), nicht durchführbar. In seiner ökumenischen Betriebssamkeit gerät der Papst auch in Widerspruch zu seinen Vorgängern. {..} Der Geistliche Botschaftsrat der deutschen Vertretung beim Heiligen Stuhl, Max-Eugen Kemper, erklärte, der Papst Johannes Paul II. würde beim ökumenischen Betrieb "persönlich wohl gerne weiter gehen, als seine Berater ihm erlauben" (147). {..}
Die großen Piuspäpste des 20. Jahrhunderts stehen auf gegen die ökumenische Illusionen der vier letzten Päpste. Sie sprachen noch das Unheil der Glaubensspaltung an. Papst Pius X. bezeichnete in der Enzyklika "Editae aepe" vom 26. Mai 1910 die sogenannten Reformatoren des 16. Jahrhunderts als Feinde des Kreuzes Christi (Phil 3, 18) {149}. Sein Kampf gegen die Auflösungstheologie der Modernisten war eine Abwehr des Protestantismus, aus dem die Modernisten ihre zersetzenden Aufstellungen bezogen hatten {150}. Heute hat die modernistische Theologie in weiten Teilen der Kirche die Herrschaft angetreten. Unvergessen ist und bleibt die Enzyklika "Mortalium animos" vom 6. Januar 1928 des Papstes Pius Xi. {151}. Ihre Ausführungen sind heute so gültig wie damals. Der Papst weist darin die menschlichen Bemühungen um Einigung der Christen a limine ab, weil sie auf falschen Grundsätzen beruhen. Einer der Hauptirrtümer ist die Ansicht, die Kirche bestehe aus verschiedenen Teilkirchen, welche die gleichen Rechte haben. Wer diese Behauptung unterstützt, schafft einer falschen Religion Geltung. Auf diese Weise werden der Indifferentismus und der Modernismus begünstigt. Der Papst weist auch den Unterschied zwischen grundlegenden und nicht grundlegenden Glaubenswahrheiten ab, von denen die ersteren von allen angenommen werden müssen, während die letzteren der freien Zustimmung der Menschen überlassen bleiben. Der einzige Weg zur Einheit der Christen ist die Rückkehr der getrennten Brüder zu der einen wahren Kirche Christi. Auch Papst Pius XII. war als Lehrer der Gesamtkirche von kristallener Klarheit; jede Verschwommenheit der Lehre war ihm ein Greuel. Die Wiedervereinigung der getrennten Christen kann nach ihm nur durch Rückkehr in das Vaterhaus, die katholische Kirche, geschehen. Die oberste Glaubensbehörde des Apostolischen Stuhls, das Heilige Offizium, erließ am 20. Dezember 1949 ein gewichtige Instruktion über die ökumenische Bewegung {152}. Sie erlaubte Kontakte mit Nichtkatholiken nur unter der Bedingung, daß "jede gegenseitige Teilnahme an Gottesdiensten unbedingt zu vermeiden" sei. {..}
Schluß
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird auf allen Ebenen der katholischen Kirche der Ökumenismus betrieben. Vom Papst bis zum letzten Pfarrgemeinderatsvorsitzenden werden sogenannte ökumenische Aktivitäten ins Werk gesetzt. Was wir erleben, ist die "Dynamik einer progressiven Angleichungsökumenik". Der Ökumenismus zersetzt den katholischen Glauben. Der Ökumenismus versetzt dem katholischen Priestertum einen tödlichen Schlag. Der Ökumenismus saugt den katholischen Christen das Mark aus den Knochen. Die Menschen spüren, daß seit Eröffnung des Ökumenismus die Kirche protestantischer geworden ist. Der Ökumenismus ist eine Krankheit, und zwar eine tödliche. Der Ökumenismus, wie er heute betrieben wird, ist die Krebserkrankung der Kirche, die ihre Metastasen fast auf alle ihre Glieder ausgebreitet hat. Mit dem Ökumenismus kann die Kirche sterben, aber nicht leben. Der Ökumenismus ist zu beenden, und zwar möglichst schnell und möglichst gründlich.
Die Wirkungen des entfesselten Ökumenismus sind fatal. Der Ökumenismus ist dabei, die katholische Kirche als Hort der Wahrheit zu zerstören, soweit das Menschen möglich ist. Die ausgedehnten Kontakte mit nichtkatholischen Religionsverbänden haben nicht zur Bereicherung, sondern zur Verarmung der katholischen Kirche beigetragen. Der ökumenische Dialog führt nicht zur Fülle der Katholizität, sondern zu deren Reduktion. Der Ökumenismus betreibt Annäherung der Konfessionen durch Verschleifung der Wahrheit. Ein Autor sprach richtig von einer "Schummel-Ökumene", die "auf hermeneutischen Sprach-Tricks ruhende Lufbrücken" baue. Klaus Berger bemerkte richtig, "die wahre, schon existierende Ökumene bestehe in der gemeinsamen Ignoranz, das Eigene wie das Nachbarliche betreffend". Klaus Berger nennt den Ökumenismus einen "Nachfolgemythos des Sozialisms". Der Ökumenismus ist das Trojanische Pferd in der Stadt Gottes. Im Namen des Ökumenismus erscheint es statthaft, alle die protestantischen Irrtümer in der Kirche vorzubringen, die seit Jahrhunderten vom Lehramt der Kirche verworfen worden sind. Wer Ökumenismus betreibt, kann mit unschuldiger Miene die zersetzendsten Thesen wagen. Denn sie dienen angeblich der Einigung der Christen.
Der Ökumenismus kommt der Entscheidungsschwäche und der Bindungsscheu der nachkonziliaren Katholiken entgegen. Er begünstigt das Ausweichen vor dem Bekennen und zersetzt den kirchlichen Geist. Nichts ist der breiten Masse der lau und träge gewordenen nachkonziliaren Katholiken lieber als interkonfessionelle Praktiken. Es muß deutlich ausgesprochen werden: Der ökumenische Betrieb steht in Blüte, weil den meisten Menschen die Wahrheit gleichgültig ist. Der ökumenische Betrieb steht in Blüte, weil den meisten Menschen die protestantische Form des Christentums bequemer vorkommt und deswegen erwünschter ist als die katholische Kirche.
Tatsächlich sind die Ökumeniker in schwersten Illusionen befangen. Sie leiden an Realitätsverlust und sehen die wirkliche Lage nicht mehr. "Der ökumenistische Mythos ist ... zu einer geradezu wirklichkeitsfeindlichen Fata Morgana geworden". Klaus Berger sagt richtig, die Meinung, die Trennung der Christen werde sich bald ändern, sei "reine Vertröstung, für die ich nicht den geringsten Grund sehen kann". Die eine und geeinte Christenheit ist eine Utopie. Der Ökumenismus läuft einem Trugbild nach. Die Erwartung, die Orthodoxen und die Protestanten würden sich jemals mit Lehre und Ordnung der katholischen Kirche abfinden und sich mit ihre sichtbar vereinigen, ist illusorisch. Der Ökumenismus scheitert an den unübersteigbaren Gegensätzen in der Lehre. Es ist unmöglich, die Wahrheitsfrage durch kirchenpolitische Diplomatie überspringen zu wollen. "Die zwanghafte Vereinigungs-Ökumene am grünen Tisch" ist kein Weg zur Einigung der Christenheit. Es ist schmerzlich, zu sehen, wie viel Begabung, Zeit und Kraft für ein aussichtsloses Unternehmen verschwendet wird. Klaus Berger ist mit Recht überzeugt, daß der ökumenische Mythos eines Tages platzen wird, und dann "wird das ganze Drama noch einmal einen Schritt weiter weg vom Christentum und ihrer (sc. der Menschen) Konfession führen". Man muß den Mut haben, es auszusprechen: Nach menschlichem Ermessen wird die Christenheit noch geteilt sein, wenn der Herr kommt, zu richten die Lebenden und die Toten.
Wenn man sagt, eine Ökumene der Rückkehr zur katholischen Kirche könne es nicht geben, so antworte ich, daß die Rückkehr der getrennten Christen zur katholischen Kirche der einzige Weg ist, um die Einheit der Christen zu verwirklichen. Die heute verdammte "Rückkehr-Ökumene" ist das alleinige Modell von Wiedervereinigung, das denkmöglich ist. Wer das Vaterhaus verlassen hat, ist aufgefordert, dahin zurückzukehren. Kein geringer als Papst Pius XI. hat es deutlich ausgesprochen: "Es gibt ... keinen anderen Weg, als den, die Rückkehr aller getrennten Brüder zur einen wahren Kirche Christi zu fördern, von der sie sich ja unseligerweise getrennt haben".
Was die Kirche tun kann, um alle Christen in ihrem Schoß zu vereinigen, ist Folgendes. Die Verfassung und die Lehre der Kirche müssen rein und unversehrt bewahrt und dargestellt werden. Attacken gegen das gottgegebene Lehr- und Hirtenamt dürfen in ihr kein Platz haben. Mit der Theologie der Gefälligkeiten, bei welcher der Anspruch der Wahrheit beiseite gesetzt wird, ist Schluß zu machen. Der Heilige Vater muß seiner Stellung als Bischof der Gesamtkirche eingedenk sein. Er trägt die Verantwortung für die Verbreitung des Glaubens und die Verteidigung der Wahrheit, für die Reinheit und die Würde des Gottesdienstes und für die Einheit des Liebesbundes der Kirche. Die Oberhirten der Kirche müssen in überzeugende Weise ihr Amt ausführen. Sie müssen mit Kraft und Güte, mit Mut und Weisheit ihrer Sendung nachkommen. Die katholischen Christen müssen das Evangelium leben und durch ihr vom Evangelium geprägtes Leben für die Kirche werben. Wer seine ganze Kraft daran setzt, die Kirche zu der Gestalt zu führen, die Christus ihr zugedacht hat, bereitet jenen Zustand vor, wo nur noch ein Hirt und eine Herde sein wird.
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Klappentext
Zum Autor: Prof. Dr. Georg May, Jahrgang 1926, Studium der Philosophie und der Theologie in Breslau, Fulda, München und Neuzelle/Oder, Priesterweihe 1951, anschließend Tätigkeit in der Seelsorge und am Priesterseminar in Erfurt. Promotion in München 1955 zum Dr. theol. und 1956 zum Lic. iur. can., 1957 Habitilation im Fach Kirchenrecht. 1960-1994 Professor an der Universität Mainz für Kirchenrecht, Staatskirchenrecht und Kirchliche Rechtsgeschichte. Neben Publikationen zu diesen Fachgebieten zahlreiche Schriften zur Entwicklung der Kirche nach dem II. Vatikanischen Konzil.
Zum Buch: Die katholische Kirche befindet sich seit Jahrzehnten im ständigen Niedergang. Ob es die Priesterschaft oder das Ordenswesen, die Ehen oder die Kinderfreudigkeit, der Besuch des Gottesdienstes oder der Empfang des Bußsakramentes ist, alles ist in erschütterndem Umfang abgestürzt. Die Verantwortlichen aller Ränge in der Kirche drücken sich darum, die innerkirchlichen Ursachen des nachkonziliaren Zusammenbruchs zu erkennen und auszusprechen. Das hier vorliegende Buch will ihnen in einem entscheidenen Punkte Nachhilfe geben. Der vom Zweiten Vatikanischen Konzil etablierte, von Papst und Bischöfen unablässig ermutigte und von der Basis entfesselte Ökumenismus ist eine der Hauptursachen für den erregenden Prozeß der Selbstzerstörung der Kirche. Was über 1900 Jahre an Erfahrung und Verhaltensweisen für den Umgang mit denen, die sich von der Kirche getrennt haben, gewonnen bzw. geübt worden ist, wurde in beispielloser Blindheit, ja Verblendung verworfen. Der Verfasser zeigt, welche unermeßlichen Schäden der ökumenische Betrieb auf allen Gebieten des kirchlichen Lebens angerichtet hat und täglich weiter anrichtet. Er ruft die Verantwortlichen in der Kirche auf, endlich wieder zu gesunden Weisen des Umgangs mit den Nichtkatholiken zurückzukehren und aus der Ökumenismusfalle auszusteigen. Für die Kirche ist die Abkehrt von dem verhängnisvollen Weg eine Frage des Überlebens.
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Zuletzt geändert von Athanasius13 am Montag 25. April 2005, 07:40, insgesamt 1-mal geändert.
Lieber Athanasius,
wieder herzlichen Dank für Deine ausführlichen Antworten auf meinen Beitrag.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen:
Ich verkenne keineswegs, dass sich die Kirche gegenwärtig in einer schlimmen Krisenlage befindet und ich glaube auch nach wie vor, dass Erzbischof Lefebvre der Kirche hier einen unschätzbaren Dienst erwiesen hat im Hinblick auf die Erhaltung der Tradition in Lehre und Liturgie.
Dennoch habe ich Probleme damit, dass ich mich - wenn der Standpunkt der Piusbruderschaft vollumfänglich zuträfe - in der gegenwärtigen Krisenlage, wo auf viele Priester und Bischöfe leider kein Verlass mehr ist, nun auch nicht mal mehr am Felsen der Kirche, also am Stellvertreter Jesu Christi und Nachfolger des hl. Petrus, orientieren können sollte.
Ist denn der Felsen - entgegen der Zusage Christi - nunmehr etwa doch von den Pforten der Hölle überwältigt worden?
Du schreibst:
>>Was bedeutet es beispielsweise für die Praxis, wenn Du schreibt, daß ein Papst in seiner Lehrverkündigung nicht irren könne? Ist Ut-unum-sint keine Lehrverkündigung (mir ist bewußt, daß es Enzykliken gibt, die stärker einer Lehrmeinung darstellen als andere) ? Wie aber erkärst Du dann den Fall des hl. Kirchenlehrers Athanasius und des Arianismus?<<
Ich denke durchaus, dass man den hl. Athanasius und Erzbischof Lefebvre in gewisser Weise miteinander vergleichen kann, ja dass es u.U. sogar nowendig ist, dem Papst zu widerstehen, wie es ja die Bibel schon vom hl. Paulus im Hinblick auf den ersten Papst berichtet.
Doch dieser Widerstand kann m.E. kein permanenter Dauerzustand sein und er dürfte sich auch nicht gewissermaßen auf alles beziehen, was der Papst tut und sagt.
In der Arianismuskrise war es sicher ein von Papst Liberius begangener Fehler, den hl. Athanasius zu exkommunizieren, und in solchen disziplinären Fragen kann ohne Zweifel auch der gegenwärtige Papst irren, wie wir es im Hinblick auf die von ihm ausgesprochene Exkommunikation des Erzbischofs Lefebvre annehmen dürfen.
Andererseits kann man Papst Liberius in seiner Lehrverkündigung aber lediglich vorwerfen, dass er zwar missverständliche Formeln unterschrieben haben soll, die jedoch - wie man in Kirchengeschichtsbüchern nachlesen kann - keine Irrlehre darstellten:
"...Die dritte sirmische Formel unterzeichnete ... auch Papst Liberius ...
Er bekundete indessen zugleich seine orthodoxe Gesinnung, indem er in einem Beisatz den für ausgeschlossen erklärte, der nicht eine Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn im Wesen und in allem bekenne. Seine Formel kommt der nicänischen ganz nahe. Daher ist von einer 'Irrlehre' oder von einer Instanz gegen die päpstliche Unfehlbarkeit keine Rede. ..."
(Kirchengeschichte Bihlmeyer - Tüchle, 18. Aufl., I. Teil, § 48, 4; S. 260)
Selbst von Papst Honorius, den das Konzil von Konstantinopel (680-681) direkt als Häretiker verurteilte, heißt es:
"Das Urteil der Synode von Konstantinopel über Honorius ist also zu streng. Es wurde in Rom auch nie in vollem Umfang gebilligt."
(dto. S. 309)
Er wurde in Rom demnach nie als Häretiker, sondern "nur" als jemand, der die Häresie aus Nachlässigkeit begünstigte, bezeichnet.
Schwäche, Nachlässigkeit und im Bestfall also dadurch hervorgerufene Begünstigung der Häresie kann man einigen Päpsten der Kirchengeschichte also gewiss vorwerfen, niemals aber Häresieverkündigung.
Insofern wäre also die von Papst Pius X. behauptete Unfehlbarkeit im Lehren der Päpste, vor allem der schlechten, durchaus gegeben.
Ob also Deine Einschätzung
"Daß sich Papst Johannes Paul II. in mehreren Enzykliken irrte ...ist für mich leider offensichtlich."
vor diesem Hintergrund aufrecht zu erhalten ist?
Sicher sind also manche Lehraussagen des gegenwärtigen Papstes aus traditionalistischer Sicht missverständlich, ja vielleicht sogar häresiebegünstigend.
Doch sind sie wirklich ein Irrtum - faktisch also eine Verkündung von Häresie?
>>Ganz ähnlich gilt das für die verhängnisvollen Teile einiger Dekrete des Zweiten Vatikanischen Konzils (V.II); ...<<
In diesem Sinne "ganz ähnlich", dass sie z.T. missverständlich und - wenn man will - häresiebegünstigend sein können, aber eben auch nicht wirklich häretisch.
Die Einschätzung des 2. Vatikanums als "Räubersynode" (ähnlich dem Konzil von Ephesus 449) würde nämlich auch nachfolgenden Generationen schwer fallen, weil eben heterodox lehrende Synoden der Vergangenheit nicht die päpstliche Zustimmung erhalten haben, was ja beim 2. Vatikanum nun eindeutig der Fall war (und dies nicht mal nur durch einen einzigen Papst, sondern sogar durch 2, also Papst Paul VI. und Papst Johannes Paul II., wenn man mal Johannes Paul I. nicht mitrechnet).
>>Falls Dir Widersprüche auffielen: was haben diese für Konsequenzen für Dich? Würdest Du sagen, die päpstlichen Vorgänger irrten, aber die nachkonziliaren nicht? Oder eher: es sind nur scheinbare Widersprüche? <<
Ich finde, das ist ein schwieriges Problem, zumal der katholische Glaube seine Kontnuität und Identität nicht vor allem durch eine augenfällige Übereinstimmung der Lehraussagen des ordentlichen Lehramtes über die Jahrhunderte hinweg, sondern gewissermaßen durch das Vertrauen auf das Lehramt der Kirche als solches ausweist.
Also ich hatte es ja schon mal an dem Beispiel der gegensätzlichen Aussagen Jesu Christi
"Geht nicht zu den Heiden! Betretet keine Stadt der Samariter!"
und:
"Geht zu allen Völkern!"
zu veranschaulichen versucht.
Nicht weil beide Aussagen übereinstimmen, sondern weil es Jesus ist, der die Aussagen macht, hielten die Apostel sie beide für richtig, obwohl sich die Aussagen inhaltlich völlig widersprachen.
Ich denke, es ist ein Charakteristikum des katholischen Glaubens, in ähnlicher Weise an die Aussagen des Lehramtes heranzugehen.
Die 13. Regel der geistlichen Übungen des hl. Ignatius von Loyola lautet daher auch:
»Wir müssen immer festhalten, um in allem das Rechte zu treffen:
Von dem Weißen, das ich sehe, glauben, dass es schwarz ist, wenn die hierarchische Kirche es so bestimmt,
indem wir glauben, dass zwischen Christus unserem Herrn, dem Bräutigam, und der Kirche, seiner Braut, der gleiche Geist ist, der uns leitet und lenkt zum Heil unserer Seelen. Denn durch den gleichen Geist und unseren Herrn, der die Zehn Gebote gegeben hat, wird gelenkt und geleitet unsere heilige Mutter Kirche.« (GÜ 365).
Wir haben ja nun auch schon in der Zeit vor dem 2. Vatikanum immer wieder Änderungen in der Kirche zu verzeichnen, so dass auch die traditionalistische und von Dir wiedergegebene Aussage,
die Bischöfe und Priester der Piusbruderschaft würden "nichts anderes lehren und tun, als was die Kirche fast 2000 Jahre tat, bis eben vor dem Konzil",so auch nicht stimmen kann.
Papst Pius XII. schrieb z.B. in seiner Enzyklika "Mediator Dei" Nr. 253:
"Die Weiterentwicklung der kirchlichen Ordnung in der Spendung der Sakramente, wie z. B. in der Verwaltung des Bußsakramentes, die Einführung des Katechumenates und dessen spätere Aufhebung, und dann die heilige Kommunion unter einer einzigen Gestalt in der Lateinischen Kirche: das alles hat zweifellos nicht wenig dazu beigetragen, daß uralte Riten im Laufe der Zeit abgeändert und allmählich neue eingeführt wurden, die zu den diesbezüglichen Neubestimmungen besser zu passen schienen."
und unter Nr. 262
"Denn wie kein vernünftiger Katholik in der Absicht, zu den alten, von den früheren Konzilien gebrauchten Formeln zurückzukehren, die Fassungen der christlichen Lehre ablehnen kann, welche die Kirche unter der Leitung des Heiligen Geistes in der neueren Zeit zum größten Nutzen der Seelen vorgelegt und als verbindlich erklärt hat, oder wie kein vernünftiger Katholik die geltenden Gesetze ablehnen kann, um zu den aus den ältesten Quellen des kanonischen Rechtes geschöpften Bestimmungen zurückzugreifen, so ist gleichermaßen, wenn es sich um die heilige Liturgie handelt, offensichtlich von keinem weisen und gesunden Eifer getrieben, wer zu den alten Riten und Bräuchen zurückkehren und die neuen ablehnen wollte, die doch unter dem Walten der göttlichen Vorsehung mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse eingeführt worden sind."
(http://www.stjosef.at/dokumente/mediator_dei_text.htm#I.)
>> Noch deutlicher werden die Irrungen des jetzigen Papstes, wenn man sich seine Aussagen und Handlungen zum Islam ansieht. ...<<
Selbstverständlich bin auch ich sehr skeptisch, wenn ich sehe, was der Papst da tut, doch wie kann ich mir sicher sein, dass ich richtig liege, wenn ich dieses Verhalten als "Irrung und Wirrung" bezeichne?
Wäre es denn völlig ausgeschlossen, dass das in unseren Augen unzumutbar entgegenkommende Verhalten, welches der Papst gegenüber den Vertretern anderer Konfessionen und Religionen an den Tag legt, vergleichbar mit dem Verhalten des Vaters aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn ist, der diesem "Abtrünnigen" noch entgegenläuft, ihn mit Schmuck und Kleidung ausstattet und dies sehr zum Ärger des treu gebliebenen Sohnes, um den er nie so viel Wirbel machte?
Könnten wir uns mit der heftigen Kritik am Verhalten des (Heiligen) Vaters gar in der Position dieses treu gebliebenen Sohnes befinden?
Haben wir Recht, wenn wir das Gebetstreffen in Assisi als Götzendienst und Verstoß gegen das 1. Gebot brandmarken?
Oder könnte es hier nicht ebenfalls einen gewissen Bedeutungswandel im Sinn des Gebotes geben, wie dies ja die Kirche mit ihrem vom Hl. Geist geleiteten Lehramt auch beim 2. und 3. Gebot erkannte und festgelegt hat?
Noch heute werfen die Adventisten der Kirche die biblisch prophezeihte antichristliche "Änderung von Zeiten und Gesetzen" vor, weil sie den gebotenen Sabbat vom siebenten auf den ersten Tag der Woche verlegte.
Und auch das Bilderverbot wäre noch zu nennen, wo die Kirche gegen das vorherige Verständnis dieses Gebotes neue Erkenntnisse erlangte und auch festlegte.
Ich finde es halt sehr schwierig und riskant, sich selbst ein Urteil zu bilden, welche Änderungen, die es in der Kirche gibt oder gab, in Ordnung sind und welche nicht.
Und abschließend noch eine - wie ich meine wichtige Frage an die Piusbruderschaft.
Warum verschließt sie sich permanent den Angeboten Roms zur kirchenrechtlichen Regulierung ihres Statusses.
Erfüllen die Vorschläge Roms nicht genau das, was Erzbischof Lefebvre forderte?
In einem Vortrag, den der Erzbischof am 20. November 1980 in Angers (Dép. Maine et Loire) gehalten hat, sagte er:
>>Wir verlangen vielleicht lediglich, daß über die theoretischen Probleme nicht zu viel diskutiert wird.
Fragen, die uns spalten, wie zum Beispiel die Frage über die Religionsfreiheit, sollte man dahingestellt sein lassen. Man ist nicht dazu verpflichtet, alle diese Probleme sofort zu lösen. Die Zeit wird eher Klarheit und eine Lösung bringen.
Ich habe es bereits einpaar mal erwähnt. Der Papst sollte uns in der Praxis das Experiment der Tradition machen lassen. Man könnte mir erwidern:
„Sie können dieses Experiment doch durchführen!“
Stellen Sie sich vor, der Papst würde zu den Bischöfen sagen:
„Laßt sie in Ruhe! Laßt sie gewähren! Sie machen nichts anderes, als das, was wir unser halbes Leben, oder zwei Drittel unseres Lebens getan haben. Laßt sie gewähren. Man wird sehen, was geschieht.“
Das ist das einzige, was wir verlangen! Ich bin davon überzeugt, daß in diesem Augenblick die Wahrheit zu ihrem Recht kommen wird. Die Tradition wird ihren wahren Platz finden und die Kirche wird eine neue Jugend erleben. <<
( Artikel)
Berücksichtigen die Vorschläge aus Rom nunmehr nicht genau das, was Erzbischof Lefebvre damals als "einzige" Forderung beschrieb?
Viele Grüße
Falk
wieder herzlichen Dank für Deine ausführlichen Antworten auf meinen Beitrag.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen:
Ich verkenne keineswegs, dass sich die Kirche gegenwärtig in einer schlimmen Krisenlage befindet und ich glaube auch nach wie vor, dass Erzbischof Lefebvre der Kirche hier einen unschätzbaren Dienst erwiesen hat im Hinblick auf die Erhaltung der Tradition in Lehre und Liturgie.
Dennoch habe ich Probleme damit, dass ich mich - wenn der Standpunkt der Piusbruderschaft vollumfänglich zuträfe - in der gegenwärtigen Krisenlage, wo auf viele Priester und Bischöfe leider kein Verlass mehr ist, nun auch nicht mal mehr am Felsen der Kirche, also am Stellvertreter Jesu Christi und Nachfolger des hl. Petrus, orientieren können sollte.
Ist denn der Felsen - entgegen der Zusage Christi - nunmehr etwa doch von den Pforten der Hölle überwältigt worden?
Du schreibst:
>>Was bedeutet es beispielsweise für die Praxis, wenn Du schreibt, daß ein Papst in seiner Lehrverkündigung nicht irren könne? Ist Ut-unum-sint keine Lehrverkündigung (mir ist bewußt, daß es Enzykliken gibt, die stärker einer Lehrmeinung darstellen als andere) ? Wie aber erkärst Du dann den Fall des hl. Kirchenlehrers Athanasius und des Arianismus?<<
Ich denke durchaus, dass man den hl. Athanasius und Erzbischof Lefebvre in gewisser Weise miteinander vergleichen kann, ja dass es u.U. sogar nowendig ist, dem Papst zu widerstehen, wie es ja die Bibel schon vom hl. Paulus im Hinblick auf den ersten Papst berichtet.
Doch dieser Widerstand kann m.E. kein permanenter Dauerzustand sein und er dürfte sich auch nicht gewissermaßen auf alles beziehen, was der Papst tut und sagt.
In der Arianismuskrise war es sicher ein von Papst Liberius begangener Fehler, den hl. Athanasius zu exkommunizieren, und in solchen disziplinären Fragen kann ohne Zweifel auch der gegenwärtige Papst irren, wie wir es im Hinblick auf die von ihm ausgesprochene Exkommunikation des Erzbischofs Lefebvre annehmen dürfen.
Andererseits kann man Papst Liberius in seiner Lehrverkündigung aber lediglich vorwerfen, dass er zwar missverständliche Formeln unterschrieben haben soll, die jedoch - wie man in Kirchengeschichtsbüchern nachlesen kann - keine Irrlehre darstellten:
"...Die dritte sirmische Formel unterzeichnete ... auch Papst Liberius ...
Er bekundete indessen zugleich seine orthodoxe Gesinnung, indem er in einem Beisatz den für ausgeschlossen erklärte, der nicht eine Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn im Wesen und in allem bekenne. Seine Formel kommt der nicänischen ganz nahe. Daher ist von einer 'Irrlehre' oder von einer Instanz gegen die päpstliche Unfehlbarkeit keine Rede. ..."
(Kirchengeschichte Bihlmeyer - Tüchle, 18. Aufl., I. Teil, § 48, 4; S. 260)
Selbst von Papst Honorius, den das Konzil von Konstantinopel (680-681) direkt als Häretiker verurteilte, heißt es:
"Das Urteil der Synode von Konstantinopel über Honorius ist also zu streng. Es wurde in Rom auch nie in vollem Umfang gebilligt."
(dto. S. 309)
Er wurde in Rom demnach nie als Häretiker, sondern "nur" als jemand, der die Häresie aus Nachlässigkeit begünstigte, bezeichnet.
Schwäche, Nachlässigkeit und im Bestfall also dadurch hervorgerufene Begünstigung der Häresie kann man einigen Päpsten der Kirchengeschichte also gewiss vorwerfen, niemals aber Häresieverkündigung.
Insofern wäre also die von Papst Pius X. behauptete Unfehlbarkeit im Lehren der Päpste, vor allem der schlechten, durchaus gegeben.
Ob also Deine Einschätzung
"Daß sich Papst Johannes Paul II. in mehreren Enzykliken irrte ...ist für mich leider offensichtlich."
vor diesem Hintergrund aufrecht zu erhalten ist?
Sicher sind also manche Lehraussagen des gegenwärtigen Papstes aus traditionalistischer Sicht missverständlich, ja vielleicht sogar häresiebegünstigend.
Doch sind sie wirklich ein Irrtum - faktisch also eine Verkündung von Häresie?
>>Ganz ähnlich gilt das für die verhängnisvollen Teile einiger Dekrete des Zweiten Vatikanischen Konzils (V.II); ...<<
In diesem Sinne "ganz ähnlich", dass sie z.T. missverständlich und - wenn man will - häresiebegünstigend sein können, aber eben auch nicht wirklich häretisch.
Die Einschätzung des 2. Vatikanums als "Räubersynode" (ähnlich dem Konzil von Ephesus 449) würde nämlich auch nachfolgenden Generationen schwer fallen, weil eben heterodox lehrende Synoden der Vergangenheit nicht die päpstliche Zustimmung erhalten haben, was ja beim 2. Vatikanum nun eindeutig der Fall war (und dies nicht mal nur durch einen einzigen Papst, sondern sogar durch 2, also Papst Paul VI. und Papst Johannes Paul II., wenn man mal Johannes Paul I. nicht mitrechnet).
>>Falls Dir Widersprüche auffielen: was haben diese für Konsequenzen für Dich? Würdest Du sagen, die päpstlichen Vorgänger irrten, aber die nachkonziliaren nicht? Oder eher: es sind nur scheinbare Widersprüche? <<
Ich finde, das ist ein schwieriges Problem, zumal der katholische Glaube seine Kontnuität und Identität nicht vor allem durch eine augenfällige Übereinstimmung der Lehraussagen des ordentlichen Lehramtes über die Jahrhunderte hinweg, sondern gewissermaßen durch das Vertrauen auf das Lehramt der Kirche als solches ausweist.
Also ich hatte es ja schon mal an dem Beispiel der gegensätzlichen Aussagen Jesu Christi
"Geht nicht zu den Heiden! Betretet keine Stadt der Samariter!"
und:
"Geht zu allen Völkern!"
zu veranschaulichen versucht.
Nicht weil beide Aussagen übereinstimmen, sondern weil es Jesus ist, der die Aussagen macht, hielten die Apostel sie beide für richtig, obwohl sich die Aussagen inhaltlich völlig widersprachen.
Ich denke, es ist ein Charakteristikum des katholischen Glaubens, in ähnlicher Weise an die Aussagen des Lehramtes heranzugehen.
Die 13. Regel der geistlichen Übungen des hl. Ignatius von Loyola lautet daher auch:
»Wir müssen immer festhalten, um in allem das Rechte zu treffen:
Von dem Weißen, das ich sehe, glauben, dass es schwarz ist, wenn die hierarchische Kirche es so bestimmt,
indem wir glauben, dass zwischen Christus unserem Herrn, dem Bräutigam, und der Kirche, seiner Braut, der gleiche Geist ist, der uns leitet und lenkt zum Heil unserer Seelen. Denn durch den gleichen Geist und unseren Herrn, der die Zehn Gebote gegeben hat, wird gelenkt und geleitet unsere heilige Mutter Kirche.« (GÜ 365).
Wir haben ja nun auch schon in der Zeit vor dem 2. Vatikanum immer wieder Änderungen in der Kirche zu verzeichnen, so dass auch die traditionalistische und von Dir wiedergegebene Aussage,
die Bischöfe und Priester der Piusbruderschaft würden "nichts anderes lehren und tun, als was die Kirche fast 2000 Jahre tat, bis eben vor dem Konzil",so auch nicht stimmen kann.
Papst Pius XII. schrieb z.B. in seiner Enzyklika "Mediator Dei" Nr. 253:
"Die Weiterentwicklung der kirchlichen Ordnung in der Spendung der Sakramente, wie z. B. in der Verwaltung des Bußsakramentes, die Einführung des Katechumenates und dessen spätere Aufhebung, und dann die heilige Kommunion unter einer einzigen Gestalt in der Lateinischen Kirche: das alles hat zweifellos nicht wenig dazu beigetragen, daß uralte Riten im Laufe der Zeit abgeändert und allmählich neue eingeführt wurden, die zu den diesbezüglichen Neubestimmungen besser zu passen schienen."
und unter Nr. 262
"Denn wie kein vernünftiger Katholik in der Absicht, zu den alten, von den früheren Konzilien gebrauchten Formeln zurückzukehren, die Fassungen der christlichen Lehre ablehnen kann, welche die Kirche unter der Leitung des Heiligen Geistes in der neueren Zeit zum größten Nutzen der Seelen vorgelegt und als verbindlich erklärt hat, oder wie kein vernünftiger Katholik die geltenden Gesetze ablehnen kann, um zu den aus den ältesten Quellen des kanonischen Rechtes geschöpften Bestimmungen zurückzugreifen, so ist gleichermaßen, wenn es sich um die heilige Liturgie handelt, offensichtlich von keinem weisen und gesunden Eifer getrieben, wer zu den alten Riten und Bräuchen zurückkehren und die neuen ablehnen wollte, die doch unter dem Walten der göttlichen Vorsehung mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse eingeführt worden sind."
(http://www.stjosef.at/dokumente/mediator_dei_text.htm#I.)
>> Noch deutlicher werden die Irrungen des jetzigen Papstes, wenn man sich seine Aussagen und Handlungen zum Islam ansieht. ...<<
Selbstverständlich bin auch ich sehr skeptisch, wenn ich sehe, was der Papst da tut, doch wie kann ich mir sicher sein, dass ich richtig liege, wenn ich dieses Verhalten als "Irrung und Wirrung" bezeichne?
Wäre es denn völlig ausgeschlossen, dass das in unseren Augen unzumutbar entgegenkommende Verhalten, welches der Papst gegenüber den Vertretern anderer Konfessionen und Religionen an den Tag legt, vergleichbar mit dem Verhalten des Vaters aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn ist, der diesem "Abtrünnigen" noch entgegenläuft, ihn mit Schmuck und Kleidung ausstattet und dies sehr zum Ärger des treu gebliebenen Sohnes, um den er nie so viel Wirbel machte?
Könnten wir uns mit der heftigen Kritik am Verhalten des (Heiligen) Vaters gar in der Position dieses treu gebliebenen Sohnes befinden?
Haben wir Recht, wenn wir das Gebetstreffen in Assisi als Götzendienst und Verstoß gegen das 1. Gebot brandmarken?
Oder könnte es hier nicht ebenfalls einen gewissen Bedeutungswandel im Sinn des Gebotes geben, wie dies ja die Kirche mit ihrem vom Hl. Geist geleiteten Lehramt auch beim 2. und 3. Gebot erkannte und festgelegt hat?
Noch heute werfen die Adventisten der Kirche die biblisch prophezeihte antichristliche "Änderung von Zeiten und Gesetzen" vor, weil sie den gebotenen Sabbat vom siebenten auf den ersten Tag der Woche verlegte.
Und auch das Bilderverbot wäre noch zu nennen, wo die Kirche gegen das vorherige Verständnis dieses Gebotes neue Erkenntnisse erlangte und auch festlegte.
Ich finde es halt sehr schwierig und riskant, sich selbst ein Urteil zu bilden, welche Änderungen, die es in der Kirche gibt oder gab, in Ordnung sind und welche nicht.
Und abschließend noch eine - wie ich meine wichtige Frage an die Piusbruderschaft.
Warum verschließt sie sich permanent den Angeboten Roms zur kirchenrechtlichen Regulierung ihres Statusses.
Erfüllen die Vorschläge Roms nicht genau das, was Erzbischof Lefebvre forderte?
In einem Vortrag, den der Erzbischof am 20. November 1980 in Angers (Dép. Maine et Loire) gehalten hat, sagte er:
>>Wir verlangen vielleicht lediglich, daß über die theoretischen Probleme nicht zu viel diskutiert wird.
Fragen, die uns spalten, wie zum Beispiel die Frage über die Religionsfreiheit, sollte man dahingestellt sein lassen. Man ist nicht dazu verpflichtet, alle diese Probleme sofort zu lösen. Die Zeit wird eher Klarheit und eine Lösung bringen.
Ich habe es bereits einpaar mal erwähnt. Der Papst sollte uns in der Praxis das Experiment der Tradition machen lassen. Man könnte mir erwidern:
„Sie können dieses Experiment doch durchführen!“
Stellen Sie sich vor, der Papst würde zu den Bischöfen sagen:
„Laßt sie in Ruhe! Laßt sie gewähren! Sie machen nichts anderes, als das, was wir unser halbes Leben, oder zwei Drittel unseres Lebens getan haben. Laßt sie gewähren. Man wird sehen, was geschieht.“
Das ist das einzige, was wir verlangen! Ich bin davon überzeugt, daß in diesem Augenblick die Wahrheit zu ihrem Recht kommen wird. Die Tradition wird ihren wahren Platz finden und die Kirche wird eine neue Jugend erleben. <<
( Artikel)
Berücksichtigen die Vorschläge aus Rom nunmehr nicht genau das, was Erzbischof Lefebvre damals als "einzige" Forderung beschrieb?
Viele Grüße
Falk