@ martin v. tours
Danke, ich bemühe mich zumindest, sachlich zu bleiben. Beschimpfungen anderer Foranten oder von Parteien bringen nichts.
Interessant finde ich den in einem Strang von sempre vorgetragenen Gesichtspunkt über Christenpflicht und Hilfe. Man kann ihm nur zustimmen, daß man mit der Forderung an die Politik, die Grenzen zu öffnen und alle aufzunehmen, keinen Nachweis über sein "Christsein" erbringt. Wirkliche Nächstenliebe zeigt sich mE in einem persönlichen, direkten Einsatz für die Betroffenen - und falls das aus Zeit- oder Gesundheitsgründen nicht möglich ist - an spürbaren Geldspenden. Die von umusungu angeführte Geldspende des Bistums Aachen fällt sicherlich nicht in die Kategorie "spürbar".
Es ist leicht und billig, sein eigenes persönliches Gewissen zu beruhigen, indem man die Regierung auffordert zu handeln und die anfallenden Kosten auf die Allgemeinheit umzulegen. Das hat aber nichts mit Nächstenliebe zu tun, sondern fällt mE mehr in den Bereich "Egoismus". Jeder der will, kann "Flüchtlingen" helfen, staatliches Handeln ist dafür nicht notwendig - wie im übrigen auch fast alle EU-Partner beweisen. Leben in Polen, in Frankreich oder in Slowakei etwa keine Christen?
Vollkommen getrennt davon muß es doch möglich sein, über das Für und Wider der gegenwärtigen Politik zu diskutieren und dabei auch kritische Fragen zu stellen. Wenn aber auf die Frage, wie die Asylstatistik gezählt wird (" Stellt z.B. ein Roma mit einer mehrköpfigen Familie einen Asylantrag - gilt das dann als ein Antrag oder wird jedes Familienmitglied gezählt?") als Antwort von einem Foranten kommt:
"Diese Ausage zeigt ein klares Gesicht!" zeigt das, daß man entweder nicht fähig ist, die Bedeutung der Frage zu erfassen oder an einer Aufklärung nicht interessiert ist.
Wie kritisch die Politik von Angela Merkel gesehen wird, wird in einem Interview mit dem Entwicklungsökonom Collier deutlich. Er weist auf die Widersprüche ihrer Politik pointiert hin:
Sehen Sie gar keine Aussicht auf Integration?
Deutschland war noch nie besonders gut darin, Einwanderer zu integrieren. Türkische Einwanderer haben sehr lange gebraucht, um Teil der Mehrheitsgesellschaft zu werden. Bevor Angela Merkel eine Heilige sein wollte, hat sie die Multikulti-Gesellschaft in Deutschland als gescheitert bezeichnet. Ich sehe nicht, warum sich das auf einmal geändert haben sollte.
(...)
Bei Kritik an den hohen Flüchtlingszahlen ist immer auch Rassismus im Spiel?
Nein, längst nicht immer. Ich habe allerdings den Eindruck, dass der öffentliche Diskurs in Deutschland so funktioniert: Die heilige Merkel gegen die Rassisten. Ich halte das für diffamierend. Es gibt berechtigte Gründe für Skepsis.
Was sind die wichtigsten?
Der wichtigste ist das Versagen der Mainstream-Parteien, eine Politik zu machen, die zumindest halbwegs sinnvoll erscheint. Das Gefühl, dass die Politik keinen Plan besitzt, hat bei vielen Menschen Panik ausgelöst. Und dann gibt es die Gruppe der weniger Wohlhabenden, die handfeste existentielle Ängste umtreiben.
Was für Ängste sind das?
Es gibt klare Anzeichen dafür, dass die Solidarität in Gesellschaften mit hohem Einwandereranteil rapide abnimmt. Mein Kollege David Rueda hat das erst kürzlich wieder für europäische Länder festgestellt. Die Reichen betrachten die Armen dann als eine Gruppe, mit der sie nichts gemeinsam haben und der sie nicht mehr durch Umverteilung helfen wollen. So wie sich die Deutschen den Griechen nicht nahe genug fühlen, um ihre Schulden zu übernehmen. Das Wunder des Nationalstaats ist, dass er eine gemeinsame Identität schafft, die Solidarität ermöglicht. Zu viel Einwanderung gefährdet dieses Arrangement.
Die Kritiker der Flüchtlingspolitik sehen den Sozialstaat in Gefahr?
Ich sage nur, dass sie rationale Gründe haben, sich Sorgen zu machen, ohne gleich Rassisten zu sein.
Sie halten nicht viel von Deutschlands Haltung in der Flüchtlingskrise, oder?
Überhaupt nichts. Alle Flüchtlinge nach Deutschland einzuladen war ein kolossaler Fehler von Angela Merkel. Zumal sie vorher offensichtlich überhaupt keine Vorbereitungen getroffen hatte, um den daraus resultierenden Ansturm zu bewältigen. Abgesehen davon war ihre Einladung auch moralisch verwerflich.
Verwerflich?
Sie hat die Menschen quasi aufgefordert, nach Europa zu schwimmen. Das ist russisches Roulette: Such dir einen Schlepper, und hoffe, dass dein Boot nicht untergeht. Was gibt es da zu verteidigen?
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... ageIndex_2
Merkel hat - wie fast immer - den leichten Weg gewählt. Es wäre viel, viel schwieriger gewesen in Flüchtlingslagern eine Auswahl zu treffen und diese Personen dann gezielt nach D. zu holen. Dafür hätte sie eine Diskussion im Bundestag und in der Bevölkerung benötigt, man hätte über Alternativen nachdenken können. Das Parlament wäre eingebunden, die Bevölkerung hätte sich äußern können.
Merkel führt die Bundesregierung wie ein Politbüro und das Parlament wie die Volkskammer. Diskussionen finden nicht mehr statt, Opposition gibt es nicht bzw. wird mundtot gemacht ("Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen"), die Massenmedien sind auf gleicher Linie. In immer mehr Zeitungen wird die Kommentarfunktion zum Thema "Flüchtlinge" abgeschaltet.
Es ist doch bedenklich, wenn es kaum einen deutschen Journalisten gibt, der in die talk-shows geht und gegen die "Flüchtlingspolitik" scharf argumentiert bzw. Merkels Politik angreift. Um diese Stelle zu besetzen muß man dann auf Roger Köppel aus der Schweiz zurückgreifen.
und dann gibt es Menschen, die wundern sich, daß die AfD in den Umfragen immer weiter zulegt. Wäre es nicht so traurig, könnte man über soviel Naivität nur lachen.