Siard hat geschrieben:Caviteño hat geschrieben:Beschäftige Dich mal mit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage
Das gilt aber so nicht für den Arbeitsmarkt.
Das gilt nur insoweit nicht, weil der Mindestlohn eine Preisuntergrenze darstellt. Gleichwohl wird er trickreich umgangen.
Für die hier nach Beschäftigung suchenden "Flüchtlinge" wird es fast ausschließlich nur Arbeitsplätze geben, bei denen die Anforderungen an Ausbildung und Sprache gering sind. Sie treten insofern in Wettbewerb mit den ungelernten deutschen oder hier bereits ansässigen Arbeitnehmer. Wenn Torsten in seinen Beiträgen den Mindestlohn anspricht, so ist in diesen Fällen davon auszugehen, daß er entweder (gesetzwidrig, aber trickreich) unterschritten wird oder ein Hemmnis für den Arbeitsmarkteintritt ist, weil es nicht genügend Stellen gibt.
Hier ein Artikel über die Auswirkung des Mindestlohns bei den Erdbeerpflückern:
Aktuell kommt nach Verbandsangaben schon jede dritte Frucht aus dem Ausland. Und der Importanteil wird in den kommenden Jahren weiter steigen, prognostiziert Rukwied im Zuge einer ersten Saisonbilanz in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Schließlich befinde sich Deutschland im europäischen Wettbewerb.
"Wenn Erdbeeren aus Deutschland zu teuer sind, kauft der Handel sie im Ausland ein, wo es keinen oder einen niedrigeren Mindestlohn gibt", sagte Rukwied. Aktuell machen vor allem spanische und italienische Betriebe Druck.
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Und die Verbände glauben nicht, dass die Flächen betroffener Betriebe anschließend wieder für den Erdbeeranbau genutzt werden. Bauernpräsident Rukwied rechnet vielmehr damit, dass solch arbeitsintensive Produktionen "zu nicht unerheblichen Teilen" ins Ausland abwandern.
und ganz aktuell:
Wie Flüchtlinge den "Arbeiterstrich" aufmischen
Das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) in Tübingen schätzt, dass der Mindestlohn im vergangenen Jahr die Schattenwirtschaft um 1,5 Milliarden Euro wachsen ließ. Dies habe auch einen Effekt auf den Niedriglohnsektor, sagt Schwarzarbeitsforscher Schneider. "Etwa zehn bis 15 Prozent aller Jobs für Ungelernte geraten dadurch in Gefahr." Durch die Flüchtlinge wachse der Schwarzarbeitssektor nun noch weiter – was offenbar nicht nur Nachteile hat.
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Die Sorge um das wackelige Gleichgewicht, das sich um den Arbeiterstrich eingependelt hat, ist berechtigt. Erfahrungen aus anderen Ländern, die in den vergangenen Jahren große Flüchtlingswellen zu verdauen hatten, zeigen: Vor allem alteingesessene Schwarzarbeiter müssen um ihre Auftragslage fürchten. In der Türkei etwa, belegte eine kürzlich veröffentlichte Analyse der dortigen Zentralbank, hat der Zustrom von 2,2 Millionen Syrern seit 2011 dazu geführt, dass die bisher im Land Lebenden seltener illegale Jobs finden.
Das bestätigt Forscher Schneider. "Die Flüchtlinge sind bereit, für fünf Euro die Stunde oder weniger zu arbeiten, das machen andere Schwarzarbeiter nicht", sagt er. Somit, schätzt er, brächten die Neuankömmlinge drei von zehn bisherigen Schwarzarbeitern um ihre Einkünfte. Andererseits würden für fünf Euro pro Stunde auch Arbeitsverhältnisse zustande kommen, die es sonst nicht gäbe, etwa Hilfsarbeiten in Küchen.
In Deutschland drehte sich die Debatte bisher um die Effekte für den regulären Arbeitsmarkt. Laut einer Mitte des Monats veröffentlichten Umfrage der Bundesagentur für Arbeit entscheiden sich viele Neuankömmlinge, sobald ihr Asylantrag genehmigt ist, eher für Hilfsarbeiterjobs mit Monatseinkommen um die 1500 Euro als für Ausbildungen. Auch das führt, wie Schwarzarbeit, zu mehr Wettbewerb um Niedriglohnjobs.
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In den kommenden Monaten, so erwarten es die Schwarzarbeitskontrolleure vom Zoll, dürfte sich das Phänomen schwarzarbeitender Flüchtlinge weiter ausbreiten. Genauer gesagt im Frühjahr, wenn die Baubranche wieder richtig loslegt und die Landwirte billige Helfer brauchen.
Man kann es drehen, wie man will: Durch das zusätzliche Angebot an jungen, unqualifizierten Männern sinken die Preise für einfache Tätigkeiten. Für die bisherigen "Arbeitsplatzbesitzer" in diesem Segment tritt zusätzliche Konkurrenz in den Markt, der Verteilungskampf wird härter. Leidtragende bzw. Verlierer sind die unteren Einkommensschichten.