Mein Opa hat sein Abitur nicht mit knoff und kneff bestritten. Nach seinem Volksschulabschluss wurde er Volksschullehrer. Trotzdem konnte er sehr gut Englisch. Damals, ein Jahr nach Ende des Ersten Weltkriegs übersetzte er das Buch von Jack London "Wolfsblut". Im Winter 1919/20 sah es in Wrexen so ähnlich aus wie heute:
https://www.google.de/maps/place/Wrexen ... 82!6m1!1e1
Mein Opa schrieb mit 24 Jahren mit Tinte und Feder. Das Buch liegt vor mir. Der schwarze Einband ist abgeschabt, die grünen Ecken abgestoßen. Andere haben so ein Buch vielleicht als Sammlung für Kochrezepte genutzt. Die 381 linierten Seiten sind akurat in Sütterlin geschrieben. Die gleichmäßige Schrift fällt nach vorne, also nach rechts in Schreibrichtung. Die schmalen Unterbögen verleihen den Seiten einen schraffierten Eindruck. Die Hefte fallen zum Teil bereits heraus. Ab Seite 365 wechselt die Schrift. Zwar geht es in Sütterlin weiter, aber die Feder ist breiter, der Tintenfluss unregelmäßiger, der Text durch Korrekturen nicht mehr ganz sauber. Der letzte Teil muss wohl später entstanden sein.
Weißzahn I. Teil 1. Kapitel Auf der Fährte des Fleisches. Dunkler Rottannenforst blickte stirnrunzelnde auf beiden Seiten den gefrorenen Wasserlauf entlang...
Ob mein Opa die gefrorene Diemel vor Augen hatte?
Mich selbst hat diese Übersetzung sehr beeindruckt. Gutes Englisch habe ich erst nach dem Abitur richtig gelernt und Italienisch und Französisch und Spanisch. Es decir: Puedo leer. Mit meinen Lateinkenntnissen fiel mir das nicht allzu schwer. Aber ich habe einfach Bücher gelesen und die Übersetzungen nicht aufgeschrieben. Wahrscheinlich würde das handschriftlich auch gar nicht so akurat aussehen wie bei meinem Opa.