Bundespräsidentenwahl - Koalition der Angst
Es ist die pure Angst, die die etablierten Parteien bei der Kandidatensuche umtreibt. Keiner will etwas riskieren, niemand will ungewöhnliche Wege gehen. Die Landtagswahlen dieses Jahres haben allen vor Augen geführt, wie fragil die politische Stimmung geworden ist, wie stark die Parteien von den Wahlerfolgen der AfD getrieben werden und wie sehr sich alle traditionellen Bündnisfragen überlebt haben. Jeder politische Schachzug könnte da unvorhersehbare Folgen haben.
Und weil die Zukunftsangst genauso groß ist wie die Ratlosigkeit, klammern sich Union und SPD an die Große Koalition, klammern sich alle fünf Bundestagsparteien an den Staus quo. Gegen einen schwarz-grünen Kandidaten opponiert vor allem die CSU, weil sie um ihre konservative Anhängerschaft fürchtet. Gegen einen rot-rot-grünen Kandidaten die einflussreiche nordrhein-westfälische SPD. Sie will sich vor der Landtagswahl im Mai 2017 jede Rot-Rot-Grün-Debatte vom Leibe halten, um den regionalen Wahlerfolg nicht zu gefährden. Hinzu kommt: Weder die CDU-Vorsitzende Angela Merkel noch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel können sich sicher sein, dass ihre Parteien einem ungewöhnlichen Personalvorschlag geschlossen folgen werden. Beider Autorität ist innerparteilich massiv beschädigt.
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Wie Mehltau liegt diese politische Angststarre über dem Parteiensystem. Und so könnte es im kommenden Jahr sogar dazu kommen, dass keine Partei mit einer Koalitionsaussage in den Bundestagswahlkampf geht. Jede Partei wird stattdessen verkünden, es ginge nur darum, dem Wähler die eigenen Überzeugungen pur zu präsentieren. Sogar die CSU könnte auf ein eindeutiges Bekenntnis zur Schwesterpartei CDU verzichten. Die Bundespräsidentenwahl würde mit einem überparteilichen Kompromisskandidaten lediglich den Auftakt bilden für einen machtstrategischen Angstwahlkampf im Sommer 2017.
Das Kalkül wird jedoch nicht aufgehen. Denn die Wähler wollen wissen, welche Machtoptionen die Parteien favorisieren. Sie wollen nicht nur zwischen Parteien wählen, sondern auch zwischen Koalitionsaussagen. Verweigern die Wahlkämpfer ihnen diese Antwort, müssen die etablierten Parteien sich nicht wundern, wenn sie nicht gewählt werden. Ihre Mutlosigkeit macht letztlich nur die Protestpartei AfD stark.
Innerhalb eines Jahres hat die AfD die Parteienlandschaft aufgemischt, wie es noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik der Fall war. Wolfram Weimer nutzte dafür gestern im Presseclub den Begriff "tektonischen Verschiebungen". Die Altparteien starren wie ein Kaninchen auf die Schlange und wissen nicht mehr, wie sie reagieren sollen/können. Man schließt sich enger zusammen, um den Angriff abzuwehren.
Die Bundespräsidentenwahl ist ein erstes Zeichen: Ein Kompromißkandidat muß her, der allen gefällt und dessen Mehrheit in der Bundesversammlung gewiß ist. Die Niederlage eines eigenen Kandidaten will man vor den wichtigen Wahlen in 2017 nicht mehr in Kauf nehmen und man ist sich nicht sicher, ob der Kandidat überhaupt eine Mehrheit finden würde.
Man darf gespannt sein, wer der famose gemeinsame Kandidat (vermutlich eine Kandidatin) sein wird. Die Liste der beliebtesten Frauen Deutschlands (ZDF-Titel: Deutschlands Beste) findet man
hier. Danach gäbe es nur eine Kandidatin.......
(Nein, nicht die Dame auf Platz 1, die ist nicht abkömmlich - die Kandidatin auf Platz 14 könnte die Kompromißkandidatin werden) 