Bruder Donald hat geschrieben: ↑Freitag 17. Mai 2019, 13:14
Mir persönlich geht es im moment aber darum, den Fokus auf die Motivation von den "Aktionisten" zu legen. Gehen wir doch einfach einen Schritt tiefer, als uns "nur" mit Argumenten zu beschäftigen und fragen doch, warum gewisse Leute so einen besonderen Wert auf diese "Problem"stellen legen.
Das ist verständlich, aber aus mehreren Gründen oftmals Energieverschwendung:
- Nicht jede/r hat so viel Selbstreflexion, dass er seine wahren inneren Beweggründe wirklich vollständig durchschaut (Gefahr der Selbsttäuschung)
- Selbst wenn man die eigenen inneren Beweggründe vollständig durchschaut, könnte man aus verschiedenen Gründen immer noch davon absehen, sie umfassend zu veröffentlichen (Gefahr der Täuschung von anderen, aus unterschiedlichen Motiven)
- Letztendlich aber: Selbst wenn man die eigene Motivation gründlich versteht und sich auch ehrlich bemüht, sie umfassend zu erklären, scheitert man oft daran, dass die Information nicht zur "Gegenseite" durchdringt, weil dort schon eine "Erwartungshaltung" vorliegt und das Gehörte durch diese Erwartung gefärbt und verfälscht wird.
Kurzum: In einem Umfeld mit viel "confirmation bias" es wird selbst einer sehr selbstreflektierten und ehrlichen Person kaum gelingen, ihre eigentliche Motivation so darzulegen, dass sie von den Mitdiskutanten klar verstanden wird.
Und tut mir Leid, wenn man sich so einer Aktion anschließt, aber gleichzeitig von Liebe zu Kirche und Glauben spricht, dann halte ich es für sehr strittig.
Hm. Ich kann deine Argumente und daraus resultierende Position für irrig halten, für grundfalsch, für massiv naiv; und das berechtigt mich dazu, diese deine Argumente mit ganzer Kraft zu bekämpfen, denn die Wahrheit ist ein hohes Gut und muss verteidigt werden. Aber auch meine ehrliche und felsenfeste Überzeugung, dass deine Argumente und Position falsch sind und ich daher im Dienst der Wahrheit gegen deine Argumente kämpfe, berechtigt mich nicht dazu, zu folgern, dass du nicht in ehrlicher Absicht handelst, keine Liebe und Treue zur Kirche hast und nicht das Beste für uns alle willst, solange deine böse Absicht nicht evident ist.
Als "guter" Katholik weiß man doch, dass die Eucharestie im Katholizimus eine derart wichtige Rolle spielt, dass es ja Sinn und Aufgabe ist, die Menschen grade zur Eucharestie zu bringen!
Wie lässt es sich damit vereinbaren, dass "katholische" Frauen dann genau das "bestreiken" / boykottieren (OBWOHL sie vermeintliche Priesterinnen, gerade für die Eucharestie zuständig sind!), was fundamental für den kath. Glauben und für das Verständnis vom Priestertum ist?
Würde jemand sagen "Das Sakrament der Eucharistie ist unwichtig", dann würde ich dir zustimmen: das ist nicht katholisch. Aber das sagen die Protagonisten von "Maria 2.0" ja nicht, im Gegenteil; durch ihre Wahl des "Messboykotts" implizieren sie doch gerade, dass das etwas Essenzielles ist. Damit möchte ich nicht sagen, dass ich diesen Boykott für eine gute oder zweckmäßige Vorgehensweise halte. Aber ich möchte aufzeigen, dass die Wahl gerade dieses Boykotts durchaus zeigt, dass die Eucharistie im Denken der "Maria 2.0"-Aktion nichts Nebensächliches ist.
Ist es da nicht angebracht, bei solchen "Katholiken" ihr Verständnis vom Katholizimus zu hinterfragen? Müssen sie es in erster Linie nicht auch selbst tun? Reden wir hier alle nicht irgendwie doch einander vorbei? Ziehen wir, bei unterschiedlichem Verständnis, überhaupt noch am gleichen Strang?
Ich würde den "Maria 2.0"-Protagonisten auf gar keinen Fall unterstellen, diese Aktionen unhinterfragt zu unterstützen, und ich bin keineswegs sicher, ob notwendigerweise ein grundlegend anderes Verständnis von Katholizismus vorliegen muss, um die Aktion gut zu finden und zu unterstützen. Bekanntlich hat die Aktion eine ganze Reihe von Zielen, und nicht alle davon widersprechen der kirchlichen Lehre - einige davon (betreffend Mißbrauch und Vertuschung) sind von Franziskus ja auch schon adressiert.
Man sollte also die Aktion nicht an einem einzelnen Merkmal (wie dem "Messboykott") festmachen, sondern - wenn man sich die Zeit und Mühe nehmen will - schon die ganze Bandbreite an Forderungen oder Kritikpunkten ansehen und separat beurteilen, ob und wie man zu einer "gemeinsamen katholischen Perspektive" gelangen kann.
OK, ja, das hat dann auch Grenzen. Irgendwann kann man an einen Punkt gelangen, wo man nur noch konstatieren kann "Wir kommen auf keinen gemeinsamen Nenner; dein Verständnis von gewissen Themen oder die Prioritäten, die du diesen Themen gibst, sind eindeutig falsch und inakzeptabel, und egal bei welchen Themen wir vielleicht übereinstimmen, hier ist kein Kompromiss möglich". Dann muss man auch die Konsequenzen ziehen und die Diskussion beenden. Aber damit man zu so einem Punkt gelangen kann, sollten zuerst die sachlichen Argumente gehört und verstanden werden.
Als langjähriger Ehemann habe ich gelernt, dass Situationen, in denen ein scheinbar unüberwindlicher Graben existiert, sehr oft dennoch nur auf einem großen Mißverständnis beruhen, das durch "Verstocktheit des Herzens und darauffolgende Teilblockade des Verstands" entstehen konnte. Mit geeigneten Methoden lassen sich solche Mißverständnisse aufdecken oder im besten Fall vermeiden. Wenn lauralarissa schon mit der Erwartung eines Shitstorm hereinkommt und ihre Erwartung dann auch in gewisser Weise erfüllt wird, dann fehlt aus meiner Sicht die notwendige Basis, um überhaupt zu dem Punkt "OK, alles ist gesagt und verstanden, eine gemeinsame Position ist definitiv nicht möglich" zu gelangen.