Fuchsi hat geschrieben: ↑Donnerstag 9. Januar 2020, 11:16
Im Thread "Dreikönigswasserweihe" ging es am Rande um eine "Ablehnung" (ungenau formuliert) einiger Reformen des 20. Jahrhunderts. Welche sind gut, welche wären idealerweise zu revidieren? Oder genauer gesagt welcher liturgischer Stand ist der "traditionellste"?
1. Neue Messe 1969 (wohl kaum

)
2. Vereinfachte "Alte Messe" 1965 (Na ja)
3. 1962 (Karwoche 1955/56 da soll ja schon zu viel "Bugnini" drin stecken)
5. Ritus 1950 "Alte Osternacht" und unreformierte Karwoche
6. Reform Pius X. bezüglich Heiligenfeste und "Wiederherstellung der grünen Sonntage" (Die "Abschaffung" bzw. Zurückdrängung von Heiligenfesten könnte ja als ein Vorgeschmack der Protestantisierung der kath. Kirche sein wie sie dann später Erzbischof Lefebvre kritisiert hat.
7. Brevierreform (?)
Nein, ich möchte keine Liturgie basteln. Dafür sind weit höhere Stellen zuständig. Ich meine das eher hypothetisch.
Die Brevierreform ist, da sehr komplex, etwas Spezielles, ich würde dieselbe hier aus der Diskussion zunächst einmal ausklammern. Das Brevier betrifft ja auch die Gläubigen nicht, und ist darum wenig präsent, bzw. wenig sichtbar, wenn auch das Brevier- bzw. Chorgebet ohne Frage DAS offizielle Gebet der Kirche ist, aber eben das der Kleriker.
Was das Missale betrifft, das auch in das Leben aller Gläubigen massiv eingreift, ist,
aus meiner Sicht, die
editio typica von 1920 die letzte, die vor 1958 herauskam. Damit wäre sie, und sie allein, verbindlich, was nicht bedeutet, daß sie ideal war oder ist. Es reicht ja schon, dazu die Studie von Brehm zu den Rubrikänderungen von
Divino Afflatu zu lesen (
Die Neuerungen im Missale. Zusammengestellt und erläutert, Regensburg 1920).
Für eine nachmalige Änderung oder Anpassung dieser
editio typica wären in der Tat "höhere Stellen", und nur sie, zuständig.
Die Reformen von 1955-56 sind aber eine (giftige) Frucht der z.T. parallel zur Ritenkongregation tätigen (tätlichen) Liturgiekommission seit 1948, die seit Anfang von dem Pater Bugnini gesteuert wurde, und führen in direkter Linie zu dem kraß jansenisierenden Missale von 1962 und dem unsäglichen NOM von 1969. Man kennt den Baum an den Früchten.
Daß diese Reformen (per Dekrete der Ritenkongregation,
Cum nostra hac aetate vom 23.3.1955,
Maxima redemptionis vom 16.11.1955 und
Instituto a Sanctissimo vom 24.4.1956), wie wir heute wissen, Teil eines Ganzen sind, eben einer "generalis liturgica instauratio", wie das erste Dekret bereits blauäugig besagt (ohne daß Uneingeweihte 1955 wüßten, was daraus 1969 in letzter Konsequenz am Reißbrett der Reformer werden würde), einer "Erneuerung", die erst ab 1962 voll zum Tragen kam (was die Reformer selbst auch beschrieben, etwa in der kleinen, nicht sehr bekannten, aber aufschlußreichen Broschüre
La semplificazione delle rubriche: spirito [!] e conseguenze pratiche [!] del decreto della S.C. dei Riti del 23 marzo 1955, Rom 1955, aus der Feder des P. Bugnini), bedeutet, daß wir ihre Tragweite von der Warte von 1962/1969 aus ganz klar als noziv beurteilen können und dürfen.
Wer 1969 ablehnt, muß in letzter Konsequenz auch die diversen Schritte, die einer nach dem andern unausweichlich dazu geführt haben, seit 1955, ablehnen, wenn es auch aus dogmatischer Sicht ganz klar wichtige Abstufungen in der Beurteilung gibt.
Der ganz explizite vorläufige Charakter dieser Dekrete bezeugt zudem ein Fehlen der notwendigen
stabilitas legis. Die Vorschriften von 1955-56 galten ja teilweise nur bis 1960/62, diese dann nur bis 1969, mit dazwischen noch praktischen Änderungen 1965 und 1967. Einlegeblatt nach Einlegeblatt. Jeder, der diese Zeit erlebt hat, erinnert sich, daß alles ständig im Fluß war, und man sich immer fragte, ob es sich wohl lohnen würde, das neueste liturgische Buch bis zur nächsten Masche zu kaufen. Damit ergibt sich mit den Moralisten für unsere liturgische Praxis eine
cessatio ab intrinseco der genannten Dekrete, bis sich eines Tages eine "höhere Stelle" findet, das auch formell zu bestätigen. Fürs erste genügt uns eine moralische Gewißheit der Richtigkeit unseres Handelns.
Stabilitas legis ist jedenfalls durch die
editio typica von 1920 gewährleistet, trotz möglicher Kritikpunkte.