Edi hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 22:13Die Politisierung der Kirchen schadet diesen selbst am meisten
https://www.nzz.ch/international/die-po ... al=Twitter

Edi hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 22:13Die Politisierung der Kirchen schadet diesen selbst am meisten
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Durch unsere Diskussion sind mir auch diese Gedanken gekommen: Wie kann es sein, dass Papst Franziskus zu so einem Thema einfach nur paar lapidare Worte, ohne große Erklärung und Reflexion, findet? Eine Ansprache, ein kurze Erläuterung seitens der Glaubenskongregation, und voila, schon hat man denn KKK umgeändert.Trisagion hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 20:24Nun denn, welche umfassenden, genauen Studien von Natur und Religion werden denn nun im KKK zitiert um diesen traditionsbrechenden Slogan des Papst F zu motivieren? Nur eine einzige? Hammer, die muß dann ja geradezu überwältigend in Umfang und Qualität sein!
Franziskus weiss sehr genau, dass wenn er es herleiten und begründen müsste und zusätzlich es noch gegen die gesamte katholische Tradition verteidigen müsste, er keine Chance hätte.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Dienstag 13. Oktober 2020, 02:32Und die Begründung seitens des Papstes, zumal sie ja noch die einzige Quelle für die Umformulierung ist (eine Ansprache!), wägt ja nicht einmal pro und contra ab, setzt sich nicht mit diesem Thema weiter auseinander, sondern setzt es jetzt so und Punkt. Offenbar benötigt ein so heißes Eisen keine nähere Begründung oder Erläuterung.
Denke ich nicht so. Hätte er eine Kommission dazu beauftragt, ihm die historischen und theologischen Perspektiven der Todesstrafe darzulegen, wäre sie sehr wahrscheinlich zu dem Ergebnis gekommen, wie PF es eh formuliert hat. Formelles Recht sticht materielles Recht, darauf wäre es wohl hinausgeflaufen.Hieronymus Burgmeister hat geschrieben: ↑Dienstag 13. Oktober 2020, 08:02Franziskus weiss sehr genau, dass wenn er es herleiten und begründen müsste und zusätzlich es noch gegen die gesamte katholische Tradition verteidigen müsste, er keine Chance hätte.
Papst Franziskus ist sowohl politisch als auch theologisch ein Populist. Welch "Bereicherung" für uns...In seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ übt Papst Franziskus scharfe Kritik an der Marktwirtschaft. Die Corona-Pandemie habe bewiesen, dass die „magische Theorie“ des Markt-Kapitalismus gescheitert sei. Doch das Argument ist krumm.
[...]
Fast scheint es sogar, als habe der Papst für den Populismus am Ende noch mehr Sympathien als für den Kapitalismus: Mit Respekt spricht er von „volksnahen Anführern“, die es verstünden, „das Volksempfinden“ zu interpretieren und im Sinne des Gemeinwohls zu bündeln. Das Kollektiv („Volk“) ist diesem Papst allemal näher als das Individuum, die Freiheit eines Christenmenschen ist ihm keine Kategorie. Die auf Freiheit setzende Marktwirtschaft gilt ihm als Teufelswerk: durchseucht von Egoismus, Antrieb zu ruinösem Wettbewerb und asozialem Lob des Privateigentums. Früher hätten wir so etwas „Vulgärmarxismus“ genannt.
[...]
Clemens Fuest, der Chef des Münchner Ifo-Instituts, zeigte sich von der Enzyklika „Fratelli tutti“ erschüttert: Er verstehe nicht, wie dieser Papst Marktwirtschaft und Globalisierung derart scharf verdammen könne, die doch dafür verantwortlich seien, dass Hunderte von Millionen Menschen den Weg aus der Armut gefunden hätten. Fuest rügt, dass im neuen Lehrschreiben kein einziges kritisches Wort falle über „Sozialisten“ wie Hugo Chávez und Nicolás Maduro, die aus Venezuela ein Armenhaus gemacht haben.
[...]
Wäre man gezwungen, sich zwischen der Soziallehre des heutigen Papstes und der Soziallehre der Marktwirtschaft von Adam Smith bis Ludwig Erhard zu entscheiden, müssten zumindest all jene die Kirche verlassen, denen aus Motiven der Barmherzigkeit am Wohlstand aller Menschen gelegen ist. Doch es gibt ja, etwa in der Tradition der Dominikaner-Patres von Salamanca, auch eine deutlich marktfreundlichere Soziallehre der Kirche: Dort galt die Überzeugung, dass eine altruistische Ethik der Nächstenliebe dringend auf das egoistische Ethos des Gewinnstrebens angewiesen ist, eine Denkschule, auf die hinzuweisen der knorzige Kölner Kardinal Joseph Höffner (1906–1987) nicht müde wurde.
Ich bin leider sehr in Anspruch genommen, komme aber gern noch einmal auf diese Frage zurück.Trisagion hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 01:27Im übrigen zitierst Du das Mortalium animos (Papst Pius XI) in unzulässiger Weise. Eine Deutsche Übersetzug habe ich nicht auf die Schnelle gefunden, hier also Latein und Englisch:Es steht hier klar unterschieden die tägliche Ausübung der Lehre, aber die gelegentliche Ausübung des Definierens. Es steht hier nicht, daß täglich definiert wird!Etenim Ecclesiae magisterium – quod divino consilio in terris constitutum est ut revelatae doctrinae cum incolumes ad perpetuitatem consisterent, tum ad cognitionem hominum facile tutoque traducerentur – quamquam per Romanum Pontificem et Episcopos cum eo communionem habentes cotidie exercetur, id tamen complectitur muneris, ut, si quando aut haereticorum erroribus atque oppugnationibus obsisti efficacius aut clarius subtiliusque explicata sacrae doctrinae capita in fidelium mentibus imprimi oporteat, ad aliquid tum sollemnibus ritibus decretisque definiendum opportune procedat.
For the teaching authority of the Church, which in the divine wisdom was constituted on earth in order that revealed doctrines might remain intact for ever, and that they might be brought with ease and security to the knowledge of men, and which is daily exercised through the Roman Pontiff and the Bishops who are in communion with him, has also the office of defining, when it sees fit, any truth with solemn rites and decrees, whenever this is necessary either to oppose the errors or the attacks of heretics, or more clearly and in greater detail to stamp the minds of the faithful with the articles of sacred doctrine which have been explained.
Man muß allerdings auch den Folgesatz zitieren:Und das Lehramt der Kirche ist ja durch göttlichen Ratschluß zu dem Zweck auf Erden eingerichtet worden: sowohl, daß die geoffenbarten Lehren unversehrt und unbeeinträchtigt für immer bestehen bleiben; als auch besonders, daß dieselben leicht und sicher den Menschen zur Kenntnis gebracht werden können. Das Lehramt der Kirche wird zwar durch den Römischen Papst und die mit ihm in Gemeinschaft stehenden Bischöfe Tag für Tag ausgeübt. Aber falls es irgendwann einmal erforderlich ist, entweder den Irrtümern und Angriffen der Häretiker nachhaltiger entgegenzutreten, oder Lehrstücke des heiligen Glaubens mit größerer Klarheit und gründlicherer Darstellung den Seelen der Gläubigen einzuprägen: dann umfaßt das Lehramt der Kirche jedoch auch die Aufgabe, rechtzeitig dazu zu schreiten, etwas in feierlichen heiligen Formen und mittels Dekreten genau zu bestimmen.
Deutsch:Quo quidem extraordinario magisterii usu nullum sane inventum inducitur nec quidquam additur novi ad earum summam veritatum, quae in deposito Revelationis, Ecclesiae divinitus tradito, saltem implicite continentur, verum aut ea declarantur quae forte adhuc obscura compluribus videri possint aut ea tenenda de fide statuuntur quae a nonnullis ante in controversiam vocabantur.
(Der Papst sagt hier übrigens interessanterweise "tenenda" nicht "credenda", er schließt also nicht nur das Offenbarungsgut (fide divina credendum), sondern auch die mit dem Offenbarungsgut eng zusammenhängenden Wahrheiten (fide catholica tenendae) in die Definibilia ein)Durch eine solchen außerordentlichen Gebrauch des Lehramtes wird nichts Erdachtes neu eingeführt und keineswegs irgendetwas Neues hinzugefügt zu der Gesamtheit derjenigen Wahrheiten, die im hinterlegten Gut der Offenbarung, welches der Kirche anvertraut wurde, wenigstens einschlußweise enthalten sind. In Wirklichkeit wird entweder etwas erklärt, das vorher dem einen oder dem anderen unverständlich scheinen konnte; oder es wird etwas als Gegenstand des verpflichtenden Glaubens festgestellt, was vorher von manchen zum Gegenstand einander widerstreitender Meinungen gemacht wurde.
Deutsch:Quelle Mansi Konzilsakten 52:1316 hat geschrieben:Vox definit significat quod papa suam sententiam circa doctrinam, quae est de rebus fidei et morum, directe et terminative proferat, ita ut iam unusquisque fidelium certus esse possit de mente sedis apostolicae, de mente Romani Pontificis.
Satis est!Das Wort definiert bedeutet, daß der Papst sein Urteil zu einer Lehre, die Glauben und Sitten betrifft, direkt und bestimmt ausspricht, so, daß jeder Gläubige sicher sein kann, was dazu die Meinung des Apostolischen Stuhles, die Meinung des Papstes, ist.
Genau so ist das, und ich möchte hinzufügen, daß dieser 1910 geschriebene Artikel sogar noch deutlich weniger Gewicht auf das ordentliche Magisterium legt als ich das hier getan habe. Er ist da sehr realistisch, an Zynismus grenzend realistisch, und schon fast prophetisch. Man denke an Ordinatio sacerdotalis wo ja eine so gut wie "ex cathedra" Lehre von JPII nötig war um eine - wie die Glaubenskongregation dann behauptet - Lehre des ordentlichen Magisteriums zu etablieren. Und gereicht hat vielerorts selbst das nicht...Infallibility
[Ordentliches Magisterium]
We have already seen that it is only in the episcopal body which has succeeded to the college of Apostles that infallible authority resides, and that it is possible for the authority to be effectively exercised by this body, dispersed throughout the world, but united in bonds of communion with Peter's successor, who is its visible head and centre. During the interval from the council of the Apostles at Jerusalem to that of their successors at Nicaea this ordinary everyday exercise of episcopal authority was found to be sufficiently effective for the needs of the time, but when a crisis like the Arian heresy arose, its effectiveness was discovered to be inadequate, as was indeed inevitable by reason of the practical difficulty of verifying that fact of moral unanimity, once any considerable volume of dissent had to be faced. And while for subsequent ages down to our own day it continues to be theoretically true that the Church may, by the exercise of this ordinary teaching authority arrive at a final and infallible decision regarding doctrinal questions, it is true at the same time that in practice it may be impossible to prove conclusively that such unanimity as may exist has a strictly definitive value in any particular case, unless it has been embodied in a decree of an ecumenical council, or in the ex cathedra teaching of the pope, or, at least, in some definite formula such as the Athanasian Creed. Hence, for practical purposes and in so far as the special question of infallibility is concerned, we may neglect the so called magisterium ordinarium ("ordinary magisterium") and confine our attention to ecumenical councils and the pope.
[Ex Cathedra]
For the correct understanding of this definition [of ex cathedra] it is to be noted that:
- what is claimed for the pope is infallibility merely, not impeccability or inspiration (see above under I).
- the infallibility claimed for the pope is the same in its nature, scope, and extent as that which the Church as a whole possesses; his ex cathedra teaching does not have to be ratified by the Church's in order to be infallible.
- infallibility is not attributed to every doctrinal act of the pope, but only to his ex cathedra teaching; and the conditions required for ex cathedra teaching are mentioned in the Vatican decree:
[Zusammenfassung]
- The pontiff must teach in his public and official capacity as pastor and doctor of all Christians, not merely in his private capacity as a theologian, preacher or allocutionist, nor in his capacity as a temporal prince or as a mere ordinary of the Diocese of Rome. It must be clear that he speaks as spiritual head of the Church universal.
- Then it is only when, in this capacity, he teaches some doctrine of faith or morals that he is infallible (see below, IV).
- Further it must be sufficiently evident that he intends to teach with all the fullness and finality of his supreme Apostolic authority, in other words that he wishes to determine some point of doctrine in an absolutely final and irrevocable way, or to define it in the technical sense (see DEFINITION). These are well-recognized formulas by means of which the defining intention may be manifested.
- Finally for an ex cathedra decision it must be clear that the pope intends to bind the whole Church. To demand internal assent from all the faithful to his teaching under pain of incurring spiritual shipwreck (naufragium fidei) according to the expression used by Pius IX in defining the Immaculate Conception of the Blessed Virgin. Theoretically, this intention might be made sufficiently clear in a papal decision which is addressed only to a particular Church; but in present day conditions, when it is so easy to communicate with the most distant parts of the earth and to secure a literally universal promulgation of papal acts, the presumption is that unless the pope formally addresses the whole Church in the recognized official way, he does not intend his doctrinal teaching to be held by all the faithful as ex cathedra and infallible.
As to the organ of authority by which such doctrines or facts are determined, three possible organs exist. One of these, the magisterium ordinarium, is liable to be somewhat indefinite in its pronouncements and, as a consequence, practically ineffective as an organ. The other two, however, are adequately efficient organs, and when they definitively decide any question of faith or morals that may arise, no believer who pays due attention to Christ's promises can consistently refuse to assent with absolute and irrevocable certainty to their teaching.
But before being bound to give such an assent, the believer has a right to be certain that the teaching in question is definitive (since only definitive teaching is infallible); and the means by which the definitive intention, whether of a council or of the pope, may be recognized have been stated above. It need only be added here that not everything in a conciliar or papal pronouncement, in which some doctrine is defined, is to be treated as definitive and infallible. For example, in the lengthy Bull of Pius IX defining the Immaculate Conception the strictly definitive and infallible portion is comprised in a sentence or two; and the same is true in many cases in regard to conciliar decisions. The merely argumentative and justificatory statements embodied in definitive judgments, however true and authoritative they may be, are not covered by the guarantee of infallibility which attaches to the strictly definitive sentences — unless, indeed, their infallibility has been previously or subsequently established by an independent decision.
Ich habe mir nichts zurechtgelegt, sondern mich für meine Wortbedeutungen auf autoritative Quellen gestützt, wovon einige in meinem vorigen Eintrag zitiert werden, noch andere zitiert werden könnten.Trisagion hat geschrieben: ↑Donnerstag 15. Oktober 2020, 00:46@Lycobates: Ich denke, daß Du Dich hier verrannt hast. Es ist jedoch sehr schwierig, daß argumentativ nachzuweisen, weil Du Dir Deine eigenen Wortbedeutungen zurecht gelegt hast, für "ex cathedra", für "ordentliches Lehramt", usw. usf. Es mag sein, daß Du alle möglichen Verlautbarungen mit Deinen Wortbedeutungen konsistent interpretieren kannst. Das ändert aber nichts daran, daß ich mir sicher bin daß die große Mehrheit der Katholiken - Laien, Theologen, Hierarchie - Dir da nicht zustimmt. Das erinnert mich alles etwas an den Witz wo der Verkehrfunk warnt "Ein Falschfahrer auf der A4!" und der Autofahrer ausruft "Ein Falschfahrer? Tausende!" Hier ist jetzt meiner letzter Versuch in dieser Frage.
Na also!Trisagion hat geschrieben: ↑Donnerstag 15. Oktober 2020, 00:46Deine angebotenen Umschreibungen meiner Definitionsformel sind in der Tat auch wieder welche. Wenn Du diese in einer päpstlichen Enzyklika findest, und auch noch ein paar Rahmenbedingungen passen (siehe zitierten Artikel), habe ich kein Problem damit das als unfehlbare Lehraussagen anzunehmen. Aber Du kannst eben eine ganze Menge Dokumente moderner Päpste durchlesen ohne auch nur irgendwas so deutliches zu finden.
Wie erwähnt, ich denke hier daß wir mehr ein Problem von Wortbedeutung als von Logik haben. Ich lese genau dieselben Quellen und sehe mich rundweg bestätigt. Es ist möglich, daß man diese Differenz durchbrechen kann, aber das ist nicht so einfach wie bei klaren Denkfehlern.
Ich habe immer vorausgesetzt, daß wir uns in der Praxis wohl wenig unterscheiden werden. Einerseits folge ich ja nicht nur "unfehlbaren" Lehren und ignoriere alles andere, insofern ist es unklar ob sich aus diesen Ansichten große Unterschiede bzgl. meines katholischen Verhaltens ergeben. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, daß Du jetzt an jedem Wort von Papst F als unfehlbar hängst. Auch da hast Du sicher für Dich Deine Lösung gefunden...
Die Frage, ob eine Staatsmacht unter bestimmten Umständen die Todesstrafe verhängen sollte, mag Teil der Soziallehre der Kirche sein. Aber die Frage ob die Todesstrafe überhaupt unter irgendwelchen Umständen verhängt werden kann, oder vielmehr intrinisch verfehlt ist, ist ein Frage der Moral und bzgl. des Menschenbilds des Glaubens. Und diese Frage der Moral und des Glaubens ist eben durchweg und unbestreitbar positiv beantwortet worden in der Geschichte, von der katholischen Kirche, sowohl durch offizielle Verlautbarungen als auch durch praktische Taten.
Der Vergleich ist schlicht unzulässig und unfair! Denn Cantante Domino wurde weder totgeschwiegen noch einfach unterdrückt. Im Gegenteil, die späteren Verlautbarungen beschäftigen sich explizit mit der alten Lehre und bemühen sich zu zeigen, warum was jetzt gelehrt ist kompatibel ist mit ihr, nur halt eben differenzierter und genauer. Das ist exakt wie eine Entwicklung der Lehre aussehen kann! (Konkret wurde gegenüber der alten Lehre die Bedingungen von vollem Verständnis und willentlicher Zustimmung hinzugefügt, also letztlich schlicht die Bedingungen für eine Todsünde auf die Mitgliedschaft in einer anderen Religion oder anderen Kirche angewandt.) Ob man den Versuch nun für gelungen hält ist eine Frage für einen anderen Strang, aber hier handelt es sich eben absolut nicht um eine Kehrtwendung ohne jede Sorge um die etablierte Lehre.Ralf hat geschrieben: ↑Samstag 17. Oktober 2020, 00:14Klassisches Beispiel ist die Bulle Cantate Domino von Papst Eugen IV., die im 15. Jh. die volle Mitgliedschaft in der katholischen Kirche zur ausnahmslosen Grundvoraussetzung machte, um das Heil zu erlangen.
Papst Pius IX. sprach 1854 schon ganz anders und fügte eine Ausnahme hinzu, die 1442 nicht vorgesehen war. Und konsequenterweise wurde der Feeneyismus von Papst Pius XII. verurteit, obwohl er nur das lehrte, was Papst EUgen IV. damals gesagt hatte. War eben nicht mehr Stand der Dinge.
Die Soziallehre der Kirche ist das wahre Gegenmittel gegen die Ideologien, die heute die wirtschaftlichen Entscheidungen beherrschen. Sie gilt für die Bewältigung der Covid19-Pandemie, die einerseits einem neuen Staatszentralismus und andererseits der „offenen Gesellschaft“ den Anstoß gab. Das gilt für den Ökologismus, der nun zu einer neuen Religion geworden ist, die Ungerechtigkeiten produziert und die Armen trifft. Es gilt für den wirtschaftlichen „Degrowth“, der alle Merkmale einer gefährlichen Utopie aufweist, ähnlich wie die pauperistischen Häresien der vergangenen Jahrhunderte. Das gilt für den Mondialismus-Globalismus, der eine Deformation des wahren Konzepts der Geschwisterlichkeit darstellt. Dies sind die grundlegenden Passagen der „Lectio Magistralis von Erzbischof Giampaolo Crepaldi zum „III. Tag der Soziallehre der Kirche“.
An diesem Vergleich ist nichts unfair. Papst Franziskus ließ einen kleinen Abschnitt des Katechismus ändern - dessen (des Katechismus) Aufgabe ist es nicht, umfassende Abhandlungen über eine theologische Weiterentwicklung einer Doktrin zu liefern, sondern eine konzise Übersicht über die Lehre. Die katholische Sichtweise des Todesstrafe ist Ergebnis einer langjährigen innerkirchlichen moraltheologischen Debatte - diese Meinung schneidet sich Papst Franziskus ja nicht einfach so aus der Rippe. Daß Du diese Debatte verpaßt hast - so sehr ich Deine Beiträge sonst schätze - kannst Du niemandem sonst anlasten.Trisagion hat geschrieben: ↑Sonntag 18. Oktober 2020, 13:05Der Vergleich ist schlicht unzulässig und unfair! Denn Cantante Domino wurde weder totgeschwiegen noch einfach unterdrückt. Im Gegenteil, die späteren Verlautbarungen beschäftigen sich explizit mit der alten Lehre und bemühen sich zu zeigen, warum was jetzt gelehrt ist kompatibel ist mit ihr, nur halt eben differenzierter und genauer. Das ist exakt wie eine Entwicklung der Lehre aussehen kann! (Konkret wurde gegenüber der alten Lehre die Bedingungen von vollem Verständnis und willentlicher Zustimmung hinzugefügt, also letztlich schlicht die Bedingungen für eine Todsünde auf die Mitgliedschaft in einer anderen Religion oder anderen Kirche angewandt.) Ob man den Versuch nun für gelungen hält ist eine Frage für einen anderen Strang, aber hier handelt es sich eben absolut nicht um eine Kehrtwendung ohne jede Sorge um die etablierte Lehre.Ralf hat geschrieben: ↑Samstag 17. Oktober 2020, 00:14Klassisches Beispiel ist die Bulle Cantate Domino von Papst Eugen IV., die im 15. Jh. die volle Mitgliedschaft in der katholischen Kirche zur ausnahmslosen Grundvoraussetzung machte, um das Heil zu erlangen.
Papst Pius IX. sprach 1854 schon ganz anders und fügte eine Ausnahme hinzu, die 1442 nicht vorgesehen war. Und konsequenterweise wurde der Feeneyismus von Papst Pius XII. verurteit, obwohl er nur das lehrte, was Papst EUgen IV. damals gesagt hatte. War eben nicht mehr Stand der Dinge.
In der Tat, der Zustand der Lehre bzgl. der Todesstrafe nach JPII, so wie es vormals im KKK stand, ging exakt in die Richtung einer solchen Entwicklung der Lehre. Hier wurde die alte Lehre nicht einfach in die Mülltonne gekloppt, sondern respektvoll behandelt und durch eine (jedenfalls in heutigen Augen) bessere Analyse der Umstände ergänzt. Die Änderung durch Papst F ist schlicht inakzeptabel, jedenfalls im Stil. Denn wenn er in Wirklichkeit nur dasselbe sagt wie JPII, dann ist seine Formulierung sehr irreführend und es gab keinen Grund eine klare durche eine unklare Formulierung zu ersetzen, im KKK. Wenn er aber hier der alten Lehre widerspricht, dann reden wir von einem gewaltigen Ereignis in der Lehrverkündung wo als sicher geglaubte Lehre umgestoßen wird und retrospektiv die Kirche der vielfachen Beihilfe zum Justizmord beschuldigt wird. Falls die Lehre bzgl. der Todesstrafe nicht unfehlbar war aufgrund des ordentlichen Magisteriums, ist das möglich. Aber es verdient auf jeden Fall eine explizite und klare Diskussion, und nicht zuletzt eine großen Enschuldigung an den Opfern. Stattdessen kriegen wir das einfach vor den Latz geknallt, in einem Gehabe als ob das alles selbstverständlich und problemlos wäre.
Und der Katechismus gibt in diesem Punkt nun nicht mehr die Lehre der katholischen Kirche wieder. Jedenfalls kann man ihn nur noch dann lehrgetreu verstehen, wenn man bereits diese Lehre studiert hat und den neuen Text dann auf Biegen und Brechen in die Richtung der tatsächliche Lehre interpretiert. Der "Normalgläubige" wird hier schlicht in die Irre geführt. Das ist eine vollständig inakzeptable Situation.Ralf hat geschrieben: ↑Freitag 6. November 2020, 23:57Papst Franziskus ließ einen kleinen Abschnitt des Katechismus ändern - dessen (des Katechismus) Aufgabe ist es nicht, umfassende Abhandlungen über eine theologische Weiterentwicklung einer Doktrin zu liefern, sondern eine konzise Übersicht über die Lehre.
Da bin ich ja mal gespannt auf den Nachweis eines solchen langjährigen innerkirchlichen moraltheologischen Debatte. Mir ist da in Tat nicht viel bekannt aus der Zeit nach JPII...Ralf hat geschrieben: ↑Freitag 6. November 2020, 23:57Die katholische Sichtweise des Todesstrafe ist Ergebnis einer langjährigen innerkirchlichen moraltheologischen Debatte - diese Meinung schneidet sich Papst Franziskus ja nicht einfach so aus der Rippe. Daß Du diese Debatte verpaßt hast - so sehr ich Deine Beiträge sonst schätze - kannst Du niemandem sonst anlasten.
Das ist zu verkürzt. Sicherlich handelt es sich hier um eine starke Entwicklung bzgl. eines fundamentalen Themas. Aber es geht eben doch letztlich nur um eine Erklärung wie bestimmte Dinge gemeint sind. Auch wenn diese Erklärung sich in einem jahrhunderlangem Prozess eindeutig und gar drastisch gewandelt hat, bleibt die Änderung deshalb begrenzt und im Rahmen des traditionell möglichen. Denn das Dogma, daß die Zugehörigkeit zur Kirche heilsnotwendig ist, bleibt dabei formal erhalten!Ralf hat geschrieben: ↑Freitag 6. November 2020, 23:57Noch einmal: Feeney sagte dasselbe, was Papst Eugen geschrieben hatte. Wenn es bloß eine "Weiterentwicklung" und keine Änderung gewesen war, warum war das Alte dann auf einmal falsch? Es war einfach eine sich entwickelnde fundamentale Änderung über Jahrhunderte hinweg - und da beißt die Maus keinen Faden ab.
hmm - was ist eigentlich der Unterschied zwischen Theologen und Laien? Bisher dachte ich, es gäbe nur einen Unterschied zwischen Laien und Klerikern ("Dem Wesen, nicht dem Grade nach")?
dazu hier noch ein - wie ich meine, wertvoller - Beitrag von Robert Ketelhohn:
Petrus hat geschrieben: ↑Montag 4. Oktober 2021, 15:53dazu hier noch ein - wie ich meine, wertvoller - Beitrag von Robert Ketelhohn:
viewtopic.php?p=910360#p910360
Sind also päpstliche Lehraussagen (nicht alle Aussagen) in Enzykliken verbindlich? Ja. Sind sie deswegen unfehlbar? Nein.Man darf ebenfalls nicht annehmen, man brauche den Rundschreiben nicht zuzustimmen, weil die Päpste darin nicht ihr höchstes Lehramt ausüben. Sie sind aber doch Äußerungen des ordentlichen Lehramtes, von dem auch das Wort Christi gilt: ”Wer euch hört, der hört mich”. Sehr häufig gehört das, was die Enzykliken lehren und einschärfen, sonst wie schon zum katholischen Lehrgut. Wenn die Päpste in ihren Akten ein Urteil über eine bislang umstrittene Frage aussprechen, dann ist es für alle klar, dass diese nach der Absicht und dem Willen dieser Päpste nicht mehr der freien Erörterung unterliegen kann.
Sie können es aber sein. Und sind es oft.Ralf hat geschrieben: ↑Samstag 23. Oktober 2021, 22:43Nur mal generell zur Verbindlichkeit von Enzykliken (Rundschreiben), Papst Pius XII in Humani Generis Abs. 20:
Sind also päpstliche Lehraussagen (nicht alle Aussagen) in Enzykliken verbindlich? Ja. Sind sie deswegen unfehlbar? Nein.Man darf ebenfalls nicht annehmen, man brauche den Rundschreiben nicht zuzustimmen, weil die Päpste darin nicht ihr höchstes Lehramt ausüben. Sie sind aber doch Äußerungen des ordentlichen Lehramtes, von dem auch das Wort Christi gilt: ”Wer euch hört, der hört mich”. Sehr häufig gehört das, was die Enzykliken lehren und einschärfen, sonst wie schon zum katholischen Lehrgut. Wenn die Päpste in ihren Akten ein Urteil über eine bislang umstrittene Frage aussprechen, dann ist es für alle klar, dass diese nach der Absicht und dem Willen dieser Päpste nicht mehr der freien Erörterung unterliegen kann.
Ja, aber ob sie unfehlbar sind oder nicht - wenn sie nicht als solche mit klarem Wortlaut deklariert worden sind wie bspw. mit einem anathema sit eines Konzils oder als ex cathedra Äußerung des Papstes - kann allen Nichtpäpsten schnuppe sein.Lycobates hat geschrieben: ↑Samstag 23. Oktober 2021, 23:45Sie können es aber sein. Und sind es oft.Ralf hat geschrieben: ↑Samstag 23. Oktober 2021, 22:43Nur mal generell zur Verbindlichkeit von Enzykliken (Rundschreiben), Papst Pius XII in Humani Generis Abs. 20:
Sind also päpstliche Lehraussagen (nicht alle Aussagen) in Enzykliken verbindlich? Ja. Sind sie deswegen unfehlbar? Nein.Man darf ebenfalls nicht annehmen, man brauche den Rundschreiben nicht zuzustimmen, weil die Päpste darin nicht ihr höchstes Lehramt ausüben. Sie sind aber doch Äußerungen des ordentlichen Lehramtes, von dem auch das Wort Christi gilt: ”Wer euch hört, der hört mich”. Sehr häufig gehört das, was die Enzykliken lehren und einschärfen, sonst wie schon zum katholischen Lehrgut. Wenn die Päpste in ihren Akten ein Urteil über eine bislang umstrittene Frage aussprechen, dann ist es für alle klar, dass diese nach der Absicht und dem Willen dieser Päpste nicht mehr der freien Erörterung unterliegen kann.
Jedesmal dann, wenn der Papst eine Offenbarungswahrheit (oder eine damit eng verbundene Wahrheit) verbindlich die ganze Kirche als zu halten, bzw. die entgegengesetzten Irrtümer als zu verwerfen lehrt. Eine besondere Form ist dazu nicht erforderlich, es genügt eine ausreichend peremptorische Formulierung..
Beispiele davon gibt es in jeder päpstlichen (ich wiederhole: päpstlichen) Enzyklika.
Näheres dazu (mit Beispielen) bei Sisto Cartechini, Dal opinione al domma: valore delle note teologiche, Rom 1953, S. 43. Siehe auch M.J. Scheeben, Handbuch der katholischen Dogmatik I, Freiburg 1873, S. 228-229.
Nein, eine solche Form ist für eine unfehlbare Aussage des ordentlichen Lehramtes nicht erforderlich, es genügt eine peremptorische Formulierung, die in vielen Enzykliken streckenweise öfter gegeben ist.Ralf hat geschrieben: ↑Samstag 23. Oktober 2021, 23:59Ja, aber ob sie unfehlbar sind oder nicht - wenn sie nicht als solche mit klarem Wortlaut deklariert worden sind wie bspw. mit einem anathema sit eines Konzils oder als ex cathedra Äußerung des Papstes [...]Lycobates hat geschrieben: ↑Samstag 23. Oktober 2021, 23:45Sie können es aber sein. Und sind es oft.
Jedesmal dann, wenn der Papst eine Offenbarungswahrheit (oder eine damit eng verbundene Wahrheit) verbindlich die ganze Kirche als zu halten, bzw. die entgegengesetzten Irrtümer als zu verwerfen lehrt. Eine besondere Form ist dazu nicht erforderlich, es genügt eine ausreichend peremptorische Formulierung..
Beispiele davon gibt es in jeder päpstlichen (ich wiederhole: päpstlichen) Enzyklika.
Näheres dazu (mit Beispielen) bei Sisto Cartechini, Dal opinione al domma: valore delle note teologiche, Rom 1953, S. 43. Siehe auch M.J. Scheeben, Handbuch der katholischen Dogmatik I, Freiburg 1873, S. 228-229.
Das weiß ich, vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt.