Cassian hat geschrieben: ↑Donnerstag 11. November 2021, 09:43
Trisagion hat geschrieben: ↑Mittwoch 10. November 2021, 18:15
Ich kenne Hart so gut wie garnicht, aber brauche ich auch nicht um zu wissen, daß das bestenfalls eine haltlose Übertreibung ist.
Sag' mal, hörst du dir eigentlich selber zu, wenn du dir binnen eines Satzes selber widersprichst?
Ich gebe dir mal einen Tipp: DBHs in innerorthodoxen Diskussionen immer deutlicher hervortretende Feindschaft gegenüber der orthodoxen Energielehre fußt gerade auf seinem Origenismus. Seine in Pop-Apologetik gefasste Lehre der Apokaktasis - die ihm zu seiner zweifelhaften Bekanntheit verholfen hat - ebenfalls.
Das mag so sein, oder auch nicht. Es ändert aber nicht daran, daß Hart so gut wie sicher an viele Dogmen glaubt die er nicht von Origenes hat. Wobei nicht gemeint ist, daß er sie gegen Origenes hält, sondern einfach, daß er sie woanders her hat. Wenn ich sage, daß ich Thomist bin, meine ich ja auch nicht, daß ich nur seine Werke kenne und mein gesamtes Christentum ausschließlich von ihm stammt. Das stimmt weder biographisch noch quantitativ.
Cassian hat geschrieben: ↑Donnerstag 11. November 2021, 09:43
Origenes hat einen ziemlich umfangreichen Textkorpus an Schriftexegese hinterlassen, wo er die Schrift im Sinne einer platonisierenden Allegorese auslegt - so, wie es ihm Philon (gleichfalls ein Alexandriner) vorgemacht hat. Dieser Textkorpus hat die frühen Kappadozier durchaus beeinflusst - womit noch nichts über die Orthodoxie Origenes' gesagt ist.
Und sein apologetisches Werk
Kata Kelsou fand keine Beachtung? Und der Grund warum sein theologisches Werk
Peri Archon schließlich zu seiner Verdammung herangezogen wurde war auch nicht gerade mangelnde Bekanntheit...
Du zitierst nun anschließend eine Textwand eines gewissen Robert Ketelhohn. Warum ist mir nicht klar? Die Apokatasis für die Origenes praktisch immer herangezogen wird, habe ich ja bereits oben selber als Fehllehre strikt abgelehnt. Letztlich ist das auch die einzig wirklich relevante Fehllehre heutzutage, weil nur sie ernsthaft von einer beachtenswerten Gruppe von Christen als richtig verteidigt wird. Ich stimme durchaus zu, daß auch andere Fehllehren bei Origenes zu finden sind, aber die haben heutzutage wenig Rückhalt. Wer meinetwegen an Wiedergeburt glaubt, wird halt heutzutage eher Buddhist als daß er das als Christentum durchsetzen will.
Jedenfalls ändert das nichts daran, daß Origenes auch viel Gutes und Wichtiges gesagt hat, teilweise eben auch als Erster - insbesondere in
Kata Kelsou. Und seine Wichtigkeit für die Entwicklung der Schriftexegese ist offensichtlich.
Wie gesagt, er ist vermutlich ähnlich einzuordnen wie Tertullian.
Ich teile übrigens Roberts Ansichten zur "Giftigkeit" solcher Schriften nicht wirklich. Es ist einfach praktisch gesehen nicht so, daß Horden ungebildeter Laienchristen durch derlei Werke verführt werde, weil sie nicht das nötige Wissen haben. Die Horden kennen Origenes im Zweifel garnicht, noch haben sie diese Werke gelesen. Die Schlachten um Origenes werden auf "akademischem" Niveau geführt, und die Verführung von Laienchristen geschieht ganz aktiv durch moderne Interpretatoren. Denen mag Origenes, oder eine bestimmte Interpretation seiner Werke, dabei in den Kram passen. Aber Origenes ist da Material, nicht Akteur.
Cassian hat geschrieben: ↑Donnerstag 11. November 2021, 09:43
Trisagion hat geschrieben: ↑Mittwoch 10. November 2021, 18:15
Von katholischer Seite her ist es wohl so, daß nur die "drei Kapitel" des fünften Konzils von Papst Vigilius approbiert wurden. Insofern gäbe es dann keine bindende Verurteilung Origenes durch ein Konzil, nach katholischem Verständnis.
Das wäre mir völlig neu, dafür hätte ich bitte gerne einen Beleg.
Belege habe ich nicht zur Hand, Kirchengeschichte ist auch nicht wirklich mein Ding. Ich kann Dir die Argumentationslinie wiedergeben, Quellen kannst Du dann selber suchen. Vigilius akzeptiert das Konzils in zwei Schriftstücken. Die Frage ist aber, was genau er da eigentlich akzeptiert und was eventuell später untergejubelt wurde. Es ist wohl nur eine Anerkennung der drei Kapitel belegbar aus diesen Schriften selber. Aber die Quellen habe ich nicht, das ist für mich also Hörensagen. Und anschließend, in den Kommentaren der folgenden Päpste bis hin zu Gregor dem Großen, findest sich dann nichts zum Konzil was sich nicht auf die drei Kapitel bezieht. Auch das ist wieder Hörensagen für mich, denn ich habe nicht selber den Corpus gesichtet. Wenn das aber stimmt, dann ist anzunehmen, daß nur die drei Kapitel wirklich aprobiert wurden von Vigilius.
Ich habe mal ein wenig gegoogelt und
das hier gefunden. Nicht etwa, daß ich der Stoßrichtung zustimme - wie gesagt, ich lehne die Apokatasis als häretisch ab. Aber es scheint immerhin eine ganz nützliche Quellensichtung zu sein, der man nicht unbedingt glauben muß, die aber Ansatzpunkte liefert. Zum Beispiel wird hier gesagt, daß die Verdammung von Origenes erst mit der Lateran Synode von 649 in die lateinischen Bücher kam, aber ohne die Verdammung der Lehren (also nur das namentlich Anathema). Das war mir vorher nicht bekannt.
Cassian hat geschrieben: ↑Donnerstag 11. November 2021, 09:43
...was zu belegen dir bisher nicht gelungen ist und auch fortan nicht gelingen wird.
Mein "Beleg" für diese Behauptung ist Hart, der sie sicher viel kompetenter verteidigen kann als ich das je könnte.