Dr.Hackenbush hat geschrieben: ↑Samstag 14. Mai 2022, 12:59
@ Trisagion Diese Frage habe ich auch ernst gemeint - würde mich freuen, wenn Du dazu auch schreiben würdest:
Trisagion hat geschrieben: ↑Freitag 13. Mai 2022, 19:18
Wir können uns oft nicht vorstellen, daß Offensichtliches nicht gesehen wird. Wenn jemand sowohl an Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist glaubt, als auch an den einen Gott, wie kann derjenige nicht sofort das Dogma der Trinität herunterrasseln?
wie kann die Wissenschaft von dunkler Materie reden, wenn diese weder messbar, noch sichtbar, noch irgendwie nachweisbar ist?
Mutiert Wissenschaft zum Glauben, wenn etwas nicht nachweisbares notwendigerweise erklären "muss" (die Bildung einer Galaxie - das Zusammenbleiben der Sterne in einer Galaxie)?
Da bewegen wir uns jetzt schon verdammt weit weg vom Thema des Stranges. Zunächst sei gesagt, daß es einfach nicht stimmt, daß dunkle Materie als weder meßbar, noch irgendwie nachweisbar, angenommen wird. Sie wird erstmal nur als "nicht mit unserem elektromagnetischen Detektoren über astronomische Distanzen meßbar" angenommen - halt wirklich "dunkel" im Sinne von "nicht (ausreichend) Licht gebend". Weitere Daten und Theorie schränkt das noch weiter ein (z.B. "es können nicht einfach nur Nebel oder Planeten sein abseits vom Licht der Sterne"), aber es gibt keinerlei "dunkle Materie" Theorie die eine Meßbarkeit und Nachweisbarkeit komplett verneint. Das ist ja auch absurd, wozu sollte das naturwissenschaftlich gut sein? Der Grund warum wir über "dunkle Materie" spekulieren ist eben genau, daß sie bereits vorhandene
Messungen erklären hilft. Und die Frage wie man bestimmte Formen "dunkler Materie" doch direkt nachweisen kann treibt die Experimentatoren offensichtlich um.
Die Aufgabe eines naturwissenschaftlichen Theoretikers / Modellierers ist es den empirischen Datenwust zu ordnen, Teile zu selektieren, und diese miteinander zu verbinden (konzeptionell oder mathematisch). Es gibt hier Leitprinzipien bzgl. theoretischer "Schönheit" und dazu gehört, daß mehr Daten mit weniger Theorie zu erklären "schöner" ist. Wenn man dieselbe Anzahl Daten mit zwei Theorien erklären kann, aber eine enthält mehr Kram und die andere weniger, dann ist die mit weniger Kram "schöner". Was aber, wenn man ein klein bißchen mehr Kram zulässt, dafür aber viel, viel mehr Daten erklären kann? Dann ist das eben "schöner", obwohl die Theorie im Prinzip weniger einfach ist. Es geht also mehr um eine Art geistiger Effizienz, Minimierung der theoretischen Investition zur Maximierung des Erklärungsgewinns. Und das bedeutet nicht einfach immer die Investition auf Null reduzieren, denn von nichts kommt nichts. Dunkle Materie ist populär bei Wissenschaftlern weil sie sehr einfach ist (nur ein klein bißchen mehr Annahme), aber eben große Löcher in der Erklärung bekannter Daten stopft.
Wissenschaftler scheuen absolut nicht davor zurück, mysteriöse Entitäten zu "erfinden" um Daten zu erklären die "nicht passen". Im Gegenteil, genau das ist letztlich der Prozeß wissenschaftlichen Entdeckens. Das Neutrino wurde etwa von Theoretiker Pauli 1930 "erfunden" um den Beta-Zerfall zu erklären, bei dem den Daten nach anscheinend die Energieerhaltung verletzt wurde. Das Neutrino ist aber ziemlich extrem "unsichtbar". Ein experimenteller Nachweis fand dann auch erst 1956 durch Reines und Cowan statt. Der Nachweis war dann keineswegs zufällig, sondern zielte eben genau auf die vorhergehende theoretische Spekulation. All dies ist nicht "unwissenschaftlich", sondern es ist genau echte Wissenschaft, dort wo sie passiert, nicht dort wo sie Jahrzehnte oder Jahrhunderte später in Schulbücher kondensiert. Genau dies ist auch der Spaß und die Freude den man an als Wissenschaftler an seinem Metier hat. Es ist nicht das Bekannte, sondern gerade eben das das Spekulieren, das um die Wette neue Muster erkennen und dann das "nach Hause bringen" des Fundes, das Einfügen ins System. Wissenschaftler sind geistige Jäger...
Konkretes zur dunklen Materie (allerdings auf Englisch) z.B. hier
kurz und
lang.