Du übersiehst mE die große Abneigung, die in vielen Ländern Asiens gegen China besteht. Ein großer Bogen von Japan, über Südkorea und den ASEAN-Staaten bis nach Indien sieht die chinesische Expansion sehr kritisch. Man hat ja teilweise Gebietsstreitigkeiten (Japan, ASEAN-Länder), eine große chinesische Minderheit im eigenen Lande (ASEAN), die als 5. Kolonne Pekings verdächtigt wird oder tritt auf dem Weltmarkt als Konkurrent auf.
Durch die immer enger werdende Kooperation Chinas mit Russland fällt Russland daher für diese Länder auch als Partner aus. Das beste Beispiel ist Indien, das inzwischen ein Abkommen über grundlegenden Austausch und Zusammenarbeit (Basic Exchange and Cooperation Agreement, BECA), mit den USA geschlossen hat. Es ermöglicht einen verstärkten Informationsaustausch und eine weitere Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich. Früher war Indien viel stärker nach Russland orientiert.
Die wirtschaftliche Lage in Russland dürfte sich mittelfristig auch ändern.
Was sind die Produkte, die Russland auf dem Weltmarkt verkaufen kann? Rohstoffe und Waffen - oder wie Helmut Schmidt sagte: "Obervolta mit Atomraketen". Rohstoffe haben aber auch andere Länder anzubieten - hier hat Russland kein Monopol. Natürlich dauert die Umstellung auf neue Lieferanten, vielleicht müssen sogar neue Minen erschlossen werden - aber wenn man einmal von einem Lieferanten gewechselt hat, dann ist es meist dauerhaft.
Sicher, Gas und Öl wird weltweit nachgefragt. Aber was ist mit dem Transport? Im Augenblick müssen die griechischen Tankschiffe, die die Mehrzahl stellen, das Embargo noch nicht befolgen. Das kann sich ändern. Eine Pipeline nach China muß erst gebaut - auch das dauert. Im übrigen: Ohne Versicherungsschutz fährt kein Schiff... Es gibt also noch viele Hebel, um das Embargo zu verschärfen.
Was ist mit den Industriemetallen. Wer soll die kaufen? China legt Wert auf eine Diversifizierung seiner Bezugsquellen, sofern es das Material im Ausland einkaufen muß. Es wird sich nicht von Russland abhängig machen. Afrika hat keine nennenswerte Industrie, die Nickel, Kupfer usw. braucht. Neue Abnehmer zu finden ist also nicht so einfach.
Ob die Welt der angelsächsischen Eliten im Sterben liegt - daran sind mE doch erhebliche Zweifel angebracht. Etwas ähnliches hörte ich schon in meinen Jugendjahren, als der USD im Vergleich zur DM immer weicher wurde. Beim € ist natürlich das Gegenteil der Fall.

Die USA sind noch immer die innovativste Volkswirtschaft der Welt. Nenn mir eine große Neuerung der letzten Jahre, die weltweit erfolgreich war, die nicht aus den USA gekommen ist oder dort entwickelt wurde. Da fällt mir im Augenblick nur die Mülltrennung ein.

Selbst die großen chinesischen Tech-Firmen haben doch nur das Geschäftsmodell von amazon (Alibaba) oder google (Baidu) kopiert und den chinesischen Bedürfnissen angepaßt. Wie verletzlich China ist, konnte man bei Huawei sehen. Als Trump Huawei untersagte, das Android-System zu nutzen, brach der Verkauf der handys ein. Ohne US-Technologie läuft eben heute nichts und es ist auch keine Ablösung dieser US-Vormachtstellung in Sicht. Würdest Du Dir ein handy mit chinesischem Betriebssystem kaufen?

Du hast einmal geschrieben, die USA schlittern in eine Rezession. Rezessionen gehören zum Wirtschaftsleben - das ist nicht ungewöhnlich. Ob sie aber wirklich so schwer und tief sein wird, wie uns unsere Medien verkaufen wollen, da kann man Zweifel haben. Aus dem heutigen Arbeitsmarktbericht (Zuwachs von 528.000 neuen Stellen im Juli!) läßt sich das jedenfalls nicht herleiten.
Daß die Situation in Europa, der EU, natürlich anders ist, ist klar - aber das hat auch mit der vollkommen verfehlten Energie- und Wirtschaftspolitik in Deutschland und der EU zu tun. Wir sollten uns hüten, die Entwicklung hier mit der in den USA gleichzusetzen.
Ich halte den Abgesang auf die westliche Gesellschaftsordnung jedenfalls für ziemlich voreilig. Wenn Menschen aus Südamerika oder Asien in ein anderes Land auswandern wollen, was ist ihr Lieblingsziel? Die USA - das muß doch einen Grund haben.
