Die Dekadenz der Gesellschaft

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Pelikan hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Bekanntermaßen kann aber ein „hirntoter“ Patient noch Jahre, ja Jahrzehnte leben. Möglicherweise sogar wieder erwachen. Das ist vielleicht nicht bewiesen, jedenfalls aber auch nicht widerlegt.
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Widerlegt aber nicht der Fall Lazarus selbst die früheren, von dir favorisierten Kriterien für die Unumkehrbarkeit des Todes? Wie stark sollte die Erwartung eines Wunders unsere alltäglichen Entscheidungen beeinflussen?
Das ist ein sophistischer Taschenspielertrick, lieber Pelikan. Man darf einen durch das Mörderwort „hirntot“ abgestempelten Patienten nicht darum nicht töten, weil man auf ein Heilungswunder hofft, sondern weil er lebt, Mann.

Wer einen lebendigen, atmenden Menschen mit schlagendem Herzen vor sich hat, der Nahrung zu sich nimmt und die Reste ausscheidet, ja sich sogar bewegt: Wie kann der sagen, das sei ein Leichnam, und ihm das Herz aus der Brust schneiden?

All diese erbärmlichen Versuche, die Transplantationstötung zu rechtfertigen, atmen den Verwesungsgeruch der Euthanasie-Propaganda. Komm heraus aus dem Grab, Pelikan! Das wäre dein Lazarus-Wunder, daß du erkenntest, welchem Schwindel du aufgesessen bist.
Zum Ekel vor der Funktionalisierung des menschlichen Lebens mußt du mich wahrlich nicht bekehren. Was ich kritisiere, sind deine schwachen Argumente, denn wenn du durch irreführende Behauptungen Wohlmeinende zum Widerspruch reizt, nimmt dein gutes Ansinnen Schaden. Ich habe das in den Debatten um die Euthanasie von Terri Schiavo gemerkt. Diejenigen, die absichtlich die Beweise über ihren Bewußtseinszustand manipulierten, um Mitleid zu erwecken, haben den eigentlichen, stichhaltigen Argumenten gegen ihre Tötung nur geschadet.

Wenn du also behauptest, die Unumkehrbarkeit eines diagnostizierten Hirntodes sei nicht wissenschaftlich erwiesen, oder ein Hirntoter sei noch fähig, sich zu bewegen, oder es gebe keinen grundlegenden Unterschied zwischen Hirntod und Wachkoma, lieferst du deinen Gegnern völlig unnötige Angriffsflächen. All deine Anliegen könntest du umso besser verteidigen, wenn du zugäbest, was offen auf der Hand liegt: Daß der Hirntod die koordinierende und integrative Kapazität des Organismus unumstößlich auflöst.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pit hat geschrieben:Hallo Robert,

also kurzgefasst:
Wenn ein schwerherzkrankes 5-jähriges Kind durch eine Herztransplantation gerettet werden könnte, aber ohne die Transplantation definitiv innerhalb der nächsten Woche sterben würde, dann verzichten wir am Besten auf diese Transplantation, da das Kind ja so oder so irgendwann stirbt, evtl. halt innerhalb einer Woche. - Richtig, Robert ??

Fragend, Pit
Ja, natürlich. Kann ich denn ein anderes Kind töten und
ausschlachten lassen, nur um meines zu retten? Und was
für eine „Rettung“ wäre das denn?

Das ist im tiefsten Grunde ein Denken wie bei Kannibalen,
die Hirn und Hoden ihrer besiegten Feinde oder ihrer ver-
storbenen (oder altersschwach getöteten) Ahnen fressen,
weil sie Kraft und Leben draus zu schöpfen glauben.

Übrigens. Deine suggestive Frage erinnert mich fatal an die
altbekannte Euthanasiepropaganda. Veit Harlan hat darüber
einen tränendrüsendrückenden Film gedreht. Schau dir mal
genau an, auf wen du hereinfällst. (Auch wenn du’s nicht so
suggestiv gemeint hast, wie’s rüberkommt. Deine Gedanken-
verbindung ist genau von jenem Denken geprägt, das auch
der Euthanasiepropaganda zugrunde liegt.)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Es tut mir leid, daß du so schlecht informiert bist, Pelikan.
Pelikan hat geschrieben:Was ich kritisiere, sind deine schwachen Argumente, denn wenn du durch irreführende Behauptungen Wohlmeinende zum Widerspruch reizt, nimmt dein gutes Ansinnen Schaden. Ich habe das in den Debatten um die Euthanasie von Terri Schiavo gemerkt. Diejenigen, die absichtlich die Beweise über ihren Bewußtseinszustand manipulierten, um Mitleid zu erwecken, haben den eigentlichen, stichhaltigen Argumenten gegen ihre Tötung nur geschadet.
Woher nimmst du diese Behauptung oder besser Unterstellung? – Such mal im Internet nach den Videosequenzen aus Terri Schiavos Krankenzimmer. Oder nach Salvatore Crisafulli. Was Theresa Schiavos Videosequenzen nahelegen, ist im Fall Crisafulli bewiesen. Daß nämlich solche Komapatienten bewußt wahrnehmen können. Wobei es, wie ich oben bereits ausführte, auf das aktuale Bewußtsein keineswegs ankommt. Dennoch zeigen diese Fälle die Methoden und Ziele der Euthanasiebefürworter.
Pelikan hat geschrieben:Wenn du also behauptest, die Unumkehrbarkeit eines diagnostizierten Hirntodes sei nicht wissenschaftlich erwiesen, oder ein Hirntoter sei noch fähig, sich zu bewegen, oder es gebe keinen grundlegenden Unterschied zwischen Hirntod und Wachkoma, lieferst du deinen Gegnern völlig unnötige Angriffsflächen. All deine Anliegen könntest du umso besser verteidigen, wenn du zugäbest, was offen auf der Hand liegt: Daß der Hirntod die koordinierende und integrative Kapazität des Organismus unumstößlich auflöst.
Daß keine Unterschiede zwischen „Hirntod“ und Wachkoma bestünden, habe ich nicht behauptet. Der Unterschied ist ja definiert: je nach dem, ob man Hirnströme noch messen kann oder nicht. Gleichwohl ist meine Beschreibung gewisser Phänomene bei „Hirntoten“ korrekt. Sie schwitzen oder frieren, ja sie können sogar Tränen weinen. Sie zeigen nicht nur leichte Bewegungen oder Zuckungen, sie können schlagen oder treten, sich aufrichten oder eine Person, die sich ihnen nähert, umarmen.

Frag doch mal Ärzte oder Pfleger von „Hirntoten“. Nicht umsonst narkotisiert man „Hirntote“, bevor man sie ausweidet. Sie würden sich sonst heftig wehren. Sie werden auch beamtet, bis das Herz tiefgekühlt den Dienst aufgibt. Von all dem hat der normale „freiwillige“ „Organspender“ jedoch keine Ahnung. Das ist nicht Teil der Propaganda, darüber aufzuklären.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nicht mehr ganz neu, aber immer noch lesenswert:

Hirntod der Moraltheologie
Von warmen Leichen und toten Seelen
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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Such mal im Internet nach den Videosequenzen aus Terri Schiavos Krankenzimmer.
Die Sequenzen sind mir bekannt, ich habe den Fall genau verfolgt. Ist dir bekannt, wie die Videos zustande gekommen sind? Aus mehrstündigem Material, das die Bewegung eines Objekts und die ständige Bewegung von Terri Schiavo zeigt, wurden diejenigen Momente zusammengeschnitten, in denen beide Bewegungen zufällig miteinander korrelieren.
Was Theresa Schiavos Videosequenzen nahelegen, ist im Fall Crisafulli beiesen. Daß nämlich solche Komapatienten bewußt wahrnehmen können.
Ich bestreite nicht, daß sie es können. Ich bestreite, daß es durch diese von verzweifelten Angehörigen manipulierten Videos bewiesen wird.
Wobei es, wie ich oben bereits ausführte, auf das aktuale Bewußtsein keineswegs ankommt.
Richtig.
Dennoch zeigen diese Fälle die Methoden und Ziele der Euthanasiebefürworter.
Ich stimme wiederum zu. Es ist auch tragisch, daß sich die Angehörigen von Terri Schiavo gezwungen sahen, auf diese heimtückischen Ziele ihrerseits mit heimtückischen Methoden zu antworten. Trotzdem kann ich es nicht gutheißen.
Daß es keine Unterschiede zwischen „Hirntod“ und Wachkoma bestünden, habe ich nicht behauptet.
Du implizierst es, indem du eine logische Kette von der Akzeptanz der Hirntod-Definition über die Befürwortung der Euthanasie von Komapatienten bis zu der Ideologie von Peter Singer herstellst. Dieser Zusammenhang existiert nicht. Es ist nicht der Verlust des aktualen Bewußtseins, was den Hirntod zum tatsächlichen Tod des Organismus macht. Die Befürworter der Euthanasie wünschen diese Interpretation, aber sie ist nicht zwingend.
Der Unterschied ist ja definiert: je nach dem, ob man Hirnströme noch messen kann oder nicht.
Keineswegs. Die Messung von Hirnströmen ist lediglich eine oft gebräuchliche Zusatzuntersuchung zur Absicherung der klinischen Diagnose. Die Kernmerkmale des Hirntods bestehen in dauerhaftem Koma, Atemstillstand und erloschener Hirnstammreflexe. Letzeres wird u.a. durch Bestreichung der Hornhaut und Einträufeln von Eiswasser in den Ohrkanal getestet.
Gleichwohl ist meine Beschreibung gewisser Phänomene bei „Hirntoten“ korrekt. Sie schwitzen oder frieren, ja sie können sogar Tränen weinen. Sie zeigen nicht nur leichte Bewegungen oder Zuckungen, sie können schlagen oder treten, sich aufrichten oder eine Person, die sich ihnen nähert, umarmen.
Die Berichte von Umarmungen halte ich für übertrieben. Richtig ist, daß den Hirntoten spinale Reflexe verbleiben. Muskelzuckungen, besonders in den Extremitäten, die als Reaktion auf gewisse Berührungen auftreten, sind also mit der Diagnose kompatibel, Greif- oder Schluckreflexe wären es nicht. Du hast aber von Bewegung gesprochen, nicht von Nervenreflexen.
Von all dem hat der normale „freiwillige“ „Organspender“ jedoch keine Ahnung. Das ist nicht Teil der Propaganda, darüber aufzuklären.
Und dagegen setzt du deine eigene Propaganda, die mit Aufklärung ebensowenig zu tun hat. Für eine gewisse anti-intellektuelle Zielgruppe mag diese Strategie sogar attraktiv sein. Jeder Sachkundige dagegen wird sich durch die pauschale Verdammung selbst von seriöser Wissenschaft zurecht entsetzen. Über die Feststellung des Todes neu nachzudenken wurde nötig aufgrund der beeindruckenden Fortschritte in den Bereichen der Reanimation und Respiration, nicht aufgrund finsterer Machenschaften der Transplantationsindustrie. In deinem Eifer hast du übers Ziel hinausgeschossen.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Diese ganze Geschichte mit der Organtransplantation hat, Robert hat es schon ausgeführt, einen unabweisbar kannibalischen Charakter.

Pikant ist, daß der moderne Kannibalismus, die moderne Eugeneik und Euthanasie ausschließlich in Regionen entstanden ist, die nachhaltig vom Calvinismus geprägt worden sind.

Da besteht ein inniger Zusammenhang, den ich nicht diskutieren möchte, weil mir das zu viel Schreibarbeit machen würde.

Protestantismus-Atheismus und sein Wechselbalg, der wildgewordene Kapitalismus mit der neuen Religion des ungehemmten Rationalismus, münden in wissenschaftlich und human begründete Menschenfresserei.

Heute ist erlaubt, was früher verboten und mit Tabus eingerenzt worden war. Das nennt man Fortschritt, Evolution.

Schöne Aussichten.

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Pit
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Beitrag von Pit »

Hallo Robert,

Du schreibst:
"Kann ich denn ein anderes Kind töten... um mein eigenes zu retten."
Nun, wenn ich das andere Kind töten würde, sähe die Sache anders aus. Aber im von mir beschriebenen Fall lag der Tod des Kindes vor.
Und zwar nicht nur der Herz- sondern auch der von zwei - voneinander unabhängigen - Ärzten festgestellte Hirntod. Und der Hirntod wird auf Grund von - lass mich nicht lügen - ich glaube 6 oder 7 Punkten festgestellt.
Kurzum:
Die Realität sieht noch etwas anders aus:
Wenn Dein "Tip" befolgt worden wäre, dann hätte ein guter Freund von mir sein drittes Lebensjahr nicht mehr erlebt.
Aber am besten schaffen wir auch die Nieren- und sonstige (Lebend-)transplantationen ab, und die gesamte Intensivmedizin auch - immerhin sterben die Menschen ja eh irgendwann. Sorry, aber ich hoffe, daß Du nie ein Kind großziehen musst, daß einen angeborenen Herzklappenfehler oder eine noch schlimmere Krankheit hat. Denn ich möchte dann nicht in Deiner Haut stecken müssen, um aus christlicher (?) Überzeugung zusehen zu müssen, wie mein Kind verreckt.

Gruß, Pit
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Pit hat geschrieben:Hallo Robert,

also kurzgefasst:
Wenn ein schwerherzkrankes 5-jähriges Kind durch eine Herztransplantation gerettet werden könnte, aber ohne die Transplantation definitiv innerhalb der nächsten Woche sterben würde, dann verzichten wir am Besten auf diese Transplantation, da das Kind ja so oder so irgendwann stirbt, evtl. halt innerhalb einer Woche. - Richtig, Robert ??

Fragend, Pit
Ja, natürlich. Kann ich denn ein anderes Kind töten und
ausschlachten lassen, nur um meines zu retten? Und was
für eine „Rettung“ wäre das denn?

Das ist im tiefsten Grunde ein Denken wie bei Kannibalen,
die Hirn und Hoden ihrer besiegten Feinde oder ihrer ver-
storbenen (oder altersschwach getöteten) Ahnen fressen,
weil sie Kraft und Leben draus zu schöpfen glauben.

Übrigens. Deine suggestive Frage erinnert mich fatal an die
altbekannte Euthanasiepropaganda. Veit Harlan hat darüber
einen tränendrüsendrückenden Film gedreht. Schau dir mal
genau an, auf wen du hereinfällst. (Auch wenn du’s nicht so
suggestiv gemeint hast, wie’s rüberkommt. Deine Gedanken-
verbindung ist genau von jenem Denken geprägt, das auch
der Euthanasiepropaganda zugrunde liegt.)
:nein: :nein: :nein: :sauer: :sauer: :sauer:
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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Protestantismus-Atheismus und sein Wechselbalg, der wildgewordene Kapitalismus mit der neuen Religion des ungehemmten Rationalismus, münden in wissenschaftlich und human begründete Menschenfresserei.
Und noch ein Ewald'sches Theorem! :D

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Pit
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Beitrag von Pit »

Hallo Ewald,

erkläre mir doch mal etwas, was ich in Deinem letzten Beitragt nicht ganz verstehe:

- Welchen Zusammenhang siehst Du zwischen dem Calvinismus und der Euthanasie?
Mir ist Euthanasie - abgesehen von der umstrittenen "Sterbehilfe" in den Niederlanden zuersteinmal aus einer unrühmlichen Epoche deutscher Geschichte ein Begriff.

- Weshalb sind protestantische - also sowohl evangelisch-landeskirchliche als auch u.a. evangel.-freikirchliche, freievangelische, mennonistische und evangel.-reformierte Christen Atheisten? Entweder sie sind Christen ODER Atheisten! Beides ist schlichtweg nicht möglich !!

- Weshalb ist der Kapitalismus ein "Wechselbalg" (und somit ein Kind) des Protestantismus ?

Bitte keinen Hinweis auf Nietsche oder andere Philosophen, sondern klare, verständliche Antworten auf meine Fragen.

Gruß, Pit

:hmm:
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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Tacitus hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:Protestantismus-Atheismus und sein Wechselbalg, der wildgewordene Kapitalismus mit der neuen Religion des ungehemmten Rationalismus, münden in wissenschaftlich und human begründete Menschenfresserei.
Und noch ein Ewald'sches Theorem! :D
Ja, ja, man wundert sich, in welche Richtungen Gedanken und Entwürfe bisweilen hinwuchern.

Am Anfang erscheint fast immer alles lieb, harmlos und grundgütig.

Und alle meinen es gut und haben die besten Absichten. Hitler, Stalin, Robespierre, Osama bin Laden, Be-ne-de-to und alle Großkopfeten dieser Welt.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

@ Pit
Weißt Du, lieber Pit, wenn die Gemengelage unübersichtlich wird, ist bei Ewald immer der Protestantismus schuld: am Untergang Roms; am Ertrinken des Kaisers Barbarossa, Gott hab ihn selig; am Interregnum; am Hundertjährigen und am Dreißigjährigen Krieg; und überhaupt! :D

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Pit hat geschrieben:Hallo Ewald,

erkläre mir doch mal etwas, was ich in Deinem letzten Beitragt nicht ganz verstehe:

- Welchen Zusammenhang siehst Du zwischen dem Calvinismus und der Euthanasie?
Mir ist Euthanasie - abgesehen von der umstrittenen "Sterbehilfe" in den Niederlanden zuersteinmal aus einer unrühmlichen Epoche deutscher Geschichte ein Begriff.

- Weshalb sind protestantische - also sowohl evangelisch-landeskirchliche als auch u.a. evangel.-freikirchliche, freievangelische, mennonistische und evangel.-reformierte Christen Atheisten? Entweder sie sind Christen ODER Atheisten! Beides ist schlichtweg nicht möglich !!

- Weshalb ist der Kapitalismus ein "Wechselbalg" (und somit ein Kind) des Protestantismus ?

Bitte keinen Hinweis auf Nietsche oder andere Philosophen, sondern klare, verständliche Antworten auf meine Fragen.

Gruß, Pit

:hmm:
Ich kann Dir leider keine Antworten geben, die für Dich verständlich wären. Ich komme ohne die toten Nietzsches und Webers nicht aus.

Ich muß passen.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Tacitus hat geschrieben:@ Pit
Weißt Du, lieber Pit, wenn die Gemengelage unübersichtlich wird, ist bei Ewald immer der Protestantismus schuld: am Untergang Roms; am Ertrinken des Kaisers Barbarossa, Gott hab ihn selig; am Interregnum; am Hundertjährigen und am Dreißigjährigen Krieg; und überhaupt! :D
Du übertreibst. Ich halte den Protestantismus für eine notwendige
und unverzichtbare Kraft. Er hat enorme Kulturleistungen evoziert.

"Die Flöhe und die Wanzen, gehören auch zum Ganzen"

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Pit
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Beitrag von Pit »

Hallo Ewald,

tja, ich habe Dich gefragt, warum Du (!) evangelische Christen für Atheisten hältst - Du kommst bei einer eventuellen Antwort nicht ohne Nietsche und Weber aus. Das selbe bei der Frage, warum Deiner (!) Meinung nach der Kapitalismus ein "Kind" des Protestantismus ist.
Merkst Du, worauf ich hinausgehe?
Entweder kannst Du mir Deine (!) Meinung zu den Fragen nennen (auch ohne Dich auf Texte, Ansprachen etc. von Nietsche, Weber und co. zu beziehen) oder nicht. Wenn Du das aber scheinbar nicht kannst, gehe ich leider davon aus, daß Du - zumindest zu den Themen - über keine eigene Meinung verfügst, und das wäre traurig !

Gruß, Pit
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Edi
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Beitrag von Edi »

Pit hat geschrieben:Hallo Ewald,

tja, ich habe Dich gefragt, warum Du (!) evangelische Christen für Atheisten hältst - Du kommst bei einer eventuellen Antwort nicht ohne Nietsche und Weber aus. Das selbe bei der Frage, warum Deiner (!) Meinung nach der Kapitalismus ein "Kind" des Protestantismus ist.
Merkst Du, worauf ich hinausgehe?
Entweder kannst Du mir Deine (!) Meinung zu den Fragen nennen (auch ohne Dich auf Texte, Ansprachen etc. von Nietsche, Weber und co. zu beziehen) oder nicht. Wenn Du das aber scheinbar nicht kannst, gehe ich leider davon aus, daß Du - zumindest zu den Themen - über keine eigene Meinung verfügst, und das wäre traurig !

Gruß, Pit
Jemand (villeicht war das Weber) hat Zusammenhänge zwischen Calvinismus und Kapitalismus herausgefunden oder herausfinden wollen. Die näheren Hintergründe und Zusammenhänge kenne ich aber nicht, aber die müsste ja Ewald wissen, wenn er das immer behauptet.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Natürlich war das Max Weber, der von der protestantischen Arbeitsethik gesprochen hat. Er hat dies zurückgeführt auf den so genannten syllogismus practicus. Nach Calvins Lehre sind die Menschen für das Heil oder für die Verdammnis vorherbestimmt. Diese doppelte Prädestinationslehre (gemina prädestinatio) führte zu der bangen Frage des Einzelnen: Wie kann ich mir dessen gewiss werden, dass ich zum Heil vorherbestimmt bin? Calvin begegnete dieser Frage mit der Behauptung: Wer im irdischen Leben von Gott gesegnet wird, kann sich seiner Vorherbestimmung zum Heil gewiss sein. Der Segen Gottes und damit der Rückschluss auf die Erwählung zeigt sich am augenfälligsten in materiellem Wohlergehen (daher syllogismus practicus). Deshalb das Bestreben der Gläubigen, durch Arbeit und wirtschaftlichen Erfolg sich des eigenen Erwähltseins gewiss zu werden.

Hinzu kam Calvins Abneigung gegen Müßiggang, Glücksspiel, Tand, Verschwendung, Schulden ... Dies führte dazu, dass Genf bereits in den Jahren des hässlichen calvinschen Regiments zu wirtschaftlicher Blüte kam.

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Edi
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Beitrag von Edi »

Tacitus hat geschrieben:Natürlich war das Max Weber, der von der protestantischen Arbeitsethik gesprochen hat. Er hat dies zurückgeführt auf den so genannten syllogismus practicus. Nach Calvins Lehre sind die Menschen für das Heil oder für die Verdammnis vorherbestimmt. Diese doppelte Prädestinationslehre (gemina prädestinatio) führte zu der bangen Frage des Einzelnen: Wie kann ich mir dessen gewiss werden, dass ich zum Heil vorherbestimmt bin? Calvin begegnete dieser Frage mit der Behauptung: Wer im irdischen Leben von Gott gesegnet wird, kann sich seiner Vorherbestimmung zum Heil gewiss sein. Der Segen Gottes und damit der Rückschluss auf die Erwählung zeigt sich am augenfälligsten in materiellem Wohlergehen (daher syllogismus practicus). Deshalb das Bestreben der Gläubigen, durch Arbeit und wirtschaftlichen Erfolg sich des eigenen Erwähltseins gewiss zu werden.

Hinzu kam Calvins Abneigung gegen Müßiggang, Glücksspiel, Tand, Verschwendung, Schulden ... Dies führte dazu, dass Genf bereits in den Jahren des hässlichen calvinschen Regiments zu wirtschaftlicher Blüte kam.
Wieder etwas Neues erfahren. Ist das etwa auch der Hintergrund dafür, dass besonders in freikirchlich-charismatischen Kreisen immer mal wieder das Wohlstandsevangelium gepredigt wird? Oder ist das eine neue Schiene? Das Wohlstandsev. bedeutet, dass der gläubige Mensch von Gott auch materiell so gesegnet werden soll, dass er im Wohlstand leben kann. Umgekehrt kann das dann u.U. heissen, dass jemand vor Gott nicht richtig steht, wenn er keinen Wohlstand hat. Die Wohlstandsprediger haben es ja alle mit Hilfe des Zehnten oder der "hundertfachen Segnung" zu mehr als nur Wohlstand gebracht.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Pit hat geschrieben:Hallo Ewald,

tja, ich habe Dich gefragt, warum Du (!) evangelische Christen für Atheisten hältst - Du kommst bei einer eventuellen Antwort nicht ohne Nietsche und Weber aus. Das selbe bei der Frage, warum Deiner (!) Meinung nach der Kapitalismus ein "Kind" des Protestantismus ist.
Merkst Du, worauf ich hinausgehe?
Entweder kannst Du mir Deine (!) Meinung zu den Fragen nennen (auch ohne Dich auf Texte, Ansprachen etc. von Nietsche, Weber und co. zu beziehen) oder nicht. Wenn Du das aber scheinbar nicht kannst, gehe ich leider davon aus, daß Du - zumindest zu den Themen - über keine eigene Meinung verfügst, und das wäre traurig !

Gruß, Pit
Ich danke Dir für Dein Mitleid. Ganz im Gegensatz zu Dir bin ich kein selbständiger Geist; ich beziehe mich gewöhnlich auf Vordenker; Du bist ein Selbstdenker. Glückwunsch!

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Tacitus hat geschrieben:Natürlich war das Max Weber, der von der protestantischen Arbeitsethik gesprochen hat. Er hat dies zurückgeführt auf den so genannten syllogismus practicus. Nach Calvins Lehre sind die Menschen für das Heil oder für die Verdammnis vorherbestimmt. Diese doppelte Prädestinationslehre (gemina prädestinatio) führte zu der bangen Frage des Einzelnen: Wie kann ich mir dessen gewiss werden, dass ich zum Heil vorherbestimmt bin? Calvin begegnete dieser Frage mit der Behauptung: Wer im irdischen Leben von Gott gesegnet wird, kann sich seiner Vorherbestimmung zum Heil gewiss sein. Der Segen Gottes und damit der Rückschluss auf die Erwählung zeigt sich am augenfälligsten in materiellem Wohlergehen (daher syllogismus practicus). Deshalb das Bestreben der Gläubigen, durch Arbeit und wirtschaftlichen Erfolg sich des eigenen Erwähltseins gewiss zu werden.

Hinzu kam Calvins Abneigung gegen Müßiggang, Glücksspiel, Tand, Verschwendung, Schulden ... Dies führte dazu, dass Genf bereits in den Jahren des hässlichen calvinschen Regiments zu wirtschaftlicher Blüte kam.
Präzise; genau das ist das Programm. Der Glaube an Prädestination muß nicht unbedingt in Fatalismus einmünden; im Gegenteil, er kann den Menschen zu höchster Aktivität und Effizinez führen. Man muß nur aufpassen, daß sich die innerweltliche Askese nicht verselbständigt.

War das rigide Regiment in Genf wirklich häßlich?

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Pit
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Beitrag von Pit »

Hallo Ewald,

nun, der Beitrag von Tacitus über die calvinistische Haltung bezüglich Wohlstand etc. ist einleuchtend, leider ist mir immer noch schleierhaft, weshalb Du die evangelischen Christen im Allgemeinen für Atheisten hälst, und was die calvinistische oder auch allgemein-evangelisch Überzeugung mit der Euthanasie im Zusammenhang steht.

Gruß, Pit
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pit hat geschrieben:Nun, wenn ich das andere Kind töten würde, sähe die Sache anders aus. Aber im von mir beschriebenen Fall lag der Tod des Kindes vor. Und zwar nicht nur der Herz- sondern auch der von zwei - voneinander unabhängigen - Ärzten festgestellte Hirntod.
Falsch. Der Herztod liegt gerade nicht vor, sonst wäre die Organe unbrauchbar.

Das Opfer wird auf der Schlachtbank festgeschnallt und betäubt, unter künstlicher Beamtung. Dann wird der Leib von der Kehle bis zum Schambein aufgeschnitten, die Hautlappen hochgezogen und die so entstandene Wanne mit eiskalten Wasser gefüllt. Dann werden die Organe mit einer Tiefkühlflüssigkeit durchspült, während das Blut wie bei einer Schächtung abgesaugt wird. Wenn das Herz durchspült wird, hört es zu schlagen auf. Es wird so tiefgekühlt auf dem schnellsten Wege zum Empfänger gebracht, entsprechend die übrigen verwertbaren Organe und Körperteile.
Pit hat geschrieben:Und der Hirntod wird auf Grund von - laß mich nicht lügen - ich glaube 6 oder 7 Punkten festgestellt.
Pelikan hat oben bereits einige der Methoden genannt. Echte Foltermethoden übrigens. Wer auf die Folter nicht reagiert – wer also keine hirnabhängigen Reflexe zeigt –, gilt als „hirntot“. Weitere Methoden – immer, um Schmerzreize auszulösen – sind das Pressen mit harten Gegenständen auf die Nagelbetten („Daumenschraubenmethode“) oder Stiche in die Nasenscheidewand. Durch Einschieben eines Spachtels in den Rachen wird Brechreiz hervorzurufen versucht, und anderes mehr. Diese „Untersuchung“ muß in einem definierten Zeitabstand wiederholt werden, oder es wird ein EEG erstellt.

Unter Gläubigen sollten wir unsere mutmaßlich Sterbenden nicht foltern, schächten und ausweiden, sondern ihr Sterben begleiten, mit ihnen beten und Sorge tragen, daß sie die Sterbesakramente empfangen können.
Pit hat geschrieben:Aber am besten schaffen wir auch die Nieren- und sonstige (Lebend-)transplantationen ab
Wir reden hier nicht über paarige Organe.
Pit hat geschrieben:Sorry, aber ich hoffe, daß Du nie ein Kind großziehen musst, daß einen angeborenen Herzklappenfehler oder eine noch schlimmere Krankheit hat. Denn ich möchte dann nicht in Deiner Haut stecken müssen, um aus christlicher (?) Überzeugung zusehen zu müssen, wie mein Kind verreckt.
Ich möchte nicht auf den schweren Unfall eines andern Kindes hoffen müssen, um meinem Kind eine Verlängerung des Lebens zu gewinnen. Ich möchte auch nicht mit dem Bewußtsein leben, daß ein anderer getötet und ausgeschlachtet wurde, um mein Leben zu verlängern. Ich möchte auch nicht mit fremdem Herzen leben und mein eigenes in den Klinikmüll geworfen wissen.

Was habe ich davon, wenn ein anderer für mich sterben muß? Daß ich ein paar Jahre länger lebe? – Nur Einer ist wirklich für mich gestorben, auf daß ich ewig lebe. Darauf kommt es an.

Pit, du hast den Sinn des Leides, ja des Kreuzes selbst nicht begriffen. Unsere scheinbar so allmächtige Medizin trägt zu solcher Verwirrung bei. Nicht daß ich das nicht verstünde. Ich erwarte ja selber bei jedem Wehwehchen, der Arzt es wieder heile macht, und zwar sofort. Aber ich rate dir dringend, diese unsere Mentalität zu reflektieren. Im harmlosen Fall ist sie nämlich bloß alltäglicher Egoismus. In Extremsituationen wird sie mörderisch.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Ewald Mrnka hat geschrieben:War das rigide Regiment in Genf wirklich häßlich?
Lieber Ewald, Du bist mir zu sehr ans Herz gewachsen als dass ich Dir wünschen würde, Du hättest unter Calvins Regiment leben sollen. Es wäre jemandem mit Deiner Ansicht nicht gut gegangen.
Und über Antitritinitarier verhängte er Todesstrafe, so musste Michael Servetus 1553 in Genf sterben. Calvin hatte neben theologischer also auch kriminelle Energie!

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Linus
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Beitrag von Linus »

Edi hat geschrieben: Wieder etwas Neues erfahren. Ist das etwa auch der Hintergrund dafür, dass besonders in freikirchlich-charismatischen Kreisen immer mal wieder das Wohlstandsevangelium gepredigt wird? Oder ist das eine neue Schiene? Das Wohlstandsev. bedeutet, dass der gläubige Mensch von Gott auch materiell so gesegnet werden soll, dass er im Wohlstand leben kann. Umgekehrt kann das dann u.U. heissen, dass jemand vor Gott nicht richtig steht, wenn er keinen Wohlstand hat. Die Wohlstandsprediger haben es ja alle mit Hilfe des Zehnten oder der "hundertfachen Segnung" zu mehr als nur Wohlstand gebracht.
man lernt nie aus, gell?

Wohlstandsevangelium a la Freikirche ist eine typische - extreme Ausgeburt der Calvinismuslehren. Lies Weber (entweder kaufst dir den Weber ( Schriften zur Soziologie als Reclamheft 9387, wo allerdings nicht das Buch "protestantische Sekten und der Geist.des Kapitalismus" drin ist) oder du lädst dir das ganze dortrunter
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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Edi
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Beitrag von Edi »

Linus hat geschrieben:
Edi hat geschrieben: Wieder etwas Neues erfahren. Ist das etwa auch der Hintergrund dafür, dass besonders in freikirchlich-charismatischen Kreisen immer mal wieder das Wohlstandsevangelium gepredigt wird? Oder ist das eine neue Schiene? Das Wohlstandsev. bedeutet, dass der gläubige Mensch von Gott auch materiell so gesegnet werden soll, dass er im Wohlstand leben kann. Umgekehrt kann das dann u.U. heissen, dass jemand vor Gott nicht richtig steht, wenn er keinen Wohlstand hat. Die Wohlstandsprediger haben es ja alle mit Hilfe des Zehnten oder der "hundertfachen Segnung" zu mehr als nur Wohlstand gebracht.
man lernt nie aus, gell?

Wohlstandsevangelium a la Freikirche ist eine typische - extreme Ausgeburt der Calvinismuslehren. Lies Weber (entweder kaufst dir den Weber ( Schriften zur Soziologie als Reclamheft 9387, wo allerdings nicht das Buch "protestantische Sekten und der Geist.des Kapitalismus" drin ist) oder du lädst dir das ganze dortrunter
Ich habe mir das Buch jetzt mal bestellt. Nach meiner Kenntnis sind diese Wohlstandslehren aber neuere Entwicklungen. Möglicherweise führen aber auch sie sich auf calvinistische Elemente zurück. Bisher habe ich das einfach so gesehen, dass manche versuchen, geistliche Aussagen und Zusagen der Schrift, einfach zu materialisieren, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass diese Leute wieder vom materiellen Denken eingeholt werden und so eine Mischung zwischen geistlichem und materiellem Denken entsteht, das sie selber nicht durchschauen (wollen).

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Kai
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Beitrag von Kai »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Und alle meinen es gut und haben die besten Absichten. Hitler, Stalin, Robespierre, Osama bin Laden, Be-ne-de-to und alle Großkopfeten dieser Welt.
Ewald, das ist doch nicht Dein Ernst, oder? Papst Benedikt in einer Reihe mit Hitler und Stalin zu nennen!

Ist das außer mir eigentlich niemandem aufgefallen, oder ist es hier okay, sowas zu posten?


Offtopic: Zitatproblem gelöst. Dank an Nietenolaf.
Zuletzt geändert von Kai am Samstag 19. November 2005, 21:30, insgesamt 1-mal geändert.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Stimmt, Kai, jetzt wo Du's sagst. Aber er hat wahrscheinlich bei Benedetto die Art der Verehrung gemeint und nicht den guten Papst, den wir zur Zeit haben.
Ich muss mich allerdings wundern: Weshalb taucht in dieser Reihe eigentlich Luther nicht auf, Ewald? Vermutlich hast Du ihn einfach nur vergessen, hm?

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Kai
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Beitrag von Kai »

Tacitus hat geschrieben:Aber er hat wahrscheinlich bei Benedetto die Art der Verehrung gemeint und nicht den guten Papst, den wir zur Zeit haben.
Interessante Exegese. Ich kann das daraus nicht erkennen. Hier nochmal die Stelle im Kontext:
Ewald Mrnka hat geschrieben:Ja, ja, man wundert sich, in welche Richtungen Gedanken und Entwürfe bisweilen hinwuchern.

Am Anfang erscheint fast immer alles lieb, harmlos und grundgütig.

Und alle meinen es gut und haben die besten Absichten. Hitler, Stalin, Robespierre, Osama bin Laden, Be-ne-de-to und alle Großkopfeten dieser Welt.
Aber bevor wir hier hermeneutisch zu Werke gehen, können wir uns ja den Umstand zunutze machen, dass es sich um einen lebenden Autor handelt. :mrgreen:
Mal schauen, was Ewald selbst dazu sagt.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Gleich wird ER SELBST zu uns sprechen ...
Wir werden IHN hören ...
ER wird uns Geheimnisse offenbaren ...

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Pit
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Beitrag von Pit »

Hallo Tacitus,

nun, hoffen wir mal, daß er uns die Wahrheit offenbaren wird. Immerhin steht für den guten Ewald an anderer Stelle im Forum ja auch fest, daß christliche Sozialisten für Abtreibung, die "Homoehe", Sado-Maso und dergleichen sind. Nur daß mir der Ansatz, warum christliche Sozialisten soetwas wie S/M gutheissen sollten - der ist mir einfach nicht klar.

Aber wie gesagt:
Ewald wird uns sicher noch die Wahrheit offenbaren.

Gruß, Pit


Tacitus hat geschrieben:Gleich wird ER SELBST zu uns sprechen ...
Wir werden IHN hören ...
ER wird uns Geheimnisse offenbaren ...
:kratz:
carpe diem - Nutze den Tag !

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Tacitus hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:War das rigide Regiment in Genf wirklich häßlich?
Lieber Ewald, Du bist mir zu sehr ans Herz gewachsen als dass ich Dir wünschen würde, Du hättest unter Calvins Regiment leben sollen. Es wäre jemandem mit Deiner Ansicht nicht gut gegangen.
Und über Antitritinitarier verhängte er Todesstrafe, so musste Michael Servetus 1553 in Genf sterben. Calvin hatte neben theologischer also auch kriminelle Energie!
Ich kenne die Geschichten. Das ganze sechzehnte Jahrhundert war recht interessant. Die Hugenotten in Frankreich verfolgten die Katholiken und umgekehrt. Die Bartholomäusnacht war weitgehend ein Akt der Notwehr; die Katholiken kamen den Protestanten zuvor. Die Reformation hatte fast in ganz Europa die Büchse der Pandora geöffnet. Aber die Reformation war notwendig und im Heilsplan ist sie zweifellos vorgesehen.

Jede Zeit hat ihre Gefahren ihr Elend, ihren Glanz und ihre Hoffnung. Calvin war gewiß ein recht fanatischer und düsterer Mensch - aber was ich über Stalin gehört habe, finde ich noch verabscheuungswürdiger - und was ich heraufziehen sehe, das ist noch schrecklicher. Ein Glück und ein Trost, daß ich nicht mehr jung bin.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ewald hat geschrieben:Ein Glück und ein Trost, daß ich nicht mehr jung bin.
»Trost« … Je nun, ich schau’ auf meine Kinder und frage mich, wie ich sie rüsten kann.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Kai hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:Und alle meinen es gut und haben die besten Absichten. Hitler, Stalin, Robespierre, Osama bin Laden, Be-ne-de-to und alle Großkopfeten dieser Welt.
Ewald, das ist doch nicht Dein Ernst, oder? Papst Benedikt in einer Reihe mit Hitler und Stalin zu nennen!

Ist das außer mir eigentlich niemandem aufgefallen, oder ist es hier okay, sowas zu posten?


Offtopic: Zitatproblem gelöst. Dank an Nietenolaf.
Doch, ich meine es ernst. Alle großen Hansen in der Welt haben es stets "gut gemeint. Das ist ja das Schlimme. Derlei hat man Dir selbstverständlich im Religions- oder Gemeinschaftsunterricht nicht vermittelt. Und im Volkspädagogischen Fernsehen hört sich das auch anders an.

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