Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Ostkirchliche Themen.
Miserere Nobis Domine
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Ralf hat geschrieben:Und das Urheberrecht ist egal?
Das Urheberrecht ist abgelaufen, da die Autoren schon mehr als 70 Jahre tot sind. Und die reine Wiedergabe des Textes erfüllt nicht die nötige Schöpfungshöhe, um dafür ein eigenes Urheberrecht beanspruchen zu können.
Ralf hat geschrieben:Außerdem gehören die Bücher zum Präsenzbestand der Uni.
Man könnte relevante Seite(n) kopieren und Kopie scannen.

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

(Echt unglaublich - da erzählen mir Leute, wie ich zu recherchieren habe, obwol sie es doch selbst tun könnten)

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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nassos »

Ralf hat geschrieben:"Die Unfelbarkeit" war übrigens nie unbekannt (Konzile!), sie war nur zuvor nicht explizit an einen Person gebunden.
:glubsch: Koenntest Du bitte hier etwas genauer werden?
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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nassos »

Vorgestern hat die U20-Basketballmannschaft Griechenlands die Europameisterschaft geholt :klatschhops:
Der Spieler Kostas Papanikolaou wurde zum MVP gewaehlt. Der Kommentator des griechischen Fernsehens sagte "er ist Erster unter Gleichen".

Da ging mir durch den Kopf (was mir so alles durch den Kopf geht, ne wahr? :panisch: ):
Haette er das Primat (ich denke da an Ballack "10 Freunde und Einer" oder so aehnlich?) was wuerde das in der Mannschaft verursachen?
Doch was verursacht ein Erster unter Gleichen? Ich denke Respekt, Anerkennung, Vorbild, aber auch Lastentraeger, Hauptverantwortlicher, am hoechsten Steigender und am tiefsten Fallender.

Mir kam dieser Gedanke nicht ganz unchristlich vor...

Nassos

P.S.: so viel zur sportlichen Ansicht des Themas :D
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Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Ist eigentlich ein super Vergleich, Nassos.

Bei euch ist er Kapitän der Mannschaft, bei uns Spielertrainer, da nach unserer Auffassung ihm in leiblicher Abwesenheit des Trainers von ihm dessen Taktikvollmacht gegeben wurde (die Spielregelen darf er natürlich nicht ändern). Wir denken nicht, daß man die über die Trainermeinung abstimmen kann.

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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nassos »

Hallo Ralf,

danke!

Aber, aehm, beziehst Du Dich auf die Mannschaft oder auf die Kirche?

Im Falle 1: der nicht ganz unfehlbare ;) Herr Papanikolaou ist NICHT der Kapitaen der Mannschaft

Im Falle 2: wessen Abwesenheit? Doch nicht etwa Jesu? :hmm:

Nochmals danke!

Nassos
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Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Nassos hat geschrieben:Hallo Ralf,

danke!

Aber, aehm, beziehst Du Dich auf die Mannschaft oder auf die Kirche?

Im Falle 1: der nicht ganz unfehlbare ;) Herr Papanikolaou ist NICHT der Kapitaen der Mannschaft

Im Falle 2: wessen Abwesenheit? Doch nicht etwa Jesu? :hmm:

Nochmals danke!

Nassos
Oh, ich dachte, Herr Papanikolaou wäre der Kapitän gewesen (hatte ich nicht richtig verstanden).

Und doch: ist Jesus etwa zur Zeit im menschlichen Leib auf Erden gegenwärtig?

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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Ralf hat geschrieben:Und doch: ist Jesus etwa zur Zeit im menschlichen Leib auf Erden gegenwärtig?
Hallo Ralf, nur als kurzer Einwurf: auf diese seltsame Frage einzig legitim wäre eine Gegenfrage, die da lautet: betest Du Jesus Christus an?
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Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Als kurze Antwort: ja, Er ist mein Herr und mein Gott. Er lebt, wenn auch nicht menschlich leiblich wesenhaft unter uns.

(Außerdem müßtest Du mich lange genug kennen, um zu wissen, daß die Antwort klar ist)

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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Lieber Ralf, ich wollte Dir nur auch mal eine rhetorische an den Kopf werfen. Ich fand sie im Zusammenhang mit der Deinigen konsequent. :blinker:
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Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Hallo Roman.

Im Nachbarthread zum Papsttum schriebst Du, referierend u.a. auch das Buch von Meyendorff (das werde ich mir auch mal zulegen):
Es gibt bei den Theologen des "christlichen Ostens" keine einzige Stimme, die den römischen oder sonst einen Vorrang auf den Apostel Petrus oder überhaupt einen bestimmten Apostel zurückführt. Dieser Vorrang kam von woanders, und "in diesem Punkt sind sich alle byzantinischen Autoren einig: der 28. Kanon von Chalzedon ist für sie ein Axiom."
Ich weiß jetzt nicht, inwiefern die Konzilsväter von Chalcedon aus Eurer Sicht unter die Theologen zu zählen sind, aber der Brief an Papst Leo ist mehr als nur eine Suggestion dessen, daß der Vorrang des Bischofsstuhles von Rom sich genau auf Petrus zurückführt. Das ist zumindest mein Eindruck aus diesem Buch: Stephan Otto Horn, Petrou Kathedra - Der Bischof von Rom und Synoden von Ephesus und Chalcedon (Paderborn), ISBN 3870882905. Dashabe ich aber noch nicht durch, bislang nur quer gelesen.

Dazu kommt natürlich das Problem der Verbindlichkeit des 28. Kanon von Chalcedon - und der Umstand, daß dieser Streit damals nicht zur Spaltung führte, wir dies aber als Grund heutzutage angeben, selbige aufrechtzuerhalten.

Den nachfolgenden Satz von Dir sieht eben schon Leo anders und mit ihm alle folgenden Päpste:
D.h. der Vorrang kam einzig und allein durch die Hauptstadtfunktion Roms, und es ist unsinnig, den Konzilien oder einzelnen Theologen eine Anerkennung eines speziellen, unikalen "petrinischen Charismas" des Bischofs von Rom unterschieben zu wollen.
Das ist der Kasus knacktus.

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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Ralf hat geschrieben:Den (...) Satz von Dir sieht eben schon Leo anders und mit ihm alle folgenden Päpste...
Das ist der Kasus knacktus.
Das heißt aber, Du konstatierst ein Schisma zwischen der Römischen Kirche und der Orthodoxie seit dem Konzil von Chalcedon.

Danke übrigens für die Buchempfehlung!
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holzi
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von holzi »

Nietenolaf hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Den (...) Satz von Dir sieht eben schon Leo anders und mit ihm alle folgenden Päpste...
Das ist der Kasus knacktus.
Das heißt aber, Du konstatierst ein Schisma zwischen der Römischen Kirche und der Orthodoxie seit dem Konzil von Chalcedon.
Ich sehe im Gegenteil eher, dass diese Meinungsverschiedenheit damals über 500 Jahre lang bestehen bleiben konnte, ohne die Kirchengemeinschaft an sich in Frage zu stellen. Es streiten sich ja aktuell auch Konstantinopel und Moskau auf das herzlichste um die Vorrangstellung, ohne sich die Sakramentengemeinschaft aufkündigen zu wollen.

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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

holzi hat geschrieben:Ich sehe im Gegenteil eher, dass diese Meinungsverschiedenheit damals über 500 Jahre lang bestehen bleiben konnte, ohne die Kirchengemeinschaft an sich in Frage zu stellen. Es streiten sich ja aktuell auch Konstantinopel und Moskau auf das herzlichste um die Vorrangstellung, ohne sich die Sakramentengemeinschaft aufkündigen zu wollen.
Lieber Holzi, Sünde (und in dem Fall Uneinigkeit) ist kein starres Faktum, sondern eine Tendenz, die mit der Zeit immer gravierender wird. Die 500-jährige "Meinungsverschiedenheit" wurde eben die Zeit durch Langmut überdeckt. Das ändert nichts an dem Fakt, daß es offenbar keinen Zustand der Einigkeit gab, und man kann - wenn Ralf recht hat damit, daß "Leo und alle Päpste" im Gegensatz zum Rest der Christenheit Anhänger der Theorie des "Primats aus Apostolizität" waren - daran gehen, sich inhaltlich mit der Sache zu beschäftigen. Was wir ja hie und da schon tun.
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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nassos »

Ralf hat geschrieben:Und doch: ist Jesus etwa zur Zeit im menschlichen Leib auf Erden gegenwärtig?
Mir ist klar, was Nietenolaf meint, aber ich gehe doch kurz auf diese Frage ein.

Was macht es nun fuer einen Unterschied, ob Er leiblich anwesend ist oder nicht? Er ist πανταχού παρών, deshalb eruebrigt sich diese Frage. Dies macht ihn doch nicht weniger anwesend oder mehr abwesend (Er bewahre!).
Meiner Meinung ist das sogar ein gefaehrlicher Gedanke. Eine Schlussfolgerung koennte dann sein, dass der Papst der menschliche Leib Christi sei, da Er (Jesus Christus) selber leiblich abwesend ist. Also ein sakralster Lueckenfueller...

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Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Nietenolaf hat geschrieben: Das ändert nichts an dem Fakt, daß es offenbar keinen Zustand der Einigkeit gab, und man kann - wenn Ralf recht hat damit, daß "Leo und alle Päpste" im Gegensatz zum Rest der Christenheit Anhänger der Theorie des "Primats aus Apostolizität" waren - daran gehen, sich inhaltlich mit der Sache zu beschäftigen. Was wir ja hie und da schon tun.
Richtig, das tun wir - vor allem stellt sich m.E. die Frage, ob "Leo und alle Päpste" wirklich, wie Du schreibst, "im Gegensatz zum Rest der Christenheit" dachten und glaubten bzgl. der römischen Primatsauffassung. Das ist nicht so eindeutig, wie immer behauptet wird (selbst du mußtest ein "ich halte das für absurd" - Scholastikos und der 28. Kanon - schon in ein "das ist nicht entscheidend" (interessante Wertung!) abändern).

Ehrlich gesagt ist es viel weniger eindeutig contra dem römischen Primat, als ich ursprunglich dachte. Tendenziell macht mich mein bisheriges Lesen und die Beschäftigung mit den Konzilien und ihrer Geschichte noch "römischer" sozusagen, zumindest gilt das bisher.

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Nietenolaf hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Den (...) Satz von Dir sieht eben schon Leo anders und mit ihm alle folgenden Päpste...
Das ist der Kasus knacktus.
Das heißt aber, Du konstatierst ein Schisma zwischen der Römischen Kirche und der Orthodoxie seit dem Konzil von Chalcedon.
Mitnichten! Ich behaupte vielmehr, daß die unterschiedliche Primatsauffassung nicht kirchentrennend sein muß (wie über 600 Jahre vorgelebt!).
Danke übrigens für die Buchempfehlung!
Bitte. Danke auch allen, die Meyendorff immer wieder erwähnt haben.

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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Ralf hat geschrieben:Richtig, das tun wir - vor allem stellt sich m.E. die Frage, ob "Leo und alle Päpste" wirklich, wie Du schreibst, "im Gegensatz zum Rest der Christenheit" dachten und glaubten bzgl. der römischen Primatsauffassung. Das ist nicht so eindeutig, wie immer behauptet wird (selbst du mußtest ein "ich halte das für absurd" - Scholastikos und der 28. Kanon - schon in ein "das ist nicht entscheidend" (interessante Wertung!) abändern).
Es ist auch nicht entscheidend, denn das Wichtige am Kanon 28 ist nicht Rom oder der Vorrang, sondern gerade die Beschränkung der administrativen Gewalt trotz eines solchen Vorrangs in der Ehre. Erinnert euch: der dem römischen Bischof gleichgesetzte Erzbischof von Konstantinopel bekommt hier nur mittelbare Gewalt, und zwar durch die Bestätigung der zuvor in drei explizit bestimmten Diözesen gewählten Metropoliten. Die Bischöfe der Provinzen dieser Metropolien werden nicht durch ihn eingesetzt! "In allem den Bestimmungen der heiligen Väter folgend" sagt das sicher auch etwas über die Natur des römischen Primats, wie er eigentlich gedacht war.

Wenn man sich denn auf einen Vorrang dank Apostolizität (oder auch nur dank "petrinischer Herkunft") einläßt, so hat Rom da gerade keinerlei Chance, wie Du sicher zugeben wirst. An apostolischen und/oder petrinischen Cathedrae ist der Osten reicher, älter und ehrwürdiger, ganz zu schweigen vom "Mittelpunkt der Welt" (Ps. 74[73]:12), Jerusalem, der Stadt des Wirkens, des Leidens und der Auferstehung unseres Herrn. Der hl. Papst Leo I hat solches, wie hier gezeigt, auch gewußt. Ich interpretiere sein gesamtes Verhalten nicht als Sicherung eines "römischen" Vorrangs, den es so nicht gegeben hat. Es war vielmehr die Abneigung gegen das Herausheben einer nicht-apostolischen Cathedra auf "seine" Augenhöhe (und die der übrigen "apostolischen"/"petrinischen" Bischofssitze).
Das ist das eine. Das andere ist die Frage nach der generellen Rechtfertigung einer solchen Theorie. "Seid ihr denn auf den Namen Petri getauft? Ist denn Petrus für euch am Kreuz gestorben?" Unlängst mußte Raphael ja extra klarstellen, daß die Lateiner trotz alledem an Gott (und nicht an Petrus) glauben.

holzi (und Ralf so ähnlich) hat geschrieben:Ich sehe im Gegenteil eher, dass diese Meinungsverschiedenheit damals über 500 Jahre lang bestehen bleiben konnte, ohne die Kirchengemeinschaft an sich in Frage zu stellen. Es streiten sich ja aktuell auch Konstantinopel und Moskau auf das herzlichste um die Vorrangstellung, ohne sich die Sakramentengemeinschaft aufkündigen zu wollen.

Die Gemeinschaft bestand a) solange Rom keinen administrativen Vorrang über die anderen Kirchen beanspruchte und b) noch durch den Langmut der Kirche. Moskau und Konstantinopel streiten nicht um eine Vorrangstellung, das ist eine Behauptung, die keinerlei Grundlagen hat (außer vielleicht die Meldungen von radiovaticana.org).
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Hallo Nieteno,

auf deinen letzten Beitrag möchte ich im Moment nicht exakt eingehen, sondern mal darlegen, was ich persönlich (vielleicht siehst Du das anders) im Moment als die Felder zum Beackern sehe - d.h.hier muß noch Recherche erfolgen, insbesondere mit für alle lesbaren Quellenangaben (es gibt ja auch die, die nur mitlesen, also Deutsch/Englisch wäre wohl ausreichend, ggf.selbst übersetzt):

1. hat Metropolit Zizioulas Recht, daß ein Bischof während der Vakanz eines Patriarchenstuhles nicht gewählt werden kann? - Stichwort Primat in der Orthodoxie heute. Wenn nicht, genaue Quellen her!

2. seit wann ist der immer wieder genannte Kanon 28 des Konzils von Chalcedon als "Axiom" in den östlichen Regionen der Einen Kirche nachweisbar - sprich (z.B., vielleicht gibt es auch andere Sichtweisen) : in welcher verbindlichen Kanonsammlung ist er drin?

3. Ist es wirklich so, daß der Osten den Vorrang des Bischofs von Rom nicht auf die Person des Petrus gründet?

Hier will und muß ich auch noch eine Menge nachlesen, aber der Thread verfällt ja nicht (wir kleinen Leute werden das Problem der Spaltung auch kaum lösen).

Pax et bonum,
Ralf

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Nur kurz: habe noch zwei Bücher dazu gefunden, die ich u.a. gerne mal lesen würde:

You are Peter

The Petrine Ministry

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Hallo!

Noch ein Gedanke (nicht originär von mir), der die gesamte Frage nach der Rolle des Bischofs von Rom ein bißchen anders aufrollt:

ich halte es generell für verkehrt, in diesen (wie auch in anderen) Fragen zu viel mit Bibelzitaten zu hantieren, denn das ist nicht zielführend. Ebensowenig sind war bei den christologischen Debatten ein bestimmtes Bibelzitat ausschlaggebend, dafür kannten alle die Schrift viel zu gut.
Ich bin sicher, daß Christen AD 50 ebensowenig ein Jurisdiktionsprimat des römischen Bischofs auf dem Radarschirm hatten wie bspw. die Frage nach den Willen Jesu (Stichwort Monotheletismus) (da könnte man auch anderes einsetzen).

Es ist eben eine Frage der Hermeneutik. Anfangs war auch das Bischofsamt noch nicht ganz ausgereift, fand aber relativ schnell seine heutige Form (schon klar angedeutet bei Ignatius). Hier war die Entwicklung rasch vollendet. Anders bei einigen christologischen Fragen, da dauerte es Jahrhunderte, bis man eine adäquate Ausdrucksweise gefunden hatte, jeweils, indem man abweichendes verurteilte. Es gab also eine Entwicklung im Verständnis des Glaubens. Dabei sind wir uns ja wahrscheinlich einig, daß ein Konzil den Glauben nicht definiert, sondern Irrtümer abgrenzt. Ein Konzil macht keinen Glauben - das als Irrtum verurteilte war schon vorher falsch. Ob es vorher überhaupt schon erkannt werden konnte (der alte Bund konnte die Dreifaltigkeit auch noch nicht erkennen), ist eine ganz andere Frage. Aber entscheidend an dieser Frage ist, daß man niemandem etwas zur Last legen kann, was nicht erkannt werden konnte

Die Kirche des Westens behauptet nun, daß die Vorrangstellung des Bischofs von Rom in ihrer Vollmacht, die auch jurisdiktionelle Vollmacht umfaßt, göttlich gewollt ist. Indem sie diese Ansicht zur nicht-verhandelbaren Masse erklärt, sagt sie gleichzeitig, daß es sich hier wie bpsw. bei dem Bischofsamt generell um "Ewigkeitsparagraphen" (Anleihe aus dem Grundgesetz) handelt - da kann kein Konzil dran rütteln. Und schon im 5. Jh. war bspw. Leo der Große der Ansicht, daß die Kirche hier gar keine Verhandlungs- oder Entscheidungshoheit hat.

So, nun kann man natürlich sagen: typisch, wenn's um die eigene Macht geht, könnte ja jeder so tun. Damit verkennt man zwar aus unserer Sicht den Dienstcharakter des Papstamtes, aber diese Reaktion ist dennoch komplett verständlich. Die Frage, die unabdingbar zur Lösung der Primatsfrage gehört, ist eben, wie die frühen römischen Bischöfe sich selbst sahen. Und dazu gehört die Frage, ob diese Selbstsicht der Päpste für die Orthodoxie überhaupt von Relevanz heute ist oder ob man lediglich Nicht-Päpste als Gewährsmänner wählt, was natürlich die Ablehnung quantitativ klarer macht (wer verliert schon gerne Einfluß ...)

Nur als kleiner Gedanke ...

Raphael

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Raphael »

Nietenolaf hat geschrieben:Unlängst mußte Raphael ja extra klarstellen, daß die Lateiner trotz alledem an Gott (und nicht an Petrus) glauben.
Dies ist eine aus dem Zusammenhang gerissene Darstellung meiner Aussage, Roman.

Du hattest in subkutaner Weise der lateinischen Kirche unterstellt, daß zumindest im Volksglauben ein Glaube an den Papst einen Glauben an Gott verdrängt haben soll.
Meine Aussage diente lediglich der Zurückweisung Deiner Unterschwelligkeit.

Es scheint auf Deiner Seite ein Interesse zu bestehen, die Unterschiede zwischen Robert, Ralf, Roman und Raphael zu pflegen, obwohl sie doch alle einen Namen mit dem gleichen Anfangsbuchstaben haben.
Ich glaube, daß jenseits von körperlich nachweisbaren Unterschieden die Textpassage in Johannes 17, 21 eine größere Bedeutung als diese Unterschiede hat .....................

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Nietenolaf hat geschrieben:Die Ansicht, Bischofssitze wurden von den nizänischen Vätern aufgrund der Apostolizität erhöht, ist und bleibt aber irrig!
Hallo Nietenolaf,

ein wenig kann ich jetzt schon aus dem Buch "Petrou Kathedra" beitragen, welches ich ja schon genannt hatte und derzeit lese.*

Ich finde es sehr interessant - und Deine Meinung würde mich dazu interessieren - wie die Rolle des Bischofs von Rom, damals Leo, während der Synode von Ephesus 449 war, also vor Chalcedon (weiter bin ich im Buch noch nicht). Bei dieser Synode wurde ja der Erzbischof Flavian von Konstantinopel verurteilt und sein Widersacher Eutyches (Monophysit) als rechtgläubig hingestellt (u.a. eben mit der Begründung, daß dem Symbolon von Nizäa nichts hinzugefügt werden darf - eine klitzekleine Parallele ...). Der Vorsitzende der Synode, Bischof Dioskur aus Alexandrien, hatte von Beginn an gegen Flavian gearbeitet, ihm selbst kein Verteidigungsrecht eingeräumt. Dazu hatte Dioskur auch von Beginn an verhindert, daß die päpstlichen Legaten den Brief Leos vorlesen dürfen (durch z.T. geschickte Schachzüge).

Nach der Verurteilung Flavians appelliert dieser an Leo um dessen Unterstützung.

Verschiedenes finde ich da aufschlußreich: Flavian als Bischof von Konstantinopel schreibt an Papst Leo, den er selbst "princeps apostolorum" nannte (Prinz der Apostel, ein Petrus zuerkannter Titel)! Dazu stellt sich die Frage, warum er überhaupt an den Papst appelliert, wenn doch bereits die durch den Kaiser rechtmäßig einberufene und durch den Vorsitz Alexandria rechtmäßig geführte Synode einen kanonischen Beschluß getroffen hatte. Auffallend ist ebenso der Wunsch, Leo nicht zu Wort kommen zu lassen auf der Synode.

Daß die Lehrmeinung des Bischofs von Rom als Appellationsinstanz nicht nur "eine mehr" ist, sondern wahrhaft entscheidenden Charakter hat, wird hier mindestens angedeutet. Dazu läßt sich sagen, daß der petrinische Charakter des römischen Bischofsamtes auch im Osten durchaus bekannt war.

*Leider sind in dieser Habilitationsschrift weder das Griechische noch das Lateinische übersetzt.

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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Hallo Ralf & andere: zur "Räubersynode" von Ephesos kommen wir später, Du hattest ja noch anderes zu Beackern:

Ralf hat geschrieben:1. hat Metropolit Zizioulas Recht, daß ein Bischof während der Vakanz eines Patriarchenstuhles nicht gewählt werden kann? - Stichwort Primat in der Orthodoxie heute. Wenn nicht, genaue Quellen her!

Ich sehe die Beweislast nicht bei mir oder denen, welchen Du das Interview des Metropoliten vor die Nase hältst. Ich habe ja schon blicken lassen, daß ich kein großer Freund der doch deutlich kirchenpolitisch angehauchten Doktrin des Metropoliten Johannes bin. Deswegen dazu nur folgende Überlegungen: es gibt keine mir bekannte Regelung im kanonischen Recht, die Bischofsweihen in der Zeit verbietet, in der es keinen Patriarchen gibt. Das gibt es nicht in den Kanones der Oekumen. Konzilien, nicht in denen der verbindlichen Lokalkonzilien, und nicht in den Kanones der hll. Väter; es gibt eine solche Regelung nicht im Statut (Ustaw) der Russischen Kirche, welche den Stand des Patriarchen in einem ganzen Kapitel behandelt. Wir gehen hier die Quellen des Kirchenrechts von oben nach unten durch; an dieser Stelle kann es Unterschiede zwischen den einzelnen Lokalkirchen geben. So tief dringe ich aber leider nicht ins Kirchenrecht des Oekum. Patriarchates und kann deswegen nur das glauben, was der Metropolit da sagt. Er spricht damit aber sicher nicht für "die Orthodoxie."

Nebenbei bemerkt konstruieren wir hier irgendwelche seltsamen Situationen. Wozu? Ich kann mir zwar vorstellen, daß man in der Zeit einer kurzfristigen Vakanz des Patriarchenthrones aus rein praktischen Gründen erstmal keine Bischöfe weiht. Es ist aber definitiv keine kanonische Unmöglichkeit, als würde da irgendwie ein "Haupt der Gnade" fehlen, ohne das es nun mal nicht geht! Über Bischofsweihen befinder der Hl. Synod, dessen Vorsitz der Patriarch innehat; beim Tod eines Patriarchen wird aber sofort ein Verweser des Patriarchenamtes gewählt. Glaubst Du, in der russischen Kirche wurden zwischen 1453 und 1589, zwischen 1700 und 1721 1917 sowie zwischen 1925 und 1943 keine Bischöfe geweiht? (Das sind alles Zeiträume, in denen es keinen Patriarchen gab.) Wie hätte die Auslandskirche bis 2007 ihre Bischöfe weihen sollen?

Ich reiche Dir den Pokal also zurück und sage: genaue Quellen dafür her, daß es (generell) keine Bischofsweihen bei der Vakanz des Patriarchenthrones geben kann! Kanonisch und ekklesiologisch halte ich das für Unsinn, wenngleich es irgendwo eine solche Tradition geben könnte.

Ralf hat geschrieben:2. seit wann ist der immer wieder genannte Kanon 28 des Konzils von Chalcedon als "Axiom" in den östlichen Regionen der Einen Kirche nachweisbar - sprich (z.B., vielleicht gibt es auch andere Sichtweisen) : in welcher verbindlichen Kanonsammlung ist er drin?

Über Scholastikos haben wir geredet, und explizit zu diesem habe ich folgende Aussage des russischen Kirchenrechtlers, Prof. und Erzpriester Leonid Tsypin:

Erzpr. L. Tsypin, ''Kirchenrecht'', hat geschrieben:Während seiner letzten Sitzungen erließ das [IV Oekumenische] Konzil 27 Canones, welche in die Synagoga des Johannes Scholastikos und in die antiken westlichen Kanonsammlungen eingeflossen sind...

Zu Scholastikos brauchen wir also nicht weiter diskutieren. Nichtsdestotrotz hatte ich Dir schon verbindliche Kanonsammlungen genannt, in denen Kanon 28 von Chalcedon dabei ist. Ich erwähne nochmals die Novellen Justinians, speziell Nov. CXXXI. Diese sind ab 534 Reichsgesetz gewesen. Außerdem sei z.B. die "Syntagma in 14 Rubriken" erwähnt, eine der ersten thematischen (nicht chronologischen) Kanonsammlungen, welche vom hl. Photios überarbeitet worden ist (aber noch die vor-photianische Variante war ursprünglich bei den Slawen verbreitet). Viel interessanter ist aber etwas anderes, und zwar die Bekräftigung der Kanones vorangegangener Konzilien durch das aktuell stattfindende. Solchen Charakter hat z.B. Kanon 1 von Chalcedon. In verschiedenen Stizungen wurden zu bestimmten Anlässen die Canones aus einem άπό βιβλίου, also einem bestimmten Buch verlesen. Dieses Buch ist nichts anderes als eine Kanonsammlung (nicht nur der Oekum. Konzilien) gewesen, die überliefert und jeweils ergänzt wurde; in den Acta hieß dieses Kompendium dann jeweils τό βιβλίον τών κανόνων, codex canonum. Es ist leider nicht vollständig überliefert, was aber nichts zur Sache tut; erkenntlich ist, daß diese Kanonsammlung allgemein bekannt und verbindlich war (braucht ihr eine Quelle?). -- Dieser Kanon 1 von Chalcedon wurde gleichsam zum Vorbild für alle späteren Konzilien. Zuerst wurden die Canones der vorangegangenen Konzilien bekräftigt. Und das passierte auch auf dem Trullanum und dem 2. Konzil zu Nikaia, welche die Unterschriften der Legaten des Papstes von Rom tragen.

Kurzantwort also auf das "seit wann" - sicherlich seit 451. Definitiv und nachweisbar spätestens ab 533/534 durch den CIC Kaiser Justinians.

Zur Frage der Verbindlichkeit der von Rom nicht "angenommenen" Canones sei nur auf ein anderes Beispiel verwiesen: keine einzige alte lateinische Kanonsammlung enthält die Canones des III Oekum. Konzils. Es sind zwar deren nur 8, aber sie enthalten wichtige Regelungen, z.B. bezüglich der Ketzerei des Nestorius. Die Lateiner sind trotz dieses Fehlens ja nun aber keine Monophysiten! Das verdeutlicht vielleicht die Verbindlichkeit oder die Stellung solcher regionalen Codices.

Ralf hat geschrieben:3. Ist es wirklich so, daß der Osten den Vorrang des Bischofs von Rom nicht auf die Person des Petrus gründet?

Ja, wie im Kanon 28 von Chalcedon deutlich wird. Oder im Kanon 3 von Konstantinopel I, den Rom ja auch irgendwie (aber nicht faktisch) ablehnt. Gesetzt den Fall, Rom sei allein durch die Person Petri im Ehrenprimat. Dann hätte Antiochia sicherlich älteres und erhabeneres Recht dazu, wie Papst Innozenz im zitierten Schreiben an den antiochenischen Erzbischof ja auch deutlich werden läßt.
Zu dieser Sache noch eine Anmerkung. Die Lateiner, und Ralf hier mehrmals wieder, lieben es natütrlich besonders, die Anreden zu zitieren, die den römischen Päpsten in den Schreiben der Konzilien und der diversen Bischöfe usw. zuteil werden. "Prinz der Apostel" lese ich da. Schön. Man merkt aber einfach, daß eure Ohren einfach keine blumige Sprache gewöhnt sind. "Eure Heiligkeit bekam den Thron des göttlichen Apostels Petrus zum Erbe, und der kirchlichen Überlieferung und dem Willen Gottes gemäß ist es dieser Thron, der die kirchliche Hierarchie anführt (πρυτανεουσα)", so der Erzbischof von Konstantinopel Tarasios an Papst Hadrian.
Aus solchen Liebenswürdigkeiten (welche in den Schreiben dieser Epoche absolut gewöhnlich sind) kann man die jurisdiktionelle Vormacht des Papstes von Rom und seine absolute Macht in der Gesamtkirche genauso gut ableiten, wie man den einen oder anderen Hierarchen dann als heilig kanonisieren könnte, ginge man nach der Anrede "Eure Heiligkeit". In diesem Zusammenhang zitierte ich ja schon das Schreiben Papst Innozenz I an Alexander von Antiochia. Möchtest Du daraus Ekklesiologie machen? Du würdest nie fertig werden mit neuen Superpäpsten. Mich haben seinerzeit die Briefe des Hadschi Halef Omar an Kara Ben Nemsi blumige Sprache zu relativieren gelehrt. Vor der Lektüre von Episteln aus der diskutierten Epoche empfehle ich jedem Lateiner die Lektüre des einen oder anderen solchen Briefes! Erstaunlich, wie viel davon in den Texten der Antike zu finden ist.

Der Ehrenprimat der römischen Cathedra ist ein von niemandem bestrittener historischer Fakt, der allerdings keinerlei dogmatische Bedeutung hatte, außer, daß Rom die Nummer Eins in den Diptychen war, die freilich mit einer "universellen Jurisdiktion" überhaupt nichts zu tun hatten.
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Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Hallo Nietenolaf,

danke für Deine Antworten.

Bzgl. Zizioulas werde ich einfach mal an Bischof Agoustinos schreiben, vielleicht weiß er ja mehr (ob Partikularrecht oder nicht etc.)

Zum Rest muß ich ja eingestehen, daß Dein Wissensvorsprung sehr groß ist :bedrippelt: , ich muß da noch viel lesen (auch wenn ich alles von Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud Al-Gossarah gelesen habe).

Und die Sache mit der blumigen Sprache halte ich, ehrlich gesagt, für zu einfach. So kann man natürlich alles, was Richtung päpstlichem Primat jenseits der Ehre geht, als blumig und Höflichkeitsbezeugung abtun. Ebensowenig tue ich den Brief von Innozenz I. an Alexander einfach nur als blumig ab - muß mich aber eben noch viel viel mehr mit dieser Epoche beschäftigen.

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Ralf hat geschrieben:Bzgl. Zizioulas werde ich einfach mal an Bischof Agoustinos schreiben, vielleicht weiß er ja mehr (ob Partikularrecht oder nicht etc.)
Vor ein paar Tagen gemacht.

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Nassos
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nassos »

Hallo Ralf,

wenn's Dich aufbaut: Dein Wissen steht z.B. meinem weit ueber. Also, nicht aufgeben!

Blumige Sprache kann man so oder so sehen. Was Nietenolaf oben anfuehrt, habe ich jahrelang im Dienste koreanischer und japanischer Kunden erlebt. Den Grad der Nettigkeit erreicht man dort erst, wenn hier im Westen schon das MIsstrauen hinten gelassen wurde, und man sich am liebsten uebergeben wuerde vor lauter "Kriecherei".
Also blumige Sprache existiert.

Ich habe mich beim Durchlesen gefragt, ob Flavian sich so geaeussert haben koennte, um den richtigen "ersten Eindruck" beim Papst zu machen.
Es ist jedoch schwer, die alte Sprache richtig zu verstehen, wenn man sie nicht wirklch kennt. So lernte ich erst kuerzlich, dass der Ausdruck "unsere liebe Frau" eine Ehrenerweisung ist, da wohl frueher der gemeinen Frau nur das Wort "Weib" gegeben wurde, "Frau" aber

(blumiger war?)

ehrenvoller war.

Nur so am Rande...

Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

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Nietenolaf
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Nietenolaf »

Ralf hat geschrieben:Vor ein paar Tagen gemacht.
Wenn die genauso arbeiten wie das Sekretariat der russ.-orthodoxen Diözese, wirst Du schon in wenigen Jahren eventuell eine Antwort bekommen! :breitgrins:
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

Ralf

Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Ralf »

Nietenolaf hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Vor ein paar Tagen gemacht.
Wenn die genauso arbeiten wie das Sekretariat der russ.-orthodoxen Diözese, wirst Du schon in wenigen Jahren eventuell eine Antwort bekommen! :breitgrins:
So sieht's im Moment auch aus ... wartend ... :breitgrins:

In der Hoffnung, daß sich die Leute in diesem Thread nicht wieder zerfleischen, möchte ich mal etwas Interessantes hervorheben:

nach meinem Wissensstand haben die Bischöfe der melkitisch-katholischen Kirche das Unfehlbarkeitsdogma nur mit Einschränkungen akzeptiert, nachdem ihr damaliger Patriarch, Gregor II., gegen dieses Dogma im Vaticanum I. sprach. Zuerst haben sie die Unterschrift verweigert, um sie nachträglich mit einem Zusatz doch zu leisten. Alle folgenden Demütigungen durch Pius IX. haben daran nichts geändert.
Wikipedia hat geschrieben:After the First Vatican Council concluded, an emissary of the Roman Curia was dispatched to secure the signatures of the patriarch and the Melkite delegation. Gregory and the Melkite bishops subscribed to it, but adding the qualifying clause used at the Council of Florence: "except the rights and privileges of Eastern patriarchs."
Soweit ich weiß, gilt das - stillschweigend - immer noch.

Wäre faszinierend.

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Pelikan
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Pelikan »

Wieso stillschweigend? Maximus IV., Patriarch von Antiochien, war einer der Väter des II. Vatikanums und federführend bei dessen Dekret über die katholischen Ostkirchen.

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Robert Ketelhohn
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:nach meinem Wissensstand haben die Bischöfe der melkitisch-katholischen Kirche das Unfehlbarkeitsdogma nur mit Einschränkungen akzeptiert, nachdem ihr damaliger Patriarch, Gregor II., gegen dieses Dogma im Vaticanum I. sprach. Zuerst haben sie die Unterschrift verweigert, um sie nachträglich mit einem Zusatz doch zu leisten. Alle folgenden Demütigungen durch Pius IX. haben daran nichts geändert.
Wikipedia hat geschrieben:After the First Vatican Council concluded, an emissary of the Roman Curia was dispatched to secure the signatures of the patriarch and the Melkite delegation. Gregory and the Melkite bishops subscribed to it, but adding the qualifying clause used at the Council of Florence: "except the rights and privileges of Eastern patriarchs."
Interessant. Das wußte ich nicht. Damit wären die kritischen Punkte der
Konstitution aus melchitischer Sicht allerdings als hinfällig anzusehen,
denn eine Interpretation „unter Wahrung der Rechte und Privilegien der
östlichen Patriarchen“ (oder überhaupt unter Wahrung des apostolischen
Baus der Kirche) ist nicht möglich.

Darum gilt auch folgendes, wenn wir ehrlich sind, nur bis Pastor æternus:
Ralf hat geschrieben:Mitnichten! Ich behaupte vielmehr, daß die unterschiedliche Primats-
auffassung nicht kirchentrennend sein muß (wie über 600 Jahre vor-
gelebt!).
Zur Verdeutlichung noch einmal die m. E. entscheidende Passage aus
Pastor æternus:
Docemus proinde et declaramus, Ecclesiam Romanam, disponente
Domino, super omnes alias ordinariæ potestatis obtinere principa-
tum, et hanc Romani Pontificis jurisdictionis potestatem, quæ vere
episcopalis
est, immediatam esse: erga quam cujuscunque ritus et
dignitatis pastores atque fideles, tam seorsum singuli quam simul
omnes, officio hierarchicæ subordinationis veræque obœdientiæ ob-
stringuntur, non solum in rebus, quæ ad fidem et mores, sed etiam
in iis, quæ ad disciplinam et regimen Ecclesiæ per totum orbem dif-
fusæ pertinent.
Das ist unvereinbar mit dem, was in der Kirche immer, überall und von
allen gehalten und geglaubt wurde. An diesen Sätzen ist nichts zu retten,
sie sind falsch und müssen weg. Begründung (nicht als Trick, um sich
nicht selber die Beine wegzuhauen, sondern weil’s wirklich und wahrhaf-
tig so ist): Das Vaticanum I hatte überhaupt nicht die Kompetenz, über
derlei Dinge zu entscheiden. Es bezeichnet sich zu Beginn als Versamm-
lung der römischen Kirche und kann also auch nur deren innere Patriar-
chatsangelegenheiten regeln.

Durch das Mißverständnis der eigenenen Rolle hat es innere disziplinari-
sche Angelegenheiten des eigenen Patriarchats so formuliert, als könne es
erstens für die ganze Ökumene entscheiden und als handle es sich zwei-
tens um heilsnotwendige Glaubensgegenstände.

Beides ist falsch, schafft Spaltung und Verwirrung und muß daher wider-
rufen und richtiggestellt werden, besser gestern als heute.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Linus
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Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
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Re: Trennung zwischen Ost und West: das Papsttum

Beitrag von Linus »

Nassos hat geschrieben: So lernte ich erst kuerzlich, dass der Ausdruck "unsere liebe Frau" eine Ehrenerweisung ist, da wohl frueher der gemeinen Frau nur das Wort "Weib" gegeben wurde, "Frau" aber (blumiger war?)ehrenvoller war.

Nur so am Rande...

Nassos
Ja, Frau/Dame war genauso wie Herr dem Hochstehenden vorbehalten.
Litteraturtipp: Asfa Wossen Asserate: Manieren.

Unterthänigst verbleibe ich, Sie höflichst grüßend,
Ihr Ihnen stehts ergebener, unwürdiger Knecht

Linus
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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