cantus planus hat geschrieben:taddeo hat geschrieben:(Auch aus theologischer Sicht ist Organspende und -empfang ein äußerst fragwürdiges Unterfangen.)
Kannst du oder jemand anderer das näher erläutern?
Auf die Schnelle sicher nicht befriedigend, da das so stark medizinische Aspekte betrifft, daß man als Nichtmediziner sich zwangsläufig auf argumentatives Glatteis begibt.
Grob gesagt geht es dabei um etwa die Frage nach der Einmaligkeit jedes Menschen. Ist es im Sinn der göttlichen Schöpfungsordnung, einem Individuum vorübergehend das Leben zu verlängern (denn um nichts anderes geht es bei Organtransplantationen), indem man ein anderes Individuum als Ersatzteillager ausschlachtet? (Dies betrifft etwa nicht die Lebendspende von paarigen Organen, sondern von einmaligen, lebensnotwendigen Organen.)
Weiter muß man die Frage stellen, ob es nicht generell ein fragwürdiges Unterfangen ist, das Leben auf diese Weise über ein gewisses naturgegebenes Maß hinaus zu verlängern, oder ob das nicht schon in die Richtung einer menschlichen Hybris geht, die den Tod nicht mehr als Teil des Lebens akzeptiert.
Ferner ist zu bedenken, daß die Lebensqualität eines Organempfängers durch die Transplantation nicht zwangsläufig "menschenwürdiger" ist als wenn er zB als Dialysepatient von Maschinen abhängig ist. Die meisten Transplantationen werden heute schon als Zweit- und Dritttransplantationen vorgenommen, weil die ersten oder zweiten Spenderorgane abgestoßen wurden oder nach Jahren ihren Dienst erfüllt haben und Ersatz her muß. Gleichzeitig müssen Organempfänger ein Leben lang schwerste Medikamente zur Immunsuppression einnehmen, die teilweise brutale Nebenwirkungen haben (bestimmte lebensgefährliche Erkrankungen durch die Medikamente treten bei Organempfänger mit fast 100%iger Sicherheit auf, die Zeiträume liegen teilweise nur bei wenigen Monaten oder Jahren). So ein Patient ist dadurch lebenslang auf Gedeih und Verderb seinem behandelnden Arzt und der Pharmaindustrie ausgeliefert.
Das sind nur einige Aspekte, die durchaus gravierende theologische Fragen aufwerfen. Das Kernproblem dürfte dabei immer sein: Akzeptiere ich die Zwangsläufigkeit meines eigenen Todes? Bin ich bereit, mich der Herausfoderung zu stellen, daß ich eines ungewissen Tages sterben MUSS - und womöglich eher, als ich mir das selber wünsche? Und daß ich kein Recht darauf habe, diesen Zeitpunkt auf Kosten anderer Menschen hinauszuzögern?