Tonsur des Weltklerus

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Berolinensis
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Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Berolinensis »

Wenn man alte Bilder aus katholischen Ländern (z.B. das unten stehende von ballspeielenden Kaplänen aus Spanien) ansieht, fällt auf, daß auch Weltpriester die Tonsur trugen. Der alte Codex bestimmte ja auch (can. 136 § 1 CJC 1917):
Omnes clerici ... tonsuram seu coronam clericalem, nisi recepti populorum mores aliter ferant, gestent
Trugen auch deutsche Priester die Tonsur, oder gab es hier andere "recepti populorum mores"?


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Berolinensis
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Berolinensis »

In diesem Zusammenhang übrigens ein interessanter Artikel aus dem Corriere del Veneto, der für die Wiedereinführung der Tonsur plädiert: http://blog.messainlatino.it/21/4/da ... salto.html

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Berolinensis
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Berolinensis »

Das Thema scheint ja auf wenig Interesse gestoßen zu sein. Ich frage trotzdem noch einmal.

Mir fällt auf, daß - soweit ich sehen kann - auch die Priester der Ecclesia Dei-Gemeinschaften keine Tonsur tragen. Warum? Sie empfangen ja immerhin noch die Tonsur. Wie sieht es bei der FSSPX aus?

Wo sich interessanterweise eine Erinnerung an die Tonsur der Kleriker erhalten hat, ist (wie so oft) England, näherin im dortigen Rechtswesen: Die von den englischen Richtern getragenen Perücken haben eine Tonsur:


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Juergen
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Juergen »

Berolinensis hat geschrieben:Wenn man alte Bilder aus katholischen Ländern (z.B. das unten stehende von ballspeielenden Kaplänen aus Spanien) ansieht, fällt auf, daß auch Weltpriester die Tonsur trugen. Der alte Codex bestimmte ja auch (can. 136 § 1 CJC 1917):
Omnes clerici ... tonsuram seu coronam clericalem, nisi recepti populorum mores aliter ferant, gestent
Trugen auch deutsche Priester die Tonsur, oder gab es hier andere "recepti populorum mores"?
Ich kenne die Sache nur aus Erzählungen, wie es früher meist in Paderborn gehalten wurde.
Bei der Tonsur, schnitt der Bischof eben (wohl mehr symbolisch) ein Haarbüschel ab. Da die wenigsten Bischöfe vorher Frisör gelernt hatten, sah das nicht gut aus. Also gingen die Seminaristen am nächsten Tag um die Ecke zum Frisör, der ihnen dann ein vernünftig aussehendes 5-Markstück großes rundes Loch in die Haare schnitt. Danach lies man dann wieder Gras bzw. Haar darüber wachsen.
Ich könnte mir gut vorstellen, daß das erste Photo eben kurz nach der Tonsur aufgenommen wurde, als alles noch frisch war.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Gamaliel
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:Mir fällt auf, daß - soweit ich sehen kann - auch die Priester der Ecclesia Dei-Gemeinschaften keine Tonsur tragen. Warum? Sie empfangen ja immerhin noch die Tonsur. Wie sieht es bei der FSSPX aus?
Ich zitiere aus Prümmers "Manuale Iuris Canonici" von 1933(!):
Quantum ad tonsuram mitior nunc viget praxis. Optimum quidem est, ut clerici gestent tonsuram clericalem, sed eam omittere possunt, sie recepti populorum mores aliter ferant.
Ähnlich Eichmann-Mörsdorf von 1959:
In gleicher Weise ist der Geistliche zum Tragen der Tonsur verpflichtet, sofern diese nicht kraft örtlicher Gewohnheit abgeschafft ist (z.B. GB, USA, einige Großstädte Deutschlands,...)
Fazit: Tonsur gibt es natürlich bei der FSSPX, getragen wird sie aber ebenfalls nicht. Den Grund kann man aus den Zitaten ablesen: Gegenteilige Gewohnheit, durch die heutzutage außerdem das Gesetz abrogiert wäre, wenn es den CIC/1917 noch gäbe.

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Bernado
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Bernado »

Gamaliel hat geschrieben: Ich zitiere aus Prümmers "Manuale Iuris Canonici" von 1933(!):
Quantum ad tonsuram mitior nunc viget praxis. Optimum quidem est, ut clerici gestent tonsuram clericalem, sed eam omittere possunt, sie recepti populorum mores aliter ferant.
Ähnlich Eichmann-Mörsdorf von 1959:
In gleicher Weise ist der Geistliche zum Tragen der Tonsur verpflichtet, sofern diese nicht kraft örtlicher Gewohnheit abgeschafft ist (z.B. GB, USA, einige Großstädte Deutschlands,...)
Es hat sich dabei wohl um einen länger dauernden Prozess gehandelt, der auch regional unterschiedlich verlaufen ist. Aus Photos und Berichten aus den 50er Jahren aus kleineren Städten (Bamberg, Limburg, Trier usw.) weiß ich, daß auch Weltpriester oft noch die 5-Marks-Tonsur trugen. Jedenfalls hatte das damals noch keinen Seltensheitswert und war wohl in keiner Weise auffällig.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Berolinensis
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Berolinensis »

Gamaliel, Bernado - vielen Dank (es hat sich also doch gelohnt, einen neuen Versuch zu diesem Thema zu starten ;D ).

Dem Zitat aus Eichmann-Mörsdorf entnehme ich, daß es bis auf "einige Großstädte Deutschlands" ncoh 1959 keine andere örtliche Gewohnheit gab und folglich ein ständiges Tragen der Tonsur rechtlich vorgeschrieben war. Dies bestätigt Bernados Hinweis auf die Praxis.

Daß heute keine Pflicht mehr zum Tragen der Tonsur besteht ist klar. Was mir weniger einleuchtet, ist, warum man sie nicht trotzdem trägt, angesichts ihrer altehrwürdigen Tradition und ihrem mit dem der Soutane einhergehenden, ja diesen übertreffenden Zeichencharakter, vgl. auch den von mir im zweiten post verlinkten Artikel. Ich will keineswegs einen Vorwurf gegen jemanden erheben, der die Tonsur nicht trägt. Ich schließe mich aber der Meinung des Artikels an, daß es erstrebenswert, die Tonsur wiederzugewinnen, und gerade bei Gemeinschaften, die explizit der Tradition verhaftet sind, fände ich dies angebracht.

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Juergen
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Juergen »

Bernado hat geschrieben:...und war wohl in keiner Weise auffällig.
Logisch,
damals wurde vermehrt Hut getragen; oder Birett oder Pileolus oder was gerade passte.

Berolinensis hat geschrieben:Ich schließe mich aber der Meinung des Artikels an, daß es erstrebenswert, die Tonsur wiederzugewinnen, und gerade bei Gemeinschaften, die explizit der Tradition verhaftet sind, fände ich dies angebracht.
Da es für den normalen Kleriker keine Tonsur mehr gibt, kann er sie auch nicht tragen.
Bei den genannten Gemeinschaften, die noch eine Tonsur kennen, ist das natürlich was anderes.
Die Frage wäre aber, oder der Regens eines Seminars z.B. der Petrus- oder Piusbruderschaft, demjenigen "quer kommt", der die Tonsur trägt, oder ob es gern oder ungern gesehen wird.
Zuletzt geändert von Juergen am Montag 7. Juni 2010, 18:29, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Jürgen

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Bernado
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Bernado »

Berolinensis hat geschrieben:Gamaliel, Bernado - vielen Dank (es hat sich also doch gelohnt, einen neuen Versuch zu diesem Thema zu starten ;D ).

Dem Zitat aus Eichmann-Mörsdorf entnehme ich, daß es bis auf "einige Großstädte Deutschlands" ncoh 1959 keine andere örtliche Gewohnheit gab und folglich ein ständiges Tragen der Tonsur rechtlich vorgeschrieben war. Dies bestätigt Bernados Hinweis auf die Praxis.

Daß heute keine Pflicht mehr zum Tragen der Tonsur besteht ist klar. Was mir weniger einleuchtet, ist, warum man sie nicht trotzdem trägt, angesichts ihrer altehrwürdigen Tradition und ihrem mit dem der Soutane einhergehenden, ja diesen übertreffenden Zeichencharakter, vgl. auch den von mir im zweiten post verlinkten Artikel. Ich will keineswegs einen Vorwurf gegen jemanden erheben, der die Tonsur nicht trägt. Ich schließe mich aber der Meinung des Artikels an, daß es erstrebenswert, die Tonsur wiederzugewinnen, und gerade bei Gemeinschaften, die explizit der Tradition verhaftet sind, fände ich dies angebracht.
Was den Zeichencharakter betrifft, so verliert der sich freilich im lauf der Zeit, wenn die "Natur-Tonsur" bei vielen Männern das Ausmaß des 5-Mark-Stückes deutlich überschreitet.
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Berolinensis
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Berolinensis »

Juergen hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:...und war wohl in keiner Weise auffällig.
Logisch,
damals wurde vermehrt Hut getragen; oder Birett oder Pileolus oder was gerade passte.
Das stimmt. Wobei es an sich ja der Sinn der Tonsur ist, aufzufallen.

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Berolinensis
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Berolinensis »

Bernado hat geschrieben:
Was den Zeichencharakter betrifft, so verliert der sich freilich im lauf der Zeit, wenn die "Natur-Tonsur" bei vielen Männern das Ausmaß des 5-Mark-Stückes deutlich überschreitet.
Natürlich, aber das ist ja kein Argument gegen die Tonsur. Welche Wichtigkeit dieser beigemessen wurde, kann man an der noch im Codex von 1917 geltenden Norm erkennen, daß Kleriker mit niederen Weihen, die aufhörten, die Tonsur zu tragen, und auf Ermahnung des Bischofs hin nicht innerhalb eines Monats wieder begannen, sie zu tragem, automatisch aus dem Klerikerstand ausschieden.

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Gamaliel
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:Natürlich, aber das ist ja kein Argument gegen die Tonsur. Welche Wichtigkeit dieser beigemessen wurde, kann man an der noch im Codex von 1917 geltenden Norm erkennen, daß Kleriker mit niederen Weihen, die aufhörten, die Tonsur zu tragen, und auf Ermahnung des Bischofs hin nicht innerhalb eines Monats wieder begannen, sie zu tragem, automatisch aus dem Klerikerstand ausschieden.
Gleichzeitig darf aber das "omittere possunt" bei Prümmer (und so auch in anderen Kommentaren, die ich jetzt aber nicht abtippe, gerade einmal 15 Jahre nach erscheinen des Kodex nicht völlig ausklammern. (Selbstverständlich kenne ich aber den Unterschied zwischen einem Gesetzbuch und einem bloßen Kommentar dazu.)

Zur FSSPX: Erzbischof Lefebvre war bei aller Traditionstreue und "Strenge" ein sehr praktisch veranlagter Mann. Für ihn ging es vorwiegend darum heiligmäßige Priester heranzubilden und das in einer Umgebung, die ihm (Lef. & dem Priester) feindlich gesonnen war und in der der Glaube bzw. die religiöse Praxis zusammengebrochen ist. Die Frage der Tonsur und viele andere Dinge, die man einmahnen könnte, waren unter diesen Umständen nicht vordringlich und wie ich meine, sind sie es auch heute nicht.
Anders wäre die Frage zu beurteilen, sobald die Kirchenkrise beendet ist bzw. ihrem Ende entgegen geht, davon kann allerdings noch lange keine Rede sein.
Ich weiß, daß man über diese Fragen (meinetwegen mit guten Gründen) stundenlang oder seitenweise diskutieren kann. Das werde ich nicht tun und das hat auch Msgr. Lefebvre nie getan, andere brauchen sich davon aber nicht abhalten zu lassen. :neinfreu:

»Howgh, ich habe gesprochen« :indianer:

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overkott
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von overkott »

Ich war am Sonntag im belgischen De Haan bei einer Erstkommunion. Der familienfreundliche Priester trug eine tonsura naturalis. Mit seiner Frisur könnte er auch Werbung für Camenbert machen.

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Berolinensis
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Berolinensis »

Gamaliel hat geschrieben: Gleichzeitig darf aber das "omittere possunt" bei Prümmer (und so auch in anderen Kommentaren, die ich jetzt aber nicht abtippe, gerade einmal 15 Jahre nach erscheinen des Kodex nicht völlig ausklammern. (Selbstverständlich kenne ich aber den Unterschied zwischen einem Gesetzbuch und einem bloßen Kommentar dazu.)
Ich weiß nicht, was die anderen Kommentare sagen, aber das Zitat von Prümmer, das du gebracht hast, wiederholt doch nur wörtlich die Bestimmung des Codex: "si recepti populorum mores aliter ferant". Und Eichmann-Mörsdorf sagt doch, daß es solche anderen Mores noch 1959 außerhalb einer Großstädte in Deutschland nicht gab.
Zur FSSPX: Erzbischof Lefebvre war bei aller Traditionstreue und "Strenge" ein sehr praktisch veranlagter Mann. Für ihn ging es vorwiegend darum heiligmäßige Priester heranzubilden und das in einer Umgebung, die ihm (Lef. & dem Priester) feindlich gesonnen war und in der der Glaube bzw. die religiöse Praxis zusammengebrochen ist. Die Frage der Tonsur und viele andere Dinge, die man einmahnen könnte, waren unter diesen Umständen nicht vordringlich und wie ich meine, sind sie es auch heute nicht.
Anders wäre die Frage zu beurteilen, sobald die Kirchenkrise beendet ist bzw. ihrem Ende entgegen geht, davon kann allerdings noch lange keine Rede sein.
Ich weiß, daß man über diese Fragen (meinetwegen mit guten Gründen) stundenlang oder seitenweise diskutieren kann. Das werde ich nicht tun und das hat auch Msgr. Lefebvre nie getan, andere brauchen sich davon aber nicht abhalten zu lassen. :neinfreu:

»Howgh, ich habe gesprochen« :indianer:
Ich will auch gar nicht groß diskutieren. Und nach der Handhabung bei der FSSPX habe ich nur interessehalber gefragt. Ich meine auch nicht, daß das eine vordringliche Frage sei. Allerdings ist das ein Argument, das ja fast bei jeder Frage gebracht wird ("Haben Sie keine anderen Sorgen als die alte Messe?"; "Gibt es nicht Wichtigeres als XY"). Wie gesagt, hier trifft es sicher zu. Nur: inwiefern stünde das Tragen der Tonsur dem Heranbilden heiligmäßige Priester im Wege? Die Kirche scheint ja über lange Zeit der Ansicht gewesen zu sein, daß es dabei förderlich ist.

Und außerdem: wenn man sich die Frage schon stellt, ist es doch nicht mit größerem Aufwand verbunden, sie in dem einen als in dem anderen Sinne zu beantworten. Auch insofern verstehe ich den Ansatz "es gibt Vordringlicheres" nicht ganz. Aber wie gesagt, ich wollte darüber durchaus nicht seitenlang diskutieren.

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Juergen
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von Juergen »

Die Tonsur war früher die Aufnahme in den Klerikerstand, die heute erst mit der Diakonenweihe erfolgt. Stellt sich also heute die Frage, wie bzw. wo man die Tonsur unterbringen soll und welche Bedeutung sie haben kann.
Denkbare wäre vielleicht eine Verquickung mit der sog. "Admissio". (siehe unten)
Wenn die Tonsur aber keinen praktischen (oder auch rechtlichen) Nutzen hat, sondern nur ein (dann eher bedeutungsloses) Zeichen ist, halte ich eine Wiederbelebung für problematisch.

Auf der anderen Seite ist es zumindest in Paderborn so geregelt, daß den Studenten mit Eintritt ins Priesterseminar (also nach der 5-jährigen Zeit im Konvikt) die "Admissio" erteilt wird und sie ab diesem Zeitpunkt Klerikerkleidung tragen dürfen.
Über die rechtliche Bewertung dieser Sitte kann man streiten.
Jedenfalls zeigen sie da nach außen, daß sie Seminaristen im Priesterseminar sind. In dem Zusammenhang wäre m.E. ein Tonsur denkbar. Das wäre dann auch mit kleinsten Änderungen am Kirchenrecht leicht zu realisieren. - Ob es die Deutschland "freudige Aufnahme" fände, ist freilich eine andere Frage....
Gruß Jürgen

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ad-fontes
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von ad-fontes »

Juergen hat geschrieben: Wenn die Tonsur aber keinen praktischen (oder auch rechtlichen) Nutzen hat, sondern nur ein (dann eher bedeutungsloses) Zeichen ist, halte ich eine Wiederbelebung für problematisch.
In den orthodoxen Kirchen wird der Täufling tonsuriert. Die Klerikertonsur gibt es auch in der ostsyrischen Kirche. In beiden Fällen wird ein Haarbüschel mit einer Schere abgeschnitten.

Von einem bedeutungslosen Zeichen zu sprechen, sagt m. E. mehr über den aus, der so spricht, als über den Gegenstand.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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overkott
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Re: Tonsur des Weltklerus

Beitrag von overkott »

Ich lese bei Wikipedia, dass es sich bei der Tonsur um eine temporäre Erscheinung der Inkulturierung gehandelt hat.

Vielleicht ist dies ein Märchen ohne Grimm:

Nach Peter Berresford Ellis wurde die christliche Tonsur zu Zeiten der Missionierung Galliens und Britanniens von den keltischen Druiden übernommen, die diese Form der Haartracht traditionell trugen und sie als airbacc giunnae bezeichneten. Die keltisch-christlichen Mönche trugen die Tonsur unter nun abgewandeltem Namen (berrad mog oder tonsura civilis)

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