Ich fühle (ausnahmsweise) bei keinem Wort den Drang, zu widersprechen. Aber ich mache doch darauf aufmerksam, daß das von dir geschilderte Bildungsideal inzwischen offiziell widerrufen wurde und die frühere Universität tatsächlich auf Rang und Funktion einer Berufschule zurückgestuft wurde. "Akademisch" wird es frühestens nach dem Master - und wenn diejenigen sich durchsetzen, die gerade an der Verschulung des Promotionsstudiums arbeiten (festen Stundenplan inklusive), erst für die Postdocs.overkott hat geschrieben:Ich fürchte, dass die gute Frau weder ausreichende Lateinkenntnisse hat, noch mathematisch-naturwissenschaftlich übermäßig begabt ist, sonst hätte sie selbst einen anderen Beruf ergriffen. Die Frau denkt nicht einmal akademisch-universitär, sondern plädiert eher für eine Ausbildung mit Berufsschulcharakter. Zu befürchten ist, dass durch eine geistige Dünnbrettbohrerausbildung schmalbrüstige Technokraten herangezogen werden, denen der Blick für die geistigen und geschichtlichen Zusammenhänge fehlen mit der Gefahr, dass in Unternehmen interkulturelle Kompetenz verloren geht, die in einem globalisierten Markt erforderlicher ist denn je. Dem gegenüber brauchen wir ein Denken der Einheit in Vielfalt: akademische Kompetenz und berufliche Qualifikation, theologisch-humanistische Grundlagen und mathematisch-naturwissenschaftliche Fähigkeiten. Das gilt natürlich für die mittlere Reife in einem anderen Maß als für das Abitur. Eine nähere Spezialisierung erfolgt im Studium.
Bildungsziele für alle anderen bestimmen sich nach den aktuellen Verwertungsinteressen der Wirtschaft bzw. dem, was deren Thinktanks (Bertelsmann-Stiftung usw.) dafür halten. Deshalb ist es ja auch so wichtig, die Frauen direkt nach dem Studium für mindestens 10 Jahre in den Beruf zu holen: Länger hält die dort vermittelte unselbständige Fachkompetenz ohnehin nicht.
Daß jetzt das Lateinische ausdrücklich in den Focus der "Abschaffer" gerät, hat aber m.E. noch eine tieferliegende Ursache: Das zunehmende Interesse für die lateinische Sprache belegt, daß die Bildungsziele der Bildungsreformer von ihren Opfern durchaus nicht widerspruchslos akzeptiert werdfen. Deshalb also einen weiteren Dreh an der kulturrevolutionären Schraube: Jede historische Dimension ist unerwünscht, es zählt nur der Augenblick.