Robert Ketelhohn hat geschrieben:lifestylekatholik hat geschrieben:Robert Ketelhohn hat geschrieben:„Umlaut“ ist sinnvoll nur verwendet als Synonym des Begriffs „Ablaut“.
Umlaut und Ablaut bezeichnen verschiedene Phänomene und sind keineswegs synonym.
Erklär mal.
Ablaut ist ein Phänomen des Indogermanischen. Vokalwandel aufgrund der Akzentverhältnisse:
Hans Krahe in »Indogermanische Sprachwissenschaft« hat geschrieben:Die große Mehrzahl der im vorstehenden als Einzellaute betrachteten Vokale steht seit der Zeit der idg. Grundsprache in einem festen Beziehungsverhältnis zueinander. Ganz bestimmte Gruppen von Vokalen gehören unter sich zusammen und können innerhalb von Wörtern, sei es in Wurzelsilben, sei es in Wortbildungs- oder Felxionselementen miteinander nach festen Gesetzen wechseln Ein derartiges Verhältnis liegt z. B. vor in nhd. singe -- sang -- gesungen oder in gr. λείπω -- λέλοιπα -- ἔλιπον oder in lat. fīdus -- foedus -- fĭdēs. Diese Erscheinung, die als eine besondere Eigentümlichkeit des Idg. zu gelten hat, bezeichnet man mit dem von Jacob Grimm geprägten Ausdruck Ablaut. Man kann sagen: Ablaut ist der regelmäßige Wechsel ganz bestimmter Vokale in etymologisch zusammengehörigen Wortteilen, der aus der idg. Grundsprache ererbt ist.
Man hat zwei Arten von Ablaut zu unterscheiden. In fällen wie nhd. binde -- band oder lat. tegō -- toga oder gr. δέρκομαι -- δέδορκα wechselt die Qualität des betr. Vokals (germ. i -- a; gr. lat. e -- o); daher spricht man hier von qualitativem Ablaut oder Abtönung. In fällen aber wie nhd reite -- geritten oder gr. φεύγω -- ἔφυγον oder lat. vōx -- vŏcāre wechselt die Quantität des betr. Vokals (Diphthong oder Länge einerseits, Kürze andrerseits); daher spricht man hier von quantitativem Ablaut oder Abstufung.
Beide Arten von Ablaut sind gewöhnlich gleichzeitig in ein und derselben Vokalgruppe vorhanden. So wechselt z. B. in qualitativem Ablautsverhältnis idg. e mit o: etwa gr. πέτεσθαι »fliegen« -- ποτή »Flug«. Auf Grund des quantitativen Ablauts kann aber der Vokal e oder o auch völlig beseitigt werden: gr. πτέσθαι (Inf. Aor.). Andrerseits kann (ebenfalls im Rahmen des quantitativen Ablauts) der vokal e oder o zu ē oder ō gedehnt werden: gr. πωτᾶσθαι »flattern«. Auf diese Weise erhält man bestimmte Ablautreihen, in deren jeder drei Stufen zu unterscheiden sind: die Normalstufe (oder Vollstufe), die Schwundstufe oder (Nullstufe) und die Dehnstufe. Innerhalb der Normal- und Dehnstufe können dann die quantitativ gleichwertigen Vokale unter sich in qualitativem Wechsel stehen. Als Beispiel für eine solche »Reihe« diene das Bildungselement idg. *-ter in gr. πατήρ »Vater« usw.:
Normalstufe: ĕ -- ŏ: Akk. πατέρα -- εὐπάτορα
Schwundstufe: --: Gen. πατρός
Dehnstufe: ē -- ō: Nom. πατήρ -- εὑπάτωρ
Der Grundvokal einer Reihe (d. h. der Vokal der Normalstufe) kann entweder eine Kürze (auch Kurzdiphthong) oder eine Länge (auch Langdiphthong) sein; danach unterscheidet man kurzvokalische und langvokalische Ablautsreihen.
[...]
Zur Entstehung des Ablauts: Beide Arten des idg. Ablauts, der qualitative (Abtönung) sowohl als der quantitative (Abstufung) hängen mit dem Wortakzent zusammen. Freilich muß die Natur desjenigen Akzentes, welcher die Abstufung verursachte, eine grundsätzlich andere gewesen sein als die desjenigen, welcher die Abtönung hervorrief. Die Abtönung kann nur bei einer vorwiegend musikalischen, die Abstufung nur bei einer vorwiegend dynamischen Betonung entstanden sein. Beide Arten von Betonung müssen, zu verschiedenen Zeiten, der grundsprache eigen gewesen sein. Die Entstehung der Schwundstufe gehört also beispielsweise einer anderen Periode an als die entstehung der Abtönung. Die Abhängigkeit beider Ablautsarten vom Akzent läßt sich gut mit Hilfe des Griechischen belegen. Für den quantitativen Ablaut vgl. etwa πτ-έσθαι gegenüber πέτ-εσθαι oder λιπ-εῖν gegenüber λείπ-ειν; für den qualitativen Ablaut etwa σπουδ-ή gegenüber σπεύδ-ω oder φορ-έω gegenüber φέρ-ω. Die akzentlosen Formen haben jeweils entweder die Schwundstufe oder die o-Abtönung.
Umlaut ist ein Phänomen des Germanischen. Änderung der Vokalfarbe aufgrund eines bestimmten Vokals in der (unbetonten) Folgesilbe. (Leider finde ich gerade den entsprechenden Band der Germanischen Sprachwissenschaft nicht, deshalb stellvertretend die Betrachtung für die skand. Sprachen):
Einar Haugen in »Die skand. Sprachen« hat geschrieben:Simultan mit der reduktion der Klangfarben der unbetonten Vokale entstanden neue Vokale in den betonten Silben. Die Zahl der Monophthonge wuchs von zehn auf zwanzig und die der Diphthonge von drei auf sechs. Die neuen Vokale waren das Resultat einer vorgezogenen Angleichung an den Vokal der nachfolgenden Silbe. Zuerst waren die neuen Vokale nur Stellungsvarianten (Allophone) der alten Vokale, und es war nicht notwendig, sie in der Schrift zu bezeichnen. Sogar nach dem partiellen Schwund der den Umlaut verursachenden Vokale um 700 waren die grammatischen Alternanzen der alten und neuen Vokale in dem Sinne lebendig, daß das Gefühl ihrer wechselseitigen Zusammengehörigkeit weiterhin bestand. Die Schreiber des jüngeren Futhark fühlten kaum je die Notwendigkeit, sie als verschieden zu markieren: <manR> kann mannR und męnnR bezeichnen.
[...]
Jede der Eckstellungen des Vokaldreiecks hat die betonten Vokale beeinflußt, wobei a-Umlaut, i-Umlaut und u-Umlaut entstanden, wahrscheinlich in dieser Reihenfolge.
A-Umlaut (= Öffnung) ist nordwestgermanisch und im Gemeinskandinavischen teilweise nicht mehr zu erkennen; i-Umlaut (= Zungenrücken nach vorne [= Palatalumlaut, unser deutscher Umlaut]) ist aktiv im Gemeinskandinaviscen, aber mit einigen dialektalen Varianten; u-Umlaut (= Rundung) ist auf das Nordgermanische beschränkt (obwohl es einige ähnliche Veränderungen im Altenglischen und anderswo gibt) und weist große dialektale Unterschiede auf. Die andere wichtige Neuerung ist die Brechung, die nur den Vokal e (> ia, iǫ) betrifft, aber mit sehr komplizierter Verteilung. Die Brechung ist für das Nordgermanische charakteristisch (es sei denn, daß man die altenglische dialektale Brechung als das gleiche Phänomen deutet.)
A-Umlaut: i u > e o
(wiraz > weraz »Mann«, AN [= Altnordisch] verr; hurna > horna »Horn«; dies erklärt solche alternierende Formen wie AN sunr (aus *sunuz) »Sohn«, Gen. Sing. sonar (aus *sunōz) »Sohnes« mit einer später erfolten analogen gleichung zu sonr, sonar usw. (vgl. Nom. Pl. synir aus *suniuz, Gen. Pl. sona aus *sunō)).
I-Umlaut: a o u ā ō ū au > ę ø y ˉę ˉø ȳ ęy
(katilaz > kętilR »Kessel«; komiz > kømR, AN kemr »kommt«; langiRā > lęngRe »länger«, AN lengri; māliu > mˉęli »(ich) spreche« 1. P. Sing.; dōmiðō > dˉømða »urteilte« 1. P. Sing.; lūkiz > lȳkR »schließt, beendet« 3. P. Sing.; hauzian > hęyRa »hören«) Wenn das i ein konsonantischer Gleitlaut ist wie in dem letzten Beispiel, oder wenn es erhalten bleibt wie in talian > tęlja »zählen; meinen«, beeinflußt es alle vorangehenden Vokale. Wenn es verlorengeht, beeinflußt es nicht die vorangehenden Vokale vor einfachen Konsonanten, ausgenommen der Fall, daß auf das i ein R folgt (katilōz > katlaR »Kessel« Pl.; waliðō > walða »wählte« 1. P. Sing., aber batizā > bętRi »besser«). Viele Erklärungen sind vorgeschlagen worden. Die traditionelle Erklärung ist Kocks Umlautperiodentheorie (600 -- 700 Umlaut durch ein verlorenes i in langen Silben; 700 -- 800 kein Umlaut durch ein verlorenes i in kurzen Silben; 800 -- 1000 Umlaut durch erhaltenes i) [...]
Brechung: e > ia (woraus durch u-Umlaut iǫ entsteht) vor nicht vorderen Vokalen (a u) mit der Ausnahme, daß w l r vor e stehen oder daß ein h in der nächsten Silbe folgt. (ebna > iabn »eben«, AN jafn; erðu > iarðu »Erde«, AN jǫrð; aber werþan > werþa »werden«, AN verða; sehwan > sehan > sēa »sehen«).
U-Umlaut: a e i ā ē ī ęi > ǫ ø y ¯ǫ ¯ø ȳ ęy
(barnu > bǫrn »Kinder«, teguz > tøgR »Zehner«, trigguz > tryggR »treu«, sāru > s¯ǫr »Wunden«, bliu > blȳ »Blei«, ęiu > ęy »immer«). Es gibt wenig Beispiele für die langen Vokale, und für ē ist hier kein Beispiel aufgenommen worden. Der Vokal a kann sowohl durch i als auch durch u beeinflusst werden. Das Resultat ist ein offenes ø˛ wie im Protoskandinavischen akuisi > Gemeinskandinavisch ø˛ks »Axt« (a > e > ø˛ oder möglicherweise a > o > ø˛; Bergsveinsson 1955). Der u-Umlaut, verursacht durch ein verlorengegangenes u oder einen entsprechenden Gleitlaut (»w-Umlaut«), ist eine allgemeine Erscheinung [der skand. Sprachen, nicht des Deutschen]. Auf der anderen Seite ist der u-Umlaut, der durch ein erhaltenes u verursacht wird, fast ausschließlich auf das Westskandinavische beschränkt.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«