Lioba hat geschrieben:Gibt es eigentlich historische Beispiele für muslimische Minderheitengemeinschaften in anderen Kulturen? Was hat funktioniert, was nicht ?
Historisch sind die Moslems (Moros) auf den Philippinen seit jeher eine Minderheit. Sie stellen in einigen Regionen im südlichen Landesteil (Mindanao) die Bevölkerungsmehrheit, gleichzeitig gibt es aber auch in unmittelbarer Nachbarschaft christliche Gebiete. Die Siedlungsgebiete sind entweder ganz überwiegend christlich (tlw. noch nach phil. Volksgruppen getrennt) oder muslimisch. Insgesamt stellen auf Mindanao die Christen die Bevölkerungsmehrheit.
Funktioniert hat das Zusammenleben in den letzten 300+ Jahren nie. Von den Spaniern über die Amerikaner (beide als Kolonialmächte) bis zur Gegenwart ist die Region unsicher, steht meist unter Kriegsrecht. Bombenanschläge, Überfälle und Entführungen sind an der Tagesordnung; die Staatsgewalt kann - wenn überhaupt - nur mit kriegerischen Mitteln (Armee, Panzer, Hubschrauber) auf muslimischem Gebiet eingreifen. Die Kämpfe werden mit Grausamkeit, ja teilweise mit Bestialität geführt. Bestimmte Gebiete (z.B. Sulu, Jolo) werden als "no-man's-land" bezeichnet; sie unterliegen faktisch keiner staatlichen Kontrolle mehr. Die Regeln werden dort von einem "Datu" festgelegt - staatliche Gesetze entfalten keine Wirkung. Die Macht dieser Personen kann man daran sehen, daß bei einer Präsidentenwahl in einigen Wahlbezirken
alle Stimmen auf einen Kandidaten entfielen und die anderen Kandidaten
keine (= 0) Stimmen erhielten - bei mehreren Tausend abgegebenen Stimmen. Zwar ist Wahlbetrug hier nicht unbekannt, aber eine solche dreiste Wahlfälschung verschlug sogar den Kommentatoren die Sprache.
In der Vergangenheit wurde mehrfach versucht, durch eine erweitertete Autonomie oä die Situation zu beruhigen. Die Vereinbarungen und Verträge wurden aber nicht eingehalten und führten nach kurzer Zeit zu erneuten Kämpfen. Das liegt mE auch daran, daß feste Bevölkerungsgrenzen nicht gezogen werden können, da in den jeweiligen Siedlungsgebieten immer muslimische bzw. christliche Exklaven liegen.
Das Bild, das die meisten christlichen Pinoys von den Muslimen haben, ist für deutsche Verhältnisse erschreckend (zum umgekehrten Fall kann ich nichts sagen). Es wird am besten mit dem Satz hier sehr gebräuchlichem Satz "Only a dead muslim is a good muslim" beschrieben., dem - nach meiner Erfahrung - die ganz überwältigende Mehrheit vorbehaltlos zustimmt und nicht nur auf Mindanao, sondern auch hier in Manila (2.000 KM von den Krisenherden entfernt).
Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein friedliches Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen hier auf den PH (und künftig in D.) möglich sein wird. Es hat - nach meiner Kenntnis - auch noch nie in einem christlichen Land mit einer großen muslimischen Minderheit in der Vergangenheit funktioniert.
Die ersten Anzeichen einiger Entwicklungen, die mir aus den Philippinen bekannt sind, können auch schon D. beobachtet werden. So ziehen immer mehr Deutsche aus Stadtvierteln fort sobald diese überwiegend von "Einwanderern" bewohnt werden. Die Bevölkerungsstruktur "auf dem Lande" (Münsterland, Emsland) und in den Großstädten (z.B. Emscher-Lippe-Region) ist vollkommen unterschiedlich. Hier die drei A's (Arme, Alte, Ausländer) - dort junge Familien mit relativ hohem Einkommen. Es kommt zu unterschiedlichen Siedlungsgebieten - wie in Mindanao.
Die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols z.B. in Duisburg-Marxloh oder in Gelsenkirchen-Hassel bedarf eines höheren Polizeieinsatzes als z.B. in Coesfeld oder Borken - erste Anzeichen
In meinen Augen keine guten Zukunftsaussichten.