Nun auf einmal sollen die Piusbrüder bloß eine Professio ablegen und ein paar Kriterien anerkennen. Um die doktrinären Differenzen selbst geht es dem Hl. Vater wohl gar nicht. Die zwei bis drei Seiten Text werden kaum eine Verurteilung des Vortrags der Piusbrüder in Rom in den vergangenen zwei Jahren enthalten. Wenn doch, wäre nicht schon jetzt die Rede von einer kanonischen Regelung und Msgr. Fellay hätte wohl anders reagiert.
Sollten die Piusbrüder unterschreiben und dann kanonisch geregelt werden, dann könnten sie sagen: Wir haben dem Hl. Vater unsere Kritik am Konzil vorgetragen. Das war Teil des Prozesses unserer Anerkennung. Verurteilt wurde unsere Kritik nicht. Die Antwort auf unsere Kritik war unsere Anerkennung. Damit wäre die Kritik der Piusbrüder am Konzil vom Hl. Vater als erlaubt anerkannt. Alternativ könnte Msgr. Fellay auch explizit darum bitten, dass die Kritik der Piusbruderschaft zwar nicht als unbedingt richtig aber als für Katholiken zulässig anerkannt wird. Denn entweder ist sie festgestellterweise falsch oder erlaubt.
Das traue ich dem Hl. Vater zu. Eine Einigung mit den Piusbrüdern wäre für ihn ein Beleg der Richtigkeit seiner Kontinuitätshypothese. Wenn er mit seinen Standpunkten, mit den Standpunkten des Konzils, sich mit den Piusbrüdern einigte, dann wäre das sozusagen eine Art empirischer Beleg, dass er mit der Tradition kontinuierlich verbunden ist. Dann hinge seine Hypothese der Kontinuität nicht mehr lose in der Luft - und das ganz unabhängig von jeglichen theologischen Erörterungen. Solche wären dann weniger dringlich, sie könnten ganz in Ruhe im Laufe Zeit erhegelt werden. Natürlich unter Kritik der Piusbrüder, was aber dem dialektisch denkenden Akademiker keine wirklichen Sorgen bereitet, der die Tradition anerkennen will und muss, da er Kontinuität behauptet.
Ja gut, Lupus. Herumspekulieren ist meist wenig nützlich.
