Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Pilgerer
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Pilgerer »

Reinhard hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Im Prolog hat Lukas alle Register gezogen und gezeigt, dass er sprachlich was draufhat, ...
Wenn Du dieses Argument gegen mich anbringen willst, kämpfst Du eindeutig in der falschen Richtung, denn ich habe oben selber die Historizität der lukanischen Schriften ausdrücklich verteidigt !

Im Übrigen zeichnest Du mit Deinen "Litteraturtips" nur die Auseinandersetzung zwischen evangelikalen Christen (mit ± biblizistischem Ansatz) und landeskirchlichen Protestanten (mit eindeutig aufklärungsbasierter, praktisch beliebiger "Theologie") nach.

Für uns Katholiken ist dieses Thema aber längst, spätestens mit "Dei Verbum" beantwortet, lehramtlich geklärt und ausgestanden.
Hier ist die katholische Sichtweise tatsächlich den protestantischen Spielarten vorzuziehen. Das Wort Gottes ist immer mehr als der oberflächliche Buchstaben. Daher wird eine ausschließlich buchstäbliche Betrachtung dem Wort Gottes nicht gerecht.
Zu beachten ist, dass mehr noch als die Bibel Jesus Christus das Wort Gottes und Seine heilige Offenbarung ist.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Ralf

Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Ralf »

Athanasius0570 hat geschrieben:Und inwiefern ist es dann für die christliche Botschaft entscheidend, ob ein in der Bibel berichtetes Ereignis historisch ist oder nicht?
Prinzipiell ist utilitaristisches Denken nicht nur der Bibel, sondern jeder Religion eigentlich fremd (und m.E. nach das Grundübel moderner und postmodnerner Theologie).

Dann ist es einfach so: erzählt wird von einem Ereignis in Raum und Zeit, auf unserem Planeten - Gott wird hier Mensch, so konkret wie es nur irgendwie geht. Dieser Mensch hat gelebt wie wir alle, ist am Kreuz gestorben und wahrhaftig auferstanden von den wahrhaft Toten. Das alles sind historische Tatsachen und ist tatsächlich passiert.

Die Botschaft, die sich daraus ergibt - also erst kommen die historischen Fakten, dann die Interpretation derselben - ist ohne diese Fakten nicht nur wertlos, sondern einfach irrelevant. Sie wird nicht dadurch wahr, daß sie ganz nett anzuhören ist und ein schönes Ideal vermittelt, sondern dadurch, daß sie auf historischen Fakten beruht.

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overkott
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von overkott »

Ralf hat geschrieben:
Athanasius0570 hat geschrieben:Und inwiefern ist es dann für die christliche Botschaft entscheidend, ob ein in der Bibel berichtetes Ereignis historisch ist oder nicht?
Prinzipiell ist utilitaristisches Denken nicht nur der Bibel, sondern jeder Religion eigentlich fremd (und m.E. nach das Grundübel moderner und postmodnerner Theologie).

Dann ist es einfach so: erzählt wird von einem Ereignis in Raum und Zeit, auf unserem Planeten - Gott wird hier Mensch, so konkret wie es nur irgendwie geht. Dieser Mensch hat gelebt wie wir alle, ist am Kreuz gestorben und wahrhaftig auferstanden von den wahrhaft Toten. Das alles sind historische Tatsachen und ist tatsächlich passiert.

Die Botschaft, die sich daraus ergibt - also erst kommen die historischen Fakten, dann die Interpretation derselben - ist ohne diese Fakten nicht nur wertlos, sondern einfach irrelevant. Sie wird nicht dadurch wahr, daß sie ganz nett anzuhören ist und ein schönes Ideal vermittelt, sondern dadurch, daß sie auf historischen Fakten beruht.
Das mag gut gemeint sein, ist aber falsch. Damit du deine Fehler selbst entdecken magst, frage dich:

1. Was ist utilitaristisches Denken?
2. Welches Prinzip ist das Ziel des Glaubens?
3. Wo formuliert etwa Paulus explizit utilitaristisch?
4. Mit welchem Satz beginnt die Bibel?
5. Wer steht über Zeit und Raum?
6. Steht der Geist über dem Körper?
7. Oder ist der Geist nur Überbau?
8. Warum klingt dein Ansatz nach historischem Materialismus?
9. Warum geht der Geist idealerweise den historischen Fakten voraus?
10. Wo stößt historisch-kritische Exgese schnell an ihre Grenze?
11. Was machte das Volk in Apg 12:22 falsch?

Didymus
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Didymus »

overkott hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:
Athanasius0570 hat geschrieben:Und inwiefern ist es dann für die christliche Botschaft entscheidend, ob ein in der Bibel berichtetes Ereignis historisch ist oder nicht?
Prinzipiell ist utilitaristisches Denken nicht nur der Bibel, sondern jeder Religion eigentlich fremd (und m.E. nach das Grundübel moderner und postmodnerner Theologie).

Dann ist es einfach so: erzählt wird von einem Ereignis in Raum und Zeit, auf unserem Planeten - Gott wird hier Mensch, so konkret wie es nur irgendwie geht. Dieser Mensch hat gelebt wie wir alle, ist am Kreuz gestorben und wahrhaftig auferstanden von den wahrhaft Toten. Das alles sind historische Tatsachen und ist tatsächlich passiert.

Die Botschaft, die sich daraus ergibt - also erst kommen die historischen Fakten, dann die Interpretation derselben - ist ohne diese Fakten nicht nur wertlos, sondern einfach irrelevant. Sie wird nicht dadurch wahr, daß sie ganz nett anzuhören ist und ein schönes Ideal vermittelt, sondern dadurch, daß sie auf historischen Fakten beruht.
Das mag gut gemeint sein, ist aber falsch. Damit du deine Fehler selbst entdecken magst, frage dich:

1. Was ist utilitaristisches Denken?
2. Welches Prinzip ist das Ziel des Glaubens?
3. Wo formuliert etwa Paulus explizit utilitaristisch?
4. Mit welchem Satz beginnt die Bibel?
5. Wer steht über Zeit und Raum?
6. Steht der Geist über dem Körper?
7. Oder ist der Geist nur Überbau?
8. Warum klingt dein Ansatz nach historischem Materialismus?
9. Warum geht der Geist idealerweise den historischen Fakten voraus?
10. Wo stößt historisch-kritische Exgese schnell an ihre Grenze?
11. Was machte das Volk in Apg 12:22 falsch?
Ralf hat völlig recht.

Und, Overkott, anstatt hier einen auf Sokrates zu machen, solltest du versuchen, seine Aussagen zu widerlegen - falls du es kannst.

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overkott
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von overkott »

Didymus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:
Athanasius0570 hat geschrieben:Und inwiefern ist es dann für die christliche Botschaft entscheidend, ob ein in der Bibel berichtetes Ereignis historisch ist oder nicht?
Prinzipiell ist utilitaristisches Denken nicht nur der Bibel, sondern jeder Religion eigentlich fremd (und m.E. nach das Grundübel moderner und postmodnerner Theologie).

Dann ist es einfach so: erzählt wird von einem Ereignis in Raum und Zeit, auf unserem Planeten - Gott wird hier Mensch, so konkret wie es nur irgendwie geht. Dieser Mensch hat gelebt wie wir alle, ist am Kreuz gestorben und wahrhaftig auferstanden von den wahrhaft Toten. Das alles sind historische Tatsachen und ist tatsächlich passiert.

Die Botschaft, die sich daraus ergibt - also erst kommen die historischen Fakten, dann die Interpretation derselben - ist ohne diese Fakten nicht nur wertlos, sondern einfach irrelevant. Sie wird nicht dadurch wahr, daß sie ganz nett anzuhören ist und ein schönes Ideal vermittelt, sondern dadurch, daß sie auf historischen Fakten beruht.
Das mag gut gemeint sein, ist aber falsch. Damit du deine Fehler selbst entdecken magst, frage dich:

1. Was ist utilitaristisches Denken?
2. Welches Prinzip ist das Ziel des Glaubens?
3. Wo formuliert etwa Paulus explizit utilitaristisch?
4. Mit welchem Satz beginnt die Bibel?
5. Wer steht über Zeit und Raum?
6. Steht der Geist über dem Körper?
7. Oder ist der Geist nur Überbau?
8. Warum klingt dein Ansatz nach historischem Materialismus?
9. Warum geht der Geist idealerweise den historischen Fakten voraus?
10. Wo stößt historisch-kritische Exgese schnell an ihre Grenze?
11. Was machte das Volk in Apg 12:22 falsch?
Ralf hat völlig recht.

Und, Overkott, anstatt hier einen auf Sokrates zu machen, solltest du versuchen, seine Aussagen zu widerlegen - falls du es kannst.
Wir wollen hier keinen fundamentalen Blödsinn reden.

Didymus
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Didymus »

overkott hat geschrieben: Wir wollen hier keinen fundamentalen Blödsinn reden.
Schön, daß du zur Abwechslung mal schweigen willst.

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overkott
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von overkott »

Didymus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Wir wollen hier keinen fundamentalen Blödsinn reden.
Schön, daß du zur Abwechslung mal schweigen willst.
Ich streite mich nicht mit ......

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Athanasius0570
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Athanasius0570 »

Ralf hat geschrieben:
Athanasius0570 hat geschrieben:Und inwiefern ist es dann für die christliche Botschaft entscheidend, ob ein in der Bibel berichtetes Ereignis historisch ist oder nicht?
Prinzipiell ist utilitaristisches Denken nicht nur der Bibel, sondern jeder Religion eigentlich fremd (und m.E. nach das Grundübel moderner und postmodnerner Theologie).

Dann ist es einfach so: erzählt wird von einem Ereignis in Raum und Zeit, auf unserem Planeten - Gott wird hier Mensch, so konkret wie es nur irgendwie geht. Dieser Mensch hat gelebt wie wir alle, ist am Kreuz gestorben und wahrhaftig auferstanden von den wahrhaft Toten. Das alles sind historische Tatsachen und ist tatsächlich passiert.

Die Botschaft, die sich daraus ergibt - also erst kommen die historischen Fakten, dann die Interpretation derselben - ist ohne diese Fakten nicht nur wertlos, sondern einfach irrelevant. Sie wird nicht dadurch wahr, daß sie ganz nett anzuhören ist und ein schönes Ideal vermittelt, sondern dadurch, daß sie auf historischen Fakten beruht.
Du beziehst das jetzt einerseits nur auf das Neue Testament, andererseits nur auf die grundsätzlichen Ereignisse. Kannst du diese Grundsätze ebenso auf das Alte Testament und die Einzelereignisse des Neuen Testaments ausdehnen?

Was du beschreibst, ist für mich die Botschaft, die auch schon der Abfassung der ntl. Schriften vorausgeht und sie beeinflusst hat und in deren Dienst sie stehen.
Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus. (1 Thess 5, 16-18)

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Samuel
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Samuel »

Ich möchte das Thema noch etwas weiterführen anhand eines Beispiels:
War das letzte Abendmahl Jesu ein Pessach-Mahl (Mt-Mk-Lk) oder nicht (Joh)?
Gnilka behauptet ersteres, Benedikt (in seinem Jesus-Buch) letzteres.
Benedikt sagt in seinem Vorwort, dass er die HKE hinter sich lassen und zu einer Betrachtung der Geheimnisse des Lebens Jesu (à la Thomas v. Aquin) kommen möchte. Aber in diesem Beispiel geht er, wie ich finde, methodisch sehr ähnlich wie Gnilka vor: Gründe, warum die eigene Aussage historisch wahrscheinlich ist; Gründe, warum die andere Aussage historisch unwahrscheinlich ist; Erklärung, wie es zu der vom Historischen abweichenden anderen Aussage in der Bibel kommen konnte.

D.h. wenn man (in einem kontroversen Fall wie diesem) eine Aussage darüber treffen will, wie es wohl historisch war, wird man um die HKE nicht herumkommen.

Ich sehe darin allerdings auch eine Versuchung: Man macht sich viel weniger verletzlich..., wenn man das letzte Abendmahl historisch-kritisch beleuchtet als wenn man versucht, zu beschreiben, was es für mich bedeutet, mit Jesus verbunden zu sein, Leib Christi zu sein...

Andererseits: Ohne Bemühen um Wissenschaftlichkeit ist der Glaube in Gefahr, ins subjektive Gefühl abzugleiten.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

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Pit
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Pit »

taddeo hat geschrieben: Wie man bestens bei zahllosen Predigten von Joseph Ratzinger erleben konnte.
der fest im Glauben verwurzelt ist,es aber immer verstand mit Hilfe der histor.-krit. Methode die Zeit Jesu anschaulicher zu verdeutlichen.
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ad_hoc
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von ad_hoc »

Wer sagt das? Ich meine das mit der hist.-krit. Methode?
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Pit
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Pit »

Was kritisierst Du - oder ist Dein Beitrag nicht als Kritik gemeint - ?; dass Joseph Ratzinger auch die hist.-krit.Methode in seinen Büchern anwandte oder die Methode die Zeit des AT bzw. NT zu verdeutlichen helfen soll(te) ?
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ad_hoc
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von ad_hoc »

Ich fragte, woher Deine Information stammt.
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

gc-148
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von gc-148 »

wahrscheinlich von ihm selbst!

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Pit
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Pit »

gc-148 hat geschrieben:wahrscheinlich von ihm selbst!
also von Josph Ratzinger/Papst Benedikt XVI !
carpe diem - Nutze den Tag !

Pilgerer
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Pilgerer »

Samuel hat geschrieben:War das letzte Abendmahl Jesu ein Pessach-Mahl (Mt-Mk-Lk) oder nicht (Joh)?
Gnilka behauptet ersteres, Benedikt (in seinem Jesus-Buch) letzteres.
Warum sollte der Apostel und Evangelist Johannes das Abendmahl erneut durchkauen wollen, das doch drei Evangelisten (+ Paulus im Korintherbrief) vor ihm schon ausführlich beschrieben hatten? Johannes hätte das letzte Abendmahl beschreiben können, aber er wollte sich auf weitgehend auf das beschränken, was die ersten drei Evangelien ergänzt und darum das ausgelassen, was zu viel wiederholen würde.
Johannes schreibt, dass die Fußwaschung am letzten Abend "beim Abendessen" geschah. Das könnte also nach dem Abendmahl oder vor dem Abendmahl gewesen sein. Ich könnte mir vorstellen, dass es erst das Pessach-Mahl der Juden gab (siehe Lukas 22,15), das zum Abendmahl überleitete(Lukas 22,19-20), auf das ein gewöhnliches Abendessen folgte (Johannes 12,2), bevor Jesus mit der Szene der Fußwaschung begann.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Samuel
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Samuel »

Pilgerer hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben:War das letzte Abendmahl Jesu ein Pessach-Mahl (Mt-Mk-Lk) oder nicht (Joh)?
Gnilka behauptet ersteres, Benedikt (in seinem Jesus-Buch) letzteres.
Warum sollte der Apostel und Evangelist Johannes das Abendmahl erneut durchkauen wollen, das doch drei Evangelisten (+ Paulus im Korintherbrief) vor ihm schon ausführlich beschrieben hatten? Johannes hätte das letzte Abendmahl beschreiben können, aber er wollte sich auf weitgehend auf das beschränken, was die ersten drei Evangelien ergänzt und darum das ausgelassen, was zu viel wiederholen würde.
Johannes schreibt, dass die Fußwaschung am letzten Abend "beim Abendessen" geschah. Das könnte also nach dem Abendmahl oder vor dem Abendmahl gewesen sein. Ich könnte mir vorstellen, dass es erst das Pessach-Mahl der Juden gab (siehe Lukas 22,15), das zum Abendmahl überleitete(Lukas 22,19-20), auf das ein gewöhnliches Abendessen folgte (Johannes 12,2), bevor Jesus mit der Szene der Fußwaschung begann.
Nach johanneischer Darstellung findet das letze Abenmahl vor der Schlachtung der Paschalämmer statt, war also kein Pessach-Mahl: Jesus, das Lamm Gottes (Joh 1,29), stirbt zu der Stunde, in der im Tempel die Paschalämmer geschlachtet werden.
Joh 18,28 hat geschrieben:Von Kajaphas brachten sie Jesus zum Prätorium; es war früh am Morgen. Sie selbst gingen nicht in das Gebäude hinein, um nicht unrein zu werden, sondern das Paschalamm essen zu können.
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Pilgerer
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Pilgerer »

Samuel hat geschrieben:Nach johanneischer Darstellung findet das letze Abenmahl vor der Schlachtung der Paschalämmer statt, war also kein Pessach-Mahl: Jesus, das Lamm Gottes (Joh 1,29), stirbt zu der Stunde, in der im Tempel die Paschalämmer geschlachtet werden.
Stimmt, dann kann historisch nur z.B. die Version von Lukas oder die von Johannes korrekt sein. Doch kann aus der Sicht Gottes eine Wahrheits-Äquivalenz zwischen den vier Evangelien bestehen. D.h. alle vier Evangelien sind wahr, aber auf unterschiedliche Art und Weise.
Vielleicht will Gott zeigen, dass das Ereignis am Kreuz auf geistlicher Ebene identisch mit dem Abendmahl ist. Letztlich geht es darum, dass das "Raubtier Mensch" das Lamm Gottes (Jesus) reißt und dessen Lebensenergie aufnimmt, indem es das Lamm Gottes isst. Dieser Prozess des Tötens, Fressens und Gefressenwerdens ist eine Einheit. Darum passt es, dass das Abendmahl bei den ersten drei Evangelisten auf den Tag fällt, an dem Jesus laut Johannes gekreuzigt wurde. Es trägt schon die Früchte des Kreuzes.
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von overkott »

Samuel hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben:War das letzte Abendmahl Jesu ein Pessach-Mahl (Mt-Mk-Lk) oder nicht (Joh)?
Gnilka behauptet ersteres, Benedikt (in seinem Jesus-Buch) letzteres.
Warum sollte der Apostel und Evangelist Johannes das Abendmahl erneut durchkauen wollen, das doch drei Evangelisten (+ Paulus im Korintherbrief) vor ihm schon ausführlich beschrieben hatten? Johannes hätte das letzte Abendmahl beschreiben können, aber er wollte sich auf weitgehend auf das beschränken, was die ersten drei Evangelien ergänzt und darum das ausgelassen, was zu viel wiederholen würde.
Johannes schreibt, dass die Fußwaschung am letzten Abend "beim Abendessen" geschah. Das könnte also nach dem Abendmahl oder vor dem Abendmahl gewesen sein. Ich könnte mir vorstellen, dass es erst das Pessach-Mahl der Juden gab (siehe Lukas 22,15), das zum Abendmahl überleitete(Lukas 22,19-20), auf das ein gewöhnliches Abendessen folgte (Johannes 12,2), bevor Jesus mit der Szene der Fußwaschung begann.
Nach johanneischer Darstellung findet das letze Abenmahl vor der Schlachtung der Paschalämmer statt, war also kein Pessach-Mahl: Jesus, das Lamm Gottes (Joh 1,29), stirbt zu der Stunde, in der im Tempel die Paschalämmer geschlachtet werden.
Joh 18,28 hat geschrieben:Von Kajaphas brachten sie Jesus zum Prätorium; es war früh am Morgen. Sie selbst gingen nicht in das Gebäude hinein, um nicht unrein zu werden, sondern das Paschalamm essen zu können.
Johannes war vom Schöpfergeist ganz erfüllt, als er sein Evangelium kreierte. Gerade sein weisheitliches Evangelium sollte man daher nicht allzu historisch fehldeuten.

Geistlich gesehen, ist das erste Ostermahl in Emmaus viel wichtiger als das so genannte letzte Abendmahl. Auch da hat Jesus kein Pessach-Mahl zelebriert. Es ist auch kein Gedächtnismahl im Sinne einer Jubiläumsfeier. Vielmehr ist die Gemeinschaft der zwei Emmausjünger zentral, die im Namen Jesu versammelt sind und im Teilen des Brotes mit dem Fremden die Realpräsens des Auferstandenen erfahren.

Pollux
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Pollux »

Jetzt seid ihr aber nicht mehr bei der Fragestellung nach der historisch-kritischen Methode im engeren Sinne.Dazu findet man auch durchaus aus jüdischer Sicht Erhellendes bei dem verstorbenen jüdischen Autor Pinchas Lapide.Die Menschen konnten ja immer nur aus dem Vermögen ihrer Zeit heraus schreiben. Da ist die historisch-kritische Methode zum besseren Verständnis oft wichtig.Wer sind denn die Wegbereiter auf katholischer Seite in Bezug auf die historisch-kritische Methode? Kann da jemand ein paar Namen nennen?Wichtig war ja in jedem Fall schon, dass die Bibel in die jeweilige Landessprache übersetzt wurde, doch der Laie bleibt manchmal in seinem Verständnis der Bibel beschränkt, wenn er keinen Zugang zur historisch-kristischen Methode hat.

Im Übrigen: Volle Zustimmung zum letzten Beitrag von overkott. :klatsch:

Pilgerer
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von Pilgerer »

Pollux hat geschrieben:Jetzt seid ihr aber nicht mehr bei der Fragestellung nach der historisch-kritischen Methode im engeren Sinne.Dazu findet man auch durchaus aus jüdischer Sicht Erhellendes bei dem verstorbenen jüdischen Autor Pinchas Lapide.Die Menschen konnten ja immer nur aus dem Vermögen ihrer Zeit heraus schreiben. Da ist die historisch-kritische Methode zum besseren Verständnis oft wichtig.Wer sind denn die Wegbereiter auf katholischer Seite in Bezug auf die historisch-kritische Methode? Kann da jemand ein paar Namen nennen?Wichtig war ja in jedem Fall schon, dass die Bibel in die jeweilige Landessprache übersetzt wurde, doch der Laie bleibt manchmal in seinem Verständnis der Bibel beschränkt, wenn er keinen Zugang zur historisch-kristischen Methode hat.
Bezüglich der Torah ist es jüdische Lehre, dass Mose neben der schriftlichen Torah auch eine mündliche erhielt, die sich überwiegend im Talmud niedergeschlagen hat. Gerade bei den Todesstrafen im jüdischen Gesetz hat sich die Praxis mit der Zeit immer mehr gemäßigt. Sie wurden immer seltener verhängt.
Daneben gibt es aber noch den "mystischen" Traditionsfaden der Torah, der in der seriösen Kabbala zu sehen ist. Die Kabbala sagt über die Torah:
So ist diese Geschichte der Torah das Gewand der Torah.
Wer denkt, daß das Gewand die wahre Torah ist
und nicht etwas anderes
- möge sein Geist schrumpfen!
Er wird keinen Teil haben an der Welt, die kommen wird.
Deshalb sagte David:
'Öffne mir die Augen,
daß ich die Wunder aus deiner Torah sehen kann',
das, was unter dem Gewand der Torah liegt.
Mehr auf: http://kabbala-info.net/deutsch/wiemand ... sollte.htm
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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overkott
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Re: Verwässert die historisch-kritische Exegese die Botschaft?

Beitrag von overkott »

Pollux hat geschrieben:Wichtig war ja in jedem Fall schon, dass die Bibel in die jeweilige Landessprache übersetzt wurde, doch der Laie bleibt manchmal in seinem Verständnis der Bibel beschränkt, wenn er keinen Zugang zur historisch-kristischen Methode hat.

Im Übrigen: Volle Zustimmung zum letzten Beitrag von overkott. :klatsch:
Natürlich freut mich, wenn jemand Nutzen aus meinen Beiträgen, zumal aus meinem neusten zieht. Die Übersetzung in eine verständliche Sprache für die Leser war eine Leistung des heiligen Hieronymus. Diese Leistung zu erkennen, ist sicher schon eine historisch-kritische Erkenntnis. Gleichwohl galt bei der Übersetzung nie das Landesprinzip, für die Kirche schon gar nicht. Die Leistung der historisch-kritischen Methode ist die Forschung nach dem Zeitbedingten, Vergänglichen. Die Leistung des mehrfachen Schriftsinns ist eine hermeneutische, nach der mit dem Wortsinn sich die Bedeutungsvielfalt eines Wortes oder einer Schriftstelle keineswegs erschöpft hat. Vielmehr betont der mehrfache Schriftsinn die Gegenwart Gottes Wortes im aktuellen Kontext.

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