Unerlaubte, aber gültige Beichte

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Juergen
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Juergen »

Nur zur Erinnerung...

.. aber das könnt ihr auch wieder vergessen und einfach nochmal (zum wievielten mal eigentlich?) von vorne beginnen.
Juergen am 20.10.2009 in diesem Thread hat geschrieben:Es geht in can. 144 um zwei Tatbestände.
1. einen allgemeinen Irrtum
2. einen positiven und wahrscheinlichen Zweifel

Es muß sich bei 1. um einen Irrtum (error) handen. Ein Irrtum ist ein falsches Urteil über die Wirklichkeit. Es reicht hier nicht eine Ignoantia oder Nescientia. Ein einfaches "das habe ich gar nicht gewußt" reicht für eine Suppletion nicht aus. Der Irrtum muß bei der Gemeinschaft bzw im Falle der Beichtvollmacht beim Beichtenden liegen. Bei dem Irrtum muß es sich um einen Tatsachenirrtum (error facti) handeln. Es muß also im Falle der Beichte ein Urteil über das Vorhandensein der Vollmacht gefällt worden sein, Ein Rechtsirrtum (error iuris) reicht nicht aus.
Neben der Unterscheidung zwischen Tatsachenirrtum und Rechtsirrtum, die Gegenstand des Irrtums (hier Vorliegen einer Vollmacht) betrifft, muß man auch den Existenzmodus des Irrtums unterscheiden und zwar in "error de facto" und "error de iure". De facto ist der tatsächlich bzw. beim Beichtenden vorliegende Irrtum, wenn er von einem nichtbevollmächtigten gesetzt wird. De iure ist ein aufgrund öffentlich bekannter Fakten anzunehmender Irrtum.
Eine Suppletion ist also nicht möglich, wenn z.B. der Beichtende de iure irrt, aber objektiv das Fehlen der Vollmacht leicht zu erkennen ist.

Folge für eine Beichte bei einem FSSPX-Priester: Da es für jederman ersichtlich ist, daß da was nicht ganz OK ist, kann es in dem Punkt keine Suppletion geben.

Gucken wir nun auf den 2. Punkt
Der Zweifel (dubium) wird nach einhelliger Auffassung auf den Nichtbevollmächtigten bezogen und nicht auf die Gemeinschaft bzw. hier den Beichtenden. Es geht hier nicht um einen begründeten Zweifel (wie in c. 14), sondern es reicht ein subjektiver Zweifel.
Dabei wird zwischen einem positiven Zweifel und einem wahrscheinlichen Zweifel unterschieden. Ein positiver Zweifel liegt vor, wenn für das Vorhandensein einer Vollmacht zwar objektive Gründe sprechen aber der Nichtbevollmächtigte dennoch kein positives Urteil über das Vorhandensein fällen kann; ein wahrscheinlicher Zweifel liegt vor, wenn für das Vorhandensein der Vollmacht so wichtige Argumente sprechen, daß der Nichtbevollmächtigte meint so handeln zu können.

Folge für eine Beichte bei einem FSSPX-Priester: Den FSSPX-Priestern wird klar sein, daß sie eigentlich keine Beichte abnehmen dürfen. Sie handeln bewußt, wie sie handeln. Es stellt sich ihnen die Frage gar nicht. So kann es auch keine Suppletion in dem Punkt geben.
Gruß Jürgen

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Gamaliel
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

Juergen hat geschrieben:Nur zur Erinnerung...

.. aber das könnt ihr auch wieder vergessen und einfach nochmal (zum wievielten mal eigentlich?) von vorne beginnen.
Es geht nicht darum immer wieder von vorne zu beginnen, sondern zunächst einmal den Inhalt von c. 144 CIC/1983 korrekt darzustellen, um dann in einem weiteren Schritt zu schauen, ob dieser für die Argumentation der FSSPX zu Recht herangezogen werden kann oder nicht.

Auch in Deinem früheren Beitrag mangelt es - wie mir scheint - an der korrekten Wiedergabe des Inhalts, z.B. wenn Du schreibst:
Juergen am 20.10.2009 in diesem Thread hat geschrieben:Bei dem Irrtum muß es sich um einen Tatsachenirrtum (error facti) handeln. Es muß also im Falle der Beichte ein Urteil über das Vorhandensein der Vollmacht gefällt worden sein, Ein Rechtsirrtum (error iuris) reicht nicht aus.
Wer sagt denn das? Natürlich kann ein "error iuris" auch zur Ergänzung der Beichtvollmacht führen, genauso wie ein "error facti".

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Juergen
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Juergen »

Gamaliel hat geschrieben:
Juergen am 20.10.2009 in diesem Thread hat geschrieben:Bei dem Irrtum muß es sich um einen Tatsachenirrtum (error facti) handeln. Es muß also im Falle der Beichte ein Urteil über das Vorhandensein der Vollmacht gefällt worden sein, Ein Rechtsirrtum (error iuris) reicht nicht aus.
Wer sagt denn das? Natürlich kann ein "error iuris" auch zur Ergänzung der Beichtvollmacht führen, genauso wie ein "error facti".
Helmut Pree im Handbuch des kath. Kirchenrechts; 2. Auf. 1999, S. 174 hat geschrieben:...Nach ständiger Lehre und Rechtssprechung greift die Suppletion nur bei einem Tatsachenirrtum (error facti, d.h. über das Vorliegen der Vollmacht), nicht auch bei einem Rechtsirrtum (error iuris, d.h. über das rechtliche Verständnis des Kompetenztitels) ein, es sei denn, letzterer gründe in inem error facti.
Während die Unterscheidung in Rechts- bzw. Tatsachenirrtum den Gegenstand des Irrtums betrifft, bezieht sich die Differenzierung in error de facto und error de iure auf den Existenzmodus des Irrtums. De facto ist der tatsächlich vorliegende Irrtum in der betreffenden Gemeinschaft, von der der Akt gesetzt wird. De iure meint einen auf Grund öffentlicher Fakten anzunehmenden potentiellen oder virtuellen Irrtum.(*) Die Suppletion greift folglich nicht ein, wenn zwar die Gemeinschaft de iure irrt, objektiv und allgemein aber das Fehlen der Bevollmächtigung leicht erkennbar ist.


(*) Dabei muß es sich um ein öffentliches Faktum handeln, das seiner Natur nach geeignet ist, die Gemeinschaft in Irrtum über das Vorliegen der Vollmacht zu führen (RR, Dec. 15.12.1992 coram Stankiewicz [Anm. 39], S. 672 [Nr. 17]), RR, Dec. 29.4.1983 coram Serano Ruiz (Anm. 37), S. 235 (nr. 9), verlangt von der causa des Irrtums, daß sie "per se nata est inducere in errorem multos", was unter dem neuen CIC ebenso, wenn nicht noch mit verstärktem Recht weitergelte.
Gruß Jürgen

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Jacinta
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Jacinta »

LePenseur hat geschrieben:@Gamaliel:
Und worin sollte die "moralische Unmöglichkeit" bestehen, beim normalen 08/15 Ortspfarrer zu beichten?

Wobei es ja in Europa nicht so ist, daß eklatanter Priestermangel auf drei Tagesreisen Distanz den Besuch eines "unverdächtigen" Pfarrers verunmöglichen würde!

Gehen wir mal davon aus, daß derzeit ca. drei Viertel der RKK-Priester horrible Modernisten sind, wo Sie schon beim Gedanken an Intentionsmängel & Co. Hautausschläge bekommen (das wäre die sogen. "moralische Unmöglichkeit"). Na, dann bleibt immer noch ein Viertel, auf die das nicht zutrifft — und das heißt m.E. in Standard-Mitteleuropa (also nicht gerade extreme Diaspora-Lage): in 20 km Umkreis (und das wäre mit heutigen Verkehrsmitteln m.E. als jedenfalls zumutbar zu betrachten) sollten das mindestens 3-10 Priester sein!

Und schon heißt's: Piusbruder adé ...
In der extremen Diaspora gibts auch (fast) keine Piusbrüder. Damit erübrigt sich das Problem sowieso.
"In necessariis unitas, in non-necessariis libertas, in utrisque caritas."
"Man muss sich aber klarmachen, dass Krisenzeiten des Zölibats auch immer Krisenzeiten der Ehe sind." BXVI.

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

LePenseur hat geschrieben:Zum Thema "Notstand": wer (wenigstens für sich persönlich, ganz ehrlich) beweisen kann, daß in zumutbarer Erreichbarkeitsdistanz kein einziger (!) Priester vorhanden ist, bei dem er guten Gewissens beichten könnte, da bei allen Priestern in seiner Erreichbarkeit ein schwerer, jedes "ecclesia supplet" ausschließender Intentionsmangel offensichtlich ist, der kann diesfalls zu einem Piusbruder beichten gehen, wenn es unabdingbar nötig ist (worunter bloße "Andachtsbeichten" wohl nicht fallen werden).
Das hier ist auch sehr interessant.
Dazu möchte ich gerne noch mehr Information
wer (wenigstens für sich persönlich, ganz ehrlich) beweisen kann
Was bedeutet dieses sich selber etwas beweisen? Mit gutem Gewissen sich selber sagen können: Hier ist ganz viel faul. Ich habs geprüft, ich habs gesehen, ich hab mir Mühe gegeben beim rausfinden? Ich bin mir nun 100% sicher, ich bin mir zu über 50% sicher?
in zumutbarer Erreichbarkeitsdistanz kein einziger (!) Priester vorhanden ist
Müsste man also hiernach alle Priester, jeden einzelnen Priester in zumutbarer Erreichbarkeitsdistanz besuchen gehen und auf Beicht-Intention prüfen?
Intentionsmangel offensichtlich ist
Wieviel offensichtlich? Reicht ein sehr schlechtes Gefühl, reichen 2 Häresieaussagen (oder müssen es 5 sein ....) oder muss der Priester offen gesagt haben, daß er bei der Beichte die Intention der Kirche nicht hat.
der kann diesfalls zu einem Piusbruder beichten gehen
Muss er vorher alles geprüft haben oder kann er schon beichten gehen bevor er jeden einzelnen Priester in der Gegend besucht und geprüft hat?
wenn es unabdingbar nötig ist
Wann ist es unabdingbar nötig zu beichten? Nur bei Todesgefahr oder nur Todsünden? Darf man im Notstand dann nicht mehr normal und regelmäßig beichten?
LePenseur hat geschrieben:Gehen wir mal davon aus, daß derzeit ca. drei Viertel der RKK-Priester horrible Modernisten sind, wo Sie schon beim Gedanken an Intentionsmängel & Co. Hautausschläge bekommen (das wäre die sogen. "moralische Unmöglichkeit"). Na, dann bleibt immer noch ein Viertel, auf die das nicht zutrifft — und das heißt m.E. in Standard-Mitteleuropa (also nicht gerade extreme Diaspora-Lage): in 20 km Umkreis (und das wäre mit heutigen Verkehrsmitteln m.E. als jedenfalls zumutbar zu betrachten) sollten das mindestens 3-10 Priester sein!
Einfach zu finden sind diese 3-10 aber nicht. Es steht ja nicht auf ihrer Stirn geschrieben was sie denken.

Ich muss grinsen bei deinem Beispiel. Hier kam demletzt einer mit seinem Schwiegervater 400 Km angefahren um beim Piusbruder beichten zu können. Kannst du dir vorstellen wie feste Hautausschläge der schon abgekriegt hat, wie feste moralisch unmöglich es ihm sein muss, in seiner Pfarrei die in 5 Minuten oder auch in irgendeiner Nachbargemeinde die er schneller erreichen könnte beichten zu gehen? Kann man an einem solchen Verhalten eine "moralische Unmöglichkeit" erkennen?
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Juergen
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Juergen »

Wer beichten will, geht zum nächsten Priester,
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Gamaliel
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

@Juergen

Danke für Deinen Hinweis auf Pree. Ich hab das jetzt in Ruhe nachgelesen und bemerkt, daß mein ursprünglicher Kritikpunkt an Deinem (bzw. Pree's) Beitrag nicht berechtigt war.

Das Problem liegt an der zusätzlichen Unterscheidung, die Pree in seiner Erklärung vornimmt. Er unterscheidet nämlich nicht nur zwischen "error de facto" bzw. "error de iure", sondern auch noch zwischen "error facti" und "error iuris"
Der Kodex selbst erwähnt ja nur die erste Unterscheidung und auf diese bezog sich auch gedanklich mein Einwand, d.h. ich habe die zum "error iuris" gemachten Bemerkungen, mit dem "error de iure" verwechselt. Tatsächlich stellt Pree - richtigerweise - nicht in Abrede, daß bei Vorliegen eines "error de iure" selbstverständlich auch die Beichtvollmacht ergänzt wird.

LePenseur
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Marion:
Ihre Fragen bzw. Argumente kann ich schon durchaus nachvollziehen, wenn ich sie auch nicht teile (was Sie nicht verwundern wird zu hören).

Für mich ist das alles insoferne keine Problem, als ich ohnehin nur sehr selten beichte und darüberhinaus nicht wirklich glaube, daß die Beichte etwas ist, wofür der "Beichtabnehmende" eine besondere Vollmacht braucht. Da halte ich einen integeren Charakter, gesunden Menschenverstand und psychologisches Einfühlungsvermögen (was überhaupt nicht ident ist mit dem Schrott, den man als "Psychlogie" auf der Uni gelehrt bekommt!) für weitaus wichtiger. Und am wichtigsten ist m.E. Lebensweisheit — m.a.W. also ein Beichtvater, der am besten eine Generation älter ist als man selbst (okay, da werde ich's in absehbarer Zeit billiger geben müssen, denn "meine" Vätergeneration liegt zum überwiegenden Teil halt jetzt schon unter der Erde).

Insofern ist diese Diskussion also eine, die ich als Jurist gern lese und durch Argumente mitgestalte, aber nicht eine, die mich "existenziell" beträfe. Aber ich kann mir schon vorstellen, daß sich das für Menschen anderer Ansichten ganz anders darstellt ...

Aber auch diesen Menschen (und, wie ich annehme: auch Ihnen, Marion!) möchte ich sagen: wenn die Beichte so wichtig ist und von Gott tatsächlich so gewollt ist, wie es die herkömmliche Lehre der RKK darstellt, dann können umgekehrt die Hürden, die es auf Seiten des Beichtvaters für eine gültige Beichte gibt, nicht so gewaltig sein. Denn so ist es schließlich nach traditioneller Ansicht bei allen "Sakramenten", bei denen es ja, entgegen der Ansicht der Donatisten, auf die Würdigkeit des Spenders nicht ankommt.

Also sehe ich zwar den Punkt, daß man beim modernistischen Ortspfarrer Hautausschläge kriegen kann und deshalb nicht beichten will — nur soll man das nicht gleich zum "Notstand" hochstilisieren. "Take it easy", kann ich da nur sagen ... wer seine Verfehlungen ehrlich bereut, bei dem kommt's nicht darauf an, ob er dies nun vor einem modernistischen Pfarrer im T-shirt, oder einem Piusbruder mit Soutane und rite et recte umgelegter violetter Stola tut.

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Sascha B. »

oder einem Piusbruder mit Soutane und rite et recte umgelegter violetter Stola tut.
Dazu brauch ich keinen Piusbruder, das hab ich in meiner Pfarrei auch.
Aber generell ist es natürlich richtig das die Beichte auch beim modernen T-Shirtpriester gültig ist. Nur hab ich da dann das Problem das ich mir den Busrosenkranz dann selbst auferlegen muss^^
Der Kreuzgang ist doch total am Ende.

LePenseur
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Deo Juvante:
Nur hab ich da dann das Problem das ich mir den Busrosenkranz dann selbst auferlegen muss^^
Desto verdienstlicher ist er dann aber auch ... ;)

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

Deo iuvante hat geschrieben:Aber generell ist es natürlich richtig das die Beichte auch beim modernen T-Shirtpriester gültig ist.
Das hat im Einzelfall wohl nichts damit zutun was er anhat ob eine Beichte mit der rechten Intention abgenommen wird und somit auch gültig ist. Im Allgemeinen aber schon, wenn ein Priester lieber inkognito in der Öffentlich rumläuft als ein für alle sichtbarer Hirte, ist im Normalfall ja schon mal irgendwas faul, was natürlich nicht gleichzusetzen ist mit: Das ist der Antichrist oder dem seine Beichten sind Sakrilege ... Inkognitoklamotten zeigen aber schon eher weg vom Glauben als hin zum Glauben.
LePenseur hat geschrieben:@Marion:
Ihre Fragen bzw. Argumente kann ich schon durchaus nachvollziehen, wenn ich sie auch nicht teile (was Sie nicht verwundern wird zu hören).
Das ist mir schon klar :D
Das macht bei diesem Gespräch aber nichts aus. Ich wollte auch nicht argumentieren mit meinen Fragen, sondern wirklich nur fragen - also Info bekommen.
LePenseur hat geschrieben:Insofern ist diese Diskussion also eine, die ich als Jurist gern lese und durch Argumente mitgestalte, aber nicht eine, die mich "existenziell" beträfe. Aber ich kann mir schon vorstellen, daß sich das für Menschen anderer Ansichten ganz anders darstellt ...
Meine Fragen waren nicht den Glauben LePenseur gerichtet, sondern an den Jurist LePenseur. Also nähere Details zu dieser juristischen Notstanderklärung / "moralische Unmöglichkeit". Sag mir was du weißt :)
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Marion:
Ihr ostentatives Desinteresse an meinem Glauben kränkt mich jetzt aber schon ein bisserl ... ;)

Zurück zu Ihrer Frage:

Ich denke, daß das Problem von Herrn Koll. Juergen recht gut dargestellt wurde. Im Klartext: gemäß CIC besteht eher wenig Chance auf eine gültige Beichte bei einem Piusbruder (außer in articulo mortis etc., aber das ist eh selbstverständlich).

Bezüglich "moralischer Unmöglichkeit" — naja, das ist immer eine höchst subjektive Sache, und hier "juristisch exakt" argumentieren zu wollen, gleicht, wie ich einmal scherzend sagte, dem Versuch, an einer Armbrust ein Zielfernrohr anzubringen ... damit man nachher weiß, um wieviel man danebengeschossen hat.

Nein, diese Entscheidungen sind ebensowenig definitorisch in den Griff zu bekommen wie z.B. die Frage, ob eine konkrete Handlung jetzt eine Todsünde war, oder bloß eine läßliche. Sowas ist zwar theoretisch klärbar, aber praktisch nur eine Frage des persönlichen Gewissens, denn man kann z.B. nicht angeben, wieviele Sekunden der Blick ins Dekolleté dauern darf (und von welchen Gedanken begleitet), daß "gerade noch" eine läßliche Sünde vorliegt ...

Insgesamt rate ich deshalb, das ganze etwas "easy" zu nehmen. Die Zeit der Pharisäer sollte doch schon vorbeisein, oder?

Und wer's ganz genau wissen will: Anfrage an http://www.padre.at/ alias Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik. Wenn der's nicht weiß, dann weiß ich nicht, wer sonst ...

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

LePenseur hat geschrieben:Ich denke, daß das Problem von Herrn Koll. Juergen recht gut dargestellt wurde. Im Klartext: gemäß CIC besteht eher wenig Chance auf eine gültige Beichte bei einem Piusbruder (außer in articulo mortis etc., aber das ist eh selbstverständlich).
Deine "Klartext-Interpretation" geht aber nicht aus der Darstellung von Juergen hervor, jedenfalls nicht aus dem von ihm beigebrachten Zitat. Das solltest Du schon noch etwas genauer ausführen. Vielleicht kannst Du dies mit einer Antwort auf meinen Beitrag verbinden.

LePenseur hat geschrieben:Und wer's ganz genau wissen will: Anfrage an http://www.padre.at/ alias Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik. Wenn der's nicht weiß, dann weiß ich nicht, wer sonst ...
Den neokonservativen Hr. Dr. Pytlik würde ich in Fragen der FSSPX (und auch in vielen anderen) nicht gerade als verläßliche Auskunftsquelle angeben. Es gibt da so manche Dinge, die seinen Blick bzw. sein Urteilsvermögen ein bißchen zu trüben scheinen... :pfeif:

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Gamaliel:
Den neokonservativen Hr. Dr. Pytlik würde ich in Fragen der FSSPX (und auch in vielen anderen) nicht gerade als verläßliche Auskunftsquelle angeben. Es gibt da so manche Dinge, die seinen Blick bzw. sein Urteilsvermögen ein bißchen zu trüben scheinen...
Naja, ein jeder hat so seine Vor- und Mißlieben. Aber was den geltenden CIC betrifft, halte ich ihn für höchst kompetent, die "herrschende Lehre" auch klar und unverfälscht darzulegen.

Daß das Ergebnis vielleicht dem einen oder anderen dann nicht gefällt — tja, that's life ...

P.S.: was Ihre gewünschte Antwort betrifft — sorry, aber ich habe keine Ahnung, was ich da nach Koll. Juergen noch beantworten sollte? GGf. bitte um Aufklärung, worauf Sie sich beziehen ...

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

LePenseur hat geschrieben:GGf. bitte um Aufklärung, worauf Sie sich beziehen ...
Darauf (besonders die Unterstreichung):
Gamaliel hat geschrieben:Jetzt müßtest Du den nicht so sachkundigen Lesern noch den/die speziellen Unterschied(e) erklären, der zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtum herrscht (insbesondere was den aktuellen/tatsächlichen Wissensstand, des sich irrenden Gläubigen betrifft).
Konkret: Kann bei einem error communis de iure die Gewalt auch ergänzt werden, wenn der Irrende weiß, daß der handelnde Priester keine Vollmacht dazu hat?

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Juergen
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Juergen »

Gamaliel hat geschrieben:Konkret: Kann bei einem error communis de iure die Gewalt auch ergänzt werden, wenn der Irrende weiß, daß der handelnde Priester keine Vollmacht dazu hat?
Laut Pree nicht: "Die Suppletion greift folglich nicht ein, wenn zwar die Gemeinschaft de iure irrt, objektiv und allgemein aber das Fehlen der Bevollmächtigung leicht erkennbar ist."
Gruß Jürgen

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Gamaliel:
Noch ein kurzer off-topic Nachschlag zu Pytlik: diesen als "Necon" (wie ich typischerweise z.B. die Opus-Dei-ler einordnen würde) zu bezeichnen, ist nicht ganz zutreffend, da er persönlich gerne im Alten Ritus zelebrierte (wenigstens zu der Zeit, als ich mit ihm noch näher in Kontakt war, d.h. vor ca. 6-7 Jahren). Glaube aber, daß das auch heute noch zutrifft (auch wenn er für sein Vizeoffizialat vielleicht etwas Wasser in den Meßwein gießen mußte ;))

"150%-Hardcore-Tradi" ist er aber keiner, soviel ist schon richtig.

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

Juergen hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Konkret: Kann bei einem error communis de iure die Gewalt auch ergänzt werden, wenn der Irrende weiß, daß der handelnde Priester keine Vollmacht dazu hat?
Laut Pree nicht: "Die Suppletion greift folglich nicht ein, wenn zwar die Gemeinschaft de iure irrt, objektiv und allgemein aber das Fehlen der Bevollmächtigung leicht erkennbar ist."
Dieses Zitat trifft nicht den Kern meiner Frage, da es einen zusätzlichen Umstand hinzufügt ("objektiv und allgemein aber das Fehlen der Bevollmächtigung leicht erkennbar ist"), der in meiner Frage nicht enthalten ist.

Im übrigen scheint mir der von Pree gemachte Zusatz widersprüchlich, denn ein "error communis de iure", setzt ja gemäß Pree's Erklärung "einen auf Grund öffentlicher Fakten anzunehmenden potentiellen oder virtuellen Irrtum", der "per se nata est inducere in errorem multos" voraus. Wie kann bei einem solchen Umstand gleichzeitig "objektiv und allgemein das Fehlen der Bevollmächtigung leicht erkennbar sein"?

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

LePenseur hat geschrieben:@Marion:
Ihr ostentatives Desinteresse an meinem Glauben kränkt mich jetzt aber schon ein bisserl ... ;)
Gut daß du das Zwinkerl benutzt hast. Hier im Strang ist dein "Glaube" Off-Topic. In einem passenden Strang bin ich gerne wieder bereit dir mein Ohr dafür zu schenken :)
LePenseur hat geschrieben:Bezüglich "moralischer Unmöglichkeit" [...] Sowas ist zwar theoretisch klärbar, aber praktisch nur eine Frage des persönlichen Gewissens,
Um diese theoretische Klärung geht es mir. Mit so etwas kann man das Gewissen anständig schulen. Ich mag deine persönlich ausgedachten Beispiele dazu. Die kann ich prima nachvollziehen. (wie feste muss ich dich noch loben, daß du an diesen Punkten weitermachst? :blinker: )
Außerdem möchte ich wissen, wie du darauf kommst, daß bei "moralischer Unmöglichkeit" (also nicht nur Todesgefahr) man doch bei einem Piusbruder beichten kann. (auf welchem Paragraphen stützt sich das)
LePenseur hat geschrieben:Insgesamt rate ich deshalb, das ganze etwas "easy" zu nehmen. Die Zeit der Pharisäer sollte doch schon vorbeisein, oder?
Da hast du etwas falsch verstanden. Etwas ganz genau wissen zu wollen und eben nicht "easy" zu nehmen, hat nichts mit Pharisäergetue zu tun.
Juergen hat geschrieben:Wer beichten will, geht zum nächsten Priester,
wer bei einem Piusbruder beichten will, fährt 400km.
Und wieder 400 zurück. Und das über Schlaglöcherstraßen mit ner richtigen Rotzmöhre.
Mir ging es ums zumutbar. Es gibt auch heute noch Menschen denen die Beichte wichtiger ist als juristisch festgelegte Zumutbarkeiten.
So jemandem kannst de nicht zumuten, daß er bei nem Priester beichtet, der "für alle" anstatt "für viele" sagt (nur ein kleines Beispiel). Allein das macht ja die Beichte schon unsinnig. Wenn du als Beichtender annimmst der Priester wäre bei Verstand und denkt auch ein bisschen nach, merkt der Priester, daß diese Intention die eine Beichte braucht um gültig zu sein unnötig ist, weil die ganze Beichte unnötig ist, es kommt ja eh jeder in Himmel.
Es ist zwar falsch anzunehmen, daß alle Priester über diese kleinen Details nachdenken und zu diesem Schluss kommen und somit ihre Intention vergessen, aber es ist auch falsch davon auszugehen, daß genau der Priester vor dir kein denkender Mensch ist.
Es ist wie russisch roulette sich heut zutage nen Beichtvater mit der rechten Intention zu suchen (in einer modernistischen Gegend auf jeden Fall) und das ist m.E. für einen Rechtgläubigen der sich darüber Gedanken macht wirklich eine absolut unannehmbare Zumutung.
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Juergen
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Juergen »

Marion hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Wer beichten will, geht zum nächsten Priester,
wer bei einem Piusbruder beichten will, fährt 400km.
Und wieder 400 zurück. Und das über Schlaglöcherstraßen mit ner richtigen Rotzmöhre.
Mir ging es ums zumutbar. Es gibt auch heute noch Menschen denen die Beichte wichtiger ist als juristisch festgelegte Zumutbarkeiten.
So jemandem kannst de nicht zumuten, daß er bei nem Priester beichtet, der "für alle" anstatt "für viele" sagt (nur ein kleines Beispiel). Allein das macht ja die Beichte schon unsinnig. Wenn du als Beichtender annimmst der Priester wäre bei Verstand und denkt auch ein bisschen nach, merkt der Priester, daß diese Intention die eine Beichte braucht um gültig zu sein unnötig ist, weil die ganze Beichte unnötig ist, es kommt ja eh jeder in Himmel.
Es ist zwar falsch anzunehmen, daß alle Priester über diese kleinen Details nachdenken und zu diesem Schluss kommen und somit ihre Intention vergessen, aber es ist auch falsch davon auszugehen, daß genau der Priester vor dir kein denkender Mensch ist.
Es ist wie russisch roulette sich heut zutage nen Beichtvater mit der rechten Intention zu suchen (in einer modernistischen Gegend auf jeden Fall) und das ist m.E. für einen Rechtgläubigen der sich darüber Gedanken macht wirklich eine absolut unannehmbare Zumutung.
Es mutet schon seltsam an einem Priester mit Beichtvollmacht eine falsche Intention zu unterstellen und die Ungültigkeit der Beichte anzunehmen und im Gegenzug zu einem Priester ohne Beichtvollmacht zu gehen um dann zu hoffen, daß man die Gültigkeit mittels irgendwelcher Winkelzüge dennoch durch die Hintertür zustandebringt.
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

Juergen hat geschrieben:Es mutet schon seltsam an einem Priester mit Beichtvollmacht eine falsche Intention zu unterstellen und die Ungültigkeit der Beichte anzunehmen und im Gegenzug zu einem Priester ohne Beichtvollmacht zu gehen um dann zu hoffen, daß man die Gültigkeit mittels irgendwelcher Winkelzüge dennoch durch die Hintertür zustandebringt.
Das "unterstellen" ist deine Wortwahl. Das meinte ich nicht. Ich meinte daß man daran mit gutem Grund (in einer modernistischen Gegend) zweifeln kann.
Die Intention kann aber niemals nachgereicht werden. Die Beichtvollmacht (falls sie überhaupt in diesem Zusammenhang nötig ist, Stichwort "moralischen Unmöglichkeit" da warte ich noch auf LePenseur wie er das erklärt?) schon.
Rein Mathematisch gesehen (unabhängig von der Realität - also wieviele Priester die Intention haben) sieht es wohl so aus, daß je größer der Zweifel ist (wird wohl mit wachsendem Zweifel moralisch unmöglicher) eine Beichte bei den Piusbrüdern sinnvoller wird. Je kleiner der Zweifel ist wohl bei einem Modernistischen.
Zuletzt geändert von Marion am Freitag 4. Juni 2010, 15:05, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

Marion hat geschrieben:Ich mag deine persönlich ausgedachten Beispiele dazu. Die kann ich prima nachvollziehen. (wie feste muss ich dich noch loben, daß du an diesen Punkten weitermachst? :blinker: )
Hm, was sage ich jetzt da? Ich weiß nicht ganz, was ich da üben soll: den Blick ins Dekolleté ...? Die Gedanken, die mann sich dabei macht ...?
Ich glaube, das kann ich eh schon ganz gut :breitgrins:

Nein, im Ernst:

Ihren Ansatz z.B. (wenn auch gegenüber Koll. Juergen geäußert):
Marion hat geschrieben:So jemandem kannst de nicht zumuten, daß er bei nem Priester beichtet, der "für alle" anstatt "für viele" sagt (nur ein kleines Beispiel)
finde ich etwas "daneben" ... sorry! Aus solchen Gründen einen schwerwiegenden Intentionsmangel zu präsumieren, ist kühn und m.E. in einer Weise verengt und verbiestert, daß ich so jemandem 800 km Schlaglochpiste von Herzen gönne (aber das nur nebenfüglich ...)

Nein, das Statement von Koll. Juergen trifft's schon! Irgendwie hat diese Frage für mich ein gewisses "Geschmäckle" von religiöser Selbstinszenierung. Entweder hat der Betreffende tatsächlich was Ärgeres ausgefressen (es sich daher nicht bloß um eine Andachtsbeichte handelt, oder, wie es ein witziger geistlicher Freund aus Irland einmal ausdrückte: "... dusting their angels' wings"), dann geht er auch zum "für alle"-Priester, schluckt seinen Ärger über das Boff-Poster im Pfarrbüro runter und bittet um eine Beichte. Und ich kann mir, gravitas materiæ mal vorausgesetzt, fast keinen RKK-Priester vorstellen, der dann blöd daherredet oder sonstwie eine Nicht-Intention hätte und zu erkennen gäbe. Ausnahmen gehörten dann m.E. dem örtlichen Bischof gemeldet, denn so ein "Seelsorger" hat seinen Beruf verfehlt!

Wenn es sich daegen um "Todsünden" handelt, die nur (ich sage es jetzt bewußt hart) etwas verrückten Skrupulanten einfallen ("Hochwürden, ich habe festgestellt, daß meine Uhr falsch gegangen sein dürfte, sodaß ich bei der letzten Sonntagsmesse den zulässigen Zeitabstand zwischen Mittagessen und Kommunion in der Abendmesse um vermutlich 10 Minuten unterschritten habe" ... u. dergl.), dann wäre ein kleines Opfer der Demut, gegenüber einem "unwürdigen" Priester (seufz, Augenaufschlag!) zu beichten, nicht unangebracht ...

Ich fürchte, Sie werden das jetzt nicht als Antwort gehört haben wollen — und ersuche Sie darum, die Beschreibung nicht persönlich zu nehmen (sie ist von mir auch wirklich abstrakt beabsichtigt gewesen, da ich leider genug Leute dieser Art kenne). Aber ich halte die Antwort trotzdem für wichtig.

Ein von mir persönlich (nicht unbedingt von seinen Glaubensansichten her, aber ganz einfach menschlich) sehr geschätzter brasilianischer Priester hat mir einmal erzählt, wie er als neugeweihter Priester mit dem Erzbischof, der ihn soeben geweiht hatte, zusammenstand und er ihn um irgendeinen speziellen Segen (oder so ähnlich) bat, weil damit (nach altem Ritus) in diesem Fall ein vollkommener Ablaß verbunden wäre. Und der alte Erzbischof lächelte ihn liebevoll an und sagte: "Mein Sohn, liebst du Jesus Christus? Schau, das ist eigentlich das einzige, worauf es wirklich in deinem Leben als Priester ankommt — alles andere ist daneben nicht so wichtig!"

In diesem Sinne!

P.S.:
Außerdem möchte ich wissen, wie du darauf kommst, daß bei "moralischer Unmöglichkeit" (also nicht nur Todesgefahr) man doch bei einem Piusbruder beichten kann. (auf welchem Paragraphen stützt sich das)
Ehrlicherweise gesagt: auf keinen speziellen Canon, sondern einfach auf den alten Grundsatz: "salus animarum suprema lex".

Wenn ich in schwerer Sünde lebend, rund um mich keinen einzigen Priester habe, dem gegenüber ich moralisch möglich beichten kann, dann darf ich es sicher bei einem beliebigen Priester tun. Aber man sollte sich da halt auch nix vormachen und irgendwelche persönlichen Aversionen zur "moralischen Unmöglichkeit" hochstilisieren ...

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

LePenseur hat geschrieben:Ein von mir persönlich (nicht unbedingt von seinen Glaubensansichten her, aber ganz einfach menschlich) sehr geschätzter brasilianischer Priester hat mir einmal erzählt, wie er als neugeweihter Priester mit dem Erzbischof, der ihn soeben geweiht hatte, zusammenstand und er ihn um irgendeinen speziellen Segen (oder so ähnlich) bat, weil damit (nach altem Ritus) in diesem Fall ein vollkommener Ablaß verbunden wäre. Und der alte Erzbischof lächelte ihn liebevoll an und sagte: "Mein Sohn, liebst du Jesus Christus? Schau, das ist eigentlich das einzige, worauf es wirklich in deinem Leben als Priester ankommt — alles andere ist daneben nicht so wichtig!"
Hier hast du das Problem perfekt geschildert. Sogar der Erzbischof glaubt nicht mehr. Ablaßsegen ist unnötig in seinen Augen. Meinst du er hätte die rechte Intention wenn er ihn nun doch gegeben hätte, oder meinst du nicht auch, daß er halt nur Äußerlich so getan hätte als ob, um dem Priester "eine Freude" zu machen.
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Marion:
Hier hast du das Problem perfekt geschildert. Sogar der Erzbischof glaubt nicht mehr. Ablaßsegen ist unnötig in seinen Augen. Meinst du er hätte die rechte Intention wenn er ihn nun doch gegeben hätte, oder meinst du nicht auch, daß er halt nur Äußerlich so getan hätte als ob, um dem Priester "eine Freude" zu machen.
Nein. Der Erzbischof war wohl sicher nicht einer, der "nicht mehr glaubt" (ich habe ihn nur kurz aus Anlaß einer anderen Priesterweihe kennengelernt, aber er machte mir nicht den Eindruck!). Er hat vielmehr in seiner Altersweisheit und jahrzehntelangen Seelsorgserfahrung tiefer geblickt und erkannt, daß das eben nicht das entscheidende ist.

Ich kann mich übrigens bei der Erzählung nicht erinnern, ob er dem jungen Priester dann diesen Segen gegeben hat oder nicht. Ich glaube eher nicht, da der junge Priester, der mir diese Situation in tiefer Bewegung (und leichter Beschämung) erzählte, auf mich den Eindruck machte, auch er hätte in diesem Augenblick dieselbe Erkenntnis gehabt, daß in bestimmten Situationen das Aus- und Abmessen von Ablässen ("... damit sind 7 Jahre und 7 Quadragenen Ablaß verbunden ...") einfach nicht angemessen ist ...

Ach ja: und hätte er den Segen doch erteilt: ich bin überzeugt, daß die Intention hinreichend gewesen wäre. Wenn für die Nottaufe sogar die Intention eines Nichtchristen reicht, "zu tun, was die Kirche getan haben will", dann würde ich mir an Ihrer Stelle keine solchen Sorgen machen um die Intention von Beichtvätern. Und selbst den pflichtvergessenen Modernsky kann man bei seiner Ehre packen, wenn's um was geht — davon bin ich überzeugt!

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von LePenseur »

@Marion:
;D

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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

@Juergen:

Vielen Dank, das hilft wirklich weiter (entschuldige, daß ich das nicht vorher gesehen hatte).

Meine Parallel zum Strafrecht ist damit hinfällig, denn die dortige Unterscheidung zwischen Rechts- und Tatsachenirrtum entspricht nach der von Juergen eingeführten Terminologie der zwischen error juris und error facti; für die Suppletion kommt aber nur der error facti in Betracht.

Das hat für unser Problem allerdings - bei erster Betrachtung, ich habe es jetzt noch nicht gründlich überlegt, spreche also unter Korrektur - weitreichende konsequenzen: Daß ein Pönitent meint, ein Priester habe aufgrund irgendwelcher Rechtskonstruktionen Beichtvollmacht, ist also unerheblich und führt nicht zur Suppletion. Diese kann nur eintreten, wenn es einen error de jure oder de facto darüber gibt, daß dem Priester Beichtvollmacht vom Bischof erteilt worden sei. Daß dies jemand von einem Priester dem FSSPX annimmt, dürfte kaum vorstellbar sein. Gamaliels Schwierigkeit mit der Stelle von Pree zum error de jure beruht m.E. auf einem simplen Mißverständnis: Pree erläutert, daß ein error de jure "einen auf Grund öffentlicher Fakten anzunehmenden potentiellen oder virtuellen Irrtum" bedeute. Und dann weist er zur Erklärung/Verdeutlichung darauf hin, daß deshalb ein error de jure nicht vorliege, wenn "objektiv und allgemein ... das Fehlen der Bevollmächtigung leicht erkennbar ist". Die Einfügung "wenn zwar die Gemeinschaft de iure irrt" scheint mir ein Redaktionsversehen zu sein, da das in der Tat widersprüchlich wäre.

Mir bleiben dennoch noch ein paar offene Fragen.

1) In seinem Ausgangspost hat Juergen - evtl. unter Bezugnahme auf eine andere, nicht wiedergegebene Stelle von Pree? - geschrieben:
Der Irrtum muß bei der Gemeinschaft bzw im Falle der Beichtvollmacht beim Beichtenden liegen.
Woraus ergibt sich das Hervorgeheobene? Aus der Natur der Sache? Bedeutet das, daß im Falle der Beichtvollmacht dem Merkmal "communis/allgemein" keine Bedeutung zukommt?

2) Nach der Definition von Pree bedeutet error de jure ja "einen auf Grund öffentlicher Fakten anzunehmenden potentiellen oder virtuellen Irrtum". Heißt das nun, daß in diesem Falle die Suppletion selbst dann eintritt, wenn der Pönitent de facto bösgläubig ist, d.h. nicht irrt? (Diese Frage deckt sich mit der letzten von Gamaliel.)

3) Trifft mein Verständnis zu, daß unsere Überlegungen zur Vermeidbarkeit eines Irrtums hinfällig sein, weil es beim error facti de facto allein auf den tatsächlichen ankommt, unabhängig davon, ob dieser bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte vermieden werden können? (Beim error facti de jure spielt die Frage meinem Verständnis nach ohnehin keine Rolle, da dieser ja nur vorliegt, wenn er aufgrund öffentlicher Fakten rechtlich anzunehmen ist; für diese Beurteilung wird es, nehme ich an, immer auf die Sicht eines mit der gebotenen Sorgfalt urteilenden objektiven Durchschnittsbetrachters ankommen.)

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overkott
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von overkott »

Marion hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Wer beichten will, geht zum nächsten Priester,
wer bei einem Piusbruder beichten will, fährt 400km.
Und wieder 400 zurück.
So etwas würde ich keinem Katholiken empfehlen.

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Gamaliel
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Gamaliel »

Andernorts im Forum habe ich auf einen aktuellen Vortrag von Bischof Fellay hingewiesen. In diesem Vortrag äußert sich Bischof Fellay auch kurz zur Gültigkeit der Beichten in der FSSPX. Selbstverständlich handelt es sich dabei nicht um eine kirchenrechtliche oder theologische Studie, sondern schlicht um einen Hinweis auf Tatsachen bzw. auf den praktischen Umgang Rom's mit den Beichten bei der FSSPX:


First, he [= Msgr. Fellay] mentioned the issue of SSPX confessions. As most Catholics know, there are certain grave sins, the remittance of which is reserved to the Holy See alone. Under Church law if a priest hears the confession of a person who has committed one of these reserved sins, he is obligated to report the matter to the Holy See within thirty days to receive permission to absolve as well as guidance for the imposition of an appropriate penance. His Excellency indicated that from time to time Society priests have heard such confessions, and that, in every case, the required notification was sent to the Holy See. In each of these cases, the response received from the Vatican was that “all was good and licit” and that the permission for the SSPX priest to absolve was granted.

What inference are we to draw from this? Obviously, the Society priests can validly hear confessions. If the Society priests lacked any form of jurisdiction to hear confessions, the Holy See would have replied that the penitent needed to confess to a priest with legal jurisdiction to hear confessions. By definition, we are here dealing with grave matter and hence mortal sin (assuming all other conditions are present). Yet even still, the Holy See replied to the SSPX that “all is good and licit.” The Holy See is thus making a de facto recognition of SSPX jurisdiction to hear confessions, a position that the Society and a number of canonical experts have maintained for years in the face of what is obviously a difficult legal situation.

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taddeo
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von taddeo »

Eine "de facto"-Anerkennung ist interessant und sicher auch hilfreich für die Praxis, aber unangenehm für die Kanonisten.
Einerseits ist damit für die Beichtkinder klar, daß ihre Beichten nicht nur erlaubt, sondern auch gültig sind (was an sich ein hoher Wert ist). Andererseits ändert es (noch) nichts daran, daß die kirchenrechtliche Situation der FSSPX auch in dieser Hinsicht irgendwie "in der Schwebe" bleibt, weil man diese gültige Beichtjurisdiktion ja auch irgendwie begründen können müßte, was derzeit noch ziemlich schwerfällt.

Aber wenn es so ist, wie von Bischof Fellay geschildert, dann ist das zumindest aus pastoraler Sicht zu begrüßen.

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Marion
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Marion »

Welch schöne Nachricht :klatsch:
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Berolinensis
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Re: Unerlaubte, aber gültige Beichte

Beitrag von Berolinensis »

taddeo hat geschrieben:Eine "de facto"-Anerkennung ist interessant und sicher auch hilfreich für die Praxis, aber unangenehm für die Kanonisten.
Einerseits ist damit für die Beichtkinder klar, daß ihre Beichten nicht nur erlaubt, sondern auch gültig sind (was an sich ein hoher Wert ist). Andererseits ändert es (noch) nichts daran, daß die kirchenrechtliche Situation der FSSPX auch in dieser Hinsicht irgendwie "in der Schwebe" bleibt, weil man diese gültige Beichtjurisdiktion ja auch irgendwie begründen können müßte, was derzeit noch ziemlich schwerfällt.

Aber wenn es so ist, wie von Bischof Fellay geschildert, dann ist das zumindest aus pastoraler Sicht zu begrüßen.
Ich finde das nicht nur "unangenehm für die Kanonisten", sondern geradezu unverantwortlich. In so einem wichtigen Punkt muß doch Klarheit herrschen. Wenn Rom der Meinung ist, daß die FSSPX-Priester Beichtvollmacht haben, muß dies gesagt werden. Eine "unter-der-Hand" Bestätigung ex post erscheint mir als unwürdige Mauschelei. Hoffentlich ist das auch wirklich eine kanonistisch-dogmatisch durchdachte Antwort, und nicht nur der berühmt-berüchtigte römische Pragmatismus, der an dieser Stelle nichts, aber auch gar nichts zu suchen hat.

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