Der Gottesbeweis

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Natürlich stellt sich die Frage, warum Gott denn der Gute ist. Dabei weist Jesus schon im Gespräch mit seinen Gegner auf die Offenbarung im Handeln hin: Wenn ihr Abraham entsprechend handeln würdet, dann wäret ihr seine Söhne. Gott erschafft und er schafft durch sein Wort, sein Wort wird wahr und was wahr wird, ist gut. Am Ende des sechsten Tages nach Erschaffung des Menschen stellt er fest: Alles ist gut. Durch sein Handeln erweist sich Gott als der Gute. Auch als der Mensch durch Ungehorsam seine Sohnschaft verliert, hat er ihn nicht verlassen. Immer wieder hat er ihm seinen Bund angeboten. Bis in Jesus Christus der neue Mensch erscheint, der Gottes Wort wahr macht und ihm treu bleibt bis zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen.
Vielen Dank für diesen Hinweis auf den - leider - etwas "eingeschlafenen" Strang!

In der Tat läuft die von von mir weiter oben beschriebene Konstruktion mit den zwei ontologischen Wirklichkeiten auf die gute, alte Bundestheologie hinaus. :)

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overkott
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Natürlich stellt sich die Frage, warum Gott denn der Gute ist. Dabei weist Jesus schon im Gespräch mit seinen Gegner auf die Offenbarung im Handeln hin: Wenn ihr Abraham entsprechend handeln würdet, dann wäret ihr seine Söhne. Gott erschafft und er schafft durch sein Wort, sein Wort wird wahr und was wahr wird, ist gut. Am Ende des sechsten Tages nach Erschaffung des Menschen stellt er fest: Alles ist gut. Durch sein Handeln erweist sich Gott als der Gute. Auch als der Mensch durch Ungehorsam seine Sohnschaft verliert, hat er ihn nicht verlassen. Immer wieder hat er ihm seinen Bund angeboten. Bis in Jesus Christus der neue Mensch erscheint, der Gottes Wort wahr macht und ihm treu bleibt bis zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen.
Vielen Dank für diesen Hinweis auf den - leider - etwas "eingeschlafenen" Strang!

In der Tat läuft die von von mir weiter oben beschriebene Konstruktion mit den zwei ontologischen Wirklichkeiten auf die gute, alte Bundestheologie hinaus. :)
Sicher ist dir aufgefallen, dass das, was im Latein mit zwei Worten übersetzt wurde, im Deutschen mit einem Wort übersetzt ist: Bund. Worin aber könnte der Unterschied liegen zwischen pactum und testamentum, Bund und Zeugnis? Hat Gott in Jesus einen neuen Bund geschlossen oder seinen Bund neu bezeugt. Ich denke, das zweite ist der Fall. Das novum testamentum, von dem Jesus in der Eucharistiefeier spricht, ist das neue Zeugnis. Wir haben also einen Bund in zwei Zeugnissen. Das scheint mir die alte, authentische Bundestheologie des Anfangs zu sein. Wir brauchen dringend eine neue Bibelübersetzung und eine neue Liturgiereform, die den Geist Jesu der Einheit und des Friedens nicht nur des einen Gottesvolkes, sondern der vielen Gottesvölker neu herausstreicht erisque pater multarum gentium: Als dem neuen Abrahahm gilt diese Prophezeiung dem Heiligen Vater, der das fünfte Lateranum einberuft.

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overkott
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Der Gottesbeweis Gottes Sohnes lautet also weiter: Wir haben einen Anfang, einen guten Vater vieler Kinder und vieler Völker.

In geistlicher Lesung ist Abraham das Bild des himmlischen Vaters. Seine Völker sind alle, die ihn als ihren Vater annehmen und sich auf ihn berufen.

Wie aber sollen die Kinder des himmlischen Vaters leben, wenn nicht in Frieden?

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overkott
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Wir brauchen also kein gesondertes Bekenntnis zur Religionsfreiheit, wenn wir den einen Bund in vielen Völkern bezeugen, wie Jesus im Vaterunser den einen Vater vieler bezeugt hat, dessen Wille ist, Frieden zu stiften, Schuld zu vergeben, Böses zu überwinden.

Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

:hmm:

Weißt Du, ovi, Du kannst ja sehr komplexe Dinge hier ins Forum schreiben, aber ich gewinne immer mehr den Eindruck:
Das mit dem Ut unum sint (Joh 17,21) stellst Du Dir etwas zu einfach vor!

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overkott
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Es ist vielleicht etwas früh, dir das ovi anzubieten. Das ut unum sint bezieht sich vor allem auf den Glauben an den einen Vater, nach dem alten Zeugnis ergibt sich die Nachkommenschaft aus Abstammungslisten, nach dem neuen Zeugnis ergibt sich die Nachkommenschaft aus dem Geist.

Jesus ist nicht nur Nachkomme gemäß Abstammungsliste (vgl. Mt), sondern der erste aus dem Geist (des Guten und der Liebe) geborene. In ihm sind alle Völker versöhnt.

Um es einfach zu machen: Gott ist der Gute. Und wer Gott liebt, tut das Gute. Wer den Willen des Vaters tut, ist der Sohn. Der Vater aber will Nächstenliebe. Wer den Nächsten liebt wie sich selbst, stiftet Frieden. Wie nicht alle zum besonderen Priestertum berufen sind, sind nicht alle zur besonderen Kirche berufen. Einheit in Vielfalt bedeutet Gottes Frieden in vielen Religionen.

Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Es ist vielleicht etwas früh, dir das ovi anzubieten.
Nun, wie Du weißt, ist man im Cyber-Space etwas weniger förmlich als im RL.
Ich kann aber auch gerne beim "oweh" bleiben! ;D
overkott hat geschrieben:Das ut unum sint bezieht sich vor allem auf den Glauben an den einen Vater, nach dem alten Zeugnis ergibt sich die Nachkommenschaft aus Abstammungslisten, nach dem neuen Zeugnis ergibt sich die Nachkommenschaft aus dem Geist.
Nun, dann schau Dich doch 'mal um und sieh, wer aus DEM Geist ist.

Und darüber hinaus hat sich aus der Vergeistigung ein Körper ergeben.
Und dieser Körper hat eine Verfassung mit vielen hochgradig feinen Verästelungen, um diesen Körper auch mit Leben zu erfüllen.

overkott hat geschrieben:Jesus ist nicht nur Nachkomme gemäß Abstammungsliste (vgl. Mt), sondern der erste aus dem Geist (des Guten und der Liebe) geborene. In ihm sind alle Völker versöhnt.
Hier fehlen sicherlich noch ein paar Kriterien, bis DIE Versöhnung aller Völker tatsächlich erreicht ist.
Bspw. harrt das Versöhnungsangebot bei Vielen noch auf seine Annahme.
overkott hat geschrieben:Um es einfach zu machen: Gott ist der Gute. Und wer Gott liebt, tut das Gute. Wer den Willen des Vaters tut, ist der Sohn. Der Vater aber will Nächstenliebe. Wer den Nächsten liebt wie sich selbst, stiftet Frieden. Wie nicht alle zum besonderen Priestertum berufen sind, sind nicht alle zur besonderen Kirche berufen. Einheit in Vielfalt bedeutet Gottes Frieden in vielen Religionen.
Mit diesem niederschwelligen Angebot wirst Du niemanden hinter dem warmen Ofen der modernen Zivilgesellschaft hervorlocken. Fördern durch Fordern erscheint mir da ein probateres pädagogisches Mittel zu sein.

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overkott
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Wo ist Gott, wenn nicht überall? Wo gehen wir hin, wenn wir sterben? Wohin gehen die Ungläubigen?

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overkott
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Um es einfach zu machen: Gott ist der Gute. Und wer Gott liebt, tut das Gute. Wer den Willen des Vaters tut, ist der Sohn. Der Vater aber will Nächstenliebe. Wer den Nächsten liebt wie sich selbst, stiftet Frieden. Wie nicht alle zum besonderen Priestertum berufen sind, sind nicht alle zur besonderen Kirche berufen. Einheit in Vielfalt bedeutet Gottes Frieden in vielen Religionen.
Mit diesem niederschwelligen Angebot wirst Du niemanden hinter dem warmen Ofen der modernen Zivilgesellschaft hervorlocken. Fördern durch Fordern erscheint mir da ein probateres pädagogisches Mittel zu sein.
Gott hat in seinem Sohn ein sehr niederschwelliges Versöhnungsangebot gemacht. Aber da greife ich Weihnachten schon voraus. Gott fördert lediglich durch etwas Zeitdruck.

Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Um es einfach zu machen: Gott ist der Gute. Und wer Gott liebt, tut das Gute. Wer den Willen des Vaters tut, ist der Sohn. Der Vater aber will Nächstenliebe. Wer den Nächsten liebt wie sich selbst, stiftet Frieden. Wie nicht alle zum besonderen Priestertum berufen sind, sind nicht alle zur besonderen Kirche berufen. Einheit in Vielfalt bedeutet Gottes Frieden in vielen Religionen.
Mit diesem niederschwelligen Angebot wirst Du niemanden hinter dem warmen Ofen der modernen Zivilgesellschaft hervorlocken. Fördern durch Fordern erscheint mir da ein probateres pädagogisches Mittel zu sein.
Gott hat in seinem Sohn ein sehr niederschwelliges Versöhnungsangebot gemacht. Aber da greife ich Weihnachten schon voraus. Gott fördert lediglich durch etwas Zeitdruck.
Als niederschwellig würde ich das Angebot nicht bezeichnen, sondern eher als ein Angebot auf Augenhöhe. Jesus selber sagt: ....... Euch aber habe ich gesagt, dass ihr Freunde seid; ......... (Joh 15,15)

Darüber hinaus hat man als Christ auch zu lernen, sein Kreuz zu tragen (Mt 16,24).
Dies sollte man interessierten Nicht-Christen nicht verschweigen und damit evtl. die falschen Leute in die Kirche locken.

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Um es einfach zu machen: Gott ist der Gute. Und wer Gott liebt, tut das Gute. Wer den Willen des Vaters tut, ist der Sohn. Der Vater aber will Nächstenliebe. Wer den Nächsten liebt wie sich selbst, stiftet Frieden. Wie nicht alle zum besonderen Priestertum berufen sind, sind nicht alle zur besonderen Kirche berufen. Einheit in Vielfalt bedeutet Gottes Frieden in vielen Religionen.
Mit diesem niederschwelligen Angebot wirst Du niemanden hinter dem warmen Ofen der modernen Zivilgesellschaft hervorlocken. Fördern durch Fordern erscheint mir da ein probateres pädagogisches Mittel zu sein.
Gott hat in seinem Sohn ein sehr niederschwelliges Versöhnungsangebot gemacht. Aber da greife ich Weihnachten schon voraus. Gott fördert lediglich durch etwas Zeitdruck.
Als niederschwellig würde ich das Angebot nicht bezeichnen, sondern eher als ein Angebot auf Augenhöhe. Jesus selber sagt: ....... Euch aber habe ich gesagt, dass ihr Freunde seid; ......... (Joh 15,15)

Darüber hinaus hat man als Christ auch zu lernen, sein Kreuz zu tragen (Mt 16,24).
Dies sollte man interessierten Nicht-Christen nicht verschweigen und damit evtl. die falschen Leute in die Kirche locken.
Nada te turbe.

Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Nada te turbe.
Naja, brennende Sorge scheint Dir fremd zu sein! :|

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Nada te turbe.
Naja, brennende Sorge scheint Dir fremd zu sein! :|
Was sagt dir dieses Schreiben?

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Gott, der die Welt erschaffen hat und alles in ihr, er, der Herr über Himmel und Erde, wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht sind. Er lässt sich auch nicht von Menschen bedienen, als brauche er etwas: er, der allen das Leben, den Atem und alles gibt. Er hat aus einem einzigen Menschen das ganze Menschengeschlecht erschaffen, damit es die ganze Erde bewohne. Er hat für sie bestimmte Zeiten und die Grenzen ihrer Wohnsitze festgesetzt. Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern. Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir, wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: Wir sind von seiner Art. Da wir also von Gottes Art sind, dürfen wir nicht meinen, das Göttliche sei wie ein goldenes oder silbernes oder steinernes Gebilde menschlicher Kunst und Erfindung. Gott, der über die Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen hat, lässt jetzt den Menschen verkünden, dass überall alle umkehren sollen. Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird, durch einen Mann, den er dazu bestimmt und vor allen Menschen dadurch ausgewiesen hat, dass er ihn von den Toten auferweckte.

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Deus qui fecit mundum et omnia quae in eo sunt hic caeli et terrae cum sit Dominus non in manufactis templis inhabitat 25 nec manibus humanis colitur indigens aliquo cum ipse det omnibus vitam et inspirationem et omnia 26 fecitque ex uno omne genus hominum inhabitare super universam faciem terrae definiens statuta tempora et terminos habitationis eorum 27 quaerere Deum si forte adtractent eum aut inveniant quamvis non longe sit ab unoquoque nostrum 28 in ipso enim vivimus et movemur et sumus sicut et quidam vestrum poetarum dixerunt ipsius enim et genus sumus 29 genus ergo cum simus Dei non debemus aestimare auro aut argento aut lapidi sculpturae artis et cogitationis hominis divinum esse simile 30 et tempora quidem huius ignorantiae despiciens Deus nunc adnuntiat hominibus ut omnes ubique paenitentiam agant 31 eo quod statuit diem in qua iudicaturus est orbem in aequitate in viro in quo statuit fidem praebens omnibus suscitans eum a mortuis

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von overkott »

Wie findet ihr dieses Projekt:

http://www.bistummainz.de/bistum/mensch ... tion_id=14

Ich halte das für einen möglichen Einstieg. Aber eigentlich bleibt dieser Versuch hinter der Bibel zurück. Denn die Bibel beweist mit dem ersten Satz, was sie unter Gott versteht: das bleibende Prinzip der Schöpfung. Konsequent hat der Psalmist diesen Gedanken mit Psalm 139 weitergedacht. Und konsequent hat das der heilige Paulus auf dem Areopag fortgesetzt. Es überrascht nicht, dass der heilige Anselm daran mit seinem Gottesbeweis anknüpft: Ja, die Bibel sagt vom ersten Satz an, dass Gott ist, worüber nichts größeres gedacht werden kann. Gott ist das Prinzip von allem. Vor allem aber fehlt mir der Hinweis darauf, dass Gott das Wort des Guten in Person ist. Im Prinzip stammt alles vom Guten. Ich denke, dass das schon Kinder verstehen können. Und wie froh wäre ich, wenn Theologen heute die Logik der Bibel so einfach erklären würden.

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Raphael hat geschrieben:
Reinhard hat geschrieben:Auf anderen Gebieten müssen wir uns ja auch mit Dualismen abfinden, die mit Digital-Logik definitiv nicht zu lösen sind.
In der Physik z.B. der Welle- / Teilchen-Dualismus: ein Lichtstrahl ist immer zugleich ein Strom ganz real zählbarer Teilchen und zugleich eine kontinuierliche Welle.
Das akzeptieren wir ohne Murren, ohne der beobachtbaren Wirklichkeit oder den Physikern Unlogik vorzuwerfen.
Naivere Gemüter akzeptieren ohne Murren, was immer die hohe Wissenschaft ihnen zu glauben vorlegt. Und sei es gegen den gesunden Menschenverstand und gegen die Grundgesetze des Denkens. Die Winde und Wellen der Wissenschaft schwanken aber immer weiter. Deine Vorstellungen von der Physik müssen bereits heute als kindisch angesehen werden:
GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, Physics FAQ hat geschrieben:Wohl kein Satz findet sich in populärwissenschaftlicher Literatur öfter, als: ,,Licht ist gleichzeitig Welle und Teilchen.`` Und kein Satz ist schwerer zu verstehen als dieser. Eine Welle ist nichts greifbares. Man kann eine Welle nicht in die Hand nehmen und mit sich herumtragen. Eine Welle ist kein ,,Ding``, sondern ein ,,(Bewegungs-)Zustand``. Ein Teilchen dagegen ist sehr wohl etwas greifbares, ein Stein beispielsweise, oder eine Murmel. Wie kann dann ein quantenmechanisches Objekt gleichzeitig (nichtgreifbare) Welle und (greifbares) Teilchen sein? Die Antwort der Physik darauf ist verblüffend einfach: überhaupt nicht.

Der ,,Welle-Teilchen-Dualismus`` ist ein Relikt aus den Anfängen der Quantenmechanik, welches (leider) immer noch nicht ganz in Vergessenheit geraten ist. Heute betrachtet man die Quantenwelt ganz anders. [...]
Das ist wohl wie mit dem unbewegten Beweger aus dem 2. Gottesbeweis des Aquinaten! :roll:
Der Gottesbeweis aus der Bewegung wird analog dem Kausalbeweis und dem Kontingenzbeweis geführt. Die mathematisch präzise Schlussweise wurde vor bald zweieinhalb Jahrtausenden in Griechenland vorgestellt und ist bis heute allgemein anerkannt. Auch Immanuel Kant bedient sich derselben Schlussweise.


Gut aber, dass Du auf das Thema Gottesbeweis kommst, denn unter den vielfachen vermeintlichen Argumenten gegen den Kausalbeweis wurde im vergangenen Jahrtausend ein angeblicher Indeterminismus der Quantenmechanik angeführt. Dazu noch einmal das bereits zitierte Physics FAQ:

GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, Physics FAQ hat geschrieben:Welle-Teilchen-Dualismus und Unschärferelation

Dies sind wohl die ,,heißesten`` Themen in populärwissenschaftlichen Abhandlungen über Physik überhaupt. Keine andere physikalische Entdeckung hat wohl mehr Aufsehen erregt und zu philosophischen Debatten geführt, wie die Unschärferelation und der vermeintliche Indeterminismus der Quantenmechanik.
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Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

Sempre hat geschrieben:Gut aber, dass Du auf das Thema Gottesbeweis kommst, denn unter den vielfachen vermeintlichen Argumenten gegen den Kausalbeweis wurde im vergangenen Jahrtausend ein angeblicher Indeterminismus der Quantenmechanik angeführt. Dazu noch einmal das bereits zitierte Physics FAQ:

GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, Physics FAQ hat geschrieben:Welle-Teilchen-Dualismus und Unschärferelation

Dies sind wohl die ,,heißesten`` Themen in populärwissenschaftlichen Abhandlungen über Physik überhaupt. Keine andere physikalische Entdeckung hat wohl mehr Aufsehen erregt und zu philosophischen Debatten geführt, wie die Unschärferelation und der vermeintliche Indeterminismus der Quantenmechanik.
Ähem, wie war das noch 'mal: :hmm:
Wolltest Du beweisen, daß Gott unbewegt ist?
Wolltest Du beweisen, daß Gott ein Beweger ist?
Oder wolltest Du die schiere Existenz einer Entität namens Gott beweisen?

Oder wolltest Du beweisen, daß der unbewegte Beweger das nach der klassischen Logik ausgeschlossene Tertium non datur ist?

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Raphael hat geschrieben:Ähem, wie war das noch 'mal: :hmm:
Wolltest Du beweisen, daß Gott unbewegt ist?
Wolltest Du beweisen, daß Gott ein Beweger ist?
Oder wolltest Du die schiere Existenz einer Entität namens Gott beweisen?

Oder wolltest Du beweisen, daß der unbewegte Beweger das nach der klassischen Logik ausgeschlossene Tertium non datur ist?
In diesem Strang sowie im Strang 2. Gottesbeweis des Hl. Thomas von Aquin findet sich allerlei Wissenswertes zum Thema. Der Beweis steht genauso wie der analog geführte Kausalbeweis unangefochten seit Aristoteles und wird nicht wie der Turm zu Babel einstürzen. Das versichert uns die Kirche (I. Vaticanum) und das ist auch so für jeden eine klare Sache, der auf einer Philosophie des Seins und nicht auf einer Philosophie des Scheins aufbaut, wie Johannes Paul II. in Fides et ratio so schlicht elegant und treffend formuliert hat.

Der modernen Physik steht im Gegensatz dazu ein Umbruch bevor. Die Zeichen mehren sich. Seit 1927 Niels Bohr und Werner Heisenberg die sogenannte Kopenhagener Deutung als Interpretation der Quantenmechanik vorgelegt haben, geistert die Rede vom Welle-Teilchen-Dualismus durch die Welt. Viele Philosophen des Scheins und viele Theologen haben sich darauf gestürzt und allerlei Unsinn daraus gefolgert.

Die Wikipediaartikel rund um das Thema mühen sich zwar noch mittels massiver Anwendung von Fachchinesisch und Rumgeeier, dem Unkundigen nicht so direkt auf die Nase zu binden, dass der Welle-Teilchen-Dualismus Schnee von gestern ist. Auf renommierteren Seiten aber wird es leicht verstehbar präsentiert:
DESY --- Deutsches Elektronen-Synchrotron Ein Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft hat geschrieben:Doppelspalt-Experiment Schießt man Elektronen auf einen Doppelspalt und versucht nicht herauszufinden, durch welchen der beiden Spalte die Elektronen gewandert sind, so entsteht ein Muster auf dem Schirm, das Physiker von einem Experiment kennen, bei dem man Licht statt Elektronen verwendet. Daher verwundert es auch nicht, dass ein Quantentheoretiker das Muster berechnet, indem er die Ausbreitung der Quanten mit Hilfe von Wellen beschreibt. Diese Wellen wandern durch beide Spalte zugleich und können sich an den Orten des Schirmes verstärken oder gegenseitig auslöschen. Wo sie sich auslöschen, wird man kein Quant messen. Wo sie sich verstärken, schlägt der Detektor besonders oft an. Dass die Quantenwellen durch beide Spalte zugleich wandern, mag Ihnen vielleicht nicht sonderlich behagen: Ein Elektron kann doch nicht durch zwei Spalte gleichzeitig gehen! Zu Ihrer Beruhigung: Niemand hat ein Elektron jemals durch zwei Spalte gleichzeitig wandern sehen. Die Quantentheorie beschreibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Quanten mit Hilfe von Wellen. Sie sagt nicht, dass es Wellen sind. Jede Klärung der Frage, durch welchen Spalt das Quant gewandert ist, würde das Wellenmuster sofort zerstören. Ein Quant erscheint uns immer wie ein Teilchen, wenn wir es direkt beobachten. In den Rechnungen befindet sich das Elektron gleichzeitig an unterschiedlichen Orten, es tanzt auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig - aber nur, wenn wir nicht genauer hinschauen.
Die Physiker haben scheint's keine Lust mehr auf die meschuggene Science-Fiction Romantik des vergangenen Jahrhunderts. Genauso wie junge Priester heute über die Welteinheitsfriedensromantik à la Pacem in terris wohl bestensfalls lächeln können.

Einstein wurde inzwischen widerlegt: Eine europäische Forschergruppe hat im italienischen Untergrundlabor Gran Sasso in der Nähe von Rom gemessen, dass Neutrinos eine Strecke von 730 Kilometern schneller zurücklegt haben als Licht.

Aber noch viel mehr ist faul in den grauen Theorien der theoretischen Physik, die voller schwarzer Löcher sind. Interessierte können im Februar 2012 auf Spektrum der Wissenschaft Digital nachlesen:
Tony Rothman, Professor für theoretische Physik an der Princeton University hat geschrieben:Die Physik - ein baufälliger Turm von Babel

Physiker versprechen immer wieder, ein Theoriegebäude zu errichten, das die gesamte Welt erklärt. Dabei müsste jeder wissen, der die Disziplin zu seinem Beruf gemacht hat, dass sogar in längst errichteten Stockwerken teils gewaltige Risse klaffen.

"Ich will wissen, warum die Dinge sind, wie sie sind. Und ich will die fundamentalen Gesetze verstehen, die unser Universum zu dem machen, was es ist." So oder ähnlich würden wohl viele angehende Physiker erklären, was sie bewegt, diese Wissenschaftsdisziplin zu ihrem Beruf zu machen. Wir Physiker wollen schlicht und einfach lernen, wie die Welt funktioniert.

Physik ist die fundamentalste der Naturwissenschaften – so sehen es die Physiker selbst, und diese Sichtweise prägt auch die Art und Weise, wie Physik gelehrt wird. Demzufolge ist das gedankliche Gebäude der Naturbeschreibung, das die Disziplin zu errichten versucht, allumfassend, frei von inneren Widersprüchen, konzeptionell zwingend und über all das hinaus auch noch überwältigend schön. Das Feld der von der Physik erklärbaren und erklärten Phänomene ist weit, und es bildet nichts weniger als die Grundlage der gesamten modernen Zivilisation.

Doch in dem Gebäude zeigen sich Risse. Je weiter ein Physiker auf seinem Berufsweg voranschreitet, als desto auffälliger wird er sie empfinden. Er wird den Schmutz entdecken, der unter den Teppich gekehrt worden ist, und all die Schummeleien und Betrügereien, die auch der Physik nicht fremd sind. Das vermeintlich stabile Bauwerk, so stellt er beunruhigt fest, sieht eher aus wie eine moderne Version von Pieter Bruegels Turm zu Babel – eine heruntergekommene Struktur aus isolierten Modellen, die durch schiefe Erklärungen notdürftig miteinander verbunden sind, kurz eine Monstrosität, die himmelwärts taumelt.

[...]

Das hindert die Lehrenden allerdings nicht daran, die Themen als vollständig verstanden zu präsentieren. Denn auch sie fürchten die Gefahren, die darin lauern. Diese Vorgehensweise ist intellektuell unredlich und untergräbt genau jene Tugenden, die unabdingbar zur Wissenschaft gehören, nämlich die Dinge zu hinterfragen und Antworten mit einem angemessenen Grad an Skepsis zu betrachten.

[...]

Paul Dirac empfand [die sogenannte Renormierung] als so abstoßend, dass er die Physik gleich komplett an den Nagel hängte. Zwar hat sich die Theorie seither weiterentwickelt, doch viele Physiker würden wohl Richard Feynman zustimmen, der die Renormierung – als einer ihrer Erfinder – schlicht als Hokuspokus bezeichnete.

[...]

Sicher sind die Physiker bei der Beschreibung der Natur weiter vorangekommen als die Vertreter anderer Wissenschaften. Mit Verständnis sollten sie dies aber nicht verwechseln.
Den ganzen Artikel kann man hier als Leseprobe kostenfrei im PDFormat herunterladen (dort ein wenig nach unten rollen).


Ein typisches Beispiel eines Theologen, der auf solchen Sand baut, ist Prof. Dr. Dr. Dieter Hattrup (Theologie und Naturwissenschaft) aus Paderborn, den ich erwähne, weil er hier im Forum diskutiert wurde. Auch seine Fiktive Dialoge zwischen Charles Darwin und wichtigen Naturwissenschaftlern wurden hier irgendwo verlinkt. Lohnt sich mit Sicherheit nicht, denn er begründet sein Weltbild auf dem vermeintlichen Indeterminismus der Quantenmechanik.
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Raphael

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Dann wird das wohl noch eine Weile dauern. Jedenfalls ist es hilfreich, dass ein Physikprofessor von einer renommierten Universität einmal erklärt, was die moderne Physik tatsächlich leistet. Sie liefert immer neue mathematische Modelle, die in bestimmten Gültigkeitsbereichen den Meßwerten entsprechen, wenn man die Parameter korrekt einstellt. Man beschreibt die Natur, ohne sie zu verstehen. Die Natur wird nicht erklärt. Die Theorie entfernt sich von den Experimenten und das Ganze ist auch noch mit Phantastereien durchsetzt. Was dabei herauskommt, ist alles andere als anschaulich, kontraintuitiv, widersprüchlich und liefert die Basis für wüste Interpretationen und Science Fiction, woran sich selbst Theologen beteiligen.

Prof. Tony Rothman klagt seine Zunft an, die Leute hinters Licht zu führen. Wieviel wurde über Albert Einsteins solide Überzeugung „Gott würfelt nicht“ debattiert? Katholiken sahen, wie Gott per Quantenzufall heimlich und undetektierbar aus Affen Menschen zusammenwürfelt. Da ist es äußert hilfreich, dass mal ein Fachmann Klartext spricht:
Prof. Tony Rothman hat geschrieben:Die Schrödinger-Gleichung, die das Verhalten von Quantensystemen beschreibt, ist ebenso deterministisch wie die newtonsche Gravitation.
Dass jene Einwände gegen den kausalen Gottesbeweis, die den vermeintlichen Indeterminismus der Quantenmechanik bemühen, in die Tonne gehören, ist damit von fachlich qualifizierter Seite bestätigt.
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Protasius
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Protasius »

Sempre hat geschrieben:Dann wird das wohl noch eine Weile dauern. Jedenfalls ist es hilfreich, dass ein Physikprofessor von einer renommierten Universität einmal erklärt, was die moderne Physik tatsächlich leistet. Sie liefert immer neue mathematische Modelle, die in bestimmten Gültigkeitsbereichen den Meßwerten entsprechen, wenn man die Parameter korrekt einstellt. Man beschreibt die Natur, ohne sie zu verstehen. Die Natur wird nicht erklärt. Die Theorie entfernt sich von den Experimenten und das Ganze ist auch noch mit Phantastereien durchsetzt. Was dabei herauskommt, ist alles andere als anschaulich, kontraintuitiv, widersprüchlich und liefert die Basis für wüste Interpretationen und Science Fiction, woran sich selbst Theologen beteiligen.

Prof. Tony Rothman klagt seine Zunft an, die Leute hinters Licht zu führen. Wieviel wurde über Albert Einsteins solide Überzeugung „Gott würfelt nicht“ debattiert? Katholiken sahen, wie Gott per Quantenzufall heimlich und undetektierbar aus Affen Menschen zusammenwürfelt. Da ist es äußert hilfreich, dass mal ein Fachmann Klartext spricht:
Prof. Tony Rothman hat geschrieben:Die Schrödinger-Gleichung, die das Verhalten von Quantensystemen beschreibt, ist ebenso deterministisch wie die newtonsche Gravitation.
Dass jene Einwände gegen den kausalen Gottesbeweis, die den vermeintlichen Indeterminismus der Quantenmechanik bemühen, in die Tonne gehören, ist damit von fachlich qualifizierter Seite bestätigt.
Klar, Quantenmechanik ist ja schließlich probabilistisch und nicht indeterministisch; wäre sie indeterministisch, könnten wir ja gleich nach Hause gehen.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

Sempre hat geschrieben:Dann wird das wohl noch eine Weile dauern. Jedenfalls ist es hilfreich, dass ein Physikprofessor von einer renommierten Universität einmal erklärt, was die moderne Physik tatsächlich leistet. Sie liefert immer neue mathematische Modelle, die in bestimmten Gültigkeitsbereichen den Meßwerten entsprechen, wenn man die Parameter korrekt einstellt. Man beschreibt die Natur, ohne sie zu verstehen. Die Natur wird nicht erklärt. Die Theorie entfernt sich von den Experimenten und das Ganze ist auch noch mit Phantastereien durchsetzt. Was dabei herauskommt, ist alles andere als anschaulich, kontraintuitiv, widersprüchlich und liefert die Basis für wüste Interpretationen und Science Fiction, woran sich selbst Theologen beteiligen.
Nun, das macht ja deutlich, wie wichtig die päpstlichen Ermahnungen in der Rede vor der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften am 22. Oktober 1996 im Bezug auf die Beachtung von epistemologischen Fragen war. (Quelle)

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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Protasius hat geschrieben:Klar, Quantenmechanik ist ja schließlich probabilistisch und nicht indeterministisch; wäre sie indeterministisch, könnten wir ja gleich nach Hause gehen.
Nein, denn der Gag der Stochastik besteht ja gerade darin, dass sie Aussagen über ein Ensemble ganz unabhängig davon erlaubt, ob ein tatsächlich echt zufälliger Prozess zugrundliegt oder bloß Unkenntnis über Details dieses Prozesses herrscht (oder noch nicht einmal letzteres).

Viele Deiner Kollegen sind lange von einem Indeterminismus ausgegangen:
In der Physik bezeichnet der Indeterminismus die Existenz des echten Zufalls, d.h. der echten Unvorhersagbarkeit von Ereignissen, insbesondere in der Quantenmechanik.
http://de.wikipedia.org/wiki/Indeterminismus
Viele Interpreten, darunter insbesondere die Vertreter der Kopenhagener Interpretation, haben dies damit erklärt, dass das raum-zeitliche Verhalten eines Systems fundamental nicht determiniert sei.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deterministisch
Interpretationen der Quantenmechanik beschreiben die physikalische und metaphysische Bedeutung der Postulate und Begriffe, aus welchen die Quantenmechanik aufgebaut ist. Neben der ersten – und bis heute (211) dominierenden – Kopenhagener Interpretation wurden seit Entwicklung der Quantenmechanik in den 192er Jahren eine Vielzahl alternativer Interpretationen entwickelt, die sich unter anderem in ihren Aussagen über den Determinismus, die Kausalität, die Frage der Vollständigkeit der Theorie, die Rolle von Beobachtern und einer Reihe weiterer metaphysischer Aspekte unterscheiden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Interpreta ... enmechanik
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Protasius
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Protasius »

Sempre hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:Klar, Quantenmechanik ist ja schließlich probabilistisch und nicht indeterministisch; wäre sie indeterministisch, könnten wir ja gleich nach Hause gehen.
Nein, denn der Gag der Stochastik besteht ja gerade darin, dass sie Aussagen über ein Ensemble ganz unabhängig davon erlaubt, ob ein tatsächlich echt zufälliger Prozess zugrundliegt oder bloß Unkenntnis über Details dieses Prozesses herrscht (oder noch nicht einmal letzteres).
Sempre, stochastisches Unwissen über das Ensemble können wir selbstverständlich auch noch einbauen (Dichtematrizen sind da ein sehr brauchbarer Formalismus), aber bevor du eine Messung durchführst, weißt du nicht in welchem Zustand das System sich befindet. Nachher weißt du es, und das System befindet sich dann auch in diesem Zustand, und die Zeitentwicklung dieses Systems kannst du dann mit der Schrödinger- oder Heisenberggleichung berechnen, Differentialgleichung lösen, Anfangszustand einsetzen und fertig (im Prinzip; praktisch ist das etwas schwieriger, weil du erstens Wechselwirkung mit der Umgebung nicht vermeiden kannst (Dekohärenz) und zweitens die Differentialgleichung nicht unbedingt lösbar sein muß).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

@Protasius

Ich führe die Stochastik bloß an, um darauf hinzuweisen, dass man daraus, dass die Quantenmechanik probabilistisch ist, nicht folgern kann, sie sei nicht indeterministisch. Deine Formulierung klang so: ist ja schließlich probabilistisch und nicht indeterministisch. Man kann daraus weder wie die Indeterministen seit vielen Jahrzehnten folgern, die Quantenmechanik sei indeterministisch, noch sie sei es nicht.

Wenn Prof. Tony Rothman sagt, dass die Schrödinger-Gleichung, die das Verhalten von Quantensystemen beschreibt, ebenso deterministisch wie die newtonsche Gravitation ist, und das Physics FAQ beim GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung von vermeintlichem Indeterminismus spricht, dann gibt es wohl gute Gründe, das zu tun, die nicht bloß darin bestehen, dass nicht-Vorhersagbarkeit keinen Indeterminismus impliziert.

Hier ...

http://www.youtube.com/v/5V9-GraiXAs?version=3&hl=de_DE

... erklärt der obskurantistische Ideologe Harald Lesch ab 8:20 nichts anderes, als dass die fehlende Möglichkeit einer Vorhersage bedeute, dass es in der Natur unterhalb einer Grenze keine klaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge mehr gebe. Außerdem will er weismachen, die Heisenbergsche Unschärfe sei etwas Mystisches, was da unterhalb jener Grenze kreucht, um die Natur vor uns zu verstecken, als ob da kein Phänomen hinterstecke, das klassisch und alltäglich ist.
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Raphael

Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Raphael »

Es soll auch Bereiche innerhalb des Universums geben, die der menschlichen Erkenntnis prinzipiell nicht zugänglich sind: Ereignishorizont! :hmm:

Daraus:
Der Ereignishorizont bildet eine Grenze für Informationen und kausale Zusammenhänge, die sich aus der Struktur der Raumzeit und den Gesetzen der Physik, insbesondere in Bezug auf die Lichtgeschwindigkeit, ergibt.
Mithin kann man anscheinend redlicherweise nicht behaupten, daß hinter dem Ereignishorizont kausale Zusammenhänge wirken, sondern lediglich eine Position des Nichtwissens einnehmen ............

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Juergen
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Juergen »

Protasius hat geschrieben:Klar, Quantenmechanik ist ja schließlich probabilistisch und nicht indeterministisch; wäre sie indeterministisch, könnten wir ja gleich nach Hause gehen.
"Probabilistisch" ist ein Euphemismus für "indeterministisch".
Beim Determinismus kann man 100%ig vorhersagen, was passieren wird; probabilistisch kann man es nur zu einem gewissen Grade vorhersagen; indeterministisch kann man gar nichts vorhersagen.
Kann man zu 90% etwas vorhersagen, so sind diese 90% der "deterministische Anteil", die restlichen 10% sind der "indeterministische Anteil". (Wenn man es so ausdrücken will.)

Und diesen indeterministischen Anteil wird man nicht los. Das mußte z.B. auch Bell schmerzlich einsehen.

Und das GSI bestätigt den Indeterminismus ja gleichsam
…Nun verkleinert man das Nagelbrett auf atomare Dimensionen (was z.B. durch ein Kristallgitter realisiert werden kann), und verwendet anstatt Kugeln beispielsweise Elektronen. Und plötzlich kann man exakt (d.h. innerhalb der Unschärferelation) sagen, welche Richtung der austretende Strahl einnehmen wird…
http://theory.gsi.de/~vanhees/faq/physik/node9.html
Das "exakt" ist eben nicht exakt, sondern nur zu einem bestimmten Grade wahrscheinlich.

Richtig müßte der Satz lauten: Und plötzlich kann man mit gewisser Wahrscheinlichkeit sagen, welche Richtung der austretende Strahl einnehmen wird.

Das ist aber alles andere als deterministisch.

Die Frage: „Ist die Quantenmechanik deterministisch oder indeterministisch?“ kann man nicht so oder so beantworten, da sie beides ist (oder keines).

Die Quantenmechanik zu einer deterministischen Theorie zu erklären ist aber schlichtweg falsch.
Gruß Jürgen

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Raphael hat geschrieben:Es soll auch Bereiche innerhalb des Universums geben, die der menschlichen Erkenntnis prinzipiell nicht zugänglich sind: Ereignishorizont! :hmm:

Daraus:
Der Ereignishorizont bildet eine Grenze für Informationen und kausale Zusammenhänge, die sich aus der Struktur der Raumzeit und den Gesetzen der Physik, insbesondere in Bezug auf die Lichtgeschwindigkeit, ergibt.
Mithin kann man anscheinend redlicherweise nicht behaupten, daß hinter dem Ereignishorizont kausale Zusammenhänge wirken, sondern lediglich eine Position des Nichtwissens einnehmen ............
Die ART gilt entweder von Dir aus sowohl vor als auch hinter dem Ereignishorizont, oder gar nicht.
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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Juergen hat geschrieben:Und das GSI bestätigt den Indeterminismus ja gleichsam
…Nun verkleinert man das Nagelbrett auf atomare Dimensionen (was z.B. durch ein Kristallgitter realisiert werden kann), und verwendet anstatt Kugeln beispielsweise Elektronen. Und plötzlich kann man exakt (d.h. innerhalb der Unschärferelation) sagen, welche Richtung der austretende Strahl einnehmen wird…
http://theory.gsi.de/~vanhees/faq/physik/node9.html
Das "exakt" ist eben nicht exakt, sondern nur zu einem bestimmten Grade wahrscheinlich.

Richtig müßte der Satz lauten: Und plötzlich kann man mit gewisser Wahrscheinlichkeit sagen, welche Richtung der austretende Strahl einnehmen wird.

Das ist aber alles andere als deterministisch.
Nein, es geht nicht um Wahrscheinlichkeit, sondern um prinzipielle Gegebenheiten, wie sie bei jeder Frequenzmessung oder Spektralanalyse gegeben und lange vor jeder Quantenmechanik bekannt sind.

Die Autoren des Physics-FAQ schreiben zurecht:
theory.gsi.de hat geschrieben:[...] Man kann also wirklich nicht behaupten, die Quantenmechanik sei indeterministisch.
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Juergen
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Juergen »

Sempre hat geschrieben:Nein, es geht nicht um Wahrscheinlichkeit, sondern um prinzipielle Gegebenheiten, wie sie bei jeder Frequenzmessung oder Spektralanalyse gegeben und lange vor jeder Quantenmechanik bekannt sind.
Erklär mal die "prinzipiellen Gegebenheiten".
Sempre hat geschrieben:Die Autoren des Physics-FAQ schreiben zurecht:
theory.gsi.de hat geschrieben:[...] Man kann also wirklich nicht behaupten, die Quantenmechanik sei indeterministisch.
Durch Wiederholung wird es auch nicht richtig.
Gruß Jürgen

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Sempre
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Re: Der Gottesbeweis

Beitrag von Sempre »

Juergen hat geschrieben:Erklär mal die "prinzipiellen Gegebenheiten".
Es gibt keine zeitbegrenzte Sinusschwingung mit exakter Frequenz. Je kürzer der Ausschnitt aus einer Sinusschwingung ist, den man misst, desto "verschmierter" ist das Spektrum des Signals.

Der Heisenbergschen Unschärfe liegt ein solches Phänomen zugrunde und nicht irgendeine Art von Indeterminiertheit.
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